Bestand
A Rep. 249 Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag) (Bestand)
Vorwort: A Rep. 249 Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag)
1. Unternehmensgeschichte
Während des Ersten Weltkriegs hatte es das Deutsche Reich als erforderlich angesehen, in größerem Umfange in das Wirtschaftsleben einzugreifen. So hatte es zur Verbesserung der Kriegswirtschaft vermehrt Unternehmen, namentlich in den kriegswichtigen Bereichen der Stickstoff- und der Aluminiumerzeugung, gegründet und selbstständig verwaltet.
Als zunehmend problematisch erwies sich jedoch das vielfältige Nebeneinander der staatseigenen Firmen. Um sie ökonomischer führen, vorausschauender entwickeln und untereinander besser kooperieren lassen zu können, entschloss sich das Deutsche Reich nach längeren Diskussionen daher zur Errichtung einer Holding, unter deren Dach die einzelnen Besitzungen zusammengefasst werden sollten. Am 07. März 1923 wurde deshalb die Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag) mit einem Grundkapital von 600 Millionen Mark und Sitz in Berlin gegründet. In sie brachte das Reich neben Aktien und Geschäftsanteilen zahlreiche Darlehensforderungen ein.
Zu den ersten Aufgaben, die die neue Direktion unter den ehemaligen leitenden Verwaltungsbeamten Wilhelm Lenzmann und Edgar Landauer zu bewältigen hatten, gehörte es, das Unternehmenskonglomerat zu strukturieren und zu organisieren. Hierbei konzentrierte sich das Unternehmen, das zu den größten des Deutschen Reichs zählte, seit 1925 auf die großen Betriebe und veräußerte dementsprechend Firmen aus Branchen, die im Konzern nur geringes Gewicht besaßen. So ließ sich die Viag schon bald als ein auf die Betriebsfelder Stickstoff, Aluminium und Elektrizität ausgerichtetes Unternehmen charakterisieren. In diesen Bereichen gehörten ihr namhafte Großgesellschaften, wie die Vereinigte Aluminium-Werke AG, aus deren Fabriken der überwiegende Teil der deutschen Aluminiumerzeugung stammte, und die Mitteldeutsche Stickstoffwerke AG. Unter den Stromerzeugern war in erster Linie die Elektrowerke AG zu nennen, die ein Gebiet von Braunschweig über Berlin bis Oberschlesien mit Strom versorgte und an zahlreichen regionalen Stromversorgern, wie der Berliner Kraft- und Licht (Bewag) AG, Beteiligungen besaß. Sie war neben der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG (RWE) und der preußischen Preußische Elektrizitäts-AG (Preußenelektra / Preag) das bedeutendste elektrowirtschaftliche Unternehmen im Reich. Hinzu kamen die Ostpreußenwerk AG, die Ostpreußen mit Strom belieferte, und die Württembergische Landes-Elektrizitäts-AG.
Über die Unternehmen der drei Kernbranchen hinaus verfügte die Viag seit 1924 u.a. über die Deutsche Werke AG, in der Rüstungsbetriebe des Ersten Weltkriegs konzentriert worden waren. Außerdem besaß sie mit der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG (RKG) - einer 1917 ursprünglich zur Finanzierung von Kriegsgesellschaften gegründeten Einrichtung beim Reichsschatzamt - ein eigenes Geldinstitut, das in den 1930er Jahren zu den zehn größten Banken Berlins gerechnet wurde. Ferner war die Viag an der Deutsche Revisions- und Treuhand-AG beteiligt, die sowohl zur Kontrolle der reichseigenen Gesellschaften diente, als auch Gutachten und Prüfungsberichte für private und kommunale Unternehmen anfertigte. Sie war ebenfalls aus einer Einrichtung des Reichsschatzamtes hervorgegangen.
Im Gefolge der gewaltsamen nationalsozialistischen Expansion während des Zweiten Weltkriegs erweiterte sich auch der Einflussbereich der Viag. So baute sie mit der Übernahme der österreichischen Alpen-Elektrowerke AG ihren elektrowirtschaftlichen Unternehmensschwerpunkt weiter aus. Ebenso stärkte sie ihre Stellung im Bankengewerbe, nachdem sie sich 1938 an dem ebenfalls österreichischen Creditanstalt-Bankverein beteiligt hatte.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs büßte die Viag einen erheblichen Teil ihres Vermögens ein. Während der Unternehmenssitz an der Französischen Straße 53 - 56 in den letzten Tagen durch Kriegshandlungen verwüstet und dort verwahrte Unterlagen vernichtet worden waren, hatte die Sowjetische Militäradministration das auf dem sowjetisch besetzten Gebiet liegende Eigentum des Reichs mit Befehl Nr. 124 vom Oktober 1945 beschlagnahmt. Die Unternehmensteile in den nunmehr polnischen und sowjetischen Territorien waren ebenfalls für die Viag verloren.
