Bestand
IG Chemie, Glas und Keramik (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Aufgaben
und Organisation:
Am 15./16. Juni 1946 wurde
auf der 1. Zentralen Delegiertenkonferenz (ZDK) in Halle/Saale die
Industriegewerkschaft (IG) Chemie als eine von 18 unselbständigen
Einzelgewerkschaften innerhalb des FDGB gegründet. Als Vorsitzender
wurde Max Reitersleben gewählt.
Die Initiative
zur Bildung von Industriegewerkschaften nach dem Einheits- und
Produktionsprinzip (ein Betrieb - eine Gewerkschaft) war vom
Gründungskongress des FDGB im Februar 1946 ausgegangen. Die
Einzelgewerkschaften des FDGB fungierten entsprechend der Satzung des
FDGB als eine "Fachabteilung" für die Verwirklichung der Beschlüsse
der FDGB - Kongresse und des Bundesvorstandes des FDGB in ihren
Organisationsbereichen. Die zentrale Entscheidungskompetenz lag beim
Geschäftsführenden Bundesvorstand bzw. seines Sekretariats und
Präsidiums, die vom Bundesvorstand gewählt wurden. Über Veränderungen
im Organisationsaufbau und über Personalfragen in den
Einzelgewerkschaften entschied der Bundesvorstand des FDGB. Die
Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften waren Mitglieder des Präsidiums
der Bundesvorstandes des FDGB. Die Einzelgewerkschaften hatten keine
Finanzautonomie.
Auf dem 2. FDGB-Kongress im
April 1947 wurde als Zweck und Ziel des gewerkschaftlichen
Zusammenschlusses die Vertretung der Interessen der Arbeiter und
Angestellten zur Verbesserung ihrer gesellschaftlichen und sozialen
Lage sowie zur Erweiterung ihrer Rechte bestimmt.
Mit dem 3. FDGB-Kongress 1950 war die programmatische Umwandlung
des FDGB zu einem Transmissionsriemen und zum Hebel der
gesellschafts-, wirtschafts- und sozialpolitischen Vorgaben der SED
durch die Annahme des demokratischen Zentralismus als verbindliches
Organisationsprinzip verbunden. Der 4. FDGB-Kongress 1955 stellte die
Aufgabe, die Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Planerfüllung
sowie die Entwicklung von sozialistischem Bewusstsein unter den
Mitgliedern in den Mittelpunkt der Gewerkschaftsarbeit zu stellen. In
der im Jahre 1968 beschlossenen Verfassung der DDR wurde dem FDGB die
Monopolstellung in der Interessenvertretung der Arbeiter, Angestellten
und der Intelligenz sowie eine umfassende Mitbestimmung in Staat,
Wirtschaft und Gesellschaft zugewiesen. Ein wesentliches
Tätigkeitsfeld des FDGB war von Beginn an der vorbeugende Arbeits- und
Gesundheitsschutz und das Wirken für die Verbesserung der Arbeits- und
Lebensbedingungen. Mit dem Beschluss des VIII. Parteitages der SED
1971 zur Hauptaufgabe, die die Einheit von Wirtschafts- und
Sozialpolitik beinhaltete, wurde diese Seite der Gewerkschaftsarbeit
durch die Entwicklung von gemeinsamen Programmen des ZV der IG Chemie,
Glas und Keramik und der Ministerien für Chemische Industrie bzw. für
Glas- und Keramikindustrie zur Verbesserung der Arbeits- und
Lebensbedingungen bedeutend verstärkt. Bis zum November 1989
bestimmten das Organisationsprinzip des demokratischen Zentralismus
und die gesellschafts-, wirtschafts- und sozialpolitischen Vorgaben
und Beschlüsse der SED Struktur, Aufgaben und Arbeitsweise des FDGB
und seiner nachgeordneten Einzelgewerkschaften.
Die IG Chemie umfasste bei ihrer Gründung 1946
- die Betriebe der Chemie-, Glas-, Keramik- und
Papierindustrie,
- baustofferzeugende Betriebe
(Ziegeleien und Zementfabriken),
- Betriebe der
Forstwirtschaft und Textilindustrie,
-
Tierkörperbeseitigungsanstalten
sowie
- eine Reihe von Hoch- und Fachschulen.
