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Fjord bei Holmestrand

»Es war jetzt ein junger Norweger nach Dresden gekommen, welcher unter den Studierenden große Sensation erregte. Es war Christian Dahl. Eine große nordische Gebirgslandschaft von ihm auf der Kunstausstellung machte das ungeheuerste Aufsehen, und schwerlich kann man sich jetzt eine Vorstellung machen, welche Wirkung ein Werk von solch schlagender Naturwahrheit unter dem Troß der übrigen schattenhaften, leblosen, maniervollen Gemälde hervorbrachte. Nur Dahls Freund Friedrich machte davon eine Ausnahme mit seinen ganz originellen, poetisch gedachten und tief melancholischen Landschaftsbildern« (L. Richter, Lebenserinnerungen eines deutschen Malers, Leipzig 1909, S. 59). Johan Christian Dahl, der sich 1818 in Dresden niedergelassen hatte, blieb zeitlebens mit seiner norwegischen Heimat eng verbunden. Aufgrund seiner Vorliebe für Seeküsten, Gebirgsgegenden, Wasserfälle, Schiffe und Häfen bei Tageslicht oder Mondschein bezeichnete er sich als einen »mehr nordischen Bildner« (zit. nach: Johan Christian Dahl, ein Malerfreund Caspar David Friedrichs, Ausst.-Kat., München 1989, S. 20). Schon als Student in Kopenhagen hatte Dahl diese Neigung entwickelt und sich bevorzugt der »Natur in ihrem wilden Zustand [...], und zwar den Gegenden von mächtigen Szenerien mit Gebirgen und Wäldern« gewidmet (Dahl, zit. nach: ebd.). Dahls künstlerische Auffassung wurzelte im frühromantischen Ideengut, das ihm seit seiner Studienzeit in Kopenhagen vertraut war: Strömungen der Empfindsamkeit und des Ossiankultes sowie ein wachsendes Interesse für die nordische Vorzeit und Mythologie prägten damals das kulturelle Leben der dänischen Hauptstadt. Der Norweger Dahl wollte – ähnlich wie der ›Schwede‹ Caspar David Friedrich – dem klassischen Italienbild die nordische Landschaft entgegensetzen. Beide Künstler bereisten wiederholt die Orte ihrer Kindheit und fanden dort Inspirationen für ihr künstlerisches Werk. Dahl unternahm insgesamt fünf Reisen nach Norwegen: 1826, 1834, 1839, 1844 und 1850. »Man hat mir gesagt«, schrieb er an einen Freund, »daß Norwegen so schön wie die Schweiz sei […] und wenn ich die schlechten Prospekte von Norwegen sehe, ist es als ob ein Magnet mich dort anziehe um ein besseres Bild Norwegens darzustellen« (Dahl, zit. nach: ebd.). Durch zahlreiche Studien und Zeichnungen erwarb Dahl sich einen reichen Motivfundus. Seine nordischen Landschaften prägten maßgeblich die romantische Dresdner Landschaftsmalerei. Eine Landschaftsstudie mit der Bezeichnung »Ved Holmestrand d 1st. Octbr. 1834 Dahl« (KODE Kunstmuseene, Bergen) sowie eine präzise Vorzeichnung aus dem Jahre 1843 (Privatbesitz, USA) wurden zur Vorlage für das Gemälde »Fjord bei Holmestrand«. Mit großer Genauigkeit hat der Künstler die Details der südlich von Oslo gelegenen Fjordlandschaft erfaßt und sie zugleich symbolisch erhöht. Der am Horizont nur halb sichtbare Mond spiegelt sich in silbrigen Reflexen auf der Wasserfläche. Mehrere Segelschiffe kehren heim oder liegen bereits vor Anker. Zwei Boote bringen Reisende ans Ufer. Rechts im Vordergrund, neben Felsgestein, steht ein Mann mit Zylinder; er schaut hinaus zu den Schiffen, zum Mond am Horizont. Das Motivensemble mit Mondschein, Schiffen, Küste, Meer und Rückenfigur am Ufer offenbart Dahls künstlerische Nähe zu Caspar David Friedrich. | Birgit Verwiebe

Vorderseite | Fotograf*in: Andres Kilger

Public Domain Mark 1.0

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Material/Technik
Öl auf Leinwand
Maße
Bildmaß: 38 x 52,5 cm
Höhe x Breite: 38 x 52,5 cm
Rahmenmaß: 50 x 64,5 x 7 cm
Standort
Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
FNG 117/05

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
2005 Ankauf aus dem Londoner Kunsthandel durch den Verein der Freunde der Nationalgalerie
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
1843

Letzte Aktualisierung
08.08.2023, 11:02 MESZ

Objekttyp


  • Bild

Beteiligte


Entstanden


  • 1843

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