Bestand
Rechnungen des Schulfonds Rothenfels (Bestand)
Einleitung: "Im Jahre 1803 wurde mit höchster Bewilligung Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht des Herrn Fürsten von Löwenstein für die Herrschaft Rothenfels ein besonderer Schulfonds errichtet, um daraus die Besoldungen der Schullehrer verbessern, wie auch nöthigenfalls neue Schulen dotieren zu können" (StAWt-R R54 1817 Vorbemerkung). Durch Verordnung vom 6. März 1817 wurden die Stadtmagistrate des Königreichs Bayern zum 1. Oktober 1817 "in die Verwaltung des Vermögens der Stiftungen des Kultus, der Schule und der Wohlthätigkeit ... wieder eingesetzt" (Königlich-Baierisches Regierungsblatt Nr. 10 vom 12. März 1817 Sp. 153). Die in Art. XII dieser Verordnung geforderte Amtsextradition (ebd. Sp. 160) wurde durch die Verordnung über die Extradition des Stiftungs- und Kommunalvermögens vom 15. März 1817 geregelt (ebd. Sp. 185-194). Die Folgen dieser Verordnungen für den Rothenfelser Schulfonds bedürfen noch einer näheren Untersuchung. Die zum Rothenfelser Schulfonds im Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergischen Archiv vorliegenden Akten umfassen lediglich zwei schmale Hefte (StAWt-R Rep. 54 Nr. 71 und 73). Umso bedeutender ist der Rechnungsbestand des Schulfonds, bietet er doch die umfangreichste Quelle für den Versuch des Fürstlichen Hauses Löwenstein-Wertheim, ab 1803 eine Schulverwaltung für alle privativen Besitzungen dieses Hauses im Reich (Ämter Bronnbach, Habitzheim, Heubach, Neustadt, Rosenberg, Rothenfels, Wörth und katholische Schule in Wertheim) mit Ausnahme des in Württemberg gelegenen Amts Abstatt aufzubauen. Zentrum dieser Schulverwaltung war Rothenfels, dessen Stadtpfarrer Reuscher bis zu seinem Tod am 13. Januar 1812 (StAWt-R R54 1812 S. 17) als "Schuldirektor" Visitator der fürstlich löwensteinischen Schulen war. Der Fonds war mit folgenden Stiftungen dotiert: 1) 1000 fl waren von der Spitaladministration Rothenfels, 2000 fl von der Wallfahrtsstiftung Maria Buchen als Grundkaptal zu 5% Zinsen entliehen. 2) Das Subsidium charitativum das zur Rothenfelser Amtskontributionskasse zu entrichten war, fiel solange an den Schulfonds, "bis derselbe seinem Endzweck ganz entsprechen wird". 3) Die 30 xr, welche die Handwerksjungen beim Lossprechen (Aufdingen) bisher an das Arbeitshaus bezahlt hatten, fielen an den Schulfonds. 4) Die vom Spital Rothenfels bisher an das Waisenhaus und an die Invalidenpflege Würzburg bezahlten je 75 fl jährlich fielen an den Schulfonds. 5) Die Strafen wegen versäumten Schulunterrichts kamen anfangs ebenfalls dem Schulfonds zugute, mußten aber seit 1811 aufgrund großherzoglich frankfurtischer Verfügungen durch die Pfarrer an arme Schulkinder verteilt werden. 6) Nach der Aufhebung des Subsidium charitativum durch Baden Ende 1815 und wegen Entzugs der Schulstrafen verfügte die Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergische Domänenkanzlei 1. Sektion am 30. Januar 1813 die Entrichtung eines Beitrags von jährlich 200 fl durch das Spital Rothenfels. (StAWt-R R 54 1817 Vorbemerkung).
