Bestand
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Aufgaben
und Organisation:
Die Einzelgewerkschaften des
FDGB waren nach dem Produktionsprinzip organisiert, die Arbeiter und
Angestellte von artverwandten Wirtschaftszweigen und Bereichen
vereinigte. Die Überlieferung der Gewerkschaft Handel, Nahrung und
Genuss und ihrer Vorläufer umfasst die volkseigenen,
genossenschaftlichen und privaten Betriebe und Einrichtungen für die
Bereiche des Binnen- und Außenhandels, des Groß- und Einzelhandels,
des Gaststätten- und Hotelwesens sowie der Lebensmittel- und
Getränkeindustrie.
Im ersten Halbjahr 1946
fanden für die 18 im Aufbau befindlichen unselbstständigen
Einzelgewerkschaften Zentraldelegiertenkonferenzen statt, auf denen
die Satzungen verabschiedet und die leitenden gewerkschaftlichen
Organe gewählt worden. Auf Zentraldelegiertenkonferenzen vom 15. bis
16. Juni 1946 entstanden als Vorläuferorganisationen der Gewerkschaft
Handel, Nahrung und Genuss in Riesa die Industriegewerkschaft (IG)
Handel und Transport und in Leipzig die IG Nahrung und Genuss.
Die IG Handel und Transport erfasste die
Gewerkschaftsmitglieder der Betriebe des Einzel- und Großhandels sowie
des Transportgewerbes. Der IG gehörten im Dezember 1946 ca. 71 000 und
im Dezember 1948 über 183 000 Mitglieder an. Entsprechend dem
Beschluss des Bundesvorstandes des FDGB zum Organisationsaufbau vom
April 1949 neue Industriegewerkschaften und Gewerkschaften zu bilden,
wurde der Bereich Transportwesen aus der IG herausgelöst und es
konstituierten sich am 25. April bzw. am 3. Mai 1949 provisorische
Zentralvorstände der IG Transport und der IG Handel. In die
Zuständigkeit der IG Handel kamen aus der aufgelösten Gewerkschaft der
Angestellten die Handelsangestellten der landwirtschaftlichen
Genossenschaften, der Konsumgenossenschaften, des Groß- und
Einzelhandels neu hinzu. Im Juni 1949 waren 131 116 Mitglieder
registriert. Vom 18. bis 20. August 1950 fand in Jena die 1. ZDK der
IG Handel als Gründungskonferenz statt und die IG wurde in
Gewerkschaft Handel umbenannt. 1955 bzw. 1956 wurden die
Gewerkschaftsmitglieder der Deutschen Handelszentrale Kulturwaren und
Bürobedarf von der IG Bau/Holz und des Gaststätten- und Hotelgewerbes
aus der IG Nahrung-Genuss-Gaststätten in die Gewerkschaft Handel
überführt. Anfang 1958 zählte die Gewerkschaft Handel 520 805
Mitglieder.
Die IG Nahrung und Genuss als
weitere Vorläuferorganisation der Gewerkschaft Handel, Nahrung und
Genuss erfasste die Gewerkschaftsmitglieder aus den Industrie und
Handwerksbetrieben zur Verarbeitung und Herstellung von Lebens- und
Genussmitteln, aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe einschließlich
der wissenschaftlichen Einrichtungen und Institute, Ingenieur- und
Fachschulen. Im einzelnen waren es folgende Industriegruppen:
Ölmühlen, Margarinefabriken und Molkereien
Tabakindustrie
Brauereien,
Sprirituosen- und Getränkeindustrie
Zuckerfabriken und Raffinerein
Schlachthöfe, Fleischindustrie, Fischfang und
Fischverarbeitung
Mehl-, Senf- und
Gewürzmühlen, Brotfabriken, Bäckereien, Konditoreien
Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Hausangestellte
Süßwaren, Kunsthonig, Back- und Teigwarenindustrie,
Nährmittel, Obst- und Gemüsekonserven.
Zum
Zeitpunkt der Gründung 1946 gehörten der IG 144 000 und im Juni 1949
267 034 Mitglieder an. Auf einer Außerordentlichen ZDK vom 10. bis 11.
