Bestand
Konsulat Triest (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte
Konsularbehörden sind diplomatischen Vertretungen nachgeordnete Einrichtungen; ihre gesetzliche Grundlage bildet das Konsularrecht. Zu den spezifischen Aufgaben eines Konsulats gehören die Wahrung und Förderung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessen des Absendestaates in Bezug auf Handel, Verkehr und Schifffahrt sowie der Schutz der eigenen Staatsangehörigen in Form von Unterstützungen und der Ausübung polizeilicher Befugnisse. Dazu kommen verschiedene Einzelaufgaben wie Kontrolle der Schifffahrt, Überprüfung der Seetüchtigkeit, Hilfe bei Schiffsunglücken sowie die Schlichtung von Streitigkeiten auf Schiffen.
Den Konsuln im Dienste Preußens oblag die Führung des Verzeichnisses der in ihrem Einflussbereich wohnenden Angehörigen ihres Staates (Konsularmatrikel). <1>
Der bedeutende Handelshafen Triest gehörte seit dem 14. Jahrhundert bis 1918 zur Habsburgermonarchie bzw. zu Österreich-Ungarn, wenngleich die Republik Venedig ebenfalls Ansprüche auf die Stadt erhob.
Während der napoleonischen Kriege wurde die Stadt mehrfach besetzt, 1809 den französischen Illyrischen Provinzen einverleibt. 1813 eroberten die Österreicher im sechsten Koalitionskrieg Triest und Istrien zurück und gliederten es ans Kaisertum Österreich an, was durch den Wiener Kongress 1815 festgeschrieben wurde. Die Stadt war das bedeutendste Wirtschaftszentrum in der Region.
Triest war im 19. Jahrhundert einer der Stützpunkte der k.u.k. Kriegsmarine sowie Sitz des Statthalters des Österreichischen Küstenlandes (Litorale) bzw. seit 1861 der drei Kronländer Gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca, Markgrafschaft Istrien und Reichsunmittelbare Stadt Triest.
Preußen unterhielt seit dem 18. Jahrhundert eine Handelsagentur in Triest für den wichtigen Handel mit der Levante. Zum Ressort des Konsuls in Triest gehörten auch Fiume und die Häfen von Bakar und Kraljevica, ab 1855 zudem Ragusa und ab 1868 in Senj.
Aus der Überlieferung im Generaldirektorium lässt sich ermitteln, dass 1793 die Stelle des preußischen Konsuls neu besetzt wurde. Der Kaufmann Rockert war verstorben, daher ernannte der König von Preußen den Kaufmann Reggiora zum neuen Konsul in Triest und Fiume <2>. Da in der Aufstellung über Konsuln im Jahr 1783 Triest noch nicht aufgeführt war, ist anzunehmen, dass Rockert erst später sein Amt übernommen hat <3>.
Carl Friedrich Brandenburg war von 1816 bis zu seinem Freitod im März 1824 preußischer Konsul in Triest <4>. Bis zur Ernennung eines neuen Konsuls wurde das Konsulat kommissarisch von dem Kaufmann Gregorio Tabisco, der bereits seit 1814 stellvertretend die Konsulatsgeschäfte übernommen hatte, und Carl Ludwig von Bruck geleitet <5>. Bereits 1824 wurde der Kaufmann Anton Tichy, Associé beim Handlungshaus Stainer, Wessely und Tichy sowie Gesellschafter des Handlungshauses Czeike, Tichy und Co., für den Konsulatsposten empfohlen, aber es dauerte etwas, bis er sich gegen andere Kandidaten durchgesetzt hatte <6>.
Hermann Lutteroth, der bereits 1839 als Vizekonsul eingesetzt war, übernahm 1845 das Amt. Während seiner Abwesenheiten aus Triest, z.B. 1852 wurde er von E. Griesbach vertreten. Der letzte preußische Konsul in Triest wurde zunächst Vertreter des Norddeutschen Bundes und seit 1871 Generalkonsul des Deutschen Reichs <7>.
