- Reference number
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Hessisches Hauptstaatsarchiv, 28, U 223
- Formal description
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Reinschrift Pergament W 28,222. Das Zinsbuch, wie der Band sich mehrfach selbst nennt, besteht aus 57 Pergamentblättern (mit einer Seitenzählung des 18. Jh.) im Format 14,5:18,5 cm und ist in mit glattem, weißem Pergament überzogene starke Pappe gebunden, wie es für die 'Hornbände' des 17. und 18. Jh. charakteristisch ist. Als Spiegel dient vorne und hinten ein Blatt mit hebräischem Text. Ein weiteres solches Blatt ist vorne als fliegendes Blatt des Vorsatzes verwandt. Nach Feststellung von Herrn Pfarrer Doktor Doktor Dietrich, Lehrbeauftragten der Universität Frankfurt a. M. für Orientalistik und Dozent am Orient-Institut daselbst, dem auch an dieser Stelle für seine freundliche Auskunft gedankt sei, handelt es sich um Fragmente des Synagogengebetbuchs, die Hymnen und Gebete für den Vorabend des Versöhnungstages enthalten. Sie zeigen den gotisch-hebräischen Schrifttyp des (süd-)deutschen Judentums zwischen 1290 und 1350. Vokalpunkte und -striche sind später, wohl vom Vorbeter, hinzugefügt. Das Vorsatz trägt auf der Innenseite des fliegenden Blatts eine deutsche Notiz aus der 2. Hälfte des 14. Jh.: 'Unse hobeman zu Heldebir heizit Cunze Krengil'. Danach muß diese hebräische Handschrift schon vorher ihrem kultischen Gebrauch entzogen sein. In dem benachbarten Rendel ist Gnadenthaler Besitz nachzuweisen. Man möchte daher vermuten, daß bei einer der Judenverfolgungen in der Reichsstadt Friedberg von 1338, 1349 und 1354 die Handschrift erbeutet wurde. Da aber der Einband vermutlich erst in der 2. Hälfte des 18. Jh. im Nassau-Oranischen Archiv zu Dillenburg hergestellt wurde, wo auch der vordere Spiegel mit dem Exlibris dieses Archivs beklebt wurde, könnten die hebräischen Fragmente auch damals erst mit dem Zinsbuch in Verbindung gebracht worden sein. Daß sie etwa aus dem halb Nassau-Oranien zustehenden säkularisierten Kloster Thron stammen, hat keine größere Wahrscheinlichkeit für sich, da für Thron ebenfalls nur in Rendel, aber nicht in Heldenbergen Besitz nachzuweisen ist. Die 57 Blätter des Zinsbuches sind in 6 Lagen zusammengefaßt, und zwar werden gebildet: Lage 1-3 (S. 1-20, 21-40, 41-60) aus je 5 Doppelblättern, Lage 4 (S. 61-82) aus 5 Doppelblättern und einem eingefügten Blatt (S. 73/74), das schon bei der Abfassung des Buches eingelegt sein muß, da der zwischen S. 68 und 69 überstehende Streifen des Blattes nicht erst später beschnitten sein kann, weil der Text von S. 68 auf 69 ohne Lücke weiterläuft, Lage 5 und 6 (S. 83-98, 99-114) aus je 4 Doppelbllättern. Zwischen S. 42 und 43 (vgl. Abschnitt 27 Anm. c und Urkunde von 1388 Juli 25, Nr. 969) und ebenso zwischen S. 58 und 59 (vgl. Abschnitt 17 Anm. c) ist ein kleineres Pergamentblatt eingefügt, ebenso zwischen S. 64 und 65 ein Papierblatt (vgl. Abschnitt 28 Anm. d) und zwischen S. 90 und 91 ein kleines Pergamentdoppelblatt (vgl. Urkunde von 1347 April 20, Nr. 921). Von der ersten Hand muß sozusagen in einem Zuge bis S. 74 geschrieben sein. Abschnitt 36 ist mit einer helleren Tinte begonnen, die aber auf S. 75 wieder die alte dunkelbraune Färbung annimmt. Beim Abschnitt 38 setzt auf S. 77 eine etwas gröbere Feder ein; sie könnte jedoch von der gleichen Hand geführt sein. Doch endet hier zugleich der Grundstock des Zinsbuches. Man ersieht es daraus, daß dieser Abschnitt als letzter eine Überschrift in roter Tusche zeigt und mit dem Z des ersten Wortes die Verwendung des Rot überhaupt aufhört. Im vorangehenden Text hat der Schreiber den Abschnitten und meist auch den Seiten Überschriften in dieser Weise beigegeben und außerdem die Items sowie vereinzelte Anfangsbuchstaben durch rote Nachzeichnung hervorgehoben. Diese Rubrizierung ist erst nachträglich erfolgt. Man erkennt es dadurch, daß der freigelassene Platz dafür nicht immer ausreichte. Daß der Text ohne rote Tusche jünger ist, kann daher als sicher gelten. Die auf S. 77 auftretende, etwas gröbere Feder