Bestand

Geheimes Zivilkabinett (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 17 Bde.

Geheimes Zivilkabinett Seiner Majestät (des Kaisers) und Königs für die Zivilangelegenheiten

1. Zur Benutzung
Seit den Stein-Hardenbergschen Reformen fungierte das Geheime Zivilkabinett, einmal abgesehen von den Prärogativen und Separatrechten und -pflichten der Monarchen, als Mittler für den regelmäßigen dienstlichen Geschäftsverkehr zwischen den (federführenden) Ministerien und den Monarchen. Das Attribut "Geheim" steht dabei für die unmittelbare Nähe zum Monarchen. Bei der Ermittlung von Rechercheergebnissen in der Überlieferung des Geheimen Zivilkabinetts sollten daher unbedingt die entsprechenden Überlieferungen des federführenden und der beteiligten Ministerien konsultiert werden, denn hier wurden die Vorgänge zuständig und verantwortlich bzw. konkurrierend bearbeitet und schließlich für die monarchische Entscheidung, "zur Allerhöchsten Vollziehung" - zAV -, vorbereitet. In der Überlieferung des Zivilkabinetts sind nämlich entscheidungsbegleitende und entscheidungsfindende Unterlagen, die wesentlich eine Akte und die Aktenführung ausmachen, kaum zu erwarten. Zudem ist aufgrund der Sonderstellung Hardenbergs als Staatskanzler - als "erstem und nächstem Rat" im Kabinett - von 1810 bis 1822 für alle wichtigeren, die so genannten allgemeinen Landesangelegenheiten die Überlieferung des Staatskanzleramts (GStA PK. I. HA Rep. 74) heranzuziehen.


2. Das Geheime Zivilkabinett
Die klassische Form des Kabinetts, wie sie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. nach französischem Muster entwickelt wurde, war eine Schreibstube mit subalternen Kräften - nach der Art des Kammersekretariats des 16. Jahrhunderts - und unter der direkten Leitung des Landesherrn. Wie in anderen Territorien auch, setzten sie als Selbstherrscher auf diese Weise ihren Alleinregierungsanspruch im Frühabsolutismus nach dem Vorbild Ludwigs XIII. und seines Kardinals Richelieu sowie auf dessen Höhepunkt mit Ludwig XIV. durch.

Einen ersten Ansatz zur Zentralisierung der Verwaltung bildete der Kurfürst mit seinem Kammersekretär, zum Beispiel für die äußeren Angelegenheiten. Beim Regierungsantritt des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und mit seinem Anspruch auf einen neuen Regierungsstil ungeteilter persönlicher Verantwortung kam es dann zu der entscheidenden Zäsur: 1714 griff er mit dem Ziel eines zentralen und einheitsstiftenden Verwaltungssystems in die überkommene Verwaltung der Zentralbehörden korrigierend ein, indem er diese in drei kollegialisierten Zentralbehörden zusammenfasste (Generalrechenkammer, Generalfinanzdirektion, Generalkriegskommissariat). Friedrich Wilhelm selbst führte die Regierung aus dem Kabinett, das aus dem Kammersekretariat entstanden war. Es waren somit Sekretäre und keine Räte oder Berater, mit denen sich der König im Kabinett umgab. Zugleich entzog sich der Monarch auf diese Weise dem direkten Einfluss der kollegialen Willensbildung in Ratsgremien und durch Minister, mit denen er grundsätzlich nur schriftlich verkehrte.

Für das Kabinett gibt es weder Gründungsurkunde noch Gründungsinstruktion - gleichwohl: seit 1713 bestand in Preußen eine Kabinettsregistratur (GStA PK. I. HA Rep. 96 und 96 A). Durch Instruktion vom 8. Dezember 1728 wurde aus dem Kabinett heraus für die Fragen der Außenpolitik als neues Gremium ein Departement der auswärtigen Affären gegründet, das alsbald als Kabinettsministerium firmierte.

Waren unter Friedrich II. die Kabinettsräte als Schreiber des Königs tätig gewesen, so begann sich die Geschäftspraxis der Regierung unter Friedrich Wilhelm II. aus dem Kabinett heraus zu wandeln, da die straffe Führung nachließ. Zunehmend vollzog der Monarch nur noch die Entscheidungen, die bereits anderweitig vorbereitet und getroffen worden waren. Unter Friedrich Wilhelm III. übten schließlich die Kabinettsräte in der unmittelbaren Umgebung des Monarchen als Vortragende Räte einen maßgeblichen politischen Einfluss auf den König aus, der in der Rückschau gemessen an der Reformzeit eigentlich den Ministern zugestanden hätte. Es herrschte die so genannte Regierung durch das Kabinett, die Kabinettsregierung. Ohne Zweifel waren die Minister Friedrichs II. keine selbständigen Staatsmänner, sondern nur Diener des Staates, - so wie sich Friedrich der Große selbst zum "ersten Diener" des Staates stilisiert hatte. Das Kabinettssystem unter seinen Nachfolgern aber verhinderte dann endgültig jegliche Beratung des Monarchen durch die Minister.