Januar 1951 in Meißen erfolgte die Umbenennung der IG in IG
Nahrung-Genuss-Gaststätten. Mit der Überführung der
Gewerkschaftsmitglieder aus dem Gaststätten- und Hotelgewerbe zum 1.
Januar 1956 in die Gewerkschaft Handel erhielt die IG ihre alte
Bezeichnung Nahrung und Genuss. 1955 waren bereits die Mitglieder aus
allen örtlich geleiteten Betrieben in die neue IG Örtliche Wirtschaft
übernommen worden. Ende 1957 gehörten der IG 231 505 Mitglieder
an.
1958 beschlossen das ZK der SED und der
Bundesvorstand des FDGB wiederum Veränderungen in der
Organisationsstruktur der Einzelgewerkschaften. Für die IG Nahrung und
Genuss war darin vorgesehen, sie mit der Gewerkschaft Handel und
Teilen der aufzulösenden IG Örtliche Wirtschaft zur Gewerkschaft
Handel, Nahrung und Genuss zusammenzuschließen.
Auf der 1. ZDK am 24. April 1958 wählten die Delegierten die
bisherige Vorsitzende der IG Nahrung und Genuss, Charlotte Welm, zur
Vorsitzenden der neuen Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss. Ende
1958 gehörten ihr 762 310 Mitglieder an, die im volkseigenen,
genossenschaftlichen und privaten Groß- und Einzelhandel, in den
volkseigenen Produktionsbetrieben der Lebensmittelindustrie und des
Lebensmittelhandwerks, in Betrieben mit staatlicher Beteiligung der
Lebensmittelindustrie und in Gaststätten und Hotels aller
Eigentumsformen beschäftigt waren. 1958 erfolgte die Bildung des
Kreisvorstandes Außenhandel, der direkt dem ZV unterstand. Die
Vorsitzenden des KV Außenhandel waren Mitglieder des Sekretariats des
ZV. Ab 1964 wurde die Gewerkschaftsarbeit nach dem Produktionsprinzip
geleitet. Bei den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) Zucker-
und Stärkeindustrie, Süß- und Dauerbackwarenindustrie, Kühl- und
Lagerwirtschaft, Hochseefischerei, Tabakindustrie und Öl- und
Margarineindustrie, bei der Vereinigung Interhotel und bei den
Großhandelsgesellschaften bildeten sich Gewerkschaftskomitees. Die
Gewerkschaftskomitees sollten sich auf die Ausarbeitung der
Perspektivpläne und der Jahresvolkswirtschaftspläne konzentrieren
sowie die Plandiskussion und den sozialistischen Wettbewerb in den
Betrieben leiten. 1966 waren 834 000 Mitglieder, davon 600 000 in den
Handelsbereichen, registriert.
Durch
wirtschaftspolitische Beschlüsse der SED und des X. Deutschen
Bauernkongresses kam es zu weiteren Strukturveränderungen, indem 1960
die Mitglieder in den Volkseigenen Erfassungs- und Aufkaufbetrieben
landwirtschaftlicher Erzeugnisse und 1968 in der
Nahrungsgüterwirtschaft (Getreideverarbeitung, Fleischindustrie und
Schlachthöfe, Zuckerfabriken, Molkereien und Kühlbetriebe) der
Gewerkschaft Land und Forst bzw. der neugebildeten Gewerkschaft Land,
Nahrungsgüter und Forst zugeordnet wurden. 1961 waren die
Betriebsgewerkschaftsorganisationen der Textil-, Holz- und
Chemieindustrie der Verbandes Deutscher Konsumgenossenschaften in die
Organisationsbereiche der entsprechenden Industriegewerkschaften
überführt worden. Im März 1970 gehörten der Gewerkschaft Handel,
Nahrung und Genuss 807 971 Mitglieder an. 1979 überschritt die
Gewerkschaft in ihrer Mitgliederzahl die Millionengrenze. Nach
Schätzungen waren im Januar 1989 ca. 1 050 000 Mitglieder, davon
arbeiteten 315 000 in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, in der
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss organisiert. 1989 bestand die
Leitung aus dem Vorsitzenden, dem Stellv. Vorsitzenden, dem Büro des
Sekretariats, den Sekretären für Agitation und Propaganda/Kultur und
Bildung, für Gesundheits- und Arbeitsschutz/Sozialpolitik, für
Internationale Verbindungen, für Löhne und Arbeitsrecht und für
Produktionsmassenarbeit, die für die entsprechenden Abteilungen und
Bereiche verantwortlich waren.