schrieb bis S. 91. Dort setzt eine blassere Tinte und etwas engere Schrift ein (vgl. Zinsbuchfortsetzung Nr. 968 Anm. m), die aber noch von der gleichen Hand herrühren könnte. Sie endet mit drei Zeilen auf S. 97. Sämtliche Eintragungen des Zinsbuchs bis hierher - abgesehen von dem sogleich noch zu besprechenden Abschnitt 4 - beziehen sich anscheinend auf Rechtsvorgänge aus der Zeit der Äbtissin Sophie von Lindau, deren Vorgängerin Lukardis bis 1372 Mai 6 (Nr. 947) urkundet. Der Name der Äbtissin Sophie begegnet bereits im 1. Abschnitt und ebenso im 7., 16., 36., und 37. Abschnitt. Der 5. und 13. Abschnitt stehen mit einer Urkunde von 1380 Juni 21 in Verbindung, der 38. Abschnitt (der als letzter rote Tusche aufweist) ist durch Urkunden von 1381 Mai 31 und November 25 ausgelöst. Der in Abschnitt 6 genannte Johann von Neisen begegnet in einer Gnadenthaler Urkunde von 1380 August 29 (Nr. 950); die Johann und Dietrich von Bubenheim von Abschnitt 26 finden sich in Abschnitt 38 von 1381 Mai 31 wieder, und ebenso lassen sich Personen der übrigen Abschnitte um die Zeit feststellen. Wegen der Geschlossenheit des Schriftbildes kann also nicht nur die Niederschrift bis Abschnitt 38 um 1380-1381 als gesichert gelten, sondern es darf auch angenommen werden, daß die Äbtissin damals alle hier verzeichneten Besitzrechte erneuert hat. Eine Ausnahme macht, wie schon erwähnt, der Abschnitt 4, in dem eine Aufzeichnung von 1328 kopiert ist (vgl. ebenda Anm. 1). Dies hat im 15. Jh. zu dem Irrtum Anlaß gegeben, dem ganzen Zinsbuch die Jahreszahl 1328 voranzustellen (vgl. Abschnitt 1 Anm. a), ein Fehler, der auch von den Kopien des 18. Jh. (vgl. unten) übernommen ist und bis heute fortwirkt. An Abschnitt 38 schließen sich noch die folgenden Einträge aus der Zeit der Äbtissin Sophie von Lindau an: zwei, die 1381-1385 zu datieren sind (Nr. 963 und 964), einer mit dem Datum 1385 (Nr. 965) und fünf, die 1385 -vor 1388 Juli 25 entstanden sein müssen (Nr. 968). Anschließend haben verschiedene Hände Einträge vorgenommen, die sich vielfach nur schwer zeitlich bestimmen lassen. In der textlichen Reihenfolge belassen, rühren sie her von: S. 97 um 1400 (Nr. 975), S. 98 (um 1425?) (Nr. 984), S. 98-99 um 1447 (Nr. 1000), S. 99 von 1496 (Nr. 1021), S. 100 um 1430 (Nr. 988), S. 101 um 1440 bis 1447 (Nr. 999), S. 102 um 1430 (Nr. 989), S. 103 (um 1440?) (Nr. 992), S. 103-104 (um 1440?) (Nr. 993), S. 113 (um 1425?) (Nr. 985) und (um 1450) (Nr. 1001). Der jüngste nachweisbare Eintrag stammt also von 1496. Die Seiten 105-112 und 114 sind unbeschrieben geblieben. Die Linierung erstreckt sich jedoch auch über diese freien Seiten. Sie besteht aus 21-25 Linien, welche eine Schriftfläche von 10,5-11 cm Breite und 13-14 cm Höhe herstellten; das Zinsbuch macht dadurch in seinem aus der Zeit der Äbtissin Sophie von Lindau stammenden Teil einen einheitlichen und wohl geordneten Eindruck. Die Nachträge halten das Linienschema größtenteils nicht ein und stehen schon dadurch im Gegensatz zu der ersten Anlage. - Drei Kopien Papier (2. Hälfte 18. Jh.) aus dem Nassau-Oranischen Archiv zu Dillenburg. W 28,223-225
- Notes
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Struck, Zisterzienserinnenkloster Gnadenthal, Nr. 954
Signatur bitte prüfen; Länge des Regests überschreitet die maximale Zeichenzahl und wurde nicht importiert (siehe EAD-Datei HeDok Dokument Nr. 2013-41856).
- Context
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Kloster Gnadenthal, Zisterzienserinnen >> Urkunden >> 1351-1400
- Holding
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28 Kloster Gnadenthal, Zisterzienserinnen
- Date of creation
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[1380-1381]
- Other object pages
- Rights
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Es gelten die Nutzungsbedingungen der Staatsarchive in Hessen.
- Last update
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01.03.2023, 1:58 PM CET
Data provider
Hessisches Hauptstaatsarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Urkunde
Time of origin
- [1380-1381]