Bestand
Kleve-Mark, Landstände (Bestand)
Beteiligung des Ständigen Ausschusses der Märkischen Ritterschaft in Angelegenheiten der Landesverwaltung: Steuermatrikel, Beamtenanstellung, Justizreformen, Kataster, Feuersozietät, Gesindeordnung, Jagd und Forsten, Wasser- und Wegebau, Zoll, Schulverbesserungen, Stiftsangelegenheiten, Durchführung und Verbesserung des Kantonreglements, Kriegslasten, Landeskreditwerk, Landeslotterie, Sicherheitskorps, Adelsattestierungen.
Bestandsgeschichte: 1347 wird erstmals ständische Mitberatung in der Regierung der Grafschaft Mark erwähnt; 1419 erfolgte eine Einung der Ritterschaft und der Städte. Im 15. Jh. wird der Landtag weiter institutionalisiert. Gebildet aus je zwei Ständen: Ritterschaften und Städte (Kleve 7 Städte, Mark 6 Städte). Jeweils getrennte Beratung der Kurien. Einführung eines Ständigen Ritterschafts-Ausschusses; zuletzt mit eigenem Syndicus und eigenem Archiv, Auflösung 1806.
Form und Inhalt: 1. Zur Geschichte der Landstände
Die märkischen Landstände begannen sich im 14. Jahrhundert zu formieren. Erstmals 1347 ist eine ständische Mitberatung des Landesherren belegt. Weitere Schritte zur Institutionalisierung bildeten 1289 die Union der Ritterschaft und 1419 die Einung von Ritterschaft und Städten der Grafschaft Mark. Im Bruderzwist zwischen Herzog Adolf IV./ II. von Kleve-Mark und Graf Gerhard von der Mark, der um 1420/ 30 zu einer Teilung des Landes zu führen drohte, wuchs die Bedeutung der Stände als integrierende Kraft des Territoriums. Zur Schuldendeckung des Landesherren bewilligten sie 1486 eine Steuer, deren Erhebung und Verwendung sie selbst organisierten. Seitdem übten die Stände einen zeitweise maßgebenden Einfluß auf die Landesherrschaft aus. Ihre Position wurde auch dadurch verstärkt, daß sie ab 1510 zusammen mit den Ständen des Herzogtums Kleve tagten.
Sowohl die klevischen als auch die märkischen Landstände bestanden aus je zwei Kurien: der Ritterschaft und den "Hauptstädten" - also nicht auch aus der Geistlichkeit. Zur landtagsfähigen Ritterschaft ("qualifizierte Ritterbürtige") der Grafschaft Mark zählten spätestens seit dem 16. Jahrhundert nur diejenigen Adeligen, die Eigentümer eines Rittersitzes waren (Grund und Boden, auf dem ein Burghaus stand bzw. gestanden hatte; seit 1660 mindestens im Wert von 6000 Rtlr). Zu den sechs märkischen "Hauptstädten" gehörten: Hamm, Iserlohn, Kamen, Lünen, Schwerte, Unna. Dazu kamen Soest und Lippstadt, die jedoch eine Sonderstellung einnahmen.
Die Stände traten alljährlich zu Landtagen zusammen. Sie vernahmen dort die "Propositionen" des Landesherren, legten ihm ihre "Gravamina" vor, berieten in getrennten Verhandlungen bzw. in Stitzungen mit den landesherrlichen Räten ihre Stellungnahmen und vereinten sich schließlich wieder im Landtags-"Abschied", der gemeinsamen Beschlußfassung. Zwischen den Tagungen bestanden ständige Ausschüsse und Deputationen; dazu wurden eigene Verwaltungsfunktionäre ernannt (Landesdirektor, Pfennigmeister, Syndikus u. a.).
Im "Ständekampf" des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen 1649-1661 wurden die Einflußmöglichkeiten der Landstände zwar beschränkt, aber ihre grundsätzlichen Rechte nicht aufgehoben. Sie besaßen weiter das Steuerbewilligungsrecht (bei Steuerfreiheit der Ritterschaft); dafür durfte der Landesherr bei Wahrung des Indigenats die Beamten der Provinzialverwaltung ernennen, Truppen einquartieren und die Akzise-Verwaltung einrichten.
Auch im 18. Jahrhundert nahmen die Stände weiter teil an der Landesverwaltung, wobei seit 1713 die Landtage von der Regierung zu Kleve einberufen wurden. Ein Versuch des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., 1721 den Landtag aufzuheben, wurde schon 1722 wieder rückgängig gemacht. Besonders in der Zeit des Siebenjährigen Krieges 1757-1763 und des anschließenden Retablissements entfalteten die Landstände der Grafschaft Mark nochmals eine reiche Tätigkeit. Sie endete erst 1806 mit der Aufhebung des kleve-märkischen Landtags.
Literatur:
··R. Schulze: Die Landstände der Grafschaft Mark bis zum Jahre 1510. Mit urkundlichen Beilagen. Heidelberg 1907 (LAV NRW W, Dienstbibl. WF 152).
