Bestand

Landeskirchliches Frauenwerk (Hamburg und Kirchenkreis Alt-Hamburg) (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Die Entwicklung eines eigenständigen landeskirchlichen Frauenwerkes erfolgte kurz nach 1945; hierbei haben nach bisheriger Erkenntnislage sowohl die weibliche Jugendarbeit als auch die Evangelische Frauenarbeit einen Anteil, dessen jeweilige Gewichtung einer detaillierteren Forschung bedarf: Hanna Schüßler - lange Jahre in Personalunion Leiterin des weiblichen Jugendwerkes und des Frauenwerkes - schildert in ihrem Referat anläßlich des 20jährigen Jubiliäums die Wurzeln aus der Jugendarbeit heraus. Danach seien Ideen zur künftigen Konzeption der landeskirchlichen Frauenwerkes vom weiblichen Jugendwerk zusammen mit Jugendpastor Martin Wölber in Kontakt mit dem Burckhardthaus in Gelnhausen und dem World YWCA entwickelt worden.

1951 wurde aus den Ideen eine Struktur: die „1. Verordnung betr. Ordnung des Landeskirchlichen Frauenwerkes der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate“ wurde bekannt gegeben. Aus § 1 wird die damalige Intention bzw. Zielvorstellung deutlich: „Das Landeskirchliche Frauenwerk ist die Zusammenfassung der Frauen- und Mütterkreise der Gemeinden“. Das Frauenwerk bestand aus folgenden Organen: Vorstand, hauptamtliche Leiterin und die Leiterinnen-Konferenz [der Gemeinden] (§ 4). Die Selbständigkeit der Leiterin war durch ihre Weisungsgebundenheit an den Vorstand stark eingeschränkt (§ 6).

Insgesamt bedeutete diese Ordnung zunächst eine Fortführung der traditionellen Frauenarbeit mit den Schwerpunkten Bibelarbeit und „Mütterschule“. Bis 1959 besaß das Frauenwerk kein eigenes Haus; es war mit seinen Bibelstunden und Leiterinnen-Konferenzen zu Gast bei verschiedenen Institutionen: Gemeindehaus St. Jacobi, Jugendpfarramt, Männerwerk und Evan-gelische Akademie. Bereits vor Bezug eines eigenen Hauses begann das Frauenwerk, mit Mitteln aus dem neugegründeten Deutschen Müttergenesungswerks Müttererholungszeiten durchzuführen. Ehe es so weit war, dass am 22. Mai 1959 das „Haus der Frau“ am Loogeplatz 16 eingeweiht werden konnte, musste die Hamburgische Synode von der Notwendigkeit eines räumlichen Zentrums für die Frauenarbeit überzeugt werden. In dem entsprechenden Antrag wurden vier Arbeitsschwerpunkte der landeskirchlichen Frauenarbeit angeführt:
1. Begegnung mit kirchenfremden Frauen, die durch die mancherlei Auffangkreise mit beachtlichem Ergebnis entstanden waren;
2. Evangelische Mütterschule als neue Aufgabe;
3. Mittelpunkt für die gemeindliche Frauenarbeit;
4. Weibliche Jugendarbeit
Dieses Aufgabenspektrum erwähnte die Müttergenesungsarbeit noch nicht, schloss aber die Hinwendung zu „kirchenfremden“ Frauen mit ein. Dieses dürfte ein richtungsweisendes neues Ziel gewesen sein. Die Müttergenesungsarbeit dehnte sich schnell aus: 1961 überließ die Landeskirche das Haus Seefrieden in Dahmeshöved als Müttergenesungsheim dem Frauenwerk. 1964 wurde in der Kapernaum-Gemeinde in Hamburg-Horn eine zweite Mütterschule eröffnet. In den Anfangsjahren gliederte sich die Arbeit in vier Referate: Mütterschule, „Die Frau im Beruf“, Ökumenische Fragen und Vortragsarbeit in den Gemeinden, Mütter-Genesungsdienst.