(General- bzw. Vize-) Konsuln
- 1783 Rockert
1783 - Reggiora
[1805] - 1824 Carl Friedrich Brandenburg
1824 - 1825 kommissarische Leitung
1825 - 1844 Anton Tichy
1845 - 1870 Herrmann Lutteroth (ab 1852 Freiherr von Lutteroth; 1808 - 1890), ab 1867 Konsul des Norddeutschen Bundes und ab 1871 Generalkonsul des Deutschen Reichs
Bestandsgeschichte
Die einzige VE des Bestands wurde Ende des 19. Jahrhunderts verzeichnet.
Der Bestand wurde 1923 im Zug des Umzugs nach Dahlem revidiert. In der Übersicht über die Bestände von 1934 wird im Sammelbestand I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-) Konsulate die Überlieferung zum Konsulat Triest aufgeführt. <8>
Im II. Weltkrieg wurden die Bestände des Geheimen Staatsarchivs in die Salzbergwerke von Staßfurt und Schönebeck verbracht. Dazu gehörte auch die Bestandsgruppe I. HA Rep. 81 Gesandtschaften und Konsulate und somit auch das Schriftgut des Konsulats Triest. Nach Ende des Krieges wurden dieses Kulturgut von der Sowjetunion beschlagnahmt und nach Moskau überführt. Die Rückgabe der beschlagnahmten Archivalien des Geheimen Staatsarchivs an die Regierung der DDR erfolgte in den 1950er Jahren, als Standort des Archivs wurde das "Karteihaus der Landesversicherungsanstalt Merseburg in Sachsen-Anhalt" ausgewählt. Die administrative Unterstellung erfolgte unter das Zentrale Staatsarchiv Potsdam, Zweigstelle Merseburg. <9>
Im November 1955 wurde der Bestand revidiert. Das Findbuch wurde im Februar 1962 verfilmt. 1967 wurde die Trennung der diplomatischen Überlieferung nach sogenannten Gesellschafts-Epochen' vorgenommen. Das Schriftgut der Gesandtschaften, Residenturen und Konsulate (I. HA Rep. 81) wurde mit Stichjahr 1807/08 in zwei Teilbestände getrennt. <10>
Im Zuge der Wiedervereinigung erfolgte 1990 die Rückführung der Archivalien in die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz. <11>
2016 wurde der Findbehelf (Karteikarten) des älteren Teilbestands I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-) Konsulate aus dem Zeitraum vor 1807 von einer Schreibkraft retrokonvertiert. 2018 wurde die 1967 vorgenommene Trennung der Bestände der Gesandtschaften, Residenturen und Konsulate wieder rückgängig gemacht, um die Kontinuität der Provenienz hinsichtlich Tätigkeit und Personal wieder sichtbar zu machen. Der Bestand I. HA Rep. 81 Triest firmiert daher nun unter der Bezeichnung "Konsulat Triest". <12 >
Zur Gegenüberlieferung ist die Überlieferung im Preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten (GStA PK, III. HA MdA) sowie im Ministerium für Handel und Gewerbe (GStA PK, I. HA Rep. 120 HA, Nr. 176) heranzuziehen. Archivgut aus der Zeit nach 1866/71 befindet sich heute im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts.
Hilfsmittel und Literatur
- Neues genealogisches Reichs- und Staats-Handbuch: auf das Jahr 1793, Frankfurt/M. 1793.
- Genealogisch-diplomatisches Jahrbuch für den preußischen Staat und zunächst für dessen Adel und die höheren Stände überhaupt; bzw. Handbuch für den Königlich-Preußischen Hof und Staat, Berlin 1794-1918.
- Neue Deutsche Biographie 15, Berlin 1987, Artikel zu Familie Lutteroth von Gerhard Ahrens, S. 564f.