1946 gehörten der IG 116.300 Mitglieder an. Laut
Satzung von 1946 erhielt die IG die Bezeichnung IG Chemie, Papier,
Steine und Erden. Auf der 2. ZDK im Dezember 1947 erfolgte die
Umbenennung in IG Chemie, Papier und Keramik. Beide Bezeichnungen
wurden vom Bundesvorstand des FDGB nicht bestätigt. Nach Bildung der
IG Druck und Papier im August 1950 erhielt die IG den Namen IG Chemie.
Die 8. ZDK 1972 in Leuna beschloss den Namen IG Chemie, Glas und
Keramik.
1978 waren in der IG Chemie, Glas und
Keramik folgende Bereiche der Wirtschaft erfasst:
- Chemische Grundstoffindustrie,
-
Carbochemie und Wachse,
- Technische
Gase,
- Agrochemie und Zwischenprodukte,
- Sprengstoffindustrie,
-
Film- und Fotopapierindustrie,
-
Chemiefaserindustrie,
- Zellstoff- und
Zellwolleindustrie,
- Chemieanlagenbau,
- Keramikmaschinenbau,
-
Düngemittelindustrie,
- Pharmazeutische
Industrie,
- Gummiindustrie,
- Plastverarbeitung,
- Lacke- und
Farbenindustrie,
- Leichtchemie
(Kosmetik/Waschmittel),
- Chemiehandel.
- Tankstellen von Minol,
-
Sanitärkeramik,
- Fliesen- und
Kachelindustrie,
- Technisches Glas,
- Silikatrohstoffe,
- Bau-,
Flachglas- und Spiegelindustrie,
- Haushalts-
und Verpackungsglas,
-
Wissenschaftlich-Technische Zentren für Glas- und
Keramikindustrie,
- Ingenieurschulen für Gummi-
und Glasindustrie,
- Ingenieurtechnisches
Zentralbüro für Projektierung.
1978 gehörten
der IG 514.030 und 1987 528.922 Mitglieder an. Von 1950 bis 1978 war
es durch wirtschaftspolitische Beschlüsse der SED zu
Strukturveränderungen im Organisationsbereich der IG gekommen.
Wirtschaftsbereiche und damit Mitglieder und Funktionäre wurden an
andere Industriegewerkschaften übergeben bzw. von diesen übernommen.
9.000 Mitglieder wurden 1955 in die IG Bau/ Holz , 43.000 Mitglieder
wurden 1957 in die IG Metall, IG Land und Forst und in die IG
Textil-Bekleidung-Leder übergeleitet, sowie 45.600 Mitglieder von der
aufgelösten IG Örtliche Wirtschaft übernommen. 1973 bis 1978 erfolgte
im Rahmen der Bereinigung der Industriezweige und der weiteren
Kombinatsbildung die Überleitung von 13.776 Mitgliedern der IG in die
IG Metall, Bau/Holz und Bergbau/Energie sowie umgekehrt von 5.416
Mitgliedern aus diesen Industriegewerkschaften in die IG Chemie.
Das höchste Organ der Industriegewerkschaft Chemie
war die Zentrale Delegiertenkonferenz. Sie tagte in der Regel alle 4
bis 5 Jahre vor den FDGB-Kongressen. In der IG Chemie fanden 13
Zentrale Delegiertenkonferenzen von 1946 bis 1990 statt. Sie wählten
den Zentralvorstand als ihr Leitungsorgan. Der Zentralvorstand der IG
Chemie bestimmte von 1946 bis 1950 einen Geschäftsführenden Vorstand
mit einem 1. und 2. Vorsitzenden. Für die Erledigung der operativen
Arbeit wurden die Hauptabteilungen Wirtschaft, Sozialpolitik, Löhne
und Tarife/Arbeitsrecht, Betriebsräte, Jugend, Frauen sowie Presse und
Rundfunk gebildet.
Im Zuge der Reorganisation
des FDGB wurde 1950 ein Sekretariat als Arbeitsgremium eingesetzt, die
Hauptabteilungen aufgelöst und Abteilungen sowie Büros geschaffen.
1952 kam es nach der Verwaltungsreform in der DDR zur Ersetzung der
Landesvorstände durch Bezirksvorstände. 1959 wurde wie in den anderen
Industriegewerkschaften ein Präsidium aus haupt- und ehrenamtlichen
Gewerkschaftsfunktionären gebildet, das Sekretariat wurde 1962
aufgelöst.
