Bestand
Drath, Martin (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Biografie:
* 12. Nov. 1902, Blumberg/Sachsen, †
14. April 1976, Karlsruhe
Studium der Rechts-
und Staatswissenschaften in Tübingen, Leipzig, Rostock, Göttingen und
Kiel; 1926 Promotion zum "Wahlprüfungsrecht bei der Reichstagswahl"
bei Walter Jellinek an der Universität Kiel, dort auch Kontakte zu
Gustav Radbruch, 1926 Mitglied der SPD und der Gewerkschaft, 1926
Tätigkeit bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes in Dresden,
1926-1933 juristischer Sachbearbeiter beim freigewerkschaftlichen
Allgemeinen Deutschen Beamtenbund (ADB), dort auch Kontakte zu Hermann
Brill; anschl. Sachbearbeiter beim freigewerkschaftlichen
Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des
Personen- und Warenverkehrs in Berlin; 1931 nebenberuflicher Assistent
von Hermann Heller und Rudolf Smend an der Juristischen Fakultät der
Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin; 1932-1933 auf Veranlassung
des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes hauptamtlicher Dozent
für Öffentliches Recht und Arbeitsrecht an der Akademie der Arbeit in
Frankfurt am Main, Zusammenarbeit mit Hermann Heller; Dez. 1933
Versetzung in den Ruhestand aufgrund des NS-„Berufsbeamtengesetzes";
1934-1939 Buchhalter bei der Samen- und Düngemittelfirma Germer,
Dedeleben, bzw. bei der von dieser Firma neu gegründeten Dependance
"Anbau- und Verwertungsgesellschaft für deutschen Mais" in Hamburg,
später Revisor (Wirtschaftsprüfer) im Verbandsbüro Dr. Cohn und Dr.
Eschenburg, Berlin, anschl. Revisor im Berliner Büro des
internationalen Glühlampenkartells "Soc. Anon. Phoebus", Genf; 1937
Mitglied im NSRB; 1938 Umzug nach Ilmenau; 1940-1945
Militärverwaltungsrat bei der Wehrmacht, dabei ab Sept. 1940
Mitarbeiter der Gruppe XII (Feind- und Judenvermögen) in der
Wirtschaftsabt. in Belgien unter Eggert Reeder; Ende 1940-1945
Geschäftsführer der Brüsseler Treuhandgesellschaft (BTG),
Aufgabengebiet: Beaufsichtigung und Verwaltung von "feindlichem" und
"herrenlosen" Vermögen in Höhe von 700-800 Mio. RM im gesamten Belgien
und den beiden nordfranzösischen Departements; 1945 durch Hermann
Brill, Regierungspräsident der Provinz Thüringen, mit dem Aufbau der
Revisionsabt. bei der Thüringischen Verwaltungsgesellschaft
beauftragt; Mitglied der SPD; WS 1945/46 Lehrbeauftragter an der
Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der
Friedrich-Schiller-Universität Jena; 9.7.1946 Habilitation "Carl
Schmitts Freund-Feind-Theorie als Theorie des Politischen"; 1.10.1946
Ernennung zum ao. Professor für Öffentliches Recht und Arbeitsrecht in
Jena; 1946 Mitglied der SED nach Zwangsvereinigung der Parteien;
Anfang 1947 von der Landesregierung Thüringen mit dem Aufbau der
Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena
beauftragt; Mitglied des rechtspolitischen Ausschusses des ZK der SED;
Febr. 1948 Berufung als Beisitzer in einen Disziplinarausschuss zur
Beurteilung des Fehlverhaltens eines Studenten; 1948 Flucht aus der
SBZ; ab April 1948 auf Veranlassung Hermann Brills Tätigkeit als
Regierungsdirektor bei der hessischen Landesregierung als Leiter des
Landespersonalamts, Teilnahme am Verfassungsausschuss der
Ministerpräsidentenkonferenz auf Herrenchiemsee; seit Nov. 1949
Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Freien
Universität Berlin; Dez. 1950 Wahl zum Bundesverfassungsrichter auf
Vorschlag des Landes Hessen; 1951-1963 Richter am Ersten Senat des
Bundesverfassungsgerichts, dabei Mitwirkung u.a. beim Lüth-,
Apotheken- und Elfes-Urteil sowie beim KPD-Verbotsverfahren; 1963
keine Wiederwahl als Richter; 1.11.1964 Beurlaubung von der FU Berlin,
24.2.1965 dort ausgeschieden; Ruf an die TU Darmstadt als Professor
für Öffentliches Recht, Rechtssoziologie und Rechtstheorie, dort
Lehrtätigkeit bis zur Emeritierung am 31.3.1971, anschließend u.a.