Im Westen Deutschlands bestand die Viag nach "Jahre[n] der Ungewissheit" schließlich als Konzern im Bundesbesitz weiter. Im Jahre 1950 verlegte das Unternehmen, das seit 1984 als VIAG firmierte, seinen Sitz von Berlin nach Bonn, gab diesen jedoch 1994 nach der Fusion mit der Bayernwerk AG zugunsten von München auf. Nach ersten Teilverkäufen von Aktienanteilen durch die Bundesrepublik Deutschland 1986 wurde das Unternehmen bis zum Beginn der 1990er Jahre vollständig privatisiert. Am 16. Juni 2000 erfolgte schließlich der Zusammenschluss von VIAG und der Düsseldorfer VEBA - die eine entstanden als Holding von Unternehmungen des Reichs, die andere unter der Bezeichnung Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks-Aktiengesellschaft als Holding von Unternehmungen des Staates Preußen - und der gemeinsamen Fortführung der Geschäfte als e.on AG.
2. Bestandsgeschichte
Die Unterlagen der Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag) wurden im Jahre 2003 aus dem Bestand C Rep. 105 Magistrat von Berlin / Finanzen herausgelöst und in dem neu gebildeten Bestand A Rep. 249 Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag) vereint. In den Bestand C Rep. 105 waren sie mit dem so genannten Wirtschaftsarchiv gelangt, das eine Sammlung von Schriftgut von seit 1945 treuhänderisch verwalteten Firmen darstellte.
Im Juli 2003 erfolgte die Verzeichnung des neuen Bestandes mit Augias 7.3 nach Bär'schem Prinzip. Da Aktenpläne fehlten, wurde zu diesem Zweck eine dem Bestand angemessene Klassifikation erarbeitet.
Insgesamt umfasst der Bestand A Rep. 249 Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag) nunmehr 20 AE (ca. 0,45 lfm). Seine Laufzeit reicht von 1924 bis 1949.
Der Bestand der Vereinigte Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (Viag) ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Rep. 249, Nr. ...
3. Korrespondierende Bestände
A Rep. 250-03-07 Elektrowerke AG
A Rep. 256 Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG (BEWAG)
Bundesarchiv B 354 VIAG AG
Bundesarchiv B 8135 Deutsche Revisions- und Treuhand-AG
Bundesarchiv B 8136 Reichs-Kredit-Gesellschaft AG
4. Literatur- und Quellenverzeichnis
Hofmann, Walter: Private Bank im öffentlichen Besitz. Kleine Geschichte der Reichs-Kredit-Gesellschaft AG, Mainz 1980.
Pohl, Manfred: Das Bayernwerk 1921 bis 1996, München, Zürich 1996.
Ders. unter Mitarbeit von Andrea H. Schneider: VIAG Aktiengesellschaft 1923 - 1998. Vom Staatsunternehmen zum internationalen Konzern, München, Zürich 1998.
Stier, Bernhard: Staat und Strom. Die politische Steuerung des Elektrizitätssystems in Deutschland 1890 - 1950, Ubstadt-Weiher 1999 (Mannheim, Habil. 1997).
Berlin, im Juli 2003 Michael Klein
- Reference number of holding
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A Rep. 249
- Context
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Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 6 Unternehmen der Wirtschaft >> A 6.2 Unternehmen der privaten Wirtschaft
- Related materials
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Verwandte Verzeichnungseinheiten: LAB A Rep. 250-03-07 Elektrowerke AG
LAB A Rep. 256 Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG (BEWAG)
BA B 354 VIAG AG
BA B 8135 Deutsche Revisions- und Treuhand-AG
BA B 8136 Reichs-Kredit-Gesellschaft AG
- Date of creation of holding
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1924 - 1949
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- Rights
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28.02.2025, 2:13 PM CET
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1924 - 1949