Bei aller Unterschiedlichkeit in den Plänen und Vorstellungen gerade der beiden einflussreichsten Reformer in Preußen - Steins und Hardenbergs - waren sich die Reformbewegungen in einer Beziehung schon vor 1806 und dem Untergang Preußens einig: der Beseitigung der absolutistischen Kabinettsregierung. Der Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein, orientiert an englischen Verhältnissen, strebte ein durch Transformation bzw. die Weiterentwicklung von schon bestehenden Formen eher kollegial geprägtes System mit relativ selbständigen und unabhängigen, horizontal gestaffelten Verwaltungsebenen an. Er wünschte die Gleichstellung der Minister und lehnte einen hervorgehobenen leitenden Minister ab. Durch Einführung der kollegialen Regierungsform und die Schaffung eines Staatsrats unter Führung des Monarchen als oberste Zentralbehörde suchte er den Dualismus zwischen dem Kabinett und den Ministern zu überwinden. Das Kabinett sollte nur eine Hauptabteilung des Staatsrats neben den fünf Fachdepartements sein, der Kabinettssekretär nur den Vortrag über die weniger wichtigen Angelegenheiten des inneren und des Finanzdepartements haben. Damit wäre die Macht des Kabinetts endgültig gebrochen worden. Die Dreistufung von ministeriellen Oberbehörden, den Regierungen als Mittelbehörden und den Städten, Kreisen und Gemeinden als Unterbehörden sollte bis zum Ende Preußens in seinen Grundzügen Bestand haben. Dagegen favorisierte Karl August Freiherr (3. Juni 1814 preußischer Fürst) von Hardenberg das so genannte Bürosystem mit einem uneingeschränkt agierenden und mit alleiniger Entscheidungskompetenz ausgestatteten Leiter oder Chef an der Spitze, also ein vertikal eigenverantwortlich organisiertes, monokratisches Verwaltungssystem nach (westphälisch-) französischem Vorbild, und mit einem an der Spitze der Regierung stehenden dirigierenden Minister oder Premier-Minister. Bis 1817 wird sich das monokratische Prinzip gegenüber dem Kollegialitätsprinzip zumindest in allen preußischen Behörden bis in die Spitzen der Verwaltungsorganisationen hinein durchgesetzt haben. Und die zwischen 1808 und 1825 geschaffene Behördenorganisation wird bis zum Ende des Staates keine wesentlichen Änderungen erfahren, sie zeichnete sich gerade durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Bedürfnisse und Aufgaben aus. Im Amt des Staatskanzlers nahm Hardenberg eine hegemoniale Stellung ein. Mit seinem Tod 1822 wurde das Amt zwar zunächst noch wiederbesetzt, es erlosch jedoch schon 1823. Erst danach wird das Staatsministerium als kollegiales Leitungsgremium die Geschicke Preußens über das Ende der Monarchie hinaus und in der Zeit der Weimarer Republik bis zum gewaltsamen Ende des Freistaats Preußen im so genannten Preußenschlag bestimmen.

Mit der Abschaffung des althergebrachten Kabinettssystems tat sich Friedrich Wilhelm III. äußerst schwer. Erst als Stein die Übernahme eines nur in Teilen reformierten Ministeriums wegen der durch sein Festhalten an der alten Kabinettsregierung nur halbherzigen Reformbereitschaft Friedrich Wilhelms abgelehnt hatte - was zu Steins (ersten) Entlassung am 4. Januar 1807 führte -, fand sich der König endlich unter dem Einfluss Hardenbergs zu der geforderten Abschaffung des Kabinettssystems bereit. Am 26. April 1807 schließlich ernannte er Hardenberg zum leitenden Minister. Auf Druck Napoleons bereits Anfang Juli und vor Tilsit zur Demission gezwungen, wurde der neun Monate zuvor in Ungnade gefallene Freiherr vom Stein am 4. Oktober 1807 erneut zum Staatsminister berufen und selbst mit der "Leitung aller Zivilangelegenheiten" betraut. Bedingungen waren das endgültige Ende des Kabinettssystems, die Einrichtung von fünf Fachministerien mit eigenverantwortlichen Ressortchefs und ein unmittelbares Vortragsrecht der Minister beim König (Kabinettsvortrag), wodurch der Fortbestand des Kabinettsystems ausgeschlossen werden sollte. Äußeres Zeichen für die Abschaffung des Kabinettssystems war die Entfernung seines letzten Repräsentanten, des Kabinettsrats Karl Friedrich von Beyme. Dieser sollte im Juni 1808 als Präsident des Kammergerichts nach Berlin gehen. Mit dem Publikandum betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der Preußischen Monarchie in Beziehung auf die innere Landes- und Finanzverwaltung vom 16. Dezember 1808 war schließlich die Kernforderung des Reformprozesses nach Abschaffung der Kabinettsregierung endgültig erfüllt.

