Archivale

Inquisitio (= Untersuchung, Verhör) über die verhaftete Hamer-Anna (= Anna Hamer), Witib des Jerg Spon selig

Regest: 1.
Herr Erhart Wuecherer, Medicinae Doctor und bestellter Physicus, ist bei seinen der Stadt geleisteten Pflichten gelassen worden (d. h. wohl: ist mit Rücksicht auf seinen Amtseid jetzt als Zeuge nicht wie die anderen Zeugen besonders vereidigt worden) und sagt aus, nicht der Stiefsohn der Verhafteten, Martin Spon, sondern seine Schwester sei einmal in seine Behausung gekommen, habe Urin gebracht und angezeigt, es sei Urin ihres Bruders. Der habe bei seiner Stiefmutter, der Hamer-Anna, etwas getrunken, wovon ihm der Leib aufgeloffen (= geschwollen) sei. Er, der Zeuge, habe aber in dem Urin nichts von Gift Herrührendes verspüren können, sondern gemeint, weil in jetziger Zeit die ungewöhnlichen Fieber so stark grassieren, könne es eben auch dergleichen Disposition sein. Deswegen habe er seine Medicamenta darnach gerichtet, Purgantia (= Abführmittel) selbst gegeben und in die Apotheke geschrieben, welche der Patient gebraucht und sich darauf etwas besser befunden habe. Er habe ihm geraten, wenn er fürchten sollte, etwas Giftiges empfangen zu haben, solle er seine speziell darauf verordneten Medicamenta gebrauchen. Weiter wisse er nicht.

2.
Hans Hohloch, Ehemann der verhafteten Hamer-Anna, bekundet, dass dieses Wesen eine ganz verborgene Sach sei. Er wisse seiner Hausfrau in dieser Hinsicht nichts nachzusagen als folgendes. Als er in ferndigem (= vorigem) Winter einen Soldaten neben einem Weib und Jungen im Quartier hatte und dem Soldaten ein Pferd, das vorher 5 Tag krank gewesen, im Stall umfiel, habe des Soldaten Weib ihm und seinem jetzt verhafteten Weib gegenüber oft ohne Scheu gesagt, sie habe das Ross behext, dass es starb. Darüber habe die Hamer-Anna heftig geweint und hätte sich gern beklagt (= gerichtlich geklagt), wenn Hilfe zu hoffen gewesen wäre. Der Soldat und sein Weib haben ihm vielmals zu erkennen gegeben, er solle sich vorsehen und nicht bei seinem Weib verbleiben. Denn er würde sonst von ihr gleichfalls zu Tode behext werden. Er sei zwar nach der Soldaten Aufbruch, als die Geschäfte anfingen, krank und lahm in den Gliedern worden, könne aber nichts die Schuld geben, als dass er so übel gegessen. Er habe auch sein Weib viel mehr fluchen als beten gehört. Sie sei eben ein zorniges Weib, die auch einmal aus Zorn das Brot hinter die Tür geworfen und alles vor ihm eingeschlossen habe, dass er nicht genug zu essen, auch schier, solang er bei ihr gewohnt, nicht viel gesunder oder guter Stund gehabt. Deswegen habe er sich wieder von ihr entäussern (= fortgehen) müssen. Sie habe keine andere Gespielen (= Gesellschaft, Umgang) gehabt als ihre beiden Geschweihen (= Schwägerinnen), das Kriechlin und die Beckenlise, nämlich die Witiben von Peter und Hans Hamer. Was den Handel, der sich mit Martin Spon zugetragen, betreffen tue, davon wisse er nichts zu sagen.