Durchführung von Kolloquien an der TU bis 1974.
Bearbeitungshinweis: Der
Nachlass Martin Drath war vor der Bearbeitung zunächst durch einen
Nutzer in eine gewisse Ordnung gebracht worden, sodass ein Teil des
Schriftguts bereits mit vorläufigen Titeln versehen in einem
Papierverzeichnis erfasst vorlag. 2018 wurde der Bestand in Teilen neu
geordnet sowie bislang unbearbeitet vorliegendes Schriftgut im Umfang
von etwa 1,5 Rm archivisch neu erschlossen. Dazu erfolgten
Aktenautopsien, anschließend eine Präzisierung sowie eine Anpassung
der bereits vorhandenen Titel an die Erschließungsrichtlinien des
Bundesarchivs, die Überarbeitung von Laufzeiten und die genauere
Erfassung des Inhalts der einzelnen Verzeichnungseinheiten in den
Enthält-Vermerken. Ferner wurde eine Klassifikation angelegt, die den
Nachlass inhaltlich strukturiert. Ein Teil der bereits durch den
Nutzer gebildeten Verzeichnungseinheiten wurde neu aufgeteilt,
archivisch erschlossen und entsprechend der Klassifikation
zugeordnet.
Als Kassanda wurden ausschließlich
Dubletten ohne Bearbeitungsspuren bewertet, die folglich dem Nachlass
entnommen worden sind. Gleiches gilt für Publikationen und
Loseblattsammlungen, die in die Zuständigkeit der Bibliotheken fallen.
Zwei Verfahrensakten des Bundesverfassungsgerichts wurden in den
entsprechenden staatlichen Bestand transferiert. Das ausgesonderte
Schriftgut hatte einen Umfang von etwa 0,3 Rm.
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte:
Der Nachlass des
Rechtswissenschaftlers Martin Drath gelangte auf Initiative des
Bundesarchivs im Jahr 1985 nach Koblenz. Die Kinder des 1976
verstorbenen Nachlassers hatten sich damals bereit erklärt, die
ungeordneten Unterlagen als Depositum zu übergeben, welches im Jahr
2016 in das Eigentum des Bundesarchivs übergehen sollte. 1992 wurde im
Verlauf einer Benutzung des Nachlasses ein vorläufiges Verzeichnis
über die auffindbaren Unterlagen erstellt, indem ein Teil des
Schriftguts nach Anfall zu handhabbareren Einheiten zusammengefasst,
durchnummeriert und mit groben Titeln versehen wurde. Im Zuge der
ersten Bearbeitung konnte weder eine innere Ordnung der Einzelbände
noch eine Klassifikation hergestellt werden. Etwa ein Drittel des
Nachlasses war ohne Bearbeitung verblieben. Im Jahr 2018 erfolgte
daher eine Tiefen- bzw. Neuerschließung des Bestandes, der
insbesondere die wissenschaftliche Position Draths
abbildet.
Inhaltliche Charakterisierung:
Verschriftlichte Tonbandmitschnitte, Redezettel und Notizen zu
Vorlesungen; Ausarbeitungen staats- und rechtsphilosophischer Natur,
Reden, Manuskripte, Korrespondenzen
Das
Archivgut im Nachlass Martin Draths stammt ausschließlich aus der Zeit
nach 1945 und spiegelt vor allem die wissenschaftliche Karriere an den
Universitäten Jena, Berlin und Darmstadt. Der Nachlass ist
gekennzeichnet durch umfangreiche wissenschaftliche Analysen zu
diversen rechtlichen, philosophischen, soziologischen und historischen
Themen, die Drath ausführlich maschinenschriftlich festhielt. Bei der
archivischen Bearbeitung ergaben sich knapp 60 Einzelbände zu
Ausarbeitungen, Notizen oder Fragmenten, die bei der Erschließung
wegen fehlender Titel oder Datierungen Draths mit Enthält-Vermerken
näher beschrieben wurden. Dabei konnten nur diejenigen Dokumente in
den Enthält-Vermerken erfasst werden, die vom Nachlasser selbst in
einen Sachzusammenhang gebracht worden waren oder auf andere Weise
Rückschlüsse erlaubten. Alle Bände des Klassifikationspunktes
"Ausarbeitungen, Sammlungen" enthalten deswegen grundsätzlich
Schriftstücke zu deutlich mehr Sachverhalten als aus den
Enthält-Vermerken ersichtlich wird. Viele inhaltliche Zusammenhänge
lassen sich nur durch eine fundierte Quellenanalyse erschließen.
