Bestand
Düsseldorf, Stift, Rep. u. Hs. AA 0212 (Bestand)
diverse Handschriften, u.a. betr. Organisation, Kopiare
Form und Inhalt: Die Kirche zu Düsseldorf wird schon in einer Urkunde von 1159 genannt. Pabst Adrian VI. nimmt darin das Ursulastift zu Köln in seinen Schutz und bestätigt ihm insbesondere den Bezug kleiner Gefälle von zehn benannten Kirchen, darunter die Kirche zu Düsseldorf, welche ihm fünf Solidi Duisburger Münze abwarf (Urkundenbuch, VI.627).
Die neben Düsseldorf aufgezählten Kirchen: zu Jülich, Kirchberg, Keltz, Busdorf, Arnoldsweiler, Kendenich, Longerich, Eunerheim und Hagen waren alte Pfarrkirchen und wir müssen eine gleiche Eigenschaft der Kirche zu Düsseldorf annehmen, wofür schon der Ausdruck Ecclesia spricht, womit die erwähnte Bulle sie und die übrigen bezeichnet.
Das Ursulastift, dem später jede urkundliche Nachricht über den Ursprung dieser Rente fehlte, nahm die im Jahre 1299, nachdem sie seit 18 Jahren, also seit der Worringer Schlacht nicht mehr gezahlt worden sei, als Ausschluss seines Patronats über die Kirche zu Düsseldorf in Anspruch (Repert. Nr. 2). Seine desfällige Klage wurde abgewiesen, zwar nur aus dem formellen Grunde, weil der vom Stifte aufgeführte Zeuge, der Pfarrer von Jülich sein Zeugnis abgelegt habe, als Jülich wegen Belagerung und Zerstörung von Lechenich im Banne gewesen; allein der angegebene Rechtsgrund war gewiss irrig.
Es würde, hätte die Besetzung der Pfarrstelle dem Stifte zugestanden, nicht an schriftlicher Nachrichte über die sich erneuernde Ausübung dieses Rechtes gemangelt haben. Die Belastung unserer und der übrigen Pfarrkirchen zu Gunsten des Stifts wird vielmehr, wie in der älteren Zeit zu geschehen pflegte, auf einer Verfügung des wirklichen Patrons beruht haben
Im Besitze des Patronats der Kirche zu Düsseldorf finden wir im Jahre 1288 den Grafen von Adolf von Berg und die Herrn von Elner, jetzt Eller, jenen zu zwei, diese zu einem Drittel, oder zur entsprechenden Abwechslung in der Besetzung der Kirche mit einem Pfarrer beteiligt. Der Edelherr Arnold von Tyvern hatte um das Jahr 1189 seine Erbgüter, worunter Düsseldorf genannt wird, dem Grafen Engelbert von Berg abgetreten und war dessen Hauptgenoss auf dem Schlosse zu Burg geworden (Urkundenbuch I.521). Von dem Stammhofe Düsseldorf, an dem das Patronat hing, muss also ein Teil an die Herrn von Elner gekommen sein.
Die Stiftung eines Canonihen-Collegiums unserer Pfarrkirche, welche sich an jenes Patronat knüpft, steht mit der Erhebung des Ortes zur Stadt in engster Verbindung. Das Los der erwähnten Schlacht bei Worringen am 5. Juni 1288 hatte den Grafen Adolf von Berg, welcher als Verbündeter der Stadt Köln mitgekämpft und den Erzbischof Sifrid zum Gefangenen gemacht, endlich in die Lage gesetzt, unbehindert von der Eifersucht dieser mächtigen Nachbarn unmittelbar am Rhein eine Stadt gründen zu können.