Von 1962 bis 1972 hatten
Kommissionen wie die Industriekommissionen I bis IV und die
Gewerkschaftskomitees bei den VVB wesentliche Aufgaben bei der
Zusammenarbeit und Anleitung der nachgeordneten gewerkschaftlichen
Vorstände und Leitungen zu leisten. Ab 1967 arbeitete wiederum ein
Sekretariat des ZV mit dem 1. und 2. Vorsitzenden und den Sekretären
für Wirtschaft, Arbeit und Löhne, Arbeits- und Gesundheitsschutz-
Sozialpolitik, Internationale Verbindungen und Bildung und Kultur.
Zeitweilig bestand in den Kompetenzen zwischen Präsidium und
Sekretariat ein Dualismus in Grundsatzfragen. Das Präsidium des ZV
wurde 1982 ersatzlos gestrichen.
1950 und 1958
kam es durch Beschluss des Bundesvorstandes des FDGB zur Ablösung des
Vorsitzenden Max Reitersleben und von Mitgliedern des ZV bzw. des
Vorsitzenden Horst Willim mitsamt des Sekretariats des ZV der IG
Chemie wegen unzureichender politischer Führungtätigkeit bzw.
Verletzungen des demokratischen Zentralismus. Im November 1989
erklärte unter Druck der Mitgliedschaft und von Teilen des
Sekretariats die Vorsitzende Edith Weber, die Mitglied des ZK der SED
war und einen autoritären Führungsstil pflegte, ihren Rücktritt.
Die IG Chemie, Glas und Keramik trat Ende November
1989 in einen demokratischen Erneuerungsprozess zu einer selbständigen
Einzelgewerkschaft ein. Diese Entwicklung führte1990 zu einer neuen
Satzung und zu einem Erneuerungsprogramm. Über den Weg eines
Kooperationsvertrages mit der IG Chemie- Papier- Keramik im DGB führte
dieser Prozess 1990/1991 die Mitglieder der IG Chemie, Glas und
Keramik in die IG Chemie-Papier-Keramik. Er fand in der Auflösung der
IG Chemie, Glas und Keramik zum 31. Mai 1991 seinen Abschluss.
Vorsitzende der IG Chemie, Glas und Keramik
waren:
Max Reitersleben (1946 - 1950),
Kurt Kühn (1950 - 1952),
Else
Rau (1952),
Horst Willim (1953 - 1958),
Rudolf Höppner (1959 - 1965),
Hans-Jürgen Winkler (1965 - 1967),
Werner
Oertelt (1967 - 1980),
Edith Weber ( 1980 -
1989),
Hartmut Löschner (22.11.1989 -
31.05.1991).
Stellv. Vorsitzende waren:
Johannes Falkenberg (1948) - 2. Vors.,
Franz Franke (1950 - 1952),
Horst Willim 1952/53),
Else Rau (1954/1955
und 1957/1958),
Helmut Thieme (1956),
Rudolf Höppner (1958/1959),
Heinz Schmiedgen (1963/64),
Werner Oertelt
(1964 - 1967),
Werner Harnisch (1967 -
1977),
Friedhelm Rauschke (1977 - 1978
amt.),
Edith Weber (1978 - 1980),
Ulrich Freyberg (1980 - 1986),
Lutz Fuhrmann (1986 - 1988),
Friedhelm
Rautschke (1988),
Hartmut Löschner (März 1988 -
22.11.1989),
Bernhard Heinig (22.11.1989 -
28.04.1990),
Klaus-Dieter Klaua (28.04.1990 -
31.05.1991).
Seinen Sitz hatte der ZV der IG
Chemie, Glas und Keramik von 1946 bis 1957 in Berlin und von 1957 bis
1991 in Halle. Publikationsorgane der IG waren von 1946 bis 1959 die
Zeitung Fabrikecho, von 1960 bis 1962 die Zeitschrift Chemie-Rundschau
sowie bis 1990 verschiedene Informationsblätter. Seit 1952 erschien
eine eigene Schriftenreihe. Daneben gab das Büro für
Gewerkschaftseinheit von 1958 bis 1962 das Blatt Gewerkschaftspost für
Westdeutschland heraus.