Die ersten Ansätze eines Geheimen Zivilkabinetts neuen Typs liegen noch in der Reformzeit. Denn als Stein am 29. Februar 1808 Königsberg in Richtung Berlin verließ, um persönlich in die - letztlich aussichtslosen - mündlichen Verhandlungen mit dem französischen Generalintendanten Graf Pierre Daru über die von Preußen an Frankreich zu zahlenden Kriegskontributionen nach dem Frieden von Tilsit (7.-9. Juli 1807) einzugreifen, wurde der Geheime Oberfinanzrat Wilhelm Anton von Klewitz beauftragt, an seiner Stelle interimistisch den täglichen Kabinettsvortrag beim König über die inneren Landesangelegenheiten und das Zivile zu übernehmen. Noch Ende Dezember 1807 und Mitte Februar 1808 hatte Stein hingegen geplant gehabt, damit Karl Sigmund Franz Freiherr vom Stein zum Altenstein zu betrauen. Über die vorgetragenen Gegenstände sollte Stein schriftlich auf dem Laufenden gehalten werden. Die Kabinettsordre an Klewitz konzipierte sogar Altenstein. Stein bestimmte zudem, alle Anfragen bis zu seiner Rückkehr auszusetzen. Nur unaufschiebbare Korrespondenzen sollte Altenstein, sofern diese die inneren Landessachen betreffen, bearbeiten. Entsprechende Korrespondenzen über die auswärtigen Angelegenheiten, insbesondere die Friedensvollziehung wurden Karl Ferdinand Friedrich Nagler zugewiesen. Stein hatte ursprünglich sogar überlegt, dass während seiner Abwesenheit der Vortrag im Kabinett und die Bearbeitung der ihm obliegenden Geschäfte gemeinsam durch die Geheimen Finanzräte Altenstein und Theodor von Schön gehalten und bearbeitet werden und dass der Generalmajor Gerhard Johann David von Scharnhorst den Kabinettsvorträgen immer beiwohne. Dies macht allzu deutlich, wie heikel Stein bei seiner Vertretung vor allem der Kabinettsvortrag erschien.

Als im Vorfeld der Einrichtung der Generalkonferenz Beyme, der letzte Vertreter des alten Kabinettssystems, endgültig entfernt wurde, beantragte Stein am 3. Juni 1808 im Vorgriff auf seinen grundsätzlich genehmigten Organisationsplan, wonach ein Kabinettsrat zukünftig die minder erheblichen Sachen des Ministeriums des Innern und der Finanzen vortragen und das Expeditionswesen mit dem dazu vorhandenen Kabinettssekretär besorgen sollte, dass bei der bevorstehenden "Abreise" Beymes interimistisch und zu seiner eigenen Entlastung der Kabinettsvortrag erneut an den darin bereits bewährten Geheimen Oberfinanzrat Klewitz übertragen und diesem für die juristischen Belange der Geheime Oberfinanzrat Johann August Sack zur Seite gestellt werde. Die entsprechenden Kabinettsordres ergingen am 5. Juni 1808. Für das auswärtige Ressort referierte der bereits 1807 zum Kabinettsminister ernannte Graf August Friedrich Ferdinand von der Goltz, für die militärischen Angelegenheiten zunächst der Generalleutnant Karl Friedrich Heinrich Graf von Lottum (Wylich und Lottum), später Scharnhorst. Das Militärkabinett, 1808/09 als Abteilung im Kriegsministerium angesiedelt, wurde 1824 als Geheimes Militärkabinett verselbständigt.

Die nächsten Veränderungen sollte es im November 1808 geben. Bei der bevorstehenden "Abreise" des Geheimen Oberfinanzrats Sacks wurde auf Vorschlag Steins durch Kabinettsordre vom 11. November 1808 dem Kammergerichtsrat Daniel Ludwig Albrecht der Vortrag im Kabinett über die Rechtssachen interimistisch übertragen. Doch schon wenige Tage später, am 24. November 1808, schlug Stein Sack, der eigentlich anderweitig hätte eingesetzt werden sollen, als Geheimen Staatsrat und Leiter des Departements der Domänen und Forsten vor; die Stelle eines Staats- und Kabinettssekretärs würde Klewitz vortrefflich erfüllen. Nach der (zweiten) Entlassung Steins, ebenfalls am 24. November 1808, und der Ernennung des Ministeriums Altenstein-Dohna empfahlen diese in ihrem Immediatbericht von 4. Dezember 1808 Sack als Oberpräsidenten für die Kurmark, Neumark und Pommern und Klewitz als Geheimen Staatsrat und Chef der Sektion der Gesetzgebung im Ministerium des Innern. Beidem wurde am 6. Dezember entsprochen. Zudem sollte Klewitz bis zur Rückkehr des Monarchen und der Verwaltungsspitzen von Königsberg nach Berlin den Vortrag im Kabinett in der bisherigen Art beibehalten.

