Bestand

Gesandtschaft Mainz (Bestand)

Findmittel: Datenbank, Findbuch, 1 Bd.

Behördengeschichte:
Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts entsandte Preußen in erster Linie Sondergesandtschaften mit einzelnen, klar umrissenen Aufträgen. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts dauerten die Gesandtschaften länger, oftmals wurden sie weiterhin flankiert von Sondergesandtschaften für besondere Verhandlungen. So war es auch am Hof des Mainzer Erzbischofs. Die als Gesandtschaft Mainz bezeichnete Überlieferung beginnt im Wesentlichen erst 1783 und reicht bis 1796. Doch auch einige ältere Schriftstücke aus den Jahren 1678, 1696 bis 1709, 1740 bis 1746 und 1775 sind - z. T. nur in Abschrift - enthalten. Berichte und Denkschriften des preußischen Gesandten an das für die auswärtige Politik zuständige Kabinettsministerium bzw. dessen Reskripte (Befehle) an den Gesandten machen den Großteil der überlieferten Akten aus. Zu den Themen der Akten zählen reichspolitische wie der Deutsche Fürstenbund, die Königswahlen von 1790 und 1792 in Frankfurt am Main und die Lütticher Revolution ("Lütticher Aufstand") 1789-1791, außenpolitische Angelegenheiten wie der Nuntiaturstreit zwischen Papst, Kaiser und den Bischöfen, die Französische Revolution sowie militärische Herausforderungen wie der erste Koalitionskrieg (1792-1797). Die politische Korrespondenz spiegelt vor allem den preußischen Versuch wider, Einfluss auf den in der Reichsdiplomatie wichtigen Mainzer Erzbischof und Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal zu nehmen. Dieser regierte seit 1774 Kurmainz und bekam 1787 den Koadjutor Karl Theodor von Dalberg an die Seite gestellt. Zu Erthals Vertrauten gehörte u. a. die Gräfin Sophie von Coudenhoven, geborene von Hatzfeldt (1747-1825). Sie unterstützte den preußischen Gesandten Johann Friedrich vom und zum Stein (1749-1799) dabei, den Kurfürsten für die politischen Ziele Preußens zu gewinnen. Nach Erthals Flucht vor der französischen Besetzung seiner Residenzstadt 1792 nach Aschaffenburg geriet die Herrschaft des Erzbischofs in die Krise. Preußen zog sich mit Berufung auf die hohen Kriegskosten und die Notwendigkeit der Aufstandsbekämpfung in Polen (Ko?ciuszko-Aufstand) aus dem Koalitionskrieg zurück, indem es Frankreich im Friede von Basel 1795 als Großmacht anerkannte. 1797 vereinbarten Frankreich und Kaiser Franz II. mit einer im Friede von Campoformio geschlossenen Zusatzkonvention, dass alle linksrheinischen Gebiete - einschließlich der Mainzer - an Frankreich abgetreten werden sollten. Im rechtsrheinischen Teil des Erzstifts regierte seit 1802 Karl Theodor von Dalberg allein, nachdem Erthal resigniert hatte. Doch ist diese Schlussphase bis zur endgültigen Auflösung von Kurmainz durch den "Hauptschluss der außerordentlichen Reichsdeputation" 1803 schon nicht mehr im Gesandtschaftsschriftgut dokumentiert.
Darüber hinaus beschäftigen sich ein Drittel der Akten mit privaten Gesuchen in Vermögens-, Erbschafts- u. a. Rechtsangelegenheiten, denn die Gesandtschaft hatte sich auch der Belange und Probleme sowie der Anliegen und Wünsche einzelner Personen und privater Einrichtungen im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr anzunehmen. Die Schriftstücke sind in der für den Zeitraum üblichen Diplomatensprache Französisch verfasst. Ferner finden sich Schriftstücke in deutscher, italienischer und spanischer Sprache.

Gesandte:
17.06.1697 - 18.06.1697: Gottfried Stößer (Edler von Lilienfeld)
28.05.1700 - 18.08.1700: Ludwig Otto von Plotho
04.10.1712 - 24.10.1712: Philipp Reinhold Hecht
24.05.1738 - 19.08.1738: von der Asseburg
03.12.1740 - 07.05.1741: Christoph Daniel Freiherr von Danckelmann
28.01.1743 - 11.03.1743: August von Bornstedt
10.08.1743 - 19.09.1743: Joachim Wilhelm von Klinggräf
24.07.1764 - 12.10.1768: Wilhelm Friedrich Freiherr von Brand
nach 27.10.1768 - 1787: Johann Ludwig Freiherr von Hochstetter
1786 - 1787: Georg Friedrich von Boehmer
1788 - 1793: Johann Friedrich vom und zum Stein
1794 - 1796: Graf August Friedrich Ferdinand von der Goltz
Legationssekretär der Gesandtschaft Mainz:
1787 - 20.07.1792: Heinrich Wilhelm Karl von Harnier
1796-1797: Karl Friedrich von Formey