1990 gehörten
zum Organisationsbereich der Gewerkschaft Handel, Nahrung und
Genuss:
Groß- und Einzelhandel
Handelstransport
Außenhandel
Lebensmittel- und
Getränkeindustrie
Gaststätten- und Hotelwesen
einschließlich MITROPA und FDGB-Feriendienst,
Handelstechnik
Privates Bäcker- und
Fleischerhandwerk und privater Handel
Privates
Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
Wissenschaftliche Einrichtungen und Institute des Handels, der
Lebensmittelindustrie sowie des Außenhandels
Ingenieur- und Fachschulen des Handels und der
Lebensmittelindustrie
Organisations- und
Abrechnungszentren des Konsumgüterbinnenhandels.
Auf einer Außerordentlichen Delegiertenkonferenz vom 27. bis 28.
Januar 1990 konstituierte sich die Gewerkschaft Handel, Nahrung und
Genuss als eine selbstständige Gewerkschaft. Die Konferenz beschloss
zugleich, zur Vorbereitung auf die künftige gesamtdeutsche
Gewerkschaftseinheit eng mit den Gewerkschaften Handel, Banken und
Versicherungen und Nahrung, Genuss, Gaststätten im DGB
zusammenzuarbeiten. Am 23. Juni 1990 wurde beschlossen, die
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss zum 30. Juni 1990 aufzulösen
und an ihrer Stelle die beiden Gewerkschaften Handel, Banken und
Versicherungen der DDR (HBV /DDR) und Nahrung, Genuss, Gaststätten der
DDR (NGG/DDR) zu bilden. Die Mitglieder wurden aufgefordert, einer der
beiden Nachfolgeorganisationen beizutreten. Damit waren die
Voraussetzungen geschaffen, dass die Mitglieder ohne erneute
Formalitäten nahtlos in die Gewerkschaft HBV bzw. NGG im DGB übergehen
konnten.
Vorsitzende der IG Handel und
Transport waren:
Willy Naumann (1946)
Seiffert (1946-1947)
August
Haschke (1947)
Walter Grunwald
(1947-1949).
Vorsitzende der IG Nahrung und
Genuss waren:
Rudolf Richter (1946-1949)
Ernst Schilling (1949-1953)
Willi Klevesath (1953-1955)
Charlotte Welm
(1954-1958).
Stellvertretende Vorsitzende der
IG Nahrung und Genuss waren:
Hans Reichenbach
(1947-1949)
Blasius Iwanik (1949-1951)
Willi Klevesath (1951-1953)
Kurt Schreier (1953-1958).
Vorsitzende der
IG bzw. Gewerkschaft Handel waren:
Bruno
Sommerer (1949-1952)
Siegfried Michl
(1952-1954)
Grete Götzelt (1955-1958).
Stellvertretende Vorsitzende der IG bzw. Gewerkschaft
Handel waren:
Kurt Gettkandt (1949-1952)
Kurt Borrmann (1952-1954)
Heinz Kohla (1955-1958).
Vorsitzende der
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss waren:
Charlotte Welm (1958-1984)
Heinz Hertel
(amt. 1965-1967)
Hannelore Schulz
(1984-1989)
Dieter Behn (1989-1990).
Stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Handel,
Nahrung und Genuss waren:
Grete Götzelt
(1958-1959)
Heinz Hertel (1962-1965 und
1968-1978)
Paul Kupke (1965-1967)
Claus Conrad (1978-1988)
Dieter Behn (1988-1989)
Jürgen Müller
(1990).
Ihren Sitz hatten die Zentralvorstände
der Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss und ihrer
Vorläuferorganisationen von 1946 bis 1990 in Berlin.
Publikationsorgane waren verschiedene Informationsblätter sowie eigene
Schriftenreihen. Gewerkschaftsschulen bestanden in Grünheide (Bezirk
Frankfurt/Oder) und Ovelgünne (Bezirk Magdeburg).