Eine besondere Situation ergab sich durch die Ernennung Hardenbergs zum Staatskanzler am 4. Juni 1810 bei gleichzeitiger Übertragung der obersten Leitung aller Staatsangelegenheiten an ihn unter dem unmittelbaren Befehl des Monarchen sowie schließlich am 27. Oktober 1810 durch die Verordnung über die veränderte Verfassung aller obersten Staatsbehörden in der Preußischen Monarchie und Hardenbergs Bestellung zum leitenden Minister der obersten Zentralbehörden und Verwaltungszweige. So wie der Staatskanzler seinen Ministern kaum noch Möglichkeiten zu einer selbständigen Politik ließ, so beeinflusste er als erster und nächster Rat im Kabinett entscheidend die Meinung des Monarchen in allen innen- und außenpolitischen Fragen. Alle Vorgänge des Kabinetts gingen, nachdem sie der König gesehen hatte, durch Hardenbergs Hände, er bestimmte die Verteilung für den Vortrag im Kabinett, nahm selbst daran teil, so oft er wollte, in seinem Büro wurden alle Konzepte von Kabinettsordres ins Reine geschrieben, es war somit mit allen Vortrags- und Unterschriftensachen befasst. Das Staatskanzleramt übernahm also neben seiner eigentlichen Aufgabe zugleich die Funktion einer, gleichwohl erst ab 1823 so bezeichneten "politischen Abteilung" des Zivilkabinetts für die allgemeinen Landessachen. Dem am 13. Dezember 1810 zum Geheimen Kabinettsrat ernannten Daniel Ludwig Albrecht, der das Kabinett in dem zunächst verbliebenen Umfang leitete, wurden die übrigen, aber weniger wichtigen Aufgaben übertragen. Das Büro Albrechts war in erster Linie die Expeditionsstelle für den Monarchen zur Erledigung der zahlreichen auf ihn zugeschnittenen Bedürfnisse und Beziehungen außerhalb der politischen und rechtlichen Regierungsgeschäfte. Diese Trennung ist deutlich an den Registraturen des Geheimen Zivilkabinetts abzulesen, die Überlieferung der späteren Abteilung I, der politischen Abteilung, setzt erst 1822/23 ein, für die Zeit von 1810 bis 1822 ist die Überlieferung des Staatskanzleramts (GStA PK, I. HA Rep. 74) heranzuziehen.

Nach dem Tode Hardenbergs 1822 und der Auflösung des Staatskanzleramtes wurden dann offiziell zwei Abteilungen im Zivilkabinett gebildet, die der Sache nach bereits in den beiden Büros bestanden hatten. Die erste Abteilung bearbeitete die bisher vom Staatskanzleramt mit wahrgenommenen Materien, nämlich Gesetze, Feststellung allgemeiner Grundsätze in einzelnen Fällen, allgemeine Einrichtungsangelegenheiten, Generalberichte der Minister, Anlagen öffentlicher Institute, Anlegung von öffentlichen Kommunikationsanstalten, alle Etatsachen, Staatsverträge, einzelne Materien mit überwiegend öffentlichem Interesse, größere Geldunterstützungen und Ansprüche an Staatskassen. Bei der zweiten Abteilung wurden die einzelnen Sachen, die eigentlichen Kabinettssachen, bei denen es sich nicht um die Festlegung allgemeiner Grundsätze handelte, sowie die Gnadenangelegenheiten, Unterstützungen, Straferlasse, Widmungen von literarischen und Kunstwerken usw. verwaltet. Damit vereinigte erstmalig seit der Reformzeit das Zivilkabinett wieder alle wesentlichen Aufgabengebiete, die es vor 1806 besessen hatte und auf denen seinerzeit seine zentrale politische Stellung beruht hatte.

1823 übernahm Generalleutnant Karl Friedrich Heinrich Graf von Lottum, jetzt als Schatzminister und somit auch für den Reservefonds zur Tilgung der aus den Napoleonischen Kriegen übernommenen Staatsschulden zuständig, den "Vortrag der allgemeinen Landesangelegenheiten, die zur Allerhöchsten unmittelbaren Bestimmung und Entscheidung gelangen". Lottum führte bis 1841 die erste, die politische Abteilung des Geheimen Zivilkabinetts, und damit die Vorträge über die allgemeinen Landesangelegenheiten. Ihm folgte von 1841 bis 1848 der Generalleutnant Ludwig August von Thile. Diesem zur Seite standen von 1842 bis 1844 Albrecht Graf Alvensleben und von 1844 bis 1848 Ernst von Bodelschwingh. Unter Friedrich Wilhelm IV. erhielten die Chefs der ersten Abteilung dann auch die ihrem Amte entsprechende Bezeichnung Kabinettsminister, quasi als Pendant zu den Kabinettsräten. Doch weder Lottum noch Thile, Alvensleben oder Bodelschwingh haben auch nur annähernd die politische Stellung des Staatskanzlers Hardenberg einnehmen können. Dennoch ergab sich wieder eine Kluft zwischen dem Kabinett und den Fachministern, denn die Chefs der Fachdepartements waren vom Vortrag beim König weitgehend ausgeschaltet. Im Gegensatz zu den Kabinettsministern und den Kabinettsräten war ihnen ein direkter Einfluss auf den Monarchen genommen.

Zugleich zeichnete sich die Notwendigkeit für einen selbständigen Aufbau der ersten Abteilung ab. Unter Lottum, der in seinen letzten Amtsjahren auf sein Recht, die wichtigsten Materien dem Monarchen selbst vorzutragen, zugunsten der Kabinettsräte Müller und Uhden verzichtet hatte, erfolgten jedoch noch keine Maßnahmen zur inneren Strukturierung der Abteilung I. Die Expedition aller Angelegenheiten oblag der Verwaltung des Staatsschatzes, dessen Chef Lottum war, die Bearbeitung der Materien erfolgte durch einen Vortragenden Rat sowie durch Registratur- und Kanzleibeamte des Staatsministeriums. Dieser unübersichtliche Zustand sollte durch die Bildung eines eigenen Büros für die erste Abteilung des Zivilkabinetts beseitigt werden. Ab 1843 standen den Kabinettsministern eigene Vortragende Räte, die zum Teil gleichzeitig auch im Staatsministerium mit beschäftigt waren, sowie subalterne Beamte für die Expedition in einem Spezialbüro in der Wohnung Thiles zur Verfügung. Die Registratur- und Kanzleiarbeiten wurden weiter vom Staatsministerium mit erledigt. Nach der Ernennung Alvenslebens bearbeitete dieser die Berichte des Staatsrats und des Staatsministeriums in Gesetzgebungsfragen, die Justiz-, Finanz-, Landwirtschafts- und ständischen Angelegenheiten sowie einen Teil der Haussachen, während Thile die auswärtigen und geistlichen Angelegenheiten, die Personalangelegenheiten der höheren Beamten, die Polizei , Zollvereins- und den übrigen Teil der Haussachen behielt. Die zweite Abteilung wurde von Geheimen Kabinettsräten geleitet. Ihr standen eigene Registratur- und Kanzleibeamte zur Verfügung.