3.
Christina, Hausfrau des Jerg Mayer, bezeugt, sie könne nicht in Abrede stellen, dass sie auf der Gass mit ihren Nachbarinnen über den Zustand des Martin Spon redete und hörte, dass er das Männlin von Rommelsbach, Marx genannt, brauche. Sie, die Zeugin, habe dann gesagt, das Männlin habe nächst Gott ihr auch geholfen. Der Patient Martin Spon müsse die verordneten Sachen recht fürgebrauchen. Sie könne nichts anderes von dem Männlin sagen, als dass er, so oft er zu oder von ihr ging, allezeit sagte, sie solle fleissig beten. Sie habe mit ihm gegessen und getrunken, und er habe gesagt, wenn sie in dem gesottenen Wasser eingenetzte Lumpen überschlage und diese gleich dürr und trocken werden, so sei es eine übernatürliche Krankheit und komme von bösen Leuten her. So sei es auch erfolgt. Obwohl ihr von Herrn Doctor Cammerer selig gänzlich abgekündet worden sei, dass sie keine 1/2 Viertelstund mehr leben könne, sei sie doch durch die von dem Männlin verordneten Mittel nächst Gott wiederum gesund worden. Was das Prädicat (= Beurteilung) der Hamer-Anna betreffe, so sei sie ein böses, zorniges Weib, deren jedermann gern müssig gehe (= mit der jedermann nichts zu tun haben wolle). Sie sei gegen ihren, der Zeugin, Willen, als sie mit der erwähnten bösen Krankheit behaftet war, ihr vielmals verdriesslicherweise ins Haus geloffen und habe Geld entlehnen wollen, das sie ihr auch schliesslich bewilligt und ihr 11 fl vorgestreckt habe. Als sie nach ihrer 13 Wochen dauernden Krankheit wieder ausging, habe die Hamer-Anna sie an einem Samstag in ihr Haus gerufen, vorgebend, dass sie ihr 1/2 Scheffel Haber an der Schuld abbezahlen wolle. Als sie hinkam, habe die Hamer-Anna einen Weinbrei unten in ihrem Haus stehen gehabt, 2 Löffel aus dem Sack gezogen und gesagt: "Christeinlin, Ihr müsset einen Brei mit mir essen." Das habe die Zeugin getan. Darauf sei ihr alsbald so weh geworden, dass sie auch ihrer Schwester Barbara geklagt habe und am folgenden Sonntag sich zu Bett legen und grossen Schmerz an einem Schenkel leiden musste, welchen Schaden die Balbierer selbst nicht erkennen konnten. Es habe noch 13 Wochen gedauert, bis sie kuriert war. Sie könne aber nicht sagen, woher dieser Schaden gekommen sei. Sie wolle deswegen niemand bezichtigen.

4.
Lucia, Johannes Heremanns Hausfrau, bekundet, als man den armen Sünder Peter Amer justifizieren (= hinrichten) wollte, habe das Weib des Johannes Schorr zu ihr gesagt, der Stiefsohn der Hammer-Anna liege darnieder und tue so greulich, dass man meine, er werde von Sinnen kommen. Deswegen sei sie, die Zeugin, aus Erbarmen hingegangen und habe ihn gefragt, was ihm geschehen sei. Er habe geantwortet, seine Stiefmutter habe ihm die Witib des Papierers Ulrich Gretzinger selig zum Weib geben wollen. Er habe sich aber wegen seiner Jugend geweigert. Deshalb sei sie ihm feind und abhold worden. Am Sonntag zuvor habe sie bei der Christina, Jerg Mayers Hausfrau, ein Viertel Wein geholt und ihm davon zu trinken gegeben. Alsbald habe es ihm alle Äderlein im ganzen Leib durchsucht (= durchdrungen) und dem Kopf zu gestrebt. Daher sei ihn, die Krankheit gekommen. Als die Zeugin verlauten liess, es sei ein Männlin zu Rommelsbach, das ihrem Mann und auch der Christina geholfen habe, da habe er sie gebeten, ihren Mann hinauszuschicken, bei ihm Rats zu pflegen und die verordneten Kräuter zu holen. Das Männlin habe dafür 5 Batzen erhalten. Sie habe dem Martin Spon die Kräuter wollen helfen sieden. Weil sich aber 2 grosse Katzen auf der Laube (= Vorplatz, Hausflur) präsentierten, welche sie zwar wegjagen wollte, von denen aber die eine nicht weichen wollte, sei sie aus Furcht davongeloffen. Am nächsten Morgen sei sie wieder zu Martin Spon gekommen und habe gefragt, ob er eine gute Nacht gehabt. Er bejahte es, meinte aber, in dem Haus werde alles drunter und drüber und er ganz zugrunde gehen. Als die Hamer-Anna wieder aus dem Gefängnis kam, habe sie der Zeugin übel nachgeredet, als wenn die Zeugin dem Stiefsohn Hexenkräuter geholt hätte, so dass sie gleichsam im Haus vor ihr nicht sicher gewesen sei.

