Bestand
Fürstentum Rheina-Wolbeck (Bestand)
Hoheits- und Familiensachen (14);
äußere Angelegenheiten (22); innere Angelegenheiten (42); Justiz (16);
Steuern und Finanzen (50); Kirchen und Schulen (20); Domänen und
Marken (51); Wirtschaft und Verkehr (21).
Bestandsgeschichte: Errichtet
1803 aus Teilen der Ämter Rheine-Bevergern und Wolbeck für den Herzog
von Looz-Corswarem; 1806 zum Großherzogtum Berg, 1811 zum Kaiserreich
Frankreich; 1813 als Standesherrschaft an das Königreich Preußen und
an Hannover; Gutsverwaltung Bentlage bei Rheine und Fideikommiss bis
1938.
Form und Inhalt: Der jetzige
Bestand Fürstentum Rheina-Wolbeck gehörte ursprünglich zu jenem
Archiv, das Wolfgang Leesch 1946 auf Schloss Bentlage erstmals ordnete
und im Findbuch B 7/2 in den drei Teilen Familienarchiv, Gutsarchiv
und Territorialarchiv erschloss. Die letztgenannte Teil setzte sich
zusammen aus jenen Akten verschiedener Behörden des Fürstbistums
Münster und des Klosters Bentlage, die nach Gründung des Fürstentums
Rheina-Wolbeck an den Herzog von Looz-Corswarem übergeben worden
waren, sowie aus der in den Jahren 1803 bis 1806 erwachsenen
Regierungsregistratur des Fürstentums selbst. Bei der aus
verschiedenen Gründen erforderlichen Neuordnung des
Überlieferungskomplexes Bentlage (vgl. dazu das Vorwort zu Findbuch B
7 Ben) wurden die Vorprovenienzen wieder den entsprechenden Beständen
(Kloster Bentlage, Fürstbistum Münster - Hofkammer, Fürstbistum
Münster - Weltliches Hofgericht und Fürstbistum Münster - Amt Rheine)
zugeordnet. Die Akten der Domkellnerei waren schon zu einem früheren
Zeitpunkt wieder zu diesem Bestand zurückgelegt worden. Im Einzelnen
wurden dem von Leesch gebildeten Teilbestand "Fürstentum
Rheina-Wolbeck-Territorialarchiv" folgende Teile entnommen:
I A Nr. 7 bis I A Nr. 59 (Findbuch B7/2, S. 47a-47e)
> jetzt in Findbuch B 7 KB (Kloster Bentlage)
II A Nr. 1
bis 73 (Findbuch B 7/2, S. 51-54) > jetzt in Findbuch A 67
(Fürstbistum Münster, Hofkammer)
II B Nr. 4-165 (Findbuch B
7/2, S. 54-58) > jetzt in Findbuch A 67 (Fürstbistum Münster,
Hofkammer)
II C Nr. 1-86 (Findbuch B 7/2, S. 58-61) >
jetzt in Findbuch A 67 (Fürstbistum Münster, Hofkammer)
II
D Nr. 1-94 (Findbuch B 7/2, S. 61/61a) > jetzt in Findbuch A 83 VI
(Fürstbistum Münster, Amt Rheine-Bevergern)
V Nr. 1-106
(Findbuch B 7/2, S. 73-76) > jetzt in Findbuch A 83 VI (Fürstbistum
Münster, Amt Rheine-Bevergern)
III Nr. 2-13 (Findbuch B
7/2, S. 63) > jetzt in Findbuch A 70 (Fürstbistum Münster,
Weltliches Hofgericht)
Der verbliebene Bestand
umfasst noch 236 Akten, die zwar überwiegend aus den Jahren 1803 bis
1806 stammen, in den wenigen Fällen weitergeführter Vorakten aber auch
ins 18. Jahrhundert zurückreichen bzw. in der Übergangszeit bis zur
definitiven Mediatisierung des Fürstentums 1813/1815 entstanden sind.