In Folge der Revolution von 1848 wurde für den Vorsitz im Staatsministerium, den bislang der älteste Fachminister führte, das Amt des Ministerpräsidenten geschaffen. Zugleich gingen auf den Ministerpräsidenten die Funktionen des Staatskanzlers, auch wenn jener erneut nicht Hardenbergs herausragende Stellung einnahm, und des Kabinettsministers über. Zunächst wurde unter dem Druck der revolutionären Ereignisse die Abteilung I des Geheimen Zivilkabinetts aufgelöst; die Abteilung II blieb als Sekretariat des Monarchen zur Erledigung der ihm verbliebenen Aufgaben bestehen. Dort waren neben dem Geheimen Kabinettsrat drei Geheime Kabinettssekretäre und die für Journal- und Registraturarbeiten erforderlichen Kräfte tätig. Die Aufgaben der Abteilung I gingen auf den preußischen Ministerpräsidenten über. Dessen Büro, eingegliedert in das Staatsministerium, wurde mit dem Büro der ersten Abteilung des Kabinetts, die fortan nur noch ein Registraturdasein führte, vereinigt. Die Information des Königs als Staatsoberhaupt über die Regierungspolitik übernahm somit offiziell der Ministerpräsident. Hielt der Ministerpräsident den Vortrag beim Monarchen zunächst noch selbst oder wohnte diesem zumindest bei, so ging dieser nach und nach ganz auf den Chef des Büros des Ministerpräsidenten und seit 1847 Vortragenden Rat im Staatsministerium, August Costenoble, über. Costenoble war seit 1844 Vortragender Rat der Abteilung I des Zivilkabinetts gewesen und hatte bereits im März 1848 die Aufgaben des Kabinettsministers Thile interimistisch übernommen, die er dann im Staatsministerium weiterhin bearbeitete. Der Form nach wurde dieser somit zum Nachfolger der vorrevolutionären Kabinettsminister. Die Behördenfirma "Geheimes Zivilkabinett" konzentrierte sich auf die von den Kabinettsräten geführte vormalige Abteilung II. Die Personalunion von Vortragendem Rat im Staatsministerium und Vortragendem Rat im Kabinett wies schließlich den Weg zu der erneuten Vereinigung der beiden ehemaligen Abteilungen des Kabinetts, zumal der Chef des Büros des Ministerpräsidenten ab 1853/54 auch Chef des Zivilkabinetts war, wobei er im Rang über dem Leiter dieser ehemaligen Abteilung II stand. In der Folge wurde das Vortragsrecht nicht mehr dem Bürochef des Ministerpräsidenten, sondern dem personengleichen Chef des Zivilkabinetts zugerechnet.

Die außergewöhnlich starke Beziehung Bismarcks zum Monarchen verschob in den 1860er Jahren die Verhältnisse zwischen Staatsoberhaupt und preußischem Ministerpräsidenten. Nach der Reichsgründung 1871 übernahm das preußische Geheime Zivilkabinett auch die Erledigung der Geschäfte des Monarchen als Deutscher Kaiser. Die Beauftragung von preußischen Einrichtungen mit Reichsangelegenheiten war kein Sonderfall. So wie 1866/70 das preußische Außenministerium mit auswärtigen Angelegenheiten des Norddeutschen Bunds betraut wurde, übernahm auch das Geheime Zivilkabinett Bundesangelegenheiten. Gleichwohl war es weder in der Reichsverfassung noch in der preußischen Verfassung verankert. Unklare Abgrenzungen der Aufgabenbereiche, vor allem aber die zunehmende Beratung des Königs als Kaiser in Reichssachen durch den Chef des Zivilkabinetts führten letztendlich dazu, dass mit Zustimmung Bismarcks durch Allerhöchsten Erlass vom 24. Dezember 1872 die beiden ehemaligen Abteilungen wieder miteinander vereinigt wurden. Die Registratur der Abteilung I übersiedelte aus dem Dienstlokal des Staatsministeriums in das des Geheimen Zivilkabinetts. Mit der Herauslösung aus dem Büro des Ministerpräsidenten und der Auflösung der Personalunion mit dessen Bürochef rückte der bisherige (seit 1870) Geheime Kabinettsrat Karl von Wilmowski zum neuen "Chef des Zivilkabinetts" auf. Und Kraft des Vortragsrechts seines Leiters stieg das Geheime Zivilkabinett zu einer eigenständigen politischen Beratungsinstanz auf.