Archivische Bearbeitung:
Der Bestand DY 42
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss (Laufzeit 1946-1990) wurde von
2004 bis 2005 im Rahmen eines Projektes zur übergreifenden
Erschließung von Schriftgut der Sekretäre für Sozialpolitik des
Bundesvorstandes des FDGB und des Bestandes DY 44 Gewerkschaft Land,
Nahrungsgüter und Forst bearbeitet. Der Umfang des Schriftgutes betrug
153 lfm. Die Provenienzen lagerten in Gemengelage. Von den 153 lfm
Schriftgut waren ca. 140 lfm mit Titeln in Abgabelisten erfasst, die
sich jedoch häufig als unzureichend oder falsch herausstellten. Ohne
Abgabeverzeichnisse bzw. -listen waren 13 lfm Schriftgut, teilweise in
losen Blattsammlungen, vorhanden. Die Mehrzahl der Akten war
kartoniert. Die Gemengelage der Provenienzen erforderte die Bestimmung
und Zusammenführung der Provenienzen aus der losen Blattsammlung zu
sachthematischen Akten.
Bei der Erschließung
des Schriftgutes erwies sich, dass Mängel in der Aktenbildung und
Registraturführung die archivische Bearbeitung der Akten erschwerten.
Die Schriftgutablage des Registraturbildners war den Sekretärinnen
überlassen. Sie befanden in der Regel über die Archivwürdigkeit des
Schriftgutes zur Abgabe an das Zentralarchiv des FDGB oder die
Vernichtung. Dies führte bei gleichzeitigem Fehlen von Aktenplänen
oder ihrer Nichtbeachtung zu Sachbearbeiterregistraturen, die vielfach
eine willkürliche Akten- und Aktentitelbildung zur Folge hatte.
Die Akten wurden nach dem Provenienzprinzip
klassifiziert. Sachthemen finden sich in verschiedenen
Klassifikationsgruppen. Klassifikationsgruppen sind Leitung,
Abteilungen, die Sportvereinigung Empor, der Kreisvorstand Außenhandel
und die Betriebsgewerkschaftsleitung der Generaldirektion der
Mitteleuropäischen Schlaf- und Speisewagen-Aktiengesellschaft
(MITROPA). Der Inhalt der Akten war sehr heterogen und erforderte bei
der Mehrzahl der Akteneinheiten detaillierte Enthält-Vermerke.
Die Dichte und zeitliche Dauer des überlieferten
Schriftgutes aller Klassifikationsgruppen sind sehr unterschiedlich.
Die Unterlagen der Leitungsorgane der Gewerkschaft Handel, Nahrung und
Genuss und ihrer Vorläufer (IG Handel und Transport, IG Nahrung und
Genuss, Gewerkschaft Handel) sind bis auf die Jahre 1989 und 1990 fast
ohne Lücken vorhanden. Eine Ausnahme bildet dabei die IG Handel und
Transport (1946-1949). Von dieser IG sind nur 3 Akteneinheiten über 2
Zentraldelegiertenkonferenzen und Vorstandssitzungen überliefert. Die
Gewerkschaft Handel als ein weiterer Vorläufer beinhaltet u.a.
Personalunterlagen der 1949 aufgelösten Gewerkschaft der Angestellten.
Das Schriftgut der Gewerkschaft Handel und der IG Nahrung und Genuss
enthält Schriftgut zur Bildung der IG Örtliche Wirtschaft 1955. Die
1958 entstandene Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss führt
sachthematische Akten der Gewerkschaft Handel und der IG Nahrung und
Genuss, wie zu Lohn- und Tariffragen, fort. Im Bestand ist kein
Schriftgut des Büros für nationale Gewerkschaftsarbeit bzw. der
Westabteilung vorhanden.
Die Laufzeiten für die
Überlieferung der Abteilungen sind sehr verschieden und
lückenhaft.
Die Überlieferung des
Kreisvorstandes Außenhandel konzentriert sich auf die Jahre 1959 bis
1965, bei der Sportvereinigung Empor bezieht sich das Schriftgut
zeitlich auf 1952 bis 1955. Die Laufzeit der Unterlagen der
Betriebsgewerkschaftsleitung der Generaldirektion der MITROPA umfasst
mit sehr großen Lücken und Brüchen insgesamt die Jahre 1946 bis
1989.
