Archivale

Gegen die Stimpler (= Pfuscher)

Regest: Die Stimpler unterwenden (= unterstehen) sich der Arzneikunst, die sie nicht erlernt haben.
1) Dadurch werden viel einfältige Leute betrogen und an ihrer Gesundheit verhindert.
2) Dadurch wird den Doctoren der Medicin ihre Ehre angefochten und geschwächt.
3) Den ordentlich berufenen Apothekern wird in ihrer Officin ein grosser Abtrag und Schaden zugefügt, auch die Versteuerung ihrer Officin nicht durch den Vertrieb compensiert.
4) Der Rat wird wegen solcher schädlichen Unordnung verschimpft.
5) Die neu revidierte Apotheker-Ordnung wird zerlöchert.
6) Oder wird es bei Verstattung solcher Stimplerei mit den Apothekern auf eine ziemliche Unbilligkeit hinauslaufen, wenn sie mit Pflichten und Eiden auf viele Weise gebunden sind, die Stimpler aber in ihrem Wesen (= Tun und Treiben) frei und ungehindert sein sollten.
7) +) In keiner Kunst und Scienz (= Wissenschaft), viel weniger bei einem Handwerk würden Himpler und Stimpler gelitten, sondern zur Ordnung gewiesen, und wenn einer seine Kunst und Handwerk nicht ordentlich erlernt hätte noch darauf gewandert wäre, so wurde ihm solches zu treiben verwehrt. Darum ist es billig, solches auch bei den Medikastern (= Kurpfuschern) zu beobachten, welche mit ihrer Seelen Gefahr solche Stimpelei bei Gott schwer zu verantworten haben.
8) Den Apothekern und Barbierern ist in ihrem Staat (= Dienstanweisung) hoch verboten, innerliche Kuren vorzunehmen - wieviel mehr den Stimplern!
9) Bei der Secklerin +) fanden sich vor einem Jahr kraftlose Destillata, teils inodora (= geruchlos), teils von säuerlichen und verderbten Geruch, viel Kräuter und Wurzeln, die entweder unsauber aufgehoben und verwahrt oder unnütz ausgedörtt waren und bei Visitation der Apotheken ausgeschafft und verworfen werden, viel widerwärtige (= gegensätzliche) vermischte Sachen. Sie verkauft ihre übel präparierten Mittel teuer, die in den Apotheken um ein ganz geringes zu erhalten sind. Sie muss durch Unkenntnis der Eigenschaften ihrer Mittel viel Übel begangen (= angerichtet) haben. Darum ist ihr das Arzenei-Ausgeben zu verbieten.
(1) Inhibiti faciendo (= durch Einhaltgebieten) bei der Secklerin ... (das weitere wegen Abkürzungen und schlechter Lesbarkeit nicht zu verstehen).
(2) Prohibenda mercatoribus rerum medicinalium publica venditio = Den Händlern ist der öffentliche Verkauf von medizinischen Mittel zu verbieten.
(3) Chirurgis identidem et ne praescribant medicinalia = Den Chirurgen (= Wundärzten) desgleichen (?), dass sie keine medizinischen Mittel verschreiben.
(4) Carnifici .... (?) exceptis iis, quae precoribus applicanda = Dem Henker (oder: Schinder) ... mit Ausnahme der Mittel, die bei Tieren anzuwenden sind.
(5) Empirici ++) examinandi per Doctores et Apothecarios = Die Heilpraktiker sind durch die Doctoren und Apotheker zu prüfen.
(6) Cirumforanei Italici suis medicinalibus privandi = Den auf Märkten umherziehenden Italienern sind ihre Heilmittel abzunehmen.
Keine Unterschrift

Archivaliensignatur
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 4349
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Bemerkungen: +) Die Secklerin ist offenbar die Anna Nüsslin, Eheweib des Secklers Johannes Nüsslin, in den Schriftstücken vom 23., 24., 28. Juli und 22.8.1669.- Bei Punkt 7 fällt die wörtliche Übereinstimmung mit einem Passus in Wucherers Schreiben vom 6. August 1669 auf.
++) Empirici sind solche, deren Heilkunde sich nur auf Erfahrungen (Empirie), nicht auf Wissenschaft gründet.

Genetisches Stadium: Konzept

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 11 Zünfte Ärzte
Bestand
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Laufzeit
wohl 1669 (ohne Datum) +)

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • wohl 1669 (ohne Datum) +)

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