Mit dem wachsenden Veranstaltungsprogramm wurden die Räumlichkeiten bereits Anfang 1960 zu eng: man suchte nach einer Erweiterungsmöglichkeit und fand sie idealerweise in der anderen Hälfte des Hauses, dem sogenannten „Zwillingshaus“ Loogeplatz 14. Am 24.9.1964 zog die Abteilung „Mütterschule“ dort ein.

„Mütterschule“, dieser sehr am damaligen Familienbild und Rollenverständnis orientierte Begriff, wandelte sich nur sehr langsam: in ihrer Eröffnungsrede zur feierlichen Eröffnung durch Bischof Wölber am 24.9.1964 betonte Hanna Schüßler die Verantwortung der Hausfrau und Mutter für das Funktionieren und die Herstellung der Harmonie in den Familien. Auch Bischof Wölber betonte in seiner Festansprache „die Frau in ihrem fraulichen und mütterlichen Beruf“. Zitat Wölber: Darf ich das von mir aus als Bischof einmal so sagen, wenn ich mir die Frage vorlege: Braucht die Kirche Kosmetik-Kurse? Dann würde ich sagen: Nein. Wenn ich aber umgekehrt fragen darf, halte ich die Sache für sehr nachdenkenswert: Braucht der Kosmetik-Kurs die Kirche?“ Die Antwort von Bischof Wölber auf die letzte Frage fiel positiv aus.

Bis die Bezeichnung „Familienbildungsstätte“ sich durchsetzte und damit der sich rasch verändernden Gesellschaft auch in der Kirche Rechnung trug, sollte noch etwas Zeit vergehen. 15 Jahre später: inzwischen war die Leitung des Hauses 1974 auf Pastorin Uta Knolle gewechselt und aus dem landeskirchlichen Frauenwerk war das Frauenwerk des Kirchenkreises Alt-Hamburg geworden. Entscheidend - und in den Akten auch keinen Bruch darstellend - war jedoch nicht der Übergang in der Trägerschaft; entscheidend war die deutlich spürbare Veränderung der Konzeption kirchlicher Frauenarbeit. Zum 20-jährigen Jubiläum der Einweihung des Hauses Loogeplatz 16 1979 wurden jetzt fünf Arbeitsbereiche vorgestellt:

1. Gemeindebezogene Frauenarbeit: Frauen-, Mütter- und Elternarbeit; Vorbereitung des Weltgebetstages der Frauen; Staatsbürgerliche Tagungen (z.B. zu Schöpfung und Technik); Meditations- und Literaturkurse;
2. Neubürgerinnenarbeit: Integration von Frauen aus Osteuropa;
3. Familienbildungsstätte im Haus Loogeplatz 14 sowie in Horn: Werdende Eltern, Erziehungsfragen, Werken und Gestalten, Rationelle Haushaltsführung, kritisches Verbraucherbewusstsein;
4. Frau im Beruf: Berufstätige Frauen und christlicher Glaube;
5. Müttergenesungsarbeit: Entsende- und Vermittlungsstelle

Außerdem war das Frauenwerk inzwischen Bestandteil eines vielfältigen Netzwerkes kirchlicher und politischer Arbeit geworden; so war es z.B. Mitglied im Hamburger Landesfrauenparlament und der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen und konnte gestaltend bei Grundsatzfragen mitwirken. Im Vergleich zu 1964 hatte sich schon vieles verändert; die berufstätige Frau blieb jedoch noch auch 1979 noch eine „Sondergruppe“, die einer besonderen kirchlichen Pflege bedurfte.
Dennoch veränderte sich das Themenspektrum weiterhin kontinuierlich: Feministische Theologie, Weltgebetstag, Friedensarbeit gewannen an Bedeutung; diskutiert wurden der § 218, der Nato-Doppelbeschluss sowie Aktionen gegen das Apartheid-System in Südafrika. Ab Beginn der 1990er wird die Überlieferung in diesem Bestand spärlicher; zu fragen wäre für diese Zeit nach dem Verhältnis eher „traditioneller“ Arbeit in den Familienbildungsstätten und dem Anteil gesellschaftspolitischer Arbeit - und natürlich nach den Gründen für die Schließung des Frauenwerkes in der jetzigen Form.