5.
Anna, Hausfrau des Ulrich Dieringer, etwa 30 Jahr alt, leibliche Schwester des Martin Spon, bekundet über dessen Krankheit das gleiche wie die 4. Zeugin.
Sie sagt ferner aus, sie sei vordem mit Jerg Nüsslin verheiratet und um die Osterzeit an Hauptweh krank gewesen. Als ihr Vater Jerg Spon selig sie besuchte, habe sie ihn kindlich angeredet, ob die Mutter keine Plätz (= Kuchen) gebacken habe, sie möchte wohl ein Stücklein davon haben. Darauf habe man ihr 2 Stück Kraut- und Käsplatz geschickt. Die seien schon altbacken und zäh gewesen. Weil sie noch schwach und krank war, habe sie sie nicht essen können. Ihr Mann habe sie aufs Feld mitgenommen. Als er abends heimkam, habe er zu ihr gesagt: "O Gott, was ist das für ein Platz gewesen! Wie hat er mir so weh getan; hab alle Tritt (= alle Augenblicke) müssen laufen (Durchfall gehabt)." Andern Tags sei er wieder ins Feld gegangen und habe abends wieder besagt, wie er habe laufen und bald auf allen Vieren kriechen müssen. Denn es habe ihm den Bauch so zusammengeklemmt. Doch sei ihm alles wieder vergangen. Als sie das ihrem Vater Jerg Spon klagte und er es seiner Hausfrau sagte, habe diese greulich darüber getan, ob sie, die Zeugin, ihre Mutter für ein solches Mensch halte, und ihr gedroht, sie zu erstechen. Die Zeugin habe darauf gesagt, sie zeihe sie nichts. Allein ihr Mann habe, als er den Platz gegessen, greulich laufen müssen.

6.
Maria Kembler, Hausfrau des Peter Pfah, sagt, die Hamer-Anna habe ihren Bruder Jerg Kembler selig zur Ehe gehabt. Dieser habe der Hamer-Anna 3 Kinder zugebracht, davon sei das eine Mädlin, das ungefähr 10 oder 11 Jahr alt war, in einem halben Tag gesund, krank und tot gewesen. Sie könne die Hammer-Anna zwar nichts bezichtigen. Sie habe sich aber, wie jedermann wisse, nichts Gutes beflissen. Ihrem Bruder habe sein Weib einmal eine Suppe in den Weingart geschickt. Er habe dann sich auf der Zeugin Lotterbett gelegt und sich bald oben und unten übergeben und erbrechen müssen. Sie habe es der Mutter der Hammer-Anna geklagt. Diese habe gesagt, warum der Bruder der Zeugin sie genommen habe. Er habe wohl gewusst, dass sie ein nichtsnutziges Mensch sei. Sie habe immer die Kuchen vor ihr wegschliessen müssen, damit sie nicht über die Hafen komme ... Herren des Rats werden ohne Zweifel noch wohl wissen, dass die Hammer-Anna und der Bruder der Zeugin ins Gefängnis gesetzt wurden und er auf Erlassen (= nach der Entlassung) von ihr zog.

7.
Margretha, Hausfrau des Ludwig Bidermann, hat zuvor Peter Ammer, den leiblichen Bruder der Hammer-Anna, zur Ehe gehabt. Sie bekundet, weil sie den leiblichen Bruder der Hammer-Anna als einen ehrlichen Mann zur Ehe gehabt habe, sei es ihr leid, dass sie gegen sie zeugen müsse. Allein vor 2 oder 2 1/2 Jahren sei ihr jüngstes Mädlin Anna Maria in eine schwere Krankheit gefallen, weshalb sie dem Herrn Pfarrer Ezechiel Hermann das Wasser gebracht und Rats gepflogen habe. Er habe sie gefragt, ob sie nirgendshin einen Argwohn habe, und ihr ein Medicament gegeben. Dieses habe aber bei dem Kind nichts fruchten wollen. Deshalb habe sie dem Pfarrer ungefähr einen Monat nachher noch einmal das Wasser gebracht. Er habe ihr wieder ein Medicament gegeben, welches zwar stark purgiert (= abgeführt), aber der Krankheit nicht gesteuert (= abgeholfen) habe, sondern diese habe je länger je mehr zugenommen, so dass die Krankheit dem Kind das Maul bald bis zu den Ohren gezogen und es dermassen verstellt (= entstellt) habe, dass es ein elender Anblick war. Auf anderer Leute Zusprechen habe sie bei dem Männlin von Rommelsbach Rat gesucht. Der habe ihrem Kind auch soweit geholfen, dass sie ausser um Neumonds Zeit an ihm nicht mehr viel spürte (= bemerkte). Das Kind habe aber auf ihr Befragen gesagt, es habe an der Fasnacht im Haus der Hammer-Anna ein Gläslein Wein getrunken. Von dieser Zeit an habe das Kind sich beklagt. Noch während der Krankheit sei das Mädlin nachts aus dem Bett gesprungen und habe gesagt: "Mutter, die Hammer-Anna steht da vor meinem Bett." Obschon die Mutter ihm das habe ausreden wollen, habe es nicht verfangen, sondern das Kind verbleibe auch noch heutigen Tags dabei, die Hammer-Anna habe ihre solches getan. Als die Hammer-Anna dies erfuhr, habe sie gegenüber der Zeugin heftig verschworen, solches nicht getan zu haben, das Mädlin einen jungen Teufel gescholten und gesagt, es solle ihm kein Batzen von ihr werden. Obschon die Zeugin die Hammer-Anna oft verwarnte, wenn sie keine von den Leuten sei, wolle sie es nicht auf ihr liegen lassen, habe sie sich nur heftig verflucht und es sonst nicht weiter geahndet.