Eine inhaltliche Besonderheit des
gesamten Bestandes bilden Unterlagen zu den privatkapitalistischen
Betrieben des Wirtschaftszweiges Nahrung und Genuss, zum privaten
Einzel- und Großhandel und zu den privaten Betrieben des Gaststätten-
und Hotelgewerbes in den verschiedenen Klassifikationsgruppen, Die
Mehrzahl dieser Betriebe und Einrichtungen wurde 1972 per staatlicher
Verfügung in Volkseigentum überführt.
Das
Schriftgut wurde mit der Software MidosaXML verzeichnet. Kassiert
wurden ausschließlich Doppel- und Mehrfachüberlieferungen sowie
Kassenbelege der Betriebsgewerkschaftsleitung der MITROPA.
An Drucksachen (Betriebszeitungen,
Informationsblätter, Rahmenkollektivverträge,
Wirtschaftzweiglohngruppenkataloge, Qualifikationshandbücher) wurden
ca. 1 lfm an die Bibliothek abgegeben.
Inhaltliche Charakterisierung:
Das Archivgut der Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss und ihrer
Vorläufer enthält Quellenmaterial zur Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte der DDR. Ebenfalls finden sich im Bestand
vielfältige Primärquellen zur Betriebsgeschichte vor allem von
Großbetrieben (z. B. Fischkombinat Rostock) des
Organisationsbereiches. Das Berichts- und Kontrollsystem des
Bundesvorstandes des FDGB und seiner Abteilungen verpflichtete die ZV
von den Bezirks-, Kreis- und Gebietsvorständen sowie von den
Betriebsgewerkschaftsleitungen umfassende Berichte und Informationen
abzufordern. Durch die differenzierte Form der Beschlussfassung wurde
eine Reihe Unterlagen überliefert, die auch Rückschlüsse auf deren
Genese zulassen.
In den jeweiligen Hauptgruppen
sind die Protokolle und Beschlüsse der Zentralen
Delegiertenkonferenzen und der Leitungsorgane (Zentralvorstände,
Sekretariate, Präsidium) zu Grundsatzfragen und zur Leitungstätigkeit
überliefert. Die Unterlagen der Zentraldelegiertenkonferenzen von 1946
bis 1990 mit den Satzungen bilden dabei den Anfang. Sie enthalten
neben den Protokollen, Entschließungen und Beschlüssen der ZDK
ebenfalls die Materialien der Organisationsbüros der Konferenzen über
die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der
Delegiertenkonferenzen.
Als nächstes folgen die
Protokolle der Zentralvorstandssitzungen. Sie liegen mit Lücken von
1946 bis 1988 mit Vorlagen und teilweise handschriftlichen
Aufzeichnungen vor.
Eine weitere Gruppe setzt
sich aus einer Reihe von Beschlussserien zusammen, wie den Beschlüssen
der Geschäftsführenden Vorstände (1946-1950) bzw. der Sekretariate der
ZV (1950-1988) und den Beschlüssen des Präsidiums des ZV (1959-1982)).
Diese Beschlüsse liegen in chronologisch geordneten Protokollserien
vor (Beschlussprotokolle mit Anlagen). Grundlegend für die
Beschlussfassung des ZV und seiner Leitungsorgane waren die Auswertung
und Umsetzung der Beschlüsse des Zentralkomitees der SED und des
Bundesvorstandes des FDGB.
Eine nächste
Hauptgruppe sind die Arbeitsunterlagen der Vorsitzenden der
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss und ihrer Vorläufer
(1946-1987). In ihr sind u. a.Vorlagen, Beschlüsse, Rundschreiben,
Informationen und Argumentationen des Bundesvorstandes des FDGB zur
Anleitung und Kontrolle des ZV sowie Korrespondenz mit den
Fachabteilungen des ZK der SED, mit dem Bundesvorstand des FDGB und
seinen Abteilungen sowie Schriftgut zur Tätigkeit von Charlotte Welm
als Abgeordnete der Volkskammer und ihre Zusammenarbeit mit
Ministerien und Staatssekretariaten, dem Vorstand der
Konsumgenossenschaften und der Staatlichen Handelsorganisation HO
enthalten.
