Bestand

Hauptamt für Kommunalpolitik (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners:

Im Anschluss an den Parteitag der NSDAP vom 19. bis 21. August 1927 bestellte Adolf Hitler den damaligen Parteigenossen und Münchener Stadtrat Karl Fiehler zum Referenten für kommunale Fragen der NSDAP. Im Jahre 1929 ging aus diesem Referat die kommunalpolitische Fachabteilung der NSDAP hervor; an ihre Stelle trat 1931 der "Sachbearbeiter für Kommunalfragen bei der Reichsleitung". Bei der Zusammenfassung der bisherigen Organisationsleitungen I und II zur Reichsorganisationsleitung im Juni 1932 entstand in der Hauptabteilung III eine "Abteilung für Kommunalpolitik", die noch im selben Jahr in die "Unterkommission I B" der "Politischen Zentralkommission" umgewandelt wurde. Mit Anordnung Nr. 3/33 vom 6. Februar 1933 des Stabsleiters der inzwischen aus der "Politischen Zentralkommission" hervorgegangenen "Obersten Leitung der PO" (Politischen Organisation) entstand dort eine "Kommunalpolitische Abteilung", die den Charakter eines selbständigen Amtes und die Bezeichnung "Oberste Leitung der PO, Amt für Kommunalpolitik" erhielt. Nach Auflösung der "Obersten Leitung der PO" trat an ihre Stelle der "Reichsorganisationsleiter". Das "Amt für Kommunalpolitik" wurde nunmehr durch Anordnung Nr. 39/34 des Reichsorganisationsleiters vom 16. November 1934 zum "Hauptamt für Kommunalpolitik" erhoben. Demzufolge war das Hauptamt für Kommunalpolitik politisch dem Stellvertreter des Führers (bzw. später der Parteikanzlei), verwaltungsmäßig, personell, organisatorisch und disziplinär dem Reichsorganisationsleiter unterstellt.


Leiter des Hauptamtes bzw. seiner Vorläufer war bis zum Ende des "Dritten Reiches" Reichsleiter Karl Fiehler, der gleichzeitig den Vorsitz des Deutschen Gemeindetages inne hatte, Schutzherr des Internationalen Gemeindeverbandes und Leiter der Deutschen Sektion dieses Verbandes war und das Zentralblatt der NSDAP für Gemeindepolitik, "Die nationalsozialistische Gemeinde" (abgekürzt "NS-Gemeinde"), herausgab.


Der Aufgabenbereich des Hauptamtes und seiner nachgeordneten Ämter lässt sich nach deren endgültiger Institutionalisierung, grob gesehen, wie folgt aufgliedern:



1) Beratung des Führers, des Stellvertreters des Führers bzw. der Parteikanzlei, der Hoheitsträger der Partei und der Beauftragten der NSDAP im Sinne der Deutschen Gemeindeordnung (DGO) (Anweisung Nr. 1 an die Beauftragten, Ziffern 7 und 12) in allen kommunalpolitischen Angelegenheiten. Entsprechendes galt für die Gau- bzw. Kreisämter für Kommunalpolitik hinsichtlich der Gau- bzw. Kreisleiter der NSDAP;



2) Beratung und Betreuung der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der "Partei- und Volksgenossen" in denselben Angelegenheiten durch das Hauptamt bzw. die Ämter für Kommunalpolitik;



3) kommunalpolitische Schulung der Leiter, der höheren Beamten und Angestellten in den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie Ausbildung des Nachwuchses;



4) Mitwirkung am Zustandekommen aller einschlägigen kommunalpolitischen Gesetze und an der Weiterentwicklung des Gemeinderechts.



Hervorgehoben sei noch die besondere Unterstützung in personalpolitischer Hinsicht, die die Ämter für Kommunalpolitik dem Beauftragten der NSDAP bei seiner Mitwirkung an der Berufung und Absetzung wichtiger Gemeindebeamter (Bürgermeister, Beigeordnete, Gemeinderäte) zu gewähren hatten. Gerade hierbei wird die starke parteipolitische Einflussnahme (in personeller Hinsicht) auf die theoretisch unabhängige Gemeindeverwaltung sichtbar.