Ab 1951 unterhielt der
ZV der IG Chemie, Glas und Keramik Gewerkschaftsschulen zunächst in
Groß-Kühnau bei Dessau, in Radebeul, in Glossen bei Bautzen sowie in
Alsleben.
Bestandsanalyse:
Die chemische, Glas- und keramische Industrie waren
strukturbestimmende Wirtschaftzweige der DDR. An ihnen lassen sich die
Grundstrukturen, aber auch die Grundschwächen des Planungssystems und
der ökonomischen Entwicklung der DDR deutlich verfolgen. Sie trugen
mit Exporten zur Erwirtschaftung von Devisen bei und es gab in diesen
Wirtschaftszweigen eine Reihe großer Investitionsvorhaben.
Das Archivgut der IG Chemie, Glas und Keramik enthält
wertvolles Quellenmaterial zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der
DDR. Ebenfalls finden sich im Bestand vielfältige Primärquellen zur
Betriebsgeschichte vor allem von Großbetrieben des
Organisationsbereiches.
Das Berichts- und
Kontrollsystem des Bundesvorstandes des FDGB und seiner Abteilungen
verpflichtete den ZV der IG Chemie, Glas und Keramik von den Bezirks-,
Kreis- und Gebietsvorständen der IG sowie von den
Betriebsgewerkschaftsleitungen umfassende Berichte und Informationen
abzufordern. Durch die differenzierte Form der Beschlussfassung wurde
eine Reihe aussagefähiger Unterlagen überliefert, die auch
Rückschlüsse auf deren Genese zulassen.
In den
ersten sechs Hauptgruppen sind die Protokolle und Beschlüsse der
Zentralen Delegiertenkonferenzen und der Leitungsorgane der IG Chemie,
Glas und Keramik (Zentralvorstand, Sekretariat, Präsidium) zu
Grundsatzfragen und zur Leitungstätigkeit überliefert. Die Unterlagen
der 13 Zentralen Delegiertenkonferenzen von 1946 bis 1990 mit den
Satzungen bilden dabei den Anfang. Sie enthalten neben den
Protokollen, Entschließungen und Beschlüssen der ZDK ebenfalls die
Materialien der Organisationsbüros der Konferenzen über die
Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der
Delegiertenkonferenzen.
Als nächstes folgen die
Protokolle der Zentralvorstandssitzungen. Sie liegen von 1946 bis 1966
und von 1970 - 1985 mit Tätigkeitsberichten, Referaten, Vorlagen und
Informationen, von 1986 - 1990 nur mit Vorlagen und teilweise
handschriftlichen Aufzeichnungen vor.
Eine
weitere Gruppe setzt sich aus einer Reihe von Beschlussserien
zusammen: den Beschlüssen des Geschäftsführenden Vorstandes (1946 -
1950) bzw. des Sekretariats des ZV (1950 - 1962, 1967 - 1990), den
Beschlüssen des Präsidiums des ZV (1959 - 1982)). Diese Beschlüsse
liegen in chronologisch geordneten Protokollserien vor
(Beschlussprotokolle mit Anlagen). Grundlegend für die
Beschlussfassung des ZV und seiner Leitungsorgane waren die Auswertung
und Umsetzung der Beschlüsse des Zentralkomitees der SED und des
Bundesvorstandes des FDGB. Im Bundesvorstand des FDGB war der
jeweilige Sekretär für Wirtschaft für die Anleitung und Kontrolle der
Tätigkeit der IG Chemie, Glas und Keramik zuständig. An den Beratungen
der obersten Gremien der IG nahm ständig ein Vertreter der Abteilung
Organisation/Kader des Bundesvorstandes des FDGB teil.
Eine nächste Hauptgruppe sind die Arbeitsunterlagen
der Vorsitzenden der IG Chemie, Glas und Keramik (1949 - 1990). In ihr
sind Vorlagen, Beschlüsse, Rundschreiben, Informationen und
Argumentationen des Bundesvorstandes des FDGB zur Anleitung und
Kontrolle des ZV sowie Korrespondenz mit dem ZK der SED, mit dem
Bundesvorstand des FDGB und seinen Abteilungen enthalten.