Die Arbeitsweise des ZV nach den
Prinzipien des demokratischen Zentralismus wird mit einer weiteren
Gruppe in seinen Rundschreiben und Informationen an die Bezirks-,
Kreis- und Gebietsvorstände und an die Gewerkschaftskomitees bei den
Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) des Organisationsbereiches
dokumentiert. Protokolle bzw. Materialien von Konferenzen und
Fachtagungen wie zur Jugend- und Frauenarbeit, zur Arbeit mit der
Intelligenz, zur Gewerkschaftsarbeit in den Privatbetrieben, zu
Organisations-, Handels-, Versorgungs- und anderen Wirtschaftsfragen
reichen von 1948 bis 1988. Referate, Lektionen, Artikel und
Ausarbeitungen der Vorsitzenden zu Vertrauensleutevollversammlungen in
Betrieben des Organisationsbereiches, vereinzelt für Plenarbeiträge
auf Tagungen des Zentralkomitees der SED, für Vorlagen beim Politbüro
des ZK der SED, beim Bundesvorstand des FDGB zu einer
leistungsorientierten Lohnpolitik, zur Leitungstätigkeit nach dem
Produktionsprinzip, zur Entwicklung von Masseninitiativen im
sozialistischen Wettbewerb, zur Förderung der Frauen und der Jugend,
zu Aufgaben und Problemen des ökonomischen Systems des Sozialismus,
über Probleme der Arbeits- und Lebensbedingungen und zur Stimulierung
der materiellen Interessiertheit bilden einen weiteren Schwerpunkt der
Gruppe. Sitzungsprotokolle und Materialien von Kommissionen bzw.
Arbeitsgruppen des Bundesvorstandes oder des Zentralvorstandes
ergänzen diese Unterlagen. In dieser Gruppe befinden sich mit Lücken
Vorlagen, Analysen und Materialien des Ministeriums für Außenhandel
und Innerdeutschen Handels, des Ministeriums für Handel und
Versorgung, des Ministeriums für Materialwirtschaft, des
Volkswirtschaftsrates, der Staatlichen Plankommission, der
Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI) und weiteren staatlichen Organen
u.a. zu Grundproblemen der Volkswirtschaftsplanung, zur
Versorgungslage, zur Schwerpunktversorgung, zur Bauarbeiterversorgung
auf Großbaustellen, zur Versorgung mit festen Brennstoffen , zur
Urlauberversorgung, zur Versorgung bei einzelnen Warengruppen, zur
Versorgung mit Konsumgütern, zur jährlichen Festtagsversorgung, zur
Versorgung bei den Turn-und Sportfesten sowie bei Jugendtreffen, zur
Preispolitik, zum vorbeugenden Arbeits-, Gesundheits- und
Brandschutzes, zu Export- und Importfragen, zur Verbesserung der
Arbeits- und Lebensbedingungen, zur Planerfüllung, zum Stand von
Automatisierungsvorhaben in der Lebensmittelindustrie 1969/70 und zu
Investitionsvorhaben für Sozial- und Kultureinrichtungen. Die
Ministerien waren zur Einreichung von Vorlagen zu Grundsatzfragen der
Wirtschafts- und Sozialpolitik an die Leitungsgremien der
Einzelgewerkschaften verpflichtet. Ihre Vertreter traten ebenfalls zu
den ZDK, auf Tagungen des ZV und Sitzungen des Präsidiums und der
Sekretariate des ZV sowie auf Konferenzen mit Referaten und
Diskussionsbeiträgen auf.
Die folgende
Hauptgruppe umfasst die Abteilung Organisation/Kader, die im
wesentlichen aus Arbeits- und Informationsplänen, Protokollen,
Berichten, Konzeptionen, Analysen und Informationen nachgeordneter
gewerkschaftlicher Vorstände und Leitungen von 1948 bis 1964 besteht.
Das Schriftgut umfasst Unterlagen zum Mitgliederleben, zu den
Gewerkschaftswahlen, zur Gewerkschaftsschulung, zur Plandiskussion,
zum sozialistischen Wettbewerb und zu Personalfragen sowie
Betriebskollektivverträge. Einblicke in betriebliches Geschehen geben
Einsatzberichte von Instrukteuren oder Instrukteurbrigaden des ZV.