·A. v. Haeften, Hrsg.: Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. 5 Bd., 1. Teil: Ständische Verhandlungen (Cleve-Mark). Berlin 1869 (LAV NRW W, Dienstbibl. 5 U 2).
·G. Hoetzsch: Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte der inneren Politik des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. 2. Teil: Stände und Verwaltung von Cleve und Mark in der Zeit von 1666 bis 1697. Leipzig 1908 (LAV NRW W, Dienstbibl. 5 U 2a).
·L. Wollenhaupt: Die Cleve-Märkischen Landstände im 18. Jahrhundert. Berlin 1924 (LAV NRW W, Dienstbibl. WF 1514).
·R. Kuhna: Die ständische Verfassung in den westfälischen Landesteilen Preußens und im Fürstentum Münster, 1780-1806, Münster Phil. Diss. 1963 (LAV NRW W, Dienstbibl. WG 1296).
·R. Vierhaus: Die Landstände in Nordwestdeutschland im späten 18. Jahrhundert. In D. Gerhard, Hrsg.: Ständische Vertretungen in Europa im 17. und 18. Jh. Göttingen 1974, S. 72-93. (LAV NRW W, Dienstbibl. WB 931a)
2. Zur Bestandsbildung und Findbuchbenutzung
Das vorliegende Findbuch ist nur eine (leicht überarbeitete) Abschrift des handschriftlichen "Repertoriums 372", das von Dr. Ernst Friedländer ca. 1880 angefertigt wurde. Es erhielt damals den Titel: "Landständisches Archiv der Grafschaft Mark, kombiniert aus den 'Cleve-Märkischen Landtags-Akten' und dem 'Archiv der Cleve-Märkischen Landstände' ". Der Mischbestand umfaßte damals (1.) zwei staatliche und (2.) eine ständische Provenienz; nämlich:
1. a. Kleve-Märkische Regierung,
1. b. Kriegs- und Domänenkammer Hamm,
2. a. Märkische Ritterschaft.
Dazu kamen um 1960 "Nachträge", die Dr. H. Richtering im v. Rombergschen Gesamtarchiv gefunden hatte. Sie waren von Giesbert v. Romberg, der seit 1793 zur märkischen Ritterschaft gehörte, wahrscheinlich um 1803/1808 aus deren Registratur genommen worden und gelangten später nicht mehr dorthin. Zum Mischbestand gehören also auch:
2. b. Märkische Ritterschaft (Nachträge aus Gesamtarchiv v. Romberg).
Von diesen Provenienzen ordnete Dr. Richtering 1961/1962 die Akten unter 1. b. zum Bestand "Kriegs- und Domänenkammer Hamm" zurück. Dieses Schriftgut ist im vorliegenden Findbuch zwar noch mit aufgeführt, nach dem in seiner Rubrik "Verbleib" gegebenen Verweis jetzt jedoch unter "KDK H[amm], Nr. ..." zu bestellen.
Die im Mischbestand verbliebenen Akten unter 1. a. und 2. a. sind durchnumeriert. Nach einem (noch von Dr. Friedländer unternommenen?) Versuch, diese Provenienzen lagerungsmäßig zu trennen, wurden sie mit zwei verschiedenen Bezeichnungen versehen. Man benannte:
Provenienz 1. a. = "Märkische Landtagssachen, R",
Provenienz 2. a. = "Kleve-Mark, Landstände",
Provenienz 2. b. = "Kleve-Mark, Landstände, Nachträge".
Deswegen sind die im vorliegenden Findbuch in der Rubrik "Nr." rotangehakten Signaturen unter der Bezeichnung "Märkische Landtagssachen R, Nr. ..." zu bestellen; alle übrigen Signaturen unter der Bezeichnung "Kleve-Mark, Landstände Nr. ..." bzw. "Kleve-Mark, Landstände, Nachträge, Nr. ...".
Eine Nachprüfung der Provenienzzuweisungen durch Dr. Richtering ergab jedoch, daß viele Akten unter 2. a. tatsächlich unter 1. a. gehören würden. Diese Korrekturen sind im vorliegenden Findbuch in seiner Rubrik "Prov[enienz]" mit den Siglen R, K und L vermerkt.
Es bedeutet Sigle
R = tatsächliche Provenienz: Kleve-Märkische Regierung
K = tatsächliche Provenienz: Kriegs- und Domänenkammer Hamm
L = tatsächliche Provenienz: Märkische Ritterschaft
Eine Trennung der Akten nach diesen tatsächlichen Provenienzen wurde jedoch nicht vorgenommen.
Neben ihren verschiedenen Provenienzen lassen sich die Akten des Mischbestandes auch nach ihrem Typ unterscheiden.
Es kommen vor:
- Serien-Akten (Akten-Serientitel meist: "Landtag" oder "Landstände"),
- Sach-Akten (Akten-Sachtitel je nach Inhalt).