Die Arbeitsweise des ZV nach den Prinzipien des
demokratischen Zentralismus wird in seinen Rundschreiben und
Informationen an die Bezirks-, Kreis- und Gebietsvorstände, an die
Gewerkschaftskomitees bei den Vereinigungen Volkseigener Betriebe
(VVB) und an die Betriebsgewerkschaftsleitungen des
Organisationsbereiches deutlich. Protokolle bzw. Materialien von
Konferenzen und Fachtagungen wie zur Jugend- und Frauenarbeit, zur
Arbeit mit der Intelligenz, zu Organisations- und Wirtschaftsfragen
reichen von 1950 bis 1988. Referate, Lektionen, Artikel und
Ausarbeitungen der Vorsitzenden zu Vertrauensleutevollversammlungen in
Betrieben des Organisationsbereiches, vereinzelt für Plenarbeiträge
auf Tagungen des Zentralkomitees der SED, für Vorlagen beim Politbüro
des ZK der SED, beim Bundesvorstand des FDGB wie zum Chemieprogramm
1958/59, zu einer leistungsorientierten Lohnpolitik, zur
Leitungstätigkeit nach dem Produktionsprinzip, zur Entwicklung von
Masseninitiativen im sozialistischen Wettbewerb, zur Förderung der
Frauen und der Jugend, zu Aufgaben und Problemen des ökonomischen
Systems des Sozialismus, über Probleme der Arbeits- und
Lebensbedingungen und zur Stimulierung der materiellen
Interessiertheit bilden einen weiteren Schwerpunkt der Gruppe.
Sitzungsprotokolle und Materialien von Kommissionen bzw.
Arbeitsgruppen des Bundesvorstandes oder des Zentralvorstandes der IG
ergänzen diese Unterlagen. In dieser Gruppe befinden sich ebenfalls
Vorlagen, Analysen und Materialien des Ministeriums für Chemische
Industrie, des Ministeriums für Leichtindustrie, des Ministeriums für
Glas- und Keramikindustrie, des Volkswirtschaftsrates, der Staatlichen
Plankommission, der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) und weiteren
staatlichen Organen u.a. zu Grundproblemen der
Volkswirtschaftsplanung, zum vorbeugenden Arbeits-, Gesundheits- und
Brandschutzes, zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen,
zur Planerfüllung, zum Staatsplan Wissenschaft und Technik, zum Stand
von Investitionsvorhaben sowie zum Umweltschutz. Die Ministerien waren
zur Einreichung von Vorlagen zu Grundsatzfragen der Wirtschafts- und
Sozialpolitik an die Leitungsgremien der IG verpflichtet. Ihre
Vertreter traten ebenfalls zu den ZDK, auf Tagungen des ZV und
Sitzungen des Präsidiums und des Sekretariates des ZV sowie auf
Konferenzen der IG mit Referaten und Diskussionsbeiträgen auf.
Die folgende Hauptgruppe umfasst die Abteilung
Organisation/Kader, die im wesentlichen aus Arbeits- und
Informationsplänen, Protokollen, Berichten, Konzeptionen, Analysen und
Informationen nachgeordneter gewerkschaftlicher Vorstände und
Leitungen von 1953 bis 1962 und von 1977 bis 1989, Unterlagen zum
Mitgliederleben, zu den Gewerkschaftswahlen, zur
Gewerkschaftsschulung, zur Plandiskussion, zum sozialistischen
Wettbewerb und zu Personalfragen sowie Betriebskollektivverträge
beinhaltet. Die Gruppe enthält eine sehr umfangreiche Überlieferung
der Sitzungsprotokolle der berichterstattungspflichtigen Leitungen und
Vorstände, angefangen von den Bezirksvorständen, periodisch
ausgewählten Kreis- und Gebietsvorständen bis hin zu den
Gewerkschaftskomitees bei den WB, den Beauftragten des ZV bei den WB
bzw. den Kollektiven der BGL- Vorsitzenden, den
Betriebsgewerkschaftsleitungen der Großbetriebe, der Großbaustellen
Schwedt, Guben und Ilmenau und der ausgewählten Mittel- und
Kleinbetriebe der chemischen, Glas- und keramischen Industrie.
Wesentliche Einblicke in betriebliches Geschehen geben Einsatzberichte
von Instrukteuren oder Instrukteurbrigaden des ZV. Lückenhaft sind
Stimmungs- und Meinungsberichte zu aktuellen politischen Themen
überliefert. Fragen der Arbeitsorganisation des ZV werden durch eine
Aktengruppe ebenfalls belegt.