Situationsberichte und Analysen zu gesellschaftspolitischen
Grundkonflikten wie bei den Demonstrationen und Streiks um den 17.
Juni 1953 und zur Grenzschließung durch die DDR am 13. August 1961
sind ebenfalls überliefert. Fragen der Arbeitsorganisation des ZV
werden durch Geschäftsordnungen aus den Jahren von 1947 bis 1983
belegt.
Die nachfolgenden Hauptgruppen bilden
die Abteilungen Wirtschaft, Arbeit und Löhne, Binnenhandel,
Lebensmittelindustrie, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Sozialpolitik,
Internationale Verbindungen, Agitation, Propaganda und Bildung. Im
Schriftgut dieser Abteilungen widerspiegelt sich auch die Tätigkeit
von Vertretern des ZV in den staatlichen Organen, wie z. B. in
Ministerien, der Staatlichen Plankommission, bei den VVB und ihren
Technisch-Ökonomischen Räten, in der ABI, bei der Kammer der Technik,
im Vorstand des Verbandes der Konsumgenossenschaften sowie in den
Wettbewerbskommissionen. In der Überlieferung befinden sich
Tarifverträge, Rahmenkollektivverträge einschließlich Nachträge
(1946-1990), Lohn- und Gehaltsabkommen, Betriebskollektivverträge,
Wettbewerbsprogramme, Unterlagen zur Arbeitsklassifizierung, zur
Vorbereitung und Durchführung von lohnpolitischen Programmen, Analysen
der Qualität von Erzeugnissen der Lebensmittelindustrie, zur Neuerer-
und Erfindertätigkeit, zur Vorbereitung und zur Durchführung der
gemeinsamen Programme des ZV und der Ministerien zur Verbesserung der
Arbeits- und Lebensbedingungen, Jahresanalysen über Eingaben und
Beschwerden zu Lohn-und Arbeitsrechtsfragen, über das Unfall-,
Havarie- und Störgeschehens. Berichte über den Delegationsaustausch
und über die Tätigkeit in internationalen Berufsvereinigungen belegen
die vielfältigen Kontakte ins Ausland. Weiteres Schriftgut ist
sporadisch zur Bildung, Schulung und Qualifizierung der
Gewerkschaftsfunktionäre u. a. der Räte und Bevollmächtigten für
Sozialversicherung und zur Entwicklung der Sportvereinigung Empor
vorhanden.
Bestand enthält:
- IG Handel (38 lfm, 1949-1958),
- IG
Nahrung-Genuss-Gaststätten (18 lfm, 1946-1958)
- Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss (97 lfm,
1958-1990)
- Schriftgut des dem ZV direkt
unterstellten Kreisvorstandes Außenhandel.
Erschließungszustand: Findbuch
Teil 1 und 2, Onlinefindbuch
Zitierweise: BArch DY
42/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch DY 42
- Umfang
-
3296 Aufbewahrungseinheiten; 153,0 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Organisationen und Verbände >> Gewerkschaften
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: DY 34 Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB)
DY 34 Büro der Sekretäre für Sozialpolitik des Bundesvorstandes des FDGB
DY 34 Abteilung Arbeit und Löhne des Bundesvorstandes des FDGB - Rahmenkollektivverträge
DY 35 Gewerkschaft der Angestellten
DY 44 Gewerkschaft Land, Nahrungsgüter und Forst
DY 47 IG Örtliche Wirtschaft
DY 50 IG Transport und Nachrichtenwesen
NY 4421 Nachlass Grete Groh-Kummerlöw
NY 4209 Nachlass Josef Orlopp
NY 4062 Nachlass Heinrich Rau
NY 4448 Nachlass Ernst Schilling
NY 4442 Nachlass Herbert Ueberfeld
DY 30 Büro Erich Apel
DY 30 Büro Werner Felfe
DY 30 Büro Gerhard Grüneberg
DY 30 Büro Günter Mittag
DY 30 Büro Werner Jarowinsky
DY 30 Sekretariat Helmut Lehmann
DY 30 Sekretariat Paul Merker
DY 30/IV 2/2. 101 Wirtschaftskommission beim Politbüro des ZK der SED
DY 30/IV 2/6.13 Abteilung Handel, Versorgung und Außenhandel des ZK der SED