Die Betrachtung aber, dass zum Gedeihen einer solchen politischen Schöpfung die Einführung eines höheren Klerus wirksam sei, und gewiss auch die Rücksicht, den Pabst, der von der Gefangennahme des Erzbischofs unterrichtet war, über seine kirchliche Gesinnung zu beruhigen, hatte den Grafen sofort nach dem Ereignisse zu der Bitte angetrieben, die Kirche zu Düsseldorf zur Collegiata erweitern zu dürfen, und schon am 5. September desselben Jahres war die päpstliche Genehmigung erfolgt (I.). Allein Nicolaus VI. hatte gleichzeitig das Recht des Diözesans, also des gefangenen Erzbischofs vorbehalten und es muss nicht angemessen erschienen sein, nachher bei der Sühne du Haftentlassung desselben diesen Punkt zu berühren. Erzbischof Sifrid, kaum wieder auf freiem Fuße, verfolgte bis zu seinem Lebensende das frühere Ziel, die Herrschaft seiner Kirche über die benachbarten Grafen zu erheben und zu befestigen; sein nächster Nachfolger Wiebold trat in seine Fußstapfen ein.
Daher war denn auch die erzbischöfliche Bestätigung des neuen Collegiums nicht zu erhalten gewesen. Nachdem aber König Albrecht auf seinem Zuge zur Entbürdung des Rheinverkehrs von den übermäßigen Zöllen im Oktober 1302 auch Wiebold besiegt und den Grafen Wilhelm von Berg zu besonderer Gunst erhoben hatte, wandte dieser seinen Blick auf die noch ungeordnete Stiftung seines Vorgängers Adolf. Er verständigte sich zunächst mit den Rittern von Elner über die abwechselnde Vergebung der Pfründen, verlieh dem Kapitel das Recht, den Dechenten unter sich zu wählen, welcher zugleich Pfarrer sein sollte und setzte dessen Einkünfte, sowie das Verhältnis des Pfarrdienstes und des Kapitels fest (4.). Erzbischof Heinrich II., Wiebolds Nachfolger und versöhnlich das Erzbistum antretend, enthielte sofort im Jahre 1306 die noch fehlende Sanktion, worin er jene Anordnung zu Grunde legte. Pabst Clemens V. bestätigte sie (6.7.).
Das Collegium bestand nun fortdauernd nur aus sechs Mitgliedern mit Einschluss des Dechenten. Überhaupt nehmen wir nicht wahr, dass irgendeine Dotation desselben seitens des Grafen Adolf stattgefunden habe; vielmehr scheint es, dass die alte Pfarrkirche in ihrem damaligen großen Sprengel so vielleicht mit Gut und Zenten ausgestattet gewesen, um darauf das gedachte Personat (?) gründen zu können. Nach nun erfolgter oberhirtlicher Weise aber überwies Graf Wilhelm dem Stifte die Pfarrkiche zu Mündelheim, um diese künftig durch einen Vicecurat bedienen zu lassen und den Überschuss der Einkünfte zur Gründung zweier neuen Canonicatsstellen zu verwenden (8.9.). Allein weder das Gebäude der alten Dorfkirche, noch seine innere Ausstattung entsprach der Würde der jetzigen Geistlichkeit und so mussten die erwähnten Einkünfte vorab auf viele Jahre hinaus für diese Zwecke gesammelt, es mussten sogar dreien Canonichen eine längere Abwesenheit gestaltet werden, um die ersparten Präbanden zur Beschaffung von Gefäßen, Gewändern und Büchern und zum Chorbau, wovon wir 1349 hören, widmen zu können (19.26.).