Die nachfolgenden
Hauptgruppen bilden die Abteilungen Wirtschaft, Arbeit und Löhne,
Arbeits- und Gesundheitsschutz, Sozialpolitik, Arbeit nach der BRD,
Internationale Verbindungen, Agitation, Propaganda und Bildung. Im
Schriftgut dieser Abteilungen widerspiegelt sich auch die Tätigkeit
von Vertretern des ZV in den staatlichen Organen, wie z.B. in
Ministerien, der Staatlichen Plankommission, bei den VVB und ihren
Technisch-Ökonomischen Räten, in der ABI sowie in den
Wettbewerbskommissionen. In der Überlieferung befinden sich Protokolle
von Dienstberatungen der Minister, von Beratungen der Minister mit den
Generaldirektoren der VVB, Tarifverträge, Entwürfe zu den
Rahmenkollektivverträgen und zu Betriebskollektivverträgen,
Wettbewerbsprogramme, Gestaltungsbücher zur Messe der Meister von
Morgen, Unterlagen zur Arbeitsklassifizierung, zur Vorbereitung und
Durchführung von lohnpolitischen Programmen, Analysen zu
Weltstandsvergleichen von Zweigen sowie der Qualität von Erzeugnissen
der chemischen Industrie, zur Neuerer- und Erfindertätigkeit, zur
Vorbereitung und zur Durchführung der gemeinsamen Programme des ZV und
der Ministerien zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen,
Jahresanalysen über Eingaben und Beschwerden zu Lohn-und
Arbeitsrechtsfragen, über das Unfall-, Havarie- und Störgeschehens
sowie über Berufskrankheiten, über den Stand der Beseitigung von
gesundheitsgefährdeten Arbeitsplätzen, über die Arbeits- und
Produktionssicherheit in der chemischen, Glas- und keramischen
Industrie sowie Unterlagen zum Feriendienst in den Jahren 1954 bis
1958. Die Abteilung Arbeit nach der BRD beinhaltet Protokolle von
gesamtdeutschen Beratungen bis 1962. Diese Abteilung ging 1972 in die
Abteilung Internationale Verbindung ein. Berichte über den
Delegationsaustausch und über die Tätigkeit der IG in internationalen
Berufsvereinigungen belegen die vielfältigen Kontakte ins Ausland.
Weiteres Schriftgut ist sporadisch zur Bildung, Schulung und
Qualifizierung der Gewerkschaftsmitglieder vorhanden.
Archivische Bearbeitung:
Der
Bestand DY 38 (Laufzeit 1946 - 1990) wurde von 2001 bis 2003 im Rahmen
eines Projektes zur Erschließung von Schriftgut der
Industriegewerkschaften bearbeitet Das Schriftgut lagerte in
Gemengelage der Provenienzen. Es stammte aus 3 Aufbewahrungsorten: dem
Zentralarchiv des FDGB in Berlin, dem Verwaltungsarchiv und der
Geschäftsstelle des Zentralvorstandes der IG Chemie, Glas und Keramik
in Halle und dem Archiv der IG Chemie-Papier-Keramik im DGB in Bad
Münder bei Hannover, in das 1990 Akteneinheiten verbracht worden
waren. 1993 und 1994 wurde das Schriftgut der IG in die Stiftung
Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv
(SAPMO) überführt.
Vor dem Umzug des ZV 1957
von Berlin nach Halle waren Unterlagen der Abteilungen aus Raumgründen
vernichtet worden, so dass für die Jahre 1946 bis 1957 fast nur Akten
der Leitungsorgane überliefert sind.
Nach der
Revision des Bestandes ergab sich, dass der Umfang des Bestandes 153
lfm Schriftgut betrug. Von den 153 lfm Schriftgut waren ca. 90lfm mit
Titeln in Abgabelisten erfasst, die sich jedoch häufig als
unzureichend oder falsch herausstellten. Ohne Abgabeverzeichnisse bzw.
-listen waren 60 lfm Schriftgut, davon 30 lfm lose Blattsammlungen
vorhanden.