DY 30/IV 2/6.09 Abteilung Leicht-, Lebensmittel- und bezirksgeleitete Industrie des ZK der SED
DY 30/IV 2/6.11 Abteilung Gewerkschaften und Sozialpolitik des ZK der SED
DC 14 Komitee der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion (ABI)
DC 15 Deutsche Wirtschaftskommission (DWK)
DC 20 Ministerrat der DDR
DE 1 Staatliche Plankommission (SPK)
DE 3 Ministerium für Materialwirtschaft
DE 4 Volkswirtschaftsrat der DDR
DE 5 Staatssekretariat für örtliche Wirtschaft
DE 6 Industrie- und Handelskammer der DDR
DG 4 Ministerium für Leichtindustrie
DG 5 Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie
DK 1 Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft
DK 3 Staatssekretariat für Erfassung und Aufkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse
DL 1 Ministerium für Handel und Versorgung
DL 102 Institut für Marktforschung
DL 2 Ministerium für Außenhandel und Innerdeutschen Handel
DL 200 Kammer für Außenhandel
DQ 3 Staatssekretariat für Arbeit und Löhne
N 2512 Nachlass Kurt Gregor
Literatur: Arp, Agnes: VEB-Vaters ehemaliger Betrieb. Privatunternehmer in der DDR, Leipzig 2005.
Gill, Ulrich: Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB). Theorie - Geschichte - Organisation - Funktion - Kritik, Opladen 1989.
Hürtgen, Renate: Zwischen Disziplinierung und Partizipation.Vertrauensleute des FDGB im DDR-Betrieb, Köln/Weimar 2005.
Kirsch, Manfred: Die Marken bitte! Konsumgeschichten, Berlin 2004.
Lemke, Dietrich: Handel und Wandel. Lebenserinnerungen eines DDR-Außenhändlers 1952-1995, Eigenverlag 2004.
Otto, Wilfriede: Die SED im Juni 1953. Interne Dokumente, Berlin 2003.
Simsch, Sebastian: Blinde Ohnmacht. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund zwischen Diktatur und Gesellschaft in der DDR 1945 bis 1963, Aachen 2002.
Stadtland, Helke: Herrschaft nach Plan und Macht der Gewohnheit. Sozialgeschichte der Gewerkschaften in der SBZ/DDR 1945 - 1953, Essen 2001.
Steiner, Andre: Von Plan zu Plan. Eine Wirtschaftsgeschichte der DDR, München 2004.
Voigt, Jutta: Der Geschmack des Ostens. Vom Essen, Trinken und Leben in der DDR, Berlin 2005.
Wilke, Manfred unter Mitarbeit von Andreas Graudin: Die Streikbrecherzentrale. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FGDB) und der 17. Juni 1953, Münster 2004.
Braun, Heinz: Die Überlieferung des FDGB in der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin, Jg. 1996, Nr. 4, S. 520 - 534.
Rosenthal, Uwe/Loeding, Matthias: Zwischen Selbstfindung und Auflösung - Die Auflösung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes im politischen Zerfallsprozess der DDR (Oktober 1989 bis September 1990), Teile 1 und 2, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Berlin, Jg.1999, Nr. 4, S. 65 - 81 und Jg. 2000, Nr. 1, S. 63 - 77.
Loeding, Matthias/Rosenthal, Uwe: Ein Jahrzehnt Gewerkschaftseinheit: Ein historischer Rückblick auf Rolle und Strategien des Deutschen Gewerkschaftsbundes und zwei seiner Einzelgewerkschaften im Prozess staatlicher und gewerkschaftlicher Vereinigung, in: Ebenda, Jg. 2001, Nr. 4, S. 3 - 44.
Scherstjanoi, Elke: Paul Baender und die "zuständigen" Offiziere der sowjetischen Kontrollkommission, in: Ebenda, Jg. 1993, Nr. 4, S. 80-98
- Provenienz
-
Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss, 1946-1990
- Bestandslaufzeit
-
1946-1990
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss, 1946-1990
Entstanden
- 1946-1990