1637 Oktober 14
Verantwortung der Hammer-Anna.
1) Sie bekennt, was den Trunk betreffe, so habe sie von dem Viertel Wein ein Gläslein voll eingeschenkt, den 1/2 Teil ausgetrunken und das Übrige ihrem Stiefsohn Martin Spon gegeben. Sie ist nicht geständig, zu ihm gesagt zu haben: "Hab dir's zur Straf!", sondern als er am Samstag vorher nicht mähen wollte und ihr so böse Worte gab, habe sie ihm das verwiesen, er solle alten Leuten nicht so schnöde Reden geben, unser Herrgott könnte ihn darum strafen.
2) Sie ist nicht geständig, dass sie das Weib des Failenhans, weil sie ihrem Stiefsohn die Kräuter zu sieden geholfen, geschmäht habe.
3) Sie leugnet durchaus, dass die Christina, Jerg Mayers Hausfrau, ihr Geld geliehen habe, sondern gibt vor, sie habe der Christina 10 fl geliehen. Sie leugnet auch durch den Bank (= durchweg), dass sie der Christina habe Haber geben wollen. Sie habe auch nie Weinbrei mit ihr gegessen. In Confrontatione (= Bei Gegenüberstellung) hat die Christina der Hammer-Anna alles das, was sie in der Inquisition bekannt hat, unter Augen geredet. 4) Sie habe der Spon-Anna nie einen Platz gegeben, sondern ihr Mann habe derselben ein Stücklein gebracht. 5) Sie habe dem Mädlin des Kriechlin nie etwas zugefügt oder dasselbe einen jungen Teufel gescholten. Es wäre aber kein Wunder gewesen, wenn sie solches geredet hätte. 6) Ihrem zweiten Mann sei nie ein Kind bei ihr gestorben. Es sei zwar nicht ohne (= es sei richtig), dass sie ihrem Mann einmal eine Suppe in den Weingart gebracht habe, worauf ihm etwas weh wurde. Woher das kam, wisse sie nicht. Sie hat zwar angegeben, er sei mit ihr hereingegangen. Schliesslich aber sagt sie, er sei nach ihr herein und in seiner Schwester Haus gegangen.

