Gemälde

Weserbrücke

Die Große Weserbrücke gehört zu den zahlreichen Bremer Motiven im Werk von Ernst Müller-Scheeßel. Sie bildete die Verlängerung der in der Altstadt gelegenen Wachtstraße und führte auf den Teerhof. Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie mehrfach erneuert. Müller-Scheeßel zeigt die 1893 bis 1895 entstandene Konstruktion, die in dieser Form bis zu ihrer Zerstörung 1945 bestand. Er wählt eine Sicht von oben auf die Brücke und setzt sie diagonal so ins Bild, dass lediglich ein Ausschnitt mit den beiden vorderen Obelisken und einer der beiden Portalbauten sowie die verbindenden gusseisernen Verstrebungen zu erkennen sind. Straße und Bürgersteig bilden eine breite Fläche im Vordergrund, die die Größe und unverwechselbare Konstruktion des Bauwerks hervorhebt. Kutschen und schemenhaft wiedergegebene Figuren mit aufgespannten Regenschirmen beleben die städtische Szenerie und verdeutlichen die Dimension der Brücke. Müller-Scheeßel gibt die typische Atmosphäre eines Regentages in gedämpftem Kolorit wieder: Er zeigt die Spiegelungen auf dem regennassen Asphalt, lässt Umrisse im Regen verschwimmen und deutet den Hintergrund nur blass an. Die besondere Perspektive, der Anschnitt von Brücke und Figuren und nicht zuletzt der skizzenhafte Pinselstrich erzeugen eine dynamische Wirkung. Diese lockere, impressionistische Malweise kennzeichnet eine Reihe von Arbeiten aus der späten Schaffensphase von Müller-Scheeßel, so auch ein 1928 entstandenes Bild mit einem Ausschnitt der Weserbrücke, diesmal im Sonnenlicht.(1) Nicht nur malerisch, auch motivisch stehen diese Werke in der Tradition des Impressionismus. Ansichten von Brücken, Straßen und Verkehr haben seit Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und Camille Pissarro Eingang in die Kunst gefunden. In Deutschland gehen den Werken Müller-Scheeßels die Bilder von regennassen Berliner Straßen Lesser Urys voran, impressionistische Brückenansichten sind von Gotthardt Kuehls Dresdener Gemälden bekannt. Während jedoch bei den französischen Impressionisten und den frühen deutschen Nachfolgern die Malweise neu war und sie mit aktuellen Themen wie der Neugestaltung von Paris und Berlin sowie der zunehmenden Industrialisierung einherging, griff Müller-Scheeßel zu einem Zeitpunkt darauf zurück, als sie etabliert und von neueren künstlerischen Strömungen überholt war. Anders als seine Vorgänger suchte er also gerade nicht die Neuerung in der Kunst, sondern betonte mit dem Rückgriff auf die künstlerische Tradition den bewahrenswerten Charakter der längst zum Stadtbild gehörenden Denkmäler. Sein großer Einsatz für die Pflege alles Heimatverbundenen findet damit in seinen künstlerischen Werken eine Entsprechung. Wie bei Müller-Scheeßels Landschaftsdarstellungen herrscht auch in seinen Stadtansichten zumeist eine harmonische, oftmals romantisierende Sicht auf die besonderen Merkmale seiner Wahlheimat Bremen vor. Die Große Weserbrücke gehörte zu den stets sehr beliebten Bauwerken der Stadt und galt als eine Art Wahrzeichen. Sie wurde am 1. April 1933 feierlich in „Adolf-Hitler-Brücke“ umbenannt. In diesem Jahr malte Müller-Scheeßel sein Bild der Brücke, das im Jahresbericht des Kunstvereins von 1933/34 den Titel Adolf-Hitler-Brücke in Bremen trug. Alice Gudera (1) Weserbrücke vor St. Martini, 80 x 55 cm, Öl auf Leinwand, 1928, Privatbesitz, vgl. Christine Behrens / Astrid Schneider-Kaschke: Ernst Müller-Scheeßel 1863–1936. Die Gemälde, Aquarelle, Gouachen. Ein Werkverzeichnis, Sottrum 2006, Nr. G 323, mit Abb. S. 117.

Location
Kunsthalle Bremen
Inventory number
413-1933/5
Measurements
Objekt: 66 x 57 cm
Material/Technique
Öl auf Leinwand
Inscription/Labeling
Inschrift: E. Müller-Scheeßel 1933 (unten links signiert und datiert)

Classification
Gemälde

Event
Herstellung
(who)
Ernst Müller-Scheeßel (*Scheeßel 1863 - † Bremen 1936), Maler
(when)
1933
Event
Eigentumswechsel
(when)
1933
(description)
Geschenk von Kunstfreunden 1933

Last update
22.05.2025, 1:52 PM CEST

Data provider

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Object type

  • Gemälde

Associated

  • Ernst Müller-Scheeßel (*Scheeßel 1863 - † Bremen 1936), Maler

Time of origin

  • 1933

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