Analog der allgemeinen Organisationsstruktur der Partei umfasste der Instanzenzug des kommunalpolitischen Apparates
das Hauptamt,
die Gauämter,
die Kreisämter und
die Ortsgruppenfachberater (Ortsgruppenämter).


Ein erster Beleg für die Gliederung des Hauptamtes für Kommunalpolitik liegt vor in den "Ausführungen zur Geschäftsordnung des Hauptamtes für Kommunalpolitik der Reichsleitung der NSDAP" aus dem Jahre 1937, denen ein Arbeitsverteilungsplan (mit Amtsstellenbesetzung) und ein Registraturablagenschema beigegeben sind (NS 25/133). Eine straffere Geschäftsverteilung folgte mit der "Vorläufigen Geschäftsverteilung" vom 30. Dezember 1940, die erstmals die Gliederung in sechs Ämter aufweist:

1. Zentralamt,

2. Amt Verfassungs- und Ordnungspolitik,

3. Amt Gemeindliche Volkspflege,

4. Amt Gemeindliche Kulturpflege,

5. Amt Gemeindliche Wirtschaftspolitik,

6. Amt Finanz- und Steuerwesen
.

Die dort festgelegte Organisation und Geschäftsverteilung ist bis Kriegsende im wesentlichen unverändert geblieben, wie der Entwurf des "endgültigen" Organisationsplanes zeigt, der vermutlich im Jahre 1940 aufgestellt wurde. In Abweichung zur o.a. Gliederung werden hier allerdings den sechs - so verbliebenen - Ämtern als eigenständige Ämter der "Stabsleiter" und der "Persönliche Referent" vorangestellt (zusammen mit dem Amt des Reichsleiters nunmehr Amt I-VIII). Obwohl sich nicht nachweisen lässt, dass der Organisationsplan von 1940 tatsächlich in Kraft gesetzt wurde, kann doch davon ausgegangen werden, dass nach ihm verfahren wurde. Die ihm beigegebene, ausführlich gehaltene "Einzeldarstellung der Aufgabengebiete der Amtsträger" bot eine wesentliche Hilfe für die Bestandsgliederung (NS 25/2).


Die Ämter auf der Gau-, Kreis- und Ortsebene unterstanden disziplinär jeweils dem Gau-, Kreis- bzw. Ortsgruppenleiter, fachlich jeweils dem nächsthöheren Amt für Kommunalpolitik. Die Gliederung dieser Ämter kann dem Organisationshandbuch der NSDAP entnommen werden.

Die meisten Mitarbeiter der Ämter einschließlich des Hauptamtes waren ehrenamtlich tätig und bekleideten hauptberuflich Stellen im kommunalen Dienst.
Ortsgruppenfachberater wurden nur im Bedarfsfalle eingesetzt.


Bemerkenswert ist die enge Verknüpfung des Hauptamtes für Kommunalpolitik mit dem Deutschen Gemeindetag. Gemäß einer Anordnung des Reichsorganisationsleiters vom 11. Mai 1934 wurde der Deutsche Gemeindetag dem Hauptamt für Kommunalpolitik als "betreute Organisation" unterstellt. Eine Personalunion des Leiters des Hauptamtes mit dem Vorsitzenden des Deutschen Gemeindetages sowie zwischen dem jeweiligen Leiter des Gau- bzw. Kreisamtes für Kommunalpolitik und dem Vorsitzenden der Landes- und Provinzialdienststelle bzw. der Kreis- und Bezirksabteilung des Deutschen Gemeindetages war weitgehend hergestellt oder wurde angestrebt.


Die kommunalpolitischen Grundsätze und Richtlinien der Partei wurden durch das Hauptamt für Kommunalpolitik in Form von Anordnungen, Rundschreiben und Mitteilungen bzw. in der "NS-Gemeinde" durch Bekanntmachungen herausgegeben. An der Gesetzgebung, soweit sie die Kommunalpolitik berührte, arbeitete das Hauptamt mit dem Stab des Stellvertreters des Führers bzw. mit der Parteikanzlei zusammen. Innerhalb des weit verzweigten Informationsdienstes der Ämter für Kommunalpolitik waren - neben dem üblichen Schriftverkehr - die monatlichen Tätigkeitsberichte der Gauämter von besonderer Wichtigkeit. Sie beruhen auf Unterlagen, die vor allem von den Kreis- und Ortsgruppenämtern zusammengetragen wurden. Je "nach Eignung" wurden die Monatsberichte ganz oder in Auszügen in der "NS-Gemeinde" veröffentlicht oder vom Hauptamt an die zuständigen Partei- und Staatsstellen zur Auswertung weitergeleitet.