Unterdessen übte der allmählige Ausbau der Stiftung auch hier seine Einwirkung auf den kirchlichen Sinn der Zeitgenossen; fromme Zuwendungen, wenngleich in bescheidenen Maßen, folgten aufeinander. So wurden in den Jahren 1334 und 1335 die beiden Vikarien zu Ehren der heiligen Jungfrau und des heiligen Kreuzes gegründet (16.17.), welche bei der steigenden Bevölkerung der Stadt zu Pfarrhilfsstellen oder Caplanien bestimmt wurden. Ihren Aufschwung erhielt aber die Collegiatskirche nur erst unter dem Grafen Wilhelm, welcher 1380 zum Herzog von Berg erhoben wurde und Düsseldorf zum Hauptwohnsitz erwählte. Derselbe förderte 1383 eine Stiftung des Haich von Flingern in unserer Kirche (54.55.), erwarb ihr den Frohnhofe zu Wisdorfe (56.58.73.) und beabsichtigte 1391, drei neue Altäre darin zu gründen (64.). Dies unterblieb jedoch; der Herzog ging vielmehr im März des folgenden Jahres zu einer großartigen Erweiterung des Collegiums über, indem er die Dignitäten einer Probstei, Scholasteria, Thesaurarin und Cantorin, ferner zu den bestehenden 8 Canonical-Präbanden zehn neue stiftete (66.) und die Genehmigung des Erzbischofs Friedrich III. von Köln, sowie des Pabstes Bonifaz IX:, diese ins besondere mit der Bestimmung, dass ihm und seinen Nachfolgern auch die Wahl des Dechenten zustehen solle (71.74.). Über die weitere Verherrlichung der Kirch durch Beschaffung von Reliquien und so weiter und die gleichzeitige Vergrößerung und Emporhebung der Stadt ist ausführlich in dem Aufsatz ”Düsseldorf“ (siehe Archiv für die Geschichte des *unlesbar* IX.1) berichtet.
Die unheilvollen letzten Lebensjahre des Herzogs lähmten auch das Gedeihen unserer Kirche. Der Sohn und Nachfolger, Herzog Adolf, schmälerte das ihr überwiesene Stiftungsgut und ließ sie mehrerer noch zugesagter Höfe nicht teilhaftig werden, wodurch schon 1427 die Probstenstelle wieder eingezogen werden musste (139.)
So blieb es, bis Herzog Gerhard von Jülich und Berg im Jahre 1443 die erste Klosterkirche, den Kreuzherrenkonvent, gründete. Unmittelbar vor der Pforte der Altenstadt bestand damals eine Gasthaus für erkrankte Pilger, womit eine der heiligen Jungfrau geweihte, dem Pfarrdechenten untergebene Kapelle verbunden war. Seine Zustimmung war also erforderlich, als diese Stätte für das neue Kloster ausersehen wurde. Des Endes gestatte der Herzog zunächst, dass das Stift en ihm von dem Herzoge Wilhelm von Berg zugesagte, von dessen Sohn Adolf zur Aussteuer seiner natürlichen Tochter verpfändeten Hof Holthausen einlöse, und verknüpfte bald darauf eine zweite Stiftspfründe mit der Dechentenstelle zum Ersatze der in der Gasthauskapelle vor dem Marienbilde eingehenden, künftig dem Kreuzherren-Kloster erfallenden Opfer (152.153.). Zehn Jahre später aber fügte er wegen eben jener Entbehrungen unter dem Herzoge Adolf den Conventshof zu Stockum, ein Gut zu Sinzig genannt Gundengut, den Hof Backhaus und den Neuenhof zu Lohausen hinzu (163.)
Gerhards Nachfolger, Herzog Wilhelm von Jülich und Berg, hatte seine einzige Tochter Maria am 25. November 1496 mit Johann, dem ältesten Sohn des gleichnamigen Herzogs von Cleve verlobt, nachdem von Kaiser Maximilian die Landeserbfolge für dieselbe bewilligt und zwischen den beiden Herzogen und ihren Landständen die künftige Vereinigung der gegenseitigen Gebinde vertragsmäßig festgestellt worden war. Er und seine Gemahlin Sibilla von Brandenburg wandten sich nun unserer Kirche zu. Im Jahre 1501 stifteten sie eine tägliche Sangmesse (204.) und, als der Herzog 1511 sein Lebensende nahen fühlte, verschrieb er dem Kapitel für dessen Verluste unter Adolf ein Kapital von 4000 Goldgulden, welches bei seinem Ableben teils bar abgeführt, teils verzinst werden sollte (211.). Er starb den 7. September 1511 und Jungherzog Johann mit seiner Gemahlin Maria setzten die fromme Verfügung sogleich in Vollzug (212.213.). Der Verstorbene hatte die letzten Jahre erkrankt in der Wohnung seines Kaplans und Scholasters der Collegiatskirche aus Zuneigung zu demselben erlebt; die Herzogin-Witwe fand sich dadurch bewogen, dieses Haus als Scholasterie-Wohnung für stete Zeit dem Kapitel zu überweisen (217.).