In dieser Form bestand das Zivilkabinett bis zum Ende der Monarchie, und obwohl ihm nach 1871 die Bearbeitung der inneren Angelegenheiten des Reichs und der Reichslande Elsass-Lothringen zuwuchsen, blieb es eine preußische Einrichtung, deren höhere Beamte unter Gegenzeichnung des Ministerpräsidenten ernannt wurden; sie waren also keine Hof-, sondern Staatsbeamte. Zugleich führte die Neuorganisation von 1872 zu einer Stärkung des Kabinetts nach innen und außen. Zunächst blieb dies jedoch ohne Einfluss auf das Verhältnis des Monarchen zum Kanzler. Dies änderte sich mit dem Abgang Bismarcks. Das Recht zum Immediatvortrag, das den meisten Ressortministern faktisch abhandengekommen war, und der somit geringe Einfluss der ministeriellen Ebene auf den Monarchen verschaffte dem Zivilkabinett und seinen Kabinettschefs eine zentrale Mittlerfunktion zwischen dem Monarchen und der Reichs- und Staatsverwaltung sowie zum Volk. Ihr politischer Einfluss stieg in dem Maße, wie ein starker Regierungschef fehlte und der Monarch eigene Regierungsansprüche entfaltete. Die Immediatberichte der Minister gingen sämtlich durch die Hand des Kabinettschefs, ausgenommen die Militär- und Marineangelegenheiten, welche über die Chefs des Militär- bzw. des Marinekabinetts liefen. Das Zivilkabinett war parlamentarischer Kontrolle entzogen und entwickelte sich, zusammen mit dem Marinekabinett (seit 1889), unter Wilhelm II. mit seinen Kabinettschefs Hermann von Lucanus und Rudolf von Valentini zu einem politischen Beratungsorgan außerhalb der verfassungsmäßig verantwortlichen Instanzen im Reich und in Preußen.

Die ständige Vermehrung der Arbeit ging einher mit einer Erweiterung des Personalbestands. Ab Oktober 1910 wurde die Registratur im Zusammenhang mit der in Preußen in Angriff genommenen Büroreform in vier Abteilungen nach Materien neu organisiert: Registratur A für die Haussachen, Justizministerium und "Untersuchungen"; Registratur B für das Ministerium des Innern, die allgemeine Organisation und die Verwaltungsbehörden sowie für "eingesandte Sachen und Schriften"; Registratur C für die Ministerien der Finanzen, des Auswärtigen, der Landwirtschaft, des Kultus und des Handels; Registratur D für die Auszeichnungen, Pensionen und Unterstützungen, das Ministerium der öffentlichen Angelegenheiten, Militaria, verschiedene Gesuche, Versorgungen, Darlehn und Marineangelegenheiten. 1918 waren schließlich 18 Personen im Zivilkabinett tätig: der Chef des Zivilkabinetts, zwei Vortragende Räte, der Bürodirektor, zwei Geheime Kabinettssekretäre, je ein Geheimer expedierender Sekretär und Kalkulator und zehn Geheime Registratoren. 1840/41 ließ Friedrich Wilhelm IV. für das Zivilkabinett, das anfänglich zwar mit verschiedenen räumlichen Zentren aber ohne Dienstsitz geblieben war, Grundstück und Gebäude in der Allee nach Sanssouci Nr. 5 (später Nr. 6) - 1850 Haus am Grünen Gitter - von den Erben des Oberbaurats Schulze erwerben, wo es bis 1918 untergebracht blieb. Die Liegenschaft ging 1919 auf die allgemeine Finanzverwaltung über. Etwa ab 1850 bis 1864 firmierte es zudem in Berlin, Leipziger Straße 56, anschließend bis zur Jahrhundertwende in der Leipziger Straße 76 und ab 1902 in der Wilhelmstraße 64 (seit 1993 Wilhelmstraße 54). Mit dem Ende der Monarchie hörte auch das Geheime Zivilkabinett auf zu existieren; der letzte Chef des Zivilkabinetts, Clemens von Delbrück, gab seine Stellung am 20. November 1918 auf.