Dr. Friedländer behandelte aber bei seiner ca. 1880 vorgenommenen Ordnung alle Serien- und Sach-Akten nur wie Serien-Akten und gab ihnen eine rein chronologische Reihen-Ordnung. Tatsächlich überwiegen bis etwa Nr. 180, Landtag 1740, die Serien-, danach aber die Sach-Akten. Letztere könnten also auch sachlich klassifiziert werden - was (nach Friedländer?) jedoch nur für die Nummern 381-388 unter "Adelssachen" unternommen wurde.
Darüber hinaus wurde an der alten chronologischen Reihen-Ordnung nichts geändert bzw. keine Trennung der Akten nach ihren Typen vorgenommen. Die Verzeichnung aller Serien- und Sach-Akten in chronologischer Reihung bildet den Teil I des vorliegenden Findbuchs.
Für einige Landtags-Akten des 16. Jahrhunderts (Nr. 2, 3, 4, 5, 6) legte Dr. L. Keller um 1880 zur Vorbereitung seiner Publikation "Die Gegenreformation in Rheinland und Westfalen" (LAV NRW W, Dienstbibl. WB 439) "Spezialverzeichnisse" an. Diese wurden ebenfalls (leicht überarbeitet) abgeschrieben. Gleichzeitig wurden für die von Keller nicht berücksichtigten Nr. 1 und 3a entsprechende Aktenanalysen angelegt, so daß zumindest die Nr. 1-6, Landtage 1463 bis 1598, vollständig erschlossen sind.
Die Aktenanalysen und Spezialverzeichnisse bilden den Teil II des vorliegenden Findbuchs.
Münster i. W., im Februar 1988 (Kloosterhuis)
Folgende Nummern wurden provenienzgerecht zur Kriegs- und Domänenkammer Hamm verschoben (D 005/Kleve-Mark, Landstände, Nr. xxx - D 007/Kriegs- und Domänenkammer Hamm, Nr. yyy):
231 - 101
236 - 103
238 - 102
241 - 146
252 - 104
255 - 105
256 - 106
259 - 107
266 - 108
269 - 109
273 - 110
278 - 111
280 - 112
282 - 113
284 - 114
285 - 115
287 - 116
294 - 117
298 - 118
299 - 124
305 - 147
306 - 119
309 - 120
316 - 121
317 - 125
318 - 126
319 - 122
323 - 123
324 - 128
325 - 127
326 - 129
327 - 148
329a - 130
329b - 131
332 - 90
334 - 150
336 - 133
340 - 134
341 - 135
344 - 139
346 - 149
349 - 140
350 - 138
351 - 141
353 - 151
354 - 142
356 - 152
359 - 137
361 - 138
362 - 143
369 - 144
371 - 145
Folgende Nummern wurden hatten bereits im handschriftlichen Findbuch einen "Fehlt"-Vermerk:
228 (fehlt seit 1952): Landtag, Propositon, 1767-1768
375: Landtag, Fragment aus dem 17. Jh.
380: Einzelstücke, o.D.
382: Beabsichtigte Ausschließung des mittelbaren Reichsadels und der westfälischen Domstifter vom Domkapitel zu Mainz, 1740-1776
Folgende Nummern hatten bereits im handschriftlichen Findbuch einen Auflösungs-Vermerk:
107: Landtag, 1698 (Altes Findbuch: ”gehört zum Herzogtum Westfalen“ - also kein Entnahmevermerk!)
352 ("kassiert"): Monita der Landstände zu den Vorspanngeldern, 1802, ”1 Blatt, ganz unbedeutend“, Provenienz: Kriegs- und Domänenkammer Hamm
379 ("aufgelöst"): Einzelstücke, o.D.
380a ("aufgelöst"): Einzelstücke, o.D.
Münster i. W., im März 2020 (Reich)
- Reference number of holding
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D 005
- Extent
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260 Amtsbücher und Akten.
- Language of the material
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German
- Context
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Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 1. Territorien des Alten Reiches bis 1802/03 einschließlich Kirchen, Stifter, Klöster, Städte u.ä. >> 1.4. Preußisches Westfalen (D) >> 1.4.1. Grafschaft Mark mit Soest und Lippstadt >> 1.4.1.1. Verwaltungs- und Justizbehörden, Landstände
- Related materials
-
Rudolf Schulze, Die Landstände der Grafschaft Mark bis zum Jahre 1510 (Deutschrechtliche Beiträge 1,4), Heidelberg 1907; Leo Wollenhaupt, Die Cleve-Märkischen Landstände im 18. Jahrhundert (Historische Studien 158), Lübeck 1924; Ernst Opgenoorth, Stände im Spannungsfeld zwischen Brandenburg-Preußen, Pfalz-Neuburg und den niederländischen Generalstaaten. Cleve-Mark und Jülich-Berg im Vergleich, Ständetum und Staatsbildung in Brandenburg-Preußen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Berlin 55), Berlin, New York 1983, S. 243-262; Oliver Becher, Landstände und autonome adelige Konfessionalisierung in der Grafschaft Mark, in: Westfälische Forschungen 53 (2003), S. 43-70.
- Date of creation of holding
-
1639-1808
- Other object pages
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- Last update
-
06.03.2025, 6:28 PM CET
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1639-1808