Die Mehrzahl der Akten war nicht
kartoniert, sondern in mehr als 900 erheblich verschmutzten und
beschädigten Bündeln bzw. Ordnern verpackt. Die Gemengelage der
Provenienzen erforderte umfangreiche Vorordnungsarbeiten am Bestand
einschließlich der Bestimmung und Zusammenführung der Provenienzen aus
der losen Blattsammlung zu sachthematischen Akten.
Bei der Erschließung des Schriftgutes erwies sich, dass Mängel in
der Aktenbildung und Registraturführung die archivische Bearbeitung
der Akten erschwerten. Signaturen waren teilweise doppelt bzw. drei-
und vierfach belegt oder es waren keine Signaturen vorhanden. Die
Schriftgutablage des Registraturbildners war den Sekretärinnen
überlassen. Sie befanden in der Regel über die Archivwürdigkeit des
Schriftgutes zur Abgabe an das Zentralarchiv des FDGB oder die
Vernichtung. Dies führte bei gleichzeitigem Fehlen von Aktenplänen
oder ihrer Nichtbeachtung zu Sachbearbeiterregistraturen, die vielfach
eine willkürliche Akten- und Aktentitelbildung zur Folge hatte.
Entsprechend der Aufgabenstellung wurden für den
Zeitraum 1946 bis 1990 die Zentralen Delegiertenkonferenzen, die
einzelnen Sitzungen des Zentralvorstandes, des Sekretariats und des
Präsidiums des ZV (mehr als 1.600 Akteneinheiten) mit den
Tagesordnungspunkten erweitert verzeichnet Die erweiterte Verzeichnung
des Schriftgutes wurde ebenfalls für die Arbeitsunterlagen der
Vorsitzenden der IG, für die Abteilungen Organisation/Kader,
Wirtschaft, Arbeit und Löhne sowie Arbeits- und
Gesundheitsschutz-Sozialpolitik angewandt, insgesamt für ca. 3400 von
3429 Akteneinheiten. Für den Benutzer wurden auch die Berichte der
Bezirksvorstände der IG und der Gewerkschaftsleitungen der VVB bzw.
Kombinate der chemischen-, Glas und keramischen Industrie an den ZV in
chronologischer Folge angeordnet. Der Bestand umfasst jetzt ca. 110
lfm.
An die Bibliothek wurden ca. 2,5 lfm
Drucksachen und an das Filmarchiv des Bundesarchivs ein Dokumentarfilm
über ein Treffen von Gewerkschaftern aus der CSR, der Volksrepublik
Polen, der DDR und Westdeutschlands 1962 abgegeben. Kassiert wurde
fast ausschließlich Doppel- und Mehrfachüberlieferungen.
Inhaltliche Charakterisierung:
Überliefert sind u.a.:
- Quellenmaterial zur
Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der DDR
-
Betriebsgeschichte von Großbetrieben
-
Protokolle und Beschlüsse der Zentralen Delegiertenkonferenzen und der
Leitungsorgane der IG Chemie, Glas und Keramik (Zentralvorstand,
Sekretariat, Präsidium), z.T. Tätigkeitsberichte, Referate, Vorlagen
und
Informationen, teilweise handschriftliche
Aufzeichnungen
- Materialien von Konferenzen
und Fachtagungen wie zur Jugend- und Frauenarbeit, zur Arbeit mit der
Intelligenz, zu Organisations- und Wirtschaftsfrage
- Referate, Lektionen, Artikel und Ausarbeitungen zu
Vertrauensleutevollversammlungen in Betrieben des
Organisationsbereiches, Plenarbeiträge auf Tagungen des
Zentralkomitees der SED, Vorlagen beim Politbüro des
ZK der SED und beim Bundesvorstand des FDGB , zur Lohnpolitik,
zur Leitungstätigkeit nach dem Produktionsprinzip, zur Entwicklung von
Masseninitiativen im sozialistischen Wettbewerb, zur Förderung der
Frauen
und der Jugend, zu Aufgaben und
Problemen des ökonomischen Systems des Sozialismus, über Arbeits- und
Lebensbedingungen und Stimulierung der materiellen
Interessiertheit
- Sitzungsprotokolle und
Materialien von Kommissionen bzw. Arbeitsgruppen
- Vorlagen, Analysen und Materialien des Ministeriums für
Chemische Industrie, des Ministeriums für Leichtindustrie, des
Ministeriums für Glas- und Keramikindustrie, des
Volkswirtschaftsrates, der Staatlichen