Unterlagen zu Draths Amtszeit als Bundesverfassungsrichter sind
hingegen kaum Bestandteil des Nachlasses. Das diesbezügliche Archivgut
beschränkt sich auf wenige Ausführungen zu einzelnen Rechtsfragen.
Zwei Verfahrensakten staatlicher Provenienz wurden überdies in den
Bestand B 237 - Bundesverfassungsgericht - transferiert. Der Nachlass
enthält darüber hinaus Fassungen der Habilitationsschrift Draths
mitsamt einem Exposé des Hochschulprofessors Christoph Müller aus dem
Jahr 1980 über die Publikationsfähigkeit dieser Arbeit. Von besonderem
biografischen Interesse sind die Unterlagen zu Draths politisch
motivierter Flucht aus Jena im Jahr 1948 sowie die Umstände seiner
verhinderten Wiederwahl als Bundesverfassungsrichter 1963, welche sich
durch die Unterlagen im Nachlass nachvollziehen lassen.
Drath verwendete für seine wissenschaftliche Arbeit
sehr häufig die Rückseiten früherer Schreiben, sodass sich nicht
selten Korrespondenzen, Dokumente aus Handakten aus seiner
richterlichen Tätigkeit oder verworfene Ausarbeitungen auch dort
finden lassen. Hier sind vereinzelt auch fragmentierte Dokumente aus
der Zeit vor 1945 aufzufinden. Da der Nachlasser die Papiere offenbar
wahllos wählte und zumeist hälftig teilte, ließe sich ein innerer
Zusammenhang dieser Dokumente absehbar nur unter größeren
Schwierigkeiten rekonstruieren.
Vorarchivische Ordnung:
Ungeordnet.
Zitierweise: BArch N
1341/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch N 1341
- Extent
-
176 Aufbewahrungseinheiten; 4,0 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Nachlässe und Sammlungen >> Nachlässe >> D
- Related materials
-
Fremde Archive: Archiv Friedrich-Schiller-Universität Jena
Archiv Freie Universität Berlin
Archiv Technische Universität Darmstadt
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: B 237 - Bundesverfassungsgericht
N 1086 - (Teil-)Nachlass Hermann Louis Brill
N 1242 Nachlass Walter Jellinek
Amtliche Druckschriften: Veröffentlichungen (Auswahl):
"Das Wahlprüfungsrecht bei der Reichstagswahl", 1927;
"Rechtliche Probleme der Wirtschaftsplanung", 1947;
"Berlin und Bonn. Die Rechtsstellung Berlins in der Bundesrepublik", 1951;
"Die Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit. Die Gestaltung des Polizei- und Ordnungsrechts in den einzelnen Besatzungszonen" (Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Heft 9), Berlin 1952;
"Zur Sozial- und Rechtslehre vom Staat, ihren Gebieten und Methoden", 1952;
"Die Entwicklung der Volksrepräsentation", 1954;
"Verfassungsrecht und -wirklichkeit in der sowjetischen Besatzungszone", 1956 (4. Aufl.);
"Die sowjetische Gesellschaftslehre unter Berücksichtigung ihrer Revolutionstheorie", 1957;
"Grund und Grenzen der Verbindlichkeit des Rechts", 1963;
"Bemerkungen zur Theorie des Gesetzgebungsstaats", in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 17 (1965), S.556-567
Einleitung zu "Hermann Heller. Gesammelte Schriften", 1971;
zahlreiche Beiträge in Sammelwerken
Literatur: Baldus, Manfred, "Wer war und wofür steht Martin Drath?", in: Recht und Politik 43 (2007), S. 86-97
Henkel, Michael / Lembcke, Oliver, "Der Staat als Lebensaufgabe. Martin Drath (1902-1976)", in: Kritische Justiz 36 (2003), S. 445-461
- Provenance
-
Drath, Martin, 1902-1976
- Date of creation of holding
-
(1935) 1945-1985
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Zugangsbeschränkungen
-
Besondere Benutzungsbedingungen: Die Benutzung unterliegt keinen anderen Beschränkungen als der Beachtung von Persönlichkeitsschutzrechten Betroffener und von schutzwürdigen Belangen Dritter.
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Associated
- Drath, Martin, 1902-1976
Time of origin
- (1935) 1945-1985