Die Reformzeit setzte für das Kabinett nicht nur eine personelle, sondern vor allem eine tiefgreifende strukturelle Zäsur. Es wird nie wieder, auch nicht unter Wilhelm II., den politischen Einfluss zurückerlangen, den es zu Beginn der so genannten Sattelzeit am Ausgang des ancien régime ausgeübt hatte. Es wird sich auch nie wieder regierungsähnliche Kompetenzen und Aufgaben zu eigen machen können, schon gar nicht nach 1848 und auch nicht nach der Reichsgründung. Auf der obersten Ebene des Staates wird es nicht mit dem regierenden Staatsministerium und dem beratenden Staatsrat konkurrieren. Verfassung, Regierung und Parlament werden dem entgegenstehen. Seit der Reformzeit bis zum Ende der Monarchie 1918 war das Geheime Zivilkabinett das "Büro" des preußischen Königs - und ab 1871 auch des Deutschen Kaisers für alle Bereiche der zivilen staatlichen Verwaltung und insbesondere für die Separatrechte und -pflichten des Monarchen. Er bediente sich des Geheimen Zivilkabinetts für diejenigen (Regierungs-) Geschäfte, die nicht in die Zuständigkeit der Ministerien oder durch Vermittlung der Ministerialverwaltungen kommuniziert wurden. Dabei spielte es für die Inszenierung der Monarchie in Preußen und später auch im Reich, also bei den in der Bevölkerung Legitimation und Identifikation stiftenden monarchischen Präsentationsstrategien eine zentrale Rolle. Vor allem Wilhelm II. gelang es, den verfassungsrechtlichen Machtbeschränkungen der Monarchie eine überkonstitutionelle Integrationskraft entgegenzustellen und somit die Monarchie außerhalb staatlicher Instanzen in der Bevölkerung zu verankern. Mit ganz unterschiedlicher Einflussintensität und Einflussmöglichkeit, nicht zuletzt in dynamischer Anhängigkeit von den jeweiligen Akteuren, fungierte das Zivilkabinett als Informations- und Schnittstelle zwischen den (in der Regel federführenden) Ministerien und dem Monarchen, steuerte die in den Ministerien vorbereiteten monarchischen Entscheidung, koordinierte die Prärogativen der Monarchen - die Militärangelegenheiten waren von Anfang an durch gesonderten Vortrag und schließlich durch das Geheime Militärkabinett separat geregelt -, informierte den Monarchen, beeinflusste durch die direkte Verbindung zu ihm mehr oder minder stark seine Meinungsbildung und übermittelte seine Entscheidungen zur weiteren oder abschließenden Bearbeitung.

Mit dem Ende der Monarchie war auch das Zivilkabinett erledigt. Nach Inkrafttreten der Reichsverfassung am 11. August 1919 gingen die Reichssachen auf das Büro des Reichspräsidenten über, die preußischen Materien auf das Staatsministerium und die Fachressorts. Wie problematisch und staatsrechtlich schwierig sich dies teilweise erwies, wird am Beispiel der Verleihung der monarchischen Orden und Ehrenzeichen deutlich, denn deren rechtliche Grundlage und Praxis war mit dem Ende der Monarchie entfallen.


Kabinettsvortrag in der Reformzeit
Hardenberg, Karl August Freiherr von (Leitender Minister) 26. Apr.-Anf. Juli 1807
Stein, Reichsfreiherr Karl vom und zum (Leitender Minister) 4. Okt. 1807-1808, 24. Nov.
Ministerium Altenstein-Dohna 25. Nov. 1808-1810


Interimistischer Kabinettsvortrag in der Reformzeit
Klewitz, Wilhelm Anton von (Inneres, Finanzen) Feb./März 1807
Juni-Dez. 1808-1810
Sack, Johann August (Justiz) Juni-Nov. 1808
Albrecht, Daniel Ludwig (Justiz) 13. Nov. 1808-Dez. 1810


Kabinettsvortrag ab 1810
Hardenberg, Karl August Freiherr (3. Juni 1814 Fürst) von (Staatskanzler) 1810-1822
Lottum, Karl Friedrich Heinrich Graf von (Kabinettschef/Kabinettsminister) 1823-1841
Thile, Generalleutnant Ludwig August von (Staats- und Kabinettsminister) 1841-1848
diesem zur Seite:
1842-1844 Kabinettsminister Albrecht Graf von Alvensleben
1844-1848 Kabinettsminister Ernst von Bodelschwingh
Der Preußische Ministerpräsident 1848-1871/72
für diesen 1853-1868/70:
Costenoble, Carl Heinrich August
1841 Hilfsleitung beim Zivilkabinett
1844-1848 Vortragender Rat im Zivilkabinett
1847-1868 Vortragender Rat im Staatsministerium
1853/54-1868/70 Vortragender Rat und Kabinettsrat ab 1853
Chef des Zivilkabinetts ab 1872


Kabinettsräte ab 1810
Albrecht, Daniel Ludwig
Geheimer Kabinettsrat, Chef des Zivilkabinetts 13. Dez. 1810-1835
Müller, Carl Christian
Nov. 1834-1846 Geheimer Kabinettsrat
Chef der Abteilung II 1835-1846
Uhden, Karl Albrecht Alexander (von)
1838 Hilfsarbeiter der Abteilung II im Zivilkabinett
1840 Kabinettsrat
1844, März-Sept. Geheimer Kabinettsrat
Illaire, Emil Ernst
1844-1846/47 Hilfsarbeiter der Abteilung II im Zivilkabinett
Geheimer Kabinettsrat, Chef der Abteilung II März 1847-1848
Chef des Zivilkabinetts (ehemals Abt. II) 1849-1866
Mühler, Ferdinand von
Geheimer Kabinettsrat 1866-1870
Wilmowski, Karl Freiherr von
Chef des Zivilkabinetts 1870-1888
Lucanus, Hermann von
Geheimer Kabinettsrat und Chef des Zivilkabinetts 1888-1908
Valentini, Rudolf von
1899 Vortragender Rat im Zivilkabinett
Geheimer Kabinettsrat und Chef des Zivilkabinetts Aug. 1908-1918, Jan.
Berg, Friedrich von
Chef des Zivilkabinetts 16. Jan. 1918-1918, 11. Okt.
Delbrück, Clemens von
Chef des Zivilkabinetts 14. Okt. 1918-1918, 20. Nov.