Einleitung: Ausgaben fielen an für die Bestallung des Schuldirektors Pfarrer Reuscher in Rothenfels, seines Aktuars und des Schulfondsadministrators Philipp Marx, der hauptberuflich Zollverwalter in Rothenfels war (vgl. StAWt-R R 60). Die Schullehrer, Schulgehilfen, Kantoren und Kandidaten erhielten Zulagen zur Aufbesserung ihrer schmalen Besoldung. Bücher wurden nicht nur für die Bibliothek des Schuldirektors Reuscher, sondern auch für die Schulkinder beschafft; über die Bibliothek des Schuldirektors, die sog. Schulbibliothek in der Herrschaft Rothenfels, ist im Anhang jeder Rechnung ein Inventar vorhanden. Weitere Kosten fielen an für den Schulbau, für Buchdrucker- und -binderarbeiten sowie für die Amtsführung des Schuldirektors und des Schulfondsadministrators. Die Wirksamkeit des Rothenfelser Schulfonds wurde ab 1806 durch die politischen Verhältnisse erheblich verringert. Hessen-Darmstadt zog die Schulstrafen sofort für den Kirchenrat in Darmstadt ein, Baden und der Fürstprimas folgten diesem Beispiel 1811 bzw. 1812. So konzentrierte sich der Einzugs- und Wirkungsbereich des Fonds schließlich auf den rechtsmainischen Teil des Amts Rothenfels. Dennoch ist von Bedeutung, daß in der Herrschaft Rothenfels, wenn auch nur für wenige Jahre, eine zugleich für badisches und fürstprimatisches Gebiet zuständige Behörde existierte. Die Führung der Schulfondsrechnungen hatte von 1803 bis 1817 der Rothenfelser Zollverwalter Philipp Marx inne. Als er mit 65 Jahren in den Ruhestand trat, sollte die Verwaltung an den Forstkassenverwalter Clarenz zu Rothenfels übertragen werden. Dieser lehnte jedoch ab, und so nahm die Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergische Domänenkanzlei am 16. Januar 1818 die Bewerbung des Rothenfelser Amtsschreibers Fürther an (StAWt-R Rep. 54 Nr. 73).
Einleitung: Im Bestand StAWt-R R 54 liegen die Rechnungen des Admnistrators Marx ab 1805/06 vor; es fehlen die beiden ersten Rechnungen vom 1. Dezember 1802 bis Cathedra Petri 1804 und von da bis Cathedra Petri 1805. Rechnungsbelege sind erstmals zum Jahrgang 1809/10 vorhanden; ab 1812 liegen sie komplett vor. Das Rechnungsjahr lief anfangs von Cathedra Petri (Febr. 22) bis Cathredra Petri. Ab 1812 ist das Kalenderjahr Rechnungsjahr. Die Revision der Rechnungen war bis 1812 Aufgabe der Fürstlich Löwenstein-Wertheimschen Regierung bzw. Justizkanzlei. Ab 1817 ist Johann Friedrich Goebel vom Rechnungsrevisorat der Domänenkanzlei als Revisor belegt. In diesem Zusammenhang ist das Präsentatum der Rechnungsbelege 1809/10 von Interesse. Es heißt dort, die Belege seien am 18. Juli 1820 von Würzburg her mit der Rechnung in Wertheim eingelaufen. Andererseits trägt die Rechnung selbst den Vermerk, sie sei am 12. Februar 1819 von Rothenfels her eingelaufen. Es erfolgte also zuerst in Wertheim eine Revision durch das Rechnungsrevisorat der Domänenkanzlei; dieser schloß sich dann eine sog. Superrevision durch eine Würzburger Behörde, vermutlich durch die dortige Regierung, an. Auf die Revision dürften auch die wenigen erhaltenen Registratursignaturen zurückgehen: Sie bezeichnen vermutlich die Quadrangeln der Begleitschreiben, mit denen die Rechnungen zur Revision eingereicht wurden. Die Revisionsakten selbst wurden noch nicht ermittelt. Am 30. Juli 1843 wurden Akten der Domänenkanzlei, die die Verwaltung des Rothenfelser Schulfonds betrafen (heute: StAWt-R Rep. 54 Nr. 71 und 73), an das Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergische Archiv abgegeben (Domönenkanzleirepertorium "MIlde Stiftungen" Nr. 19-20). Möglicherweise gelangten damals auch die Rechnungen des Schulfonds ins Archiv. Als Bestand R 54 werden sie erstmals im "Repertorium der Rechnungen und Rechnungsurkunden des Fürstlich Löwenstein-Wertheim-Rosenbergischen Archivs" (2. Hälfte 19. Jahrhundert) erwähnt. Sie wurden damals in Schrank II des Hauptkassenbureaus in der Wertheimer Hofhaltung aufbewahrt. Im März 1984 wurde der Bestand durch die Werkstudentin Regina Koch unter Anleitung durch den Unterzeichneten geordnet und verzeichnet. Dabei waren gegenüber dem 19. Jahrhundert keine Verluste festzustellen. Anschließend wurden die Rechnungsbelege durch den Archivangestellten Manfred Sziele verpackt. Die Reinschrift des Repertoriums besorgte die Angestellte Liselotte Goldschmitt. Der Bestand StAWt-R R 54 Rechnungen des Schulfonds zu Rothenfels umfaßt nunmehr ca. 0,2 lfd.m in 20 Einheiten. Wertheim, März 1984 gez. Hofmann
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim, R-R 54
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim (Archivtektonik) >> Rosenbergisches Archiv >> Selekte und Sammlungen >> Rechnungen
- Bestandslaufzeit
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1805/06-1818/19
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
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- Letzte Aktualisierung
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25.03.2024, 13:33 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1805/06-1818/19