Letztere wurden aufgrund ihres engen inhaltlichen Zusammenhangs mit
Vorgängen während der souveränen Herrschaft des Herzogs in diesem
Bestand belassen (vgl. Nr. 22, 24, 31, 33 und 34), während einige
andere Akten mit Laufzeiten nach 1806 zum Bestand Gut Bentlage gelegt
wurden. Alle Zuweisungen zu neuen Beständen wurden sowohl in VERA im
Feld Altsignatur wie auch im alten Findbuch B 7/2 vermerkt.
Für die Geschichte des Fürstentums Rheina-Wolbecks
kann auf die umfassende Darstellung von Josef Tönsmeyer sowie auf die
ausführliche Einleitung Leeschs zu seinem 1946 erarbeiteten Findbuch
verwiesen werden, die in ihren hier relevanten Teilen im Anschluss
wiedergegeben wird.
Der Bestand ist nach der
Benutzungsordnung einsehbar.
Münster, März
2010
Dr. Axel Koppetsch
Auszüge aus der Einleitung zum Findbuch B
7/2 von Dr. Wolfgang Leesch
Der neue Staat
Rheina-Wolbeck musste sich 1802/03 mit Preußen in die beiden Ämter
Rheine-Bevergern und Wolbeck teilen, sodass als Grenzen im Amte
Rheine-Bevergern die Ems bis südlich von Greven und eine Linie von
Greven zur Grenze des Amtes Horstmar, die einen Teil von Nienberge
einschloss, vorgesehen waren. Zum Fürstentum Rheina-Wolbeck kamen
mithin:
- aus dem Amte Wolbeck: die zum domkapitularischen
Gogericht Meest gehörenden Kirchspiele Altenberge und Nordwalde, sowie
teilweise Greven und Nienberge (das fünfte Kirchspiel Gimbte und Teile
von Greven und Nienberge kamen an Preußen) ;
- aus dem Amte
Rheine-Bevergern: das Kirchspiel Neuenkirchen, der grösste Teil der
Kirchspiele Mesum und Emsdetten, Teile des Kirchspiels Rheine und die
Stadt Rheine, ferner die links der Ems gelegenen Teile der 1815 zu
Hannover gelangten Kirchspiele Salzbergen, Emsbüren und Schepsdorf
(sogen. Amtsvogtei Emsbüren).
Im Zuge der
Auseinandersetzung zwischen den am ehemaligen Münsterischen
Territorium beteiligten Staaten wurden die Akten der Domkellnerei
betr. Verwaltung der Kirchspiele Altenberge und Nordwalde und die auf
dem Kirchspielskonventionen eingereichten Kirchspielsrechnungen mit
Belegen und Prüfungsprotokollen 1804, die Akten des Amtes Rheine, die
das Gebiet links der Ems betrafen und deren Hauptbestandteil das
”Markenarchiv“ ausmachte, durch den ehemaligen Amtsrentmeister
Forkenbeck 1808 an die fürstliche Verwaltung abgegeben, während die
auf das Gebiet rechts der Ems bezüglichen Akten an den Amtsverwalter
Busch in dem jetzt preußischen Amte Bevergern ausgeliefert werden
mussten und später an das Provinzialarchiv zu Münster gelangten; auch
die Akten der Hofkammer über Rechtsstreitigkeiten der Rheiner Juden
dürften schon damals abgegeben worden sein, da die spätere
Fideikommissverwaltung kein Interesse mehr daran gehabt haben kann.
Die übrigen Akten der Hofkammer und der Domkellnerei, die die
Eigenbehörden betrafen, sowie die Akten der Hofkammer betr. das Amt
Rheine sind auf Grund des Prozessergebnis von 1839 gem. Verfügung der
Kgl. Regierung in Münster vom 18.4.1840 aus dem Provinzialarchiv an
den neuen Fideikommiss übergeben worden. Als Folge der
Fideikommissauflösungsgesetze vom 26.6.1935 und 6.7.1938 ist nunmehr
das gesamte Territorialarchiv gem. Beschluss des Fideikommissenates
beim Oberlandesgericht Hamm vom 31.1.1941 als Leihgabe am 10.7.1946 in
das Staatsarchiv Münster überführt worden. Geordnet und verzeichnet
waren nur die1840 aus dem Provinzialarchiv übergebenen Bestände,
Durchnummerierung ohne Verzeichnung fand sich bei den Akten der
Hofkammer betr. Judenstreitigkeiten und des Hofgerichts betr.