Nach dem Übergang der Hamburgischen Landeskirche in den Kirchenkreis Alt-Hamburg in der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche beschloss der Kirchenkreisvorstand am 18. April 1979 eine neue „Ordnung des Evangelischen Frauenwerkes Alt-Hamburg“. Sie trat rückwirkend am 1. April 1979 in Kraft. Die Organe waren die Leiterin, der Beirat und die Kirchenkreisarbeitsgemeinschaft.

Die Amtszeit des Beirats wurde auf 6 Jahre festgelegt. Eine Geschäftsordnung des Beirats trat am 4. Dezember 1979 in Kraft. Das unter dem etwas ungewöhnlichen Begriff „Kirchenkreisarbeitsgemeinschaft“ installierte Gremium bestand aus den Vertreterinnen der Gemeinden, ergänzt durch „Frauen, die verantwortlich im Evangelischen Frauenwerk oder im Bereich des Kirchenkreises mitarbeiten“, wie es der genannte Beschluss des Kirchenkreisvorstandes in § 6 der Ordnung - recht unkonkret - beschreibt. Um eine Koordination der Frauenarbeit in Nordelbien zu erreichen, in die insbesondere auch diejenigen Kirchenkreise eingebunden werden sollten, die eigene hauptamtich geleitete Frauenwerke unterhielten, wurde unter dem 20. Juni 1978 eine „Einstweilige Anordnung über die Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben in der Frauenarbeit der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche“ erlassen. Sie regelte die Zusammenarbeit im Rahmen einer „Arbeitsgemeinschaft für Frauenarbeit in der Nordelbischen Kirche“, in deren Gremien auch das Frauenwerk Alt-Hamburg vertreten war.

Das Frauenwerk Alt-Hamburg konnte 20 Jahre in organisatorisch eigenständiger Existenz seine Arbeit leisten, bis die Sparzwänge auch im Bereich der Dienste und Werke Umstrukturierungen unumgänglich machten. Bereits 1996 hatte die Kirchenkreissynode durch entsprechende Beschlussfassung die Entwicklung eines Konzeptes zur Arbeits- und Stellenstruktur eines neuen Werkes auf den Weg gebracht. Die Überlegungen führten schließlich zur Zusammenlegung der Frauenarbeit, der Familienbildungsstätte sowie des Kirchencafes „Kreuz und Quer“ in einem neuen Werk „Offene Kirche“, das 1998 seine Arbeit aufnahm. Standorte des neuen Werkes waren weiterhin Loogeplatz 14 und 16, die Evangelische Familienbildung Horn sowie das Kirchencafe „Kreuz und Quer“ bei der Hauptkirche St. Jacobi.

Leiterinnen:
Evangelische Frauenhilfe:
Margarethe Krönig 1927 - 1946
Katharina Gombert 1946 - 1952

Frauenwerk bzw. Werk „Offene Kirche“
Hanna Schüßler1952 - 1974
(gleichzeitig Leiterin des weiblichen Jugendwerkes 1935 - 1958)
Uta Knolle1974 - 1988
Käthe Stäcker1989 - 1993
Elisabeth Schmidt-Brockmann1993 - 1997
Irmtraut Rhein1998 - 2002
Ina Brinkmannab 2002

Bestandssignatur
31.4.05 Landeskirchliches Frauenwerk (Hamburg und Kirchenkreis Alt-Hamburg)

Kontext
Landeskirchliches Archiv der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland (Archivtektonik) >> 3 Dienste und Werke >> 31 Dienste und Werke der Landeskirchen >> 31.4 Frauen und Männer, Jugend und Alter

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Letzte Aktualisierung
01.07.2025, 09:33 MESZ

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