Verwandte Bestände:
- GStA PK, I. HA, GR, Rep. 11 Akten Nr. 157-164 - Auswärtige Beziehungen, Akten Mainz (Kurmainz)
- GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 StV - Auswärtige Beziehungen, Staatsverträge
- GStA PK, I. HA GR, Rep. 12 - Wahl- und Kurfürstentage, Verhandlungen und Bündnisse in Reichsangelegenheiten
- GStA PK, I. HA, Rep. 110 Kurmainzer Zentralbehörden
- GStA PK, I. HA GR, Rep. 67 B - Reichskrieg mit Frankreich
- GStA PK, I. HA Rep. 96 und 96 A - Geheimes Kabinett
- GStA PK, III. HA, Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten
- GStA PK, VI. HA, Nl Stein, J. F. v.
Quellen- und Literaturhinweise:
- Ludwig Bittner/ Lothar Groß: Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648) Band I. (1648 - 1715), Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg (i. O.) / Berlin 1936
- Friedrich Hausmann: Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648) Band II. (1716 - 1763), Fretz & Wasmuth Verlag AG. Zürich 1950
- Otto Friedrich Winter: Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648) Band III. (1764 - 1815), Verlag Hermann Böhlaus Nachf. Graz-Köln 1965
- Hans-Bernd Spies: Friedrich Carl Joseph Freiherr von Erthal 1719-1802, Aschaffenburg 2002

Bestandsgeschichte:
Die 185 Akten umfassende Überlieferung der Gesandtschaft Mainz gelangte wahrscheinlich nicht vor 1873 ins Archiv. Sie fehlt in Dunckers Bericht vom 30. April 1873 an den Reichskanzler, dem ein Verzeichnis der übernommenen Registraturen von diplomatischen Vertretungen Preußens beilag. Das überlieferte handschriftliche Archiv-Repertorium stammt vom Archivar Richard Doebner, der 1885-1895 am Geheimen Staatsarchiv tätig war.
Kriegsbedingt wurde die Bestandsgruppe I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)Konsulate 1943 in die Salzbergwerke Schönebeck und Staßfurt ausgelagert und nach Kriegsende in die UdSSR verbracht. Die Rückgabe der beschlagnahmten Archivalien an die Regierung der DDR erfolgte am 30. Juni 1955. Der Bestand kam in das Deutsche Zentralarchiv, Abteilung Merseburg (später: Zentrales Staatsarchiv der DDR, Abt. Merseburg) in Sachsen-Anhalt, wo er revidiert wurde. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erfolgte gemäß Einigungsvertrag die Rückführung der Bestände der I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)Konsulate als Teil der Bestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz nach Berlin. Sie lagern seit 1993 im Magazin im Westhafen. Bei einer Retrokonversion des Bestandes 2019/2020 wurden durch einen Archivpraktikanten Titel und Laufzeiten geprüft und gegebenenfalls angepasst, Druckschriften und wichtige Ergänzungen in Enthält-Vermerken aufgenommen. Die vorhandene Klassifikation (I. Politische Korrespondenz mit dem König/Ministerium, II. Reichsangelegenheiten, III. Privata und Varia) wurde sachlich differenziert.

Formalangaben:
Letzte vergebene Nummer*: 185
(* bei Signierung nach nc)
Umfang (in laufenden Metern): 1
Laufzeit: (1678, 1696 - 1709, 1740 - 1746, 1775), 1783 - 1796
Lagerungsort : Magazin Westhafen
Die Akten sind auf gelben Leihscheinen wie folgt zu bestellen:
I. HA Rep. 81 Mainz, Nr. #
Zitierweise:
GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Mainz, Nr. #

Berlin, 24. November 2020
(Dr. Johanna Aberle, wiss. Archivangestellte)


Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 81 Mainz

Bestandssignatur
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 81 Mainz
Umfang
Umfang: 1 lfm (185 VE); Angaben zum Umfang: 1 lfm (185 VE)
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Auswärtige und Bundes-Angelegenheiten >> Auswärtige Angelegenheiten

Bestandslaufzeit
Laufzeit: (1678, 1696-1709, 1740-1746, 1775-1786) 1787 - 1796

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Letzte Aktualisierung
28.03.2023, 08:52 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • Laufzeit: (1678, 1696-1709, 1740-1746, 1775-1786) 1787 - 1796

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