Plankommission, der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) und
weiteren staatlichen Organen u.a. zur Volkswirtschaftsplanung, zum
Arbeits-, Gesundheits- und Brandschutzes, zu Arbeits- und
Lebensbedingungen, zur
Planerfüllung, zum
Staatsplan Wissenschaft und Technik, zu Investitionsvorhaben sowie zum
Umweltschutz
- Unterlagen zum Mitgliederleben,
zu Gewerkschaftswahlen, zur Gewerkschaftsschulung, zur Plandiskussion,
zum sozialistischen Wettbewerb und zu Personalfragen sowie
Betriebskollektivverträgen
- Sozialpolitik,
Arbeit nach der BRD, Internationale Verbindungen, Agitation,
Propaganda und Bildung
- Eingaben und
Beschwerden zu Lohn-und Arbeitsrechtsfragen
-
Unfall-, Havarie- und Störgeschehen, Berufskrankheiten, Beseitigung
von gesundheitsgefährdeten Arbeitsplätzen, über die Arbeits- und
Produktionssicherheit in der chemischen, Glas- und keramischen
Industrie
- Unterlagen zum Feriendienst
- Delegationsaustausch und Tätigkeit der IG in
internationalen Berufsvereinigungen
Erschließungszustand:
Ablieferungsverzeichnis, Kartei, Findbuch, Onlinefindbuch
Zitierweise: BArch DY
38/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch DY 38
- Extent
-
3432 Aufbewahrungseinheiten; 141,0 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Organisationen und Verbände >> Gewerkschaften
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DY 30/IV 2/6.11 Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik des ZK der SED
DC 14 Komitee der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI)
DC 15 Deutsche Wirtschaftskommission (DWK)
DC 20 Ministerrat der DDR
DE 1 Staatliche Plankommission (SPK)
DE 3 Ministerium für Materialwirtschaft
DE 4 Volkswirtschaftsrat der DDR
DF 5 Amt für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung
DG 2 Ministerium für Schwerindustrie
DG 4 Ministerium für Leichtindustrie
DG 6 Ministerium für Glas- und Keramikindustrie
DG 11 Ministerium für Chemische Industrie
DQ 2 Ministerium für Arbeit und Berufsausbildung
DQ 3 Ministerium für Arbeit und Löhne
N 2512 Nachlass Kurt Gregor
NY 4430 Nachlass Max Reitersleben
Literatur: Gill, Ulrich: Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB). Theorie - Geschichte - Organisation - Funktion - Kritik, Opladen 1989.
Simsch, Sebastian: Blinde Ohnmacht. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund zwischen Diktatur und Gesellschaft in der DDR 1945 bis 1963, Aachen 2002.
Stadtland, Helke: Herrschaft nach Plan und Macht der Gewohnheit. Sozialgeschichte der Gewerkschaften in der SBZ/DDR 1945 - 1953, Essen 2001.
Braun, Heinz: Die Überlieferung des FDGB in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin, Jg. 1996, Nr. 4, S. 520 - 534.
Rosenthal, Uwe/Loeding, Matthias: Zwischen Selbstfindung und Auflösung - Die Auflösung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes im politischen Zerfallprozess der DDR (Oktober 1989 bis September 1990), Teile 1 und 2, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Berlin, Jg.1999, Nr. 4, S. 65 - 81 und Jg. 2000, Nr. 1, S. 63 - 77.
Loeding, Matthias/Rosenthal, Uwe: Ein Jahrzehnt Gewerkschaftseinheit: Ein historischer Rückblick auf Rolle und Strategien des Deutschen Gewerkschaftsbundes und zwei seiner Einzelgewerkschaften im Prozess staatlicher und gewerkschaftlicher Vereinigung, in: Ebenda, Jg. 2001, Nr. 4, S. 3 - 44.
- Provenance
-
Industriegewerkschaft Chemie, Glas und Keramik, 1946-1990
- Date of creation of holding
-
1946-1990
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-
16.01.2024, 8:43 AM CET
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Object type
- Bestand
Associated
- Industriegewerkschaft Chemie, Glas und Keramik, 1946-1990
Time of origin
- 1946-1990