1637 Oktober 14
M. Leonhard Schneides, Pfarrers zu Wannweil, Witib hat vor ganzem gesessenem Rat ausgesagt, die Hammer-Anna sei ungefähr 8 Wochen nach ihres Herrn (des Pfarrers) Tod bei Nacht, als ihre Mägd schon beim Karz waren, mit einer Bäurin, der Bech-Anna, vor das Pfarrhaus zu Wannweil gekommen, habe angeklopft und, als die Zeugin fragte, wer da sei, geantwortet: die Hammer-Anna. Darauf habe sie ihr aufgemacht. Diese habe aber nicht sagen können, warum sie da sei, sondern nur um Milch und sie über Nacht zu behalten gebeten. Die Zeugin habe ihr zwar eine Milch gegeben, aber ihr gesagt, dass sie kein Geliger (= Lagerstätte) für sie habe. Während des Essens habe die Hammer-Anna gesagt, die Zeugin sollte nicht so allein bleiben, sondern wieder einen Mann nehmen. Dann sei sie mit der Bäurin weggegangen und bei ihr über Nacht geblieben. Barbara, Hausfrau des Michael Herzog, geschworene Wehmutter (= Hebamme), sagt, vor ungefähr 15 Jahren, als man den Hinterbau des Erhart Hermann selig aufgerichtet habe, habe ihr Mann, Michael Nüeffer selig, als Maurer selbigen sollen helfen bedecken. Als ihm aber an einem Nepper oder Bohrer mangelte und er diesen bei der Hammer-Anna vorigem Mann, dem Kemler selig, entlehnen wollte, habe ihm die Hammer-Anna aus einem Branntwein-Mässlein, in das ein Kreuzerwert (= für einen Kreuzer) gehe, zu trinken gegeben. Obwohl er zuvor eine Suppe gegessen und sich wohl befunden hatte, sei ihm denn so weh geworden, dass er, als er wieder auf den Bau steigen wollte, herunterfiel. Obwohl Leute ihren Mann selig anrichten (= veranlassen) wollten, die Zimmerleut wegen seines erlittenen Schadens zu verklagen, habe er das nicht tun wollen, sondern gesagt: "Es ist mir eine Straf von Gott". Er habe auch niemand deswegen bezichtigt. Deswegen könne auch sie, Barbara, niemand etwas zeihen. Wenn die Hammer-Anna von selbiger Zeit an ein solch Hexenmensch gewesen sei, so werde sie gewiss viel Übles gestiftet haben.
Martin Spon, der Stiefsohn der Verhafteten, sagt vor gesessenem Rat, vor ungefähr 8 Wochen sei er an einem Sonntag in der Abendpredigt gewesen. Als er wieder heimgekommen sei und seine Schuh flicken wollte, sei das Brot in der Behausung seiner Stiefmutter, der Hammer-Anna, auf dem Tisch gelegen. Dann sei die Mutter in die Stube gekommen, habe ein Viertelkännlein mit Wein gebracht und zu ihm gesagt: "Da, trink!" Als er nun getrunken, sei ihm gleich wäld (= wild, wind?) und weh geworden, dass er auch sein geschnittenes Brot nicht mehr habe essen können, sondern vor die Stube und an die Luft gehen musste. Als er wieder in die Stube hereinkam, habe er zur Hammer-Anna gesagt: "Oh Mutter, was ist in dem Wein gewesen? Wie ist's mir so weh! Es lauft alles mit mir um." Die Mutter habe gesagt: "Was sollt' in dem Wein gewesen sein? Hab dir's für eine Straf!" Als er nun weiter fragte: "Warum soll ich's für eine Straf haben", habe sie darauf geschwiegen, und ebenso auf seine wiederholte gleiche Frage.
Seine Stiefmutter habe wiederholt und zwar eben an dem selben Sonntag bei dem Morgenessen ihm stark zugesetzt, er solle die Witib des Papierers Ulrich Gretzinger zur Ehe nehmen, mit dem Versprechen, sie wolle ihn nicht allein zu sich ins Haus nehmen, sondern ihm auch alles, was sie habe, verschaffen (= vermachen). Er aber habe das jederzeit abgeschlagen und gesagt, wenn er ein Weib bedürfe, so wolle er sich schon eine nehmen. Er hätte keine Lust, bei einer leiblichen Mutter im Haus zu wohnen, geschweige dass er bei ihr als Stiefmutter sein sollte. Er halte dafür, dass sie ihm an dem Sonntag abends den Trunk zur Straf gegeben haben könnte. Später sei dies Geschrei (= Gerede) in der Stadt erschollen, und die Leut seien zu ihm gekommen, unter anderen auch der Faylenhans, der ihm aus eigener Erfahrung das Männlein von Rommelsbach empfohlen und von diesem dann auch Kräuter gebracht habe mit der Anweisung, sie zu sieden und gut achtzugeben, dass nicht während des Siedens Katzen kommen und die Arznei begehren. Er habe dann die Arznei genommen, als die Hammer-Anna wegen anderer Verschuldung im Gefängnis lag. Das Männlein habe ihn auch warnen lassen, er solle nicht in dem Haus bleiben und die Hammer-Anna erwarten. Denn wenn sie etwas von seinen verordneten Kräutern überkommen sollte, würde er ein arbeitseliger (= armseliger) Tropf werden. Darauf habe er sich zu Ulrich Dieringer begeben, dort Arzneien gebraucht und bisher nicht sonderliche Schmerzen mehr verspürt.

Als der Hammer-Anna diese Aussagen vorgehalten wurde, hat sie zwar nicht in Abrede stellen können, dass sie dem Martin Spon zu trinken gegeben, aber zu ihrer Entschuldigung vorgeschützt, sie habe zuerst aus dem gleichen Glas, aber es nicht ganz ausgetrunken.
Martin Spon aber widersprach und sagte, die Hammer-Anna habe das Glas ganz ausgetrunken. Er wolle auch auf des Rats scharfe Verwarnung bei Verlust seiner Seligkeit daran festhalten, dass er vor dem Trunk frisch und gesund gewesen und alles, was er angegeben habe, wahr sei.