Die Zusammenarbeit mit den höheren Staats- und Parteistellen oblag in erster Linie dem Hauptamt.

Für Eingaben, Beschwerden, Anregungen und Bittgesuche waren vor allem die Gau- und Kreisämter zuständig; über Angelegenheiten von überregionaler Bedeutung konnte vom Hauptamt mitentschieden werden.

Bestandsbeschreibung: Bestandsgeschichte

Im Dezember 1962 erhielt das Bundesarchiv im Zuge von Schriftgutrückgaben des amerikanischen Berlin Document Centers auch Akten des Hauptamtes für Kommunalpolitik der NSDAP (Zugang I 190/62), die zusammen mit Akten gleicher Provenienz aus verschiedenen anderen Zugängen - den Bestand NS 25 bilden.

Der Bestand lagerte im Bundesarchiv vorerst unverzeichnet und war für die Benutzung nicht zugänglich. Forderungen nach Erschließung des Bestandes und die auf Grund der personellen Gegebenheiten bestehende Möglichkeit führten 1967 zunächst zu dem Kompromiss eines vorläufigen Archivverzeichnisses.


Den überwiegenden Teil seiner Registratur führte das Hauptamt für Kommunalpolitik in Form von Korrespondenz- und Serienakten, zum geringeren Teil in Form von Sachakten. Die Verzeichnung der Korrespondenzakten musste sich leider auf das rein Formale beschränken, d.h. auf die Angabe der jeweiligen Korrespondenzpartner. Die Fülle der in diesen Akten enthaltenen, großenteils historisch interessanten, wenn nicht gewichtigen Betreffe zu erfassen, wäre eine lohnenswerte, allerdings nur mit immensem Zeitaufwand zu bewältigende Aufgabe.

Die o.a. Geschäftsordnung des Hauptamtes für Kommunalpolitik gibt vor, die Korrespondenzserien nach dem ihr als Anlage beigegebenen Ablageschema des "Schriftverkehrs" - zu gliedern und innerhalb der Bestandssystematik als Hauptgruppe aufzustellen unter Voranstellung der Vorakten des (Haupt-)Amtes für Kommunalpolitik (Klassifikationspunkt 2). In Fortführung der nach aktenkundlichen Kriterien vorgenommenen Gliederung des Bestandes bilden die Sachakten die zweite große Bestandsgruppe (Klassifikationspunkt 3). Den überwiegenden Anteil der Sachakten stellen die in Form von Schnellheftern überlieferten Akten dar. Die Verzeichnung der Sachakten konnte leider fast nur durch Abschreiben der vorgefundenen Titel (auf Aktenvorsatzblättern) erfolgen; die Klassifizierung wurde nach dem Organisationsplan vom Jahre 1940 vorgenommen. Eine gewisse Durchlöcherung der Sachaktenfolge wird durch die Voranstellung von Unterlagen genereller Bedeutung und gleichartiger Form hervorgerufen (Klassifikationspunkt 1), schien aber im Interesse der Benutzbarkeit vertretbar.


Im Jahre 1968 überließ das Stadtarchiv München dem Bundesarchiv 17 Aktenbände seines Bestandes "Bürgermeister und Rat": 9 davon im Original, 8 Bände auf 6 Mikrofilmen.

Die Überprüfung ergab, dass nur eine der Filmrollen Material des Hauptamtes für Kommunalpolitik enthält. Die übrigen 5 Rollen weisen beim Deutschen Gemeindetag (DGT) entstandenes Schriftgut auf und sind dem Bestand R 36 Deutscher Gemeindetag hinzugefügt worden. Der schlechte Ordnungszustand der übergebenen Akten zwang zur völligen Auflösung der Bände, um sie dann nach Sachbetreffen neu zusammenzufügen. Die Akten wurden nach der Verzeichnung in die vorgegebenen Aktengruppen eingeordnet.