Der enge Anschluss des Herzogs an die Stiftsgeistlichkeit während seiner langen Krankheit mag es veranlasst haben, dass im Jahre 1506 eine Dechenten-Wahl unmittelbar von dem Kapitel ohne seine Zustimmung vorgenommen worden war. Dieser Vorgang hatte zur Norm für die Folgezeit gedient, bis er 1638 zu einer weit greifenden Verwicklung führte. Das Kapitel hatte damals den Scholaster Jacob von Märken dem Dechenten gewählt und Erzbischof Ferdinand von Köln hatte ihn bestätigt, obgleich Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm als Herzog von Jülich und Berg die Wahl und Konfirmation, letztere auf Grund des mit dem genannten Erzbischof im Jahre 1621 geschlossenen Provisional-Vergleichs, als seine Berechtigung in Anspruch nahm (273.274.). Er gab dem Kapitel Befehl, die *unlesbar*-Gefälle dem von Märken nicht ausfolgen zu lassen, und dieser, gestützt auf seine canonische Einsetzung, unterließ nicht, tatsächlich seine Stellung zu behaupten, bis er zu Angermund gefänglich eingezogen wurde. Das Kapitel hatte Klage an der römischen Kurie erhoben; der Erzbischof wiedersprach dem angemaßten Konfirmationsrechte des Pfalzgrafen. Daraus entsprang zwischen beiden, dem Nuntius zu Köln und mehreren Kardinälen zu Rom ein in deutscher, lateinischer und italienischer Sprache geführter Schriftwechsel welcher seitens des Pfalzgrafen, von dessen eigener Hand geschrieben, oder doch verbessert, hier, wo es sich grundsätzlich um die Stellung der weltlichen Macht zur Kirche handelte, eine in allen anderen Regierungssachen die vielseitigen Kenntnisse und die rege Tätigkeit dieses Fürsten an den Tag legte. Das Kapitel gab endlich nach, der Pfalzgraf ernannte einen Dechenten und gestand dem Erzbischof die Bestätigung und Investitur zu (278.279. und Akten im Landesarchiv).
Der Jülich’sche Erbfolgestreit und der dreißigjährige Krieg, der sich bald nachher anknüpfte, hatten den Pfalzgrafen veranlasst, den Abschluss der Stadt Düsseldorf, wo er seinen Sitz genommen, nach dem Bedürfnisse der Zeit zu erweitern und zu befestigen. Im Jahre 1625 kam es des Endes zum Abbruche mehrerer Häuser in der Nähe der Stiftskirche, die nun das in ihrem Bereiche gelegene Gebäude des ehedem berühmten Gymnasiums erhielt, während letzteres dem vom Pfalzgrafen gestifteten Jesuiten-Kollegium überwiesen wurde (269.).
Eine weitere Folge der fortgesetzten Stadtbefestigung machte sich gegen Ende des XVII. Jahrhunderts sehr fühlbar. Die Pforten der Stadt wurden zeitig Abends geschlossen und erst am hellen Morgen wieder geöffnet, wodurch die Seelsorge in dem großen Außensprengel erschwert und geschwächt war. Der Stifts-Canonicus Pater Sammers stiftete daher im Jahre 1692 testamentarisch die Pfarrkirche zu Derendorf, wonach die Stiftspfarre ausschließlich auf den Stadtbezirk beschränkt ward.
- Reference number of holding
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AA 0212 120.59.02
- Extent
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14 Einheiten (+52 Vorgänge), 6 Kartons; 9 Einheiten
- Language of the material
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German
- Context
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Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland (Archivtektonik) >> 1. Behörden und Bestände vor 1816 >> 1.2. Geistliche Institute >> 1.2.1. A - D >> 1.2.1.27. Düsseldorf >> 1.2.1.27.5. Stift
- Date of creation of holding
-
14. Jh.-19. Jh.
- Other object pages
- Delivered via
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- Last update
-
06.03.2025, 6:28 PM CET
Data provider
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Rheinland. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 14. Jh.-19. Jh.