Arbeitspapier | Working paper

Bahnliberalisierung in der Europäischen Union: Die Rolle des EuGH als politischer und politisch restringierter Akteur bei der Transformation staatsnaher Sektoren

Ehemals staatliche oder staatsnahe Sektoren wie der Schienenverkehr sind im Zuge der Europäischen Integration und des Binnenmarktprojekts einem markt- und wettbewerbsorientierten Liberalisierungsprozess ausgesetzt. Diesen treibt die Europäische Kommission (KOM) auf verschiedenen Wegen voran. Die vorliegende Arbeit untersucht eine Reihe von Vertragsverletzungsklagen der KOM gegen Mitgliedstaaten (MS), die keine ausreichenden Umsetzungsschritte bei der Eisenbahnliberalisierung ergriffen hätten. Mit dieser Klagewelle erhielt der EuGH erstmals die Möglichkeit zur Rechtsauslegung im Schienenverkehrssektor und fällte unterschiedliche Urteile. Die Arbeit fragt nach den Gründen für die Differenzierung im Angesicht der Rolle des EuGH als politischer und politisch restringierter Akteur. Diese wird in der wissenschaftlichen Debatte unterschiedlich bewertet: integrationsorientierter „Liberalisierungsmotor“ einerseits, politisch restringiert innerhalb des politischen Umfelds andererseits. Anknüpfend an eine Debatte im American Political Science Review werden konkurrierende Hypothesen zur politischen Autonomie des EuGH generiert. In den Verfahren kam es zu zahlreichen Interventionen durch MS, die als Streithelfer aufseiten der Verklagten auftraten. Die Befunde der Arbeit weisen den Streithelfern in der untersuchten Klagewelle jedoch keinen zentralen Einfluss zu. Dagegen folgten die RichterInnen fast ausnahmslos den Empfehlungen des EuGH-Generalanwalts, der als unabhängiger Sachverständiger sachlich differenziert einzelne Rügen in Klageverfahren bestätigt oder zurückweist. Dies traf sowohl bei Empfehlungen zugunsten der Klägerin (KOM) als auch zugunsten der Verklagten (MS) zu. Das Urteilsmuster des EuGH zeigt außerdem, dass er Bahn-Holdingmodelle – als vertikal integrierte Unternehmensstrukturen einer der stärksten Konfliktpunkte zwischen KOM und MS – toleriert. Eine grundsätzlich liberalisierende und KOM-freundliche Positionierung des EuGH ist nicht erkennbar.

Alternative title
Railway Liberalisation in the European Union: The Role of the ECJ as a political and politically restricted actor in the transformation of public sectors
ISSN
1869-8468
Extent
Seite(n): 35
Language
Deutsch
Notes
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet

Bibliographic citation
PIPE - Papers on International Political Economy (20/2014)

Subject
Wirtschaft
Recht
Politikwissenschaft
Justiz
Recht
Europapolitik
Wirtschaftssektoren
Wettbewerbsbedingungen
Europäisches Recht
Europäischer Gerichtshof
politische Faktoren
öffentlicher Sektor
Europäische Kommission
Eisenbahn
europäische Integration
Liberalisierung
Schienenverkehr
EU
ökonomischer Wandel
Urteil
politischer Akteur

Event
Geistige Schöpfung
(who)
Dederke, Julian
Event
Veröffentlichung
(who)
Freie Universität Berlin, FB Politik- und Sozialwissenschaften, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft Arbeitsstelle Internationale Politische Ökonomie
(where)
Deutschland, Berlin
(when)
2014

URN
urn:nbn:de:101:1-201403248036
Last update
21.06.2024, 4:27 PM CEST

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Object type

  • Arbeitspapier

Associated

  • Dederke, Julian
  • Freie Universität Berlin, FB Politik- und Sozialwissenschaften, Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft Arbeitsstelle Internationale Politische Ökonomie

Time of origin

  • 2014

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