Grundstreitigkeiten.
Das Souveräne Fürstentum
Rheina-Wolbeck, wie es von 1803-1806 bestanden hat, war ein
geopolitisch ganz unmögliches Gebilde, das sich links der Ems etwa 90
km lang in Form einer Hantel hinzog, deren kugelförmige Enden sich bis
zu einer Breite von etwa 15 km erweiterten, während die Engpässe
nördlich von Bentlage und südlich von Emsdetten nur 2,5 km breit
waren; seine Grenznachbarn waren im Osten jenseits der Ems und im
Süden Preußen, im Westen der Rheingraf im ehemaligen Amte Horstmar und
die Grafschaft Bentheim, im Norden der Herzog von Arnsberg im
ehemaligen Amte Meppen. An Fläche hatte es 16 Quadratmeilen, an
Einwohnern 20500.
Die Bildung des Fürstentums,
die Krönung des Lebenswerkes des Herzogs Wilhelm Joseph von
Looz-Corswarem, vollzog sich auf Grund der Artikel 6 und 7 des
Friedens von Lüneville vom 9.2.1801 gem. dem
Reichsdeputations-Hauptschluss vom 25.2.1803, der am 24.3.1803 durch
die Reichsstände und am 24.4.1803 durch den Kaiser bestätigt wurde,
wobei allerdings die Reichsdeputation in Regensburg bereits durch
diplomatische Abmachungen der großen Mächte (französisch-preußischer
Vertrag vom 23.5.1802) und durch Vorschläge Frankreichs und Russlands
gebunden war. Auf Grund der diplomatischen Vereinbarungen besetzte
Preußen bereits am 3.8.1802 das Oberstift Münster und übernahm am
22.8.1802 durch eine ”Verwaltungs- Organisationskommission“ (die der
Hauptorganisation zur Übernahme und Eingliederung der
Entschädigungslande in den preußischen Staat unter dem Grafen
Schulenburg-Kehnert unterstand) im Namen der künftigen Besitzer die
Sequestration. Erst am 12.1.1803 gab Preußen unter französischem Druck
die Sequestrationsverwaltung auf und am 31.1.1803 zog Herzog Wilhelm
Joseph in Rheine ein und nahm im dortigen Franziskanerkloster (das
erst 1812 der einzelstaatlichen Säkularisation zum Opfer fiel)
Wohnung. Am 16.2.1803 trat er mit einem Dekret an die Beamten und
einem Patent an die Bevölkerung vom 14.2.1803 die Regierung an, starb
aber schon am 20.3., ohne seine Residenz Bentlage gesehen zu haben,
doch im Bewusstsein seines bedeutenden diplomatischen Erfolges. Da er
1801 und erneut im Testament von 1803 seinen älteren Sohn Karl wegen
seiner nichtstandesgemässen Heirat, sowie wegen einer zu einem
Mordversuch aufgebauschten Tätigkeit gegen den Vater und seiner
angeblichen Fahnenflucht aus dem österreichischen Heere von der
Nachfolge ausgeschlossen und enterbt hatte, folgte ihm der zweite Sohn
Joseph Arnold; mit ihm folgt der Abstieg aus dem Reiche der hohen
Politik in die Enge eines epigonenhaften, kleinstaatlichen
Absolutismus, der überall Konflikte hervorrief, die in der
Einkerkerung des Advokaten Crone, des Rechtsberaters der
widerspenstigen Stadt Rheine und der dadurch hervorgerufenen berühmten
”letzten Reichsexkution“ durchgeführt am 21./22.7.1805 durch den
Herzog von Arnsberg, gipfelten, einer Massnahme, die beinahe zu einem
”Kriege“ des Loozischen Bauernlandsturmes gegen die Arenbergischen
regulären Truppen geführt hätte. Mit der Mediatisierung der kleinen
Fürsten durch die Gründungsakte des Rheinbundes vom 12.7.1806 und die
Besitznahme des Territoriums durch den Großherzog von Berg am 2.8.1806
endete das Dasein dieses ephemeren Staatsgebildes.