Die Hammer-Anna wurde peinlich befragt und leugnete die von den Zeugen gemachten Angaben.
1) Sie sagte, der Bub Martin Spon habe sich ins Land hinab verdingt gehabt, nachher aber den Enderlin Spon und andere angestellt (= veranlasst), sie zu bitten, so dass sie ihn wieder aufgenommen habe. Sie habe ihm alles Gute erwiesen, das sei nun ihr Dank. Als sie dann das erstemal gefangen lag, habe er mit dem Weinmarlein gehaust. Wenn etwas Gutes an ihm wäre, hätte er sich an eine solche Hure nicht gehängt. Der Bub habe 8 Tag zuvor, ehe das mit dem Trunk erfolgte, die Papiererin in ihr Haus eingeladen, selbst Brot und Wein gekauft. Jetzt bezichtige er sie armes Weib, dass sie ihn habe verkuppeln wollen, während sie ihn doch allezeit vor solcher Heirat gewarnt habe. Mit seiner Krankheit sei es ganz anders hergegangen, als er angebe. Er sei etliche Tage nach dem Abendtrunk gesund gewesen, sei ins Feld und umhergegangen. Er habe gemeint, es sei der Gefrörer (= Erkältung) oder Fieber. Niemand habe ihm Krankheit angesehen.
Ferner habe der Bub in der Ernt zu Kirchentellinsfurt geschnitten und damals ein Mägdlin bezichtigt, es habe ihn an einem Schenkel verletzt, dass er nimmer gehen könne. Das Mägdlin habe ihm den Schenkel streifen (= berühren, streicheln) müssen, und er habe wieder gehen können.
2) Was die Pfarrerin von Wannweil betreffe, so habe man in der Behausung des Thoma Hummel hier das Gut des Bechmayer geteilt und niemand gehabt, solches der Schultheissin zu Wannweil, der Bech-Marie, zu sagen. Deswegen habe sie sich gebrauchen lassen. Auf ihr Begehren habe die Bechmarie sie zu der Pfarrerin geführt. Aber sie habe der Pfarrerin keinen Mann zu geben begehrt, sondern die Pfarrerin selbst habe den Herrn M. Zwissler begehrt und ihr viel versprochen, wenn sie ihn ihr kuppeln könne, auch gleich gesagt, sie habe noch Kleider von ihrem Herrn selig und der Zwissler gehe so lumpig, sie wolle ihm alles anmachen.
3) Des Kriechlins Aussage beantwortet sie, diese habe ihr einmal einen Boten geschickt und gebeten, ihr Brot einzuschiessen (= in den Backofen zu schieben). Eben damals habe sie, Kriechlin, mit dem Männlin von Rommelsbach zu schaffen gehabt und selbiger habe gesagt gehabt, es werde ein Weib kommen, die ihrem Kind einen Schaden zugefügt habe. Das habe sie, die Verhaftete, nicht gewusst.

Mit diesen und dergleichen Ausflüchten, bei welchen sie standhaft verblieb, purgierte (= reinigte) sich die peinlich Befragte, und mit grösster Pein der Tortur, viel weniger gütlich, war nicht mehr aus ihr herauszubringen. Deswegen hat nach langer Haft und schwerer Einquartierung der ehrsame, wohlweise Rat sie auf inständige Bitten gegen Confiscierung ihres Vermögens zu besserer Verwahrung und Aufsicht in der armen Sondersiechen Behausung hier mit rätlichem Schluss (= mit Ratsbeschluss) kommen lassen.
Et nunc, reges, intellegite:
Erudimini, qui iudicatis terram.
Verba sunt Davidis. Ps. 2 V. 10.
(Übersetzung von Menge: So nehmet denn Klugheit an, ihr Könige, Lasst euch warnen, ihr Richter der Erde!).
Den 2. Oktober 1638 ist Beklagte im Sondersiechenhaus zwar unter dem Gebet, aber mit schrecklichem Gebröll (= Geheul) verschieden.

Archivaliensignatur
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7764
Umfang
23 S.
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Genetisches Stadium: Or.

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 23 Hexenprozesse
Bestand
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Laufzeit
1637 Oktober 12 ff.

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20.03.2025, 11:14 MEZ

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  • Archivale

Entstanden

  • 1637 Oktober 12 ff.

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