- Kohnke, Meta / Lehmann, Joachim / Waldmann, Heinrich: Fragen der Bestandsabgrenzung und Bestandsbildung in der Historischen Abteilung II des Deutschen Zentralarchivs, in: Archivmitteilungen 23 (1973), S. 172-178.
- Übersicht über die Bestände des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin-Dahlem, I. Hauptabteilung, hrsg. von Ernst Müller und Ernst Posner, Leipzig 1934.
Anmerkungen
<1> Das Konsulats-Reglement vom 18. September 1796 (gedruckt in: Novum Corpus Constitutionum Prussico-Brandenburgensium, Bd. 10 (1796), Nr. 97, Sp. 651-702) behielt bei mehrfacher Änderung grundsätzlich Gültigkeit bis 1866. Vgl. König, Bernhard W.: Preußens Consular-Reglement in seiner heutigen Geltung und Anwendung, 2. völlig überarb. Aufl., Berlin 1866, S. 7f. GStA PK, III. HA, II Nr. 5: Runderlass vom 4. Februar 1816.
<2> Vgl. GStA PK, II. HA GD, Abt. 25, Tit. XXIX, Nr. 1 Bd. 3: Ernennung der Königlich Preußischen Konsuls und Agenten in den auswärtigen Landen und der ihnen bewilligten Konsulatsgebühren, Bd. 3, 1784-1798.
<3> Vgl. GStA PK, II. HA GD, Abt. 25, Tit. XXIX, Nr. 1 Bd. 2, Bl. 193.
<4> Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 120 Ministerium für Handel und Gewerbe, C XIII 2, Nr. 2 Bd. 1; Titel: Ernennung preußischer Konsuln in Österreich.
<5> Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 190 A, XXV Nr. 2 Bd. 1; ebd., III. HA MdA, II Nr. 348 und II Nr. 349; Macho, Eva: Karl Ludwig Freiherr von Bruck. Ein Wirtschaftsfachmann ohne Beamtenmentalität, Frankfurt am Main 2013.
<6> Vgl. GStA PK, III. HA MdA, II Nr. 349 sowie II 350.
<7> Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1871, Nr. 37, S. 330.
<8> Vgl. Übersicht über die Bestände des Geheimen Staatsarchivs, S. 84.
<9> Vgl. Klauschenz, Rita: Verschleppt, zurückgeführt oder noch verborgen? Von der Sowjetunion beschlagnahmte Archivalien des Geheimen Staatsarchivs PK, in: Verlagerung und Verbringung von Kulturgütern infolge des Zweiten Weltkrieges und ihre Rückführung. (Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste 4). Magdeburg 2007, S. 143-170.
<10> GStA PK, I. HA Rep. 178 E, Nr. 168: Arbeitsbericht über die durchgeführten Abgrenzungsarbeiten im II. Quartal 1967. Kohnke: Bestandsabgrenzung und Bestandsbildung.
<11> "Einigungsvertrag" vom 31. August 1990, Kap. VIII, Art. 35, Ziffer 5, BGBl. Teil II (1990) Nr. 35, S. 885-1245, hier 901. Vgl. Carl Ahlgrimm, Rückführung der Bestände des Geheimen Staatsarchivs nach Berlin, in: Der Archivar 48 (1995), Sp. 251-258; Höroldt, Ulrike / Marcus, Paul (Hrsg.): Preußens Akten sind zurück. 25 Jahre Rückkehr der Archivalien des Geheimen Staatsarchivs aus Merseburg nach Berlin, Berlin 2019.
<12> GStA PK, TgbNr. 9183/18 (Registratur C 1/1/1).
Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 81 Triest
- Reference number of holding
-
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 81 Triest
- Extent
-
Umfang: 0,01 lfm (1 VE); 1 VE, 0,01 lfm
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Auswärtige und Bundes-Angelegenheiten >> Auswärtige Angelegenheiten
- Date of creation of holding
-
1805
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
28.03.2023, 8:52 AM CEST
Data provider
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1805