Archivische Bewertung und Bearbeitung

Das vorliegende Findbuch stellt eine Überarbeitung des 1967 in Koblenz angefertigten Findbuches dar. Bandzählungen wurden, soweit sie von dem früheren Bearbeiter im Titel vorgegeben worden waren, übernommen. Ferner wurde die Klassifikation, welche zuvor vollständig auf dem Organisationsplan des Hauptamtes für Kommunalpolitik basierte, teilweise verändert. Kassationen erfolgten nicht.

Inhaltliche Charakterisierung: Organisation, Aufbau und Tätigkeit des kommunalpolitischen Apparates der NSDAP: Organisation, Finanzierung und Personalangelegenheiten des Hauptamtes und der Ämter für Kommunalpolitik 1934-1945 (29), Beauftragter der NSDAP nach § 33 der Deutschen Ge‧meindeordnung 1935-1936 (2), Tagungen und Dienstbesprechungen 1931-1944 (59), Rund‧schreiben, Anordnungen, Mitteilungen, Rundfragen, Informatorische Mitteilungen des Haupt‧amtes für Kommunalpolitik 1932-1945 (14), vertrauliche Berichtsauszüge 1935-1942 (4), energiewirtschaftliche Monatsberichte 1936-1939 (1), Materialsammlungen (Aufsätze, Ma‧nuskripte, Presseausschnitte) 1932-1943 (25); Schriftwechsel des Hauptamtes für Kommunalpolitik: Materialien aus der Tätigkeit Fiehlers als Stadtrat in München 1928-1933 (10), Schriftwech‧sel und Arbeitsunterlagen des Stabsleiters des Hauptamtes für Kommunalpolitik, Bürger‧meister Treff, Berlin 1933-1934 (7); Schriftwechsel mit den Leitern, Referenten und Mitarbeitern des Hauptamtes 1930-1940 (54), gauamtlicher Schriftwechsel 1933-1940 (220), Schriftwechsel mit: dem Stellvertreter des Führers bzw. der Parteikanzlei 1935-1939 (38), dem Reichsorganisationsleiter der NSDAP 1933-1939 (10), dem Reichsschatzmeister der NSDAP 1937-1939 (3), weiteren Dienststellen der Reichsleitung der NSDAP, der Gliederungen und angeschlossenen Verbände 1933-1942 (70), staatlichen Stellen 1933-1940 (7), der Akademie für Deutsches Recht 1933 (1), dem Deutschen Gemeindetag 1934-1943 (8), "NS-Gemeinde".- Schriftleitung, Verlag und Redaktion 1933-1940 (59), "Gemeindliche Rechts- und Wirtschaftsberatung" 1933-1939 (16), Schriftwechsel mit nichtamtlichen Stellen 1933-1939 (7), Eingaben und Beschwerden 1932-1943 (13), Ta‧geskopien 1941-1944 (41); Stabsleiter 1935-1944 (13), Zentralamt 1931-1945 (180), Amt Verfassungs- und Ordnungs‧politik 1933-1944 (156), Amt Gemeindliche Volkspflege 1930-1945 (248), Amt Gemeindliche Kulturpflege 1934-1944 (103), Amt Gemeindliche Wirtschaftspolitik 1930-1945 (169), Amt Finanz- und Steuerwesen 1932-1943 (123)

Erschließungszustand: Online-Findbuch (2007)

Zitierweise: BArch NS 25/...

Reference number of holding
Bundesarchiv, BArch NS 25
Extent
1883 Aufbewahrungseinheiten
Language of the material
deutsch

Context
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Einrichtungen der NSDAP >> Reichsleitung
Related materials
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: R 1501 Reichsministerium des Innern

R 36 Deutscher Gemeindetag

Amtliche Druckschriften: Die Nationalsozialistische Gemeinde. Zentralblatt der NSDAP für Gemeindepolitik, 1933-1944, NSD 25/1

Literatur: Matzerath, Horst: Nationalsozialismus und kommunale Selbstverwaltung, Stuttgart 1970

Provenance
Hauptamt für Kommunalpolitik, 1934-1945
Date of creation of holding
1928-1944

Other object pages
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Last update
16.01.2024, 8:43 AM CET

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  • Bestand

Associated

  • Hauptamt für Kommunalpolitik, 1934-1945

Time of origin

  • 1928-1944

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