Eine Konsolidierung hat der junge Staat nicht erlebt, weder nach
außen noch im Innern: die in Münster tagende
Auseinandersetzungskommission (seit 27.12.1802), deren Loozische
Mitglieder Forkenbeck und Olfers waren, konnte keine Einigung über die
preußisch-loozische Grenzführung erzielen, da Preußen an der
Landgrenze sämtliche zu den Grenzorten gehörenden Bauerschaften
forderte, der Herzog anderseits die Grenzlinie von Kirchturm zu
Kirchturm gezogen wissen wollte und daher an der Flussgrenze einen
jenseitigen etwa 1500 m breiten Streifen beanspruchte. Auch die aus
Twickel, van Coeverden und Müller bestehende Verfassungskommission
konnte ihre Vorschläge von 1806 nicht mehr verwirklicht sehen; und die
mangelhafte Rechtsorganisation hatte ja die Denkschrift der Rheiner
Advokaten unter Führung von Crone veranlasst, die zur tieferen Ursache
für die Maßnahmen des Herzogs gegen Crone wurde.
Der Fürst führte den Titel: Herzog von Looz, Hasbanien (Hesbaye)
und Corswarem (Familientitel), Fürst in Rheina-Wolbeck (staatlicher,
später standesherrlicher Titel). Das Familienwappen, ein gevierter
Schild (im ersten und vierten Viertel das Wappen der Grafschaft Looz,
im zweiten und dritten zwei schwarze Balken in gold, vielleicht eine
Umbildung der Hennegauer schwarzen Sparren in gold) mit dem Herzschild
von Corswarem, das als neue Devise statt ”Fortitudini“ das stolze
”Potius mori quam foedari“ erhielt, wurde Staatswappen. Eine ”Herzogl.
Loozische Regierung“ wurde gebildet aus dem Generalkommissar, dann
Regierungsdirektor Friedrich Wilhelm Hofmann, der seit 1794 als
Publizist und Rechtsberater wesentlichen Anteil an der Erwerbung
Rheina-Wolbecks hatte, aus dem Minister für Haus- und
Domänenangelegenheiten (Titel: Conseiller privé auprès de la regence
et ministre pleni-potentiaire d`Etat et de cabinet) Geheimrat Franz
Joseph von Piton, dem treuesten Diener Wilhelm Josephs, der seit 1784
als Generalintendant der herzögl. Güter unter Herzog Carl Alexander
und dann unter seinem Erben Herzog Wilhelm Joseph und seit 1794 als
bedeutendster diplomatischer Agent Wilhelm Josephs gewirkt hatte,
sowie aus dem Regierungssekretär J. Wilhelm Appelius. Pitons Sohn
Johann Martin wurde Landoberjägermeister. Von den Beamten des früheren
Amtes Rheine, die als ”beamtliche Behörde“ neben die Regierungsbehörde
traten, erhielt Joh. Rud. Benedikt Frh. von Twickel als Landdroste die
Polizeiverwaltung, schied aber bald aus dem Staatsdienste aus,
Forkenbeck erhielt als Landrentmeister die Kassenverwaltung und der
Amtsvogt Hubert Elberfeld wurde Oberförster, Landbaumeister und
Landmesser.
Als örtliche Einheiten bestanden:
die Stadt Rheine, deren Magistratsverfassung, wenn auch unter strenger
Aufsicht der Regierung, beibehalten, deren Teilnahme an der letzten
Versammlung der ehemaligen münsterischen Landstände unterbunden wurde,
die Wigbolde Emsbüren und Neuenkirchen und die Dörfer (früher
Kirchspiele) Altenberge, Emsdetten, Hembergen (bisher Bauerschaft),
Mesum, Nordwalde, Salzbergen und Schepsdorf. In der
Gerichtsorganisation war erste Instanz für Zivilsachen und
Strafgerichtsbarkeit der herzogliche Landrichter in Rheine (Hermann
Joseph Rothmann), der diese Aufgaben auch von 1806-11 behielt, dann
durch die Friedensrichter in den einzelnen Kantonen abgelöst wurde, an
deren Stelle 1815 das Land- und Staatgericht in Rheine und für Teile
des ehemaligen Fürstentums die Land- Stadtgerichte in Horstmar und
Münster traten; in Schatzungs-, Kammer- und Domänen-, in fiskalischen
und Lehnssachen war die herzogliche Regierung (Hofmann) erste Instanz
(Verordnung über Gerichtsbarkeit vom 7.5.1803). Als zweite Instanz
wirkte ebenfalls Hofmann, der die Prozesse bis zum Endurteil
instruierte und dann an ein auswärtiges Rechtskollegium zur Fällung
des Spruches einschickte. Als dritte Instanz waren die beiden
Reichsgerichte, das Reichskammergericht und der Reichshofrat,
vorgesehen. Als Sondergerichte erster Instanz bestanden das
Freigericht auf dem Richthof zu Emsbüren und das Markengericht zu
Rheine, dessen Berufungsinstanz auch die Regierung war.