3. Bestandsbildung und Erschließung
Die Akten des Geheimen Zivilkabinetts wurden in mehreren Ablieferungen an das Preußische Geheime Staatsarchiv abgegeben. Die Masse der Ablieferungen erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. und in den beiden ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, die zunächst in die Registratur des Staatsministeriums übernommen und erst später an das Geheime Staatsarchiv abgeliefert wurden. Nicht in das Staatsarchiv kamen die Haus- und Hofsachen aus der letzten Periode des Zivilkabinetts. Sie wurden am 11. August 1919 an das Brandenburg-Preußische Hausarchiv abgegeben und dort als Repositur 122 (Geheimes Zivilkabinett: Haus- und Hofsachen) aufgestellt.

Die Ordnung des Bestands Geheimes Zivilkabinett erfolgte in mehreren Etappen. Bei der Bearbeitung lehnte man sich im Geheimen Staatsarchiv an die durch Einschnitte in der Behörden- und Registraturentwicklung bestimmten Ablieferungsgrenzen an und machte diese zur Grundlage der Bestandsgliederung:

Rep. 89 A Königsberger Periode von 1807 bis 1809
Rep. 89 B Abteilung II von 1810 bis 1860
Rep. 89 C Abteilung I von 1823 bis 1872
Rep. 89 D und E Büroregistraturen der Kabinettsminister Lottum und Thile
Rep. 89 H Periode von 1860 bzw. 1872 bis 1918/20

Für alle Teilbestände wurden Findbücher und Register erarbeitet. Die meisten Findbücher und große Teile der Indizes erstellte der Archivar Max Lehmann (Rep. 89 A, B, C, D, E). Ernst Friedländer war an der Erschließung der Königsberger Periode (A) beteiligt; den Index hierfür fertigte Hermann Granier. Die Indizes zu Rep. 89 B wurden von Walter [Vorname nicht bekannt], Max Hein und Helmut Schotte zusammengestellt. Die Periode von 1860 bzw. 1872 bis 1918 (1920) (Rep. 89 H) erschlossen Heinrich Otto Meisner und Hermann Krabbo (Index).

Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Bestand bis auf den größten Teil der Geschäftstagebücher ausgelagert. Er kam ohne nennenswerte Verluste 1949 in das Deutsche Zentralarchiv, Historische Abteilung II, Merseburg. Im Hauptarchiv für Behördenakten, so die Behördenfirma für das ehemalige Preußische Geheime Staatsarchiv in Berlin-Dahlem (seit 1. Januar 1963 bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz), befanden sich seinerzeit noch zwei (später fünf) Archivalieneinheiten und 1.385 Journale und Indizes. Bereits Ende des Jahres 1990, also noch vor der großen Rückführungsaktion der Bestände 1993, wurde der Dahlemer Teil durch die in Merseburg verwahrten Journale angereichert und bis in das Frühjahr 1992 neu verzeichnet. Dieser Teil umfasste schließlich 1.560 Verzeichnungseinheiten auf 95 laufenden Metern. Allein die immense Anzahl der Registraturinstrumente vermittelt einen Eindruck von der Menge der Geschäfte, die an das Zivilkabinett und den Monarchen herangetragen wurden.

Benutzungsfrequenz und Erschließungszustand bewirkten in Merseburg ab 1967 eine Neuordnung der Überlieferung, bei der alle Strukturteile einschließlich der Haus- und Hofsachen im Hausarchiv (BPH Rep. 122) und der zum Bestand Zivilkabinett gehörigen Aktenbände aus der Rep. 89 zusammengefasst und zu einem Einheitsbestand 2.2.1 "Geheimes Zivilkabinett, kapitalistische Epoche," formiert wurden. Die Bearbeiter ordneten den Bestand entsprechend dem regulierenden Registraturprinzip auf der Grundlage der umfassenden Registraturordnung von 1909 in 14 Hauptgruppen. Die Untergliederung der Hauptgruppen erfolgte nach sachlichen Gesichtspunkten. Die Akten in der untersten Gliederungsstufe wurden unter Wahrung sachlicher Zusammenhänge chronologisch gereiht und mit einer laufenden Nummer versehen. Ende 1969 legte der Wissenschaftliche Archivar Horst Thieme das neue Findbuch vor, das 32.519 Archivalieneinheiten aus der Zeit von 1806-1918 umfasste.

Nach der Rückführung der Bestände des ehemaligen Preußischen Geheimen Staatsarchivs 1993 von Merseburg an den angestammten Archivstandort nach Berlin-Dahlem und die Unterbringung der Archivalien dieses Bestands im Außenmagazin Westhafen in Berlin-Moabit konnte nicht nur die Benutzung ohne Verzögerung wiederaufgenommen werden. Da sich dieser Bestand aufgrund seiner homogenen Erschließungsdichte von vornherein für eine digitale Konversion eignete, wurde in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre auch seine digitale Erfassung angegangen. War die Überlieferung des Geheimen Zivilkabinetts zunächst nur über die Archivdatenbank im Intranet recherchierbar, so war sie schließlich im Februar 2014 eine der ersten, die komplett online im Internet zugänglich wurde. Zahlreiche Migrationen und die nach wie vor starke Nachfrage machten jedoch weitere Verzeichnungs- und Ordnungsarbeiten