Staatliche Einkünfte waren: direkte Steuern (nach
einer Aufstellung von 1806: ordentliche Monatsschatzungen,
Extrasteuer, Service der Stadt Rheine, Service support der Dörfer,
Erbschatzsteuer, Zehntensteuer, Freie-Gründe-Steuer, Kapitaliensteuer,
Handlungssteuer, Einwohner- und Hausgenossensteuer,
Feuerstättensteuer, Werbegelder, Subsidiengelder, Landtagsgelder,
Personalsteuer), Zölle, Akzise, Musikpacht (für Aufwartungen mit
Musik), Viehschnittkonzessionsgeld, Postkanon (Konzessionsgeld der
privaten Post Rheine-Holland), Judentribut (jährliche Gesamtabgabe der
Judenschaft, die bisher an die Hofkammer ging), Judenschutzgeld (für
die zehnjährliche Erneuerung der Geleitbriefe, bisher an die Hofkammer
gezahlt); dazu kamen die Domäneneinkünfte (Pächte, Landfolgegelder
usw.), das Emsbrückengeld (obwohl die Brücke 1681-91 auf Kosten der
Stadt Rheine erbaut worden war, hatte sich die bischöfliche Hofkammer,
deren Rechtsnachfolger jetzt der Herzog wurde, 1721 die Einziehung des
Brückengeldes, das 1686 zugunsten der Stadt mit landesherrlicher
Genehmigung eingeführt worden war, als landesherrliches Regal
vorbehalten), die Salinenkonzessionsabgabe (Pachtgelder für Benutzung
bischöflicher Grundstücke für Salinenanlagen und für den Salinenkanal)
und die Einnahmen aus der Fischereigerechtsame auf der Ems.
Für die Einziehung der Staats- und Domäneneinkünfte
war der Landrentmeister zuständig, dem sieben Rezeptoren (entsprechend
den früheren Kirchspielrezeptoren) unterstanden; die Steuern gingen an
die Kontributionskasse, die Domäneneinkünfte an die Domänenkasse. Die
herzoglichen Domänen waren verschiedener Herkunft: 1. Eigenhöfe des
Klosters, 2. des Bischofs, 3. des Domkapitels und 4. die von ihm
selbst hinzuerworbenen. Die bischöflichen und domkapitularischen
Eigenhöfe waren dem Herzog auf Grund der Bestimmung des
Reichsdeputationshauptschlusses zugefallen, dass aller Domänenbesitz
von selbst dem jeweiligen neuen Territorialfürsten zufallen sollte,
ohne Rücksicht auf die bisherigen Rechtsansprüche. Während die
Konventualen des Klosters für den Verlust ihrer Domäneneinkünfte durch
eine Rente abgefunden wurden, behielt das Domkapitel einen Teil seiner
Einkünfte (9/10) weiterhin.
Ehemals
ritterschaftliche (landtagsfähige) Güter befanden sich im Fürstentum
nicht. 18 Lehen übernahm der Fürst als Lehnsherr von seinen
Rechtsvorgängern, dem Fürstbischof und dem Domkapitel: 1. Gut
Herzefort (Graf zu Nesselrode in Ereshofen), 2. Gut Segebarding Ksp.
Altenberge (Jesuitenkolleg zu Münster), 3. Gut Nordfloet Ksp.
Nordwalde (Edeling), 4. Gut Storlemann bei Rheine (Homeyer), 5. Gut
Hinterding Ksp. Emsdetten (Middelhof und Hinterding), 6. Schwestinghof
Ksp. Salzbergen (früher Kloster Bentlage), 7. Westerhofs Erbe Ksp.
Altenberge (Domkapitel zu Münster), 8. Wiggerings-Erbe Ksp.
Neuenkirchen, 9. Frey Grewiat Ksp. Altenberge (früher bei jeweiligen
Richter der Stadt Rheine), 10. Grosse Speckenbeck Ksp. Emsdetten (von
Grüter), 11. Egberdings Erbe Ksp. Nordwalde (von Kaas), 12.
Wassermühle Hauckensundern Ksp. Emsbüren, 13. Zehnt von Amt und
Gericht Rheine, Ksp. Salzbergen und Bauerschaft Stade, 14. Zehnt zu
Neuenkirchen und Schepsdorf (Erbe Albers zu Rheine), 15-18. Anteile am
Siebengut Ksp. Büren: Hettermann, Küper gnt. Graes, Weyering,
Stovermann). Durch großherzoglich-bergisches Dekret vom 11.1.1809
wurden alle Lehnen entschädigungslos zu freiem Eigentum der Vasallen
erklärt; damit fielen die Einkünfte aus Belehnungsgebühren,
Heimfallgeldern und Konsensgeldern bei Veräusserung und Verpfändung
der Lehnen weg.
Das Patronatsrecht besaß der
Herzog in Altenberge, Emsdetten, Mesum, Nordwalde, an der Filialkirche
zu Hembergen und an einigen Vikarien (darunter der Bentlager
Marienvikarie an der Pfarrkirche zu Rheine) sowie auch das vom Kloster
Bentlage übernommene über Salzbergen und wohl auch das später (1806)
dem neuen Landesherrn zu-gesprochene über die Pfarren Emsbüren und
Schepsdorf. An geistlichen Korporationen bestand nur das
Fanziskanerkloster zu Rheine, das im Zuge der zweiten
(einzelstaatlichen) Säkularisation 1812 aufgelöst wurde; der Malteser-
(oder Johanniter-) und der deutsche Orden waren durch Besitz einiger
Grundstücke vertreten, von denen die des Malteserordens im März 1816
durch den preußischen König dem Grafen von Steinfurt überwiesen
wurden.
Das Regierungsarchiv ist vom
Regierungssekretär Appelius mit vorbildlicher Sauberkeit geführt und
in alphabetischer Folge der Stichworte geordnet und verzeichnet
worden. Die Aktenbände enthalten jeweils die in zeitlicher Folge
durchnummerierten Eingänge mit dem Präsentat-Vermerken von der Hand
des Regierungsdirektors Hofmann; über die Ausgänge wurden nach
französischem Muster Protokolle aufgenommen, die am Anfang der Bände
zusammengefasst und teilweise durch erklärende Bemerkungen verbunden
sind, wobei auf die Nummern der zugehörigen Eingänge hingewiesen
wird.
- Reference number of holding
-
H 401
- Extent
-
236 Akten.
- Language of the material
-
German
- Context
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 2. Behörden der Übergangszeit 1802-1816 >> 2.2. Sonstige Entschädigungslande (H) >> 2.2.5. Fürstentum Rheina-Wolbeck
- Related materials
-
Wolfgang Leesch, Das Archiv von Bentlage. Die Bestände der Herrschaft Rheina-Wolbeck, in: Auf Roter Erde 19 (1963), Nr. 52, S. 3; Josef Tönsmeyer, Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheina-Bentlage, Rheine 1980; Axel Koppetsch, Habent sua fata acta archivii. Zur Erschließung der Bentlager Überlieferung in der Abteilung Westfalen des Landesarchivs NRW, in: Westfälische Zeitschrift 160 (2011), S. 69-84.
Darpe, F.: Geschichte des Fürstentums Rheina-Wolbeck; in: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens 33 (1875) S. 113-153
Führer, A.: Geschichte der Stadt Rheine, Rheine 1927
Tönsmeyer, Josef: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage, Rheine 1980 (dort weitere Literatur)
- Date of creation of holding
-
1752-1823
- Other object pages
- Delivered via
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
23.06.2025, 8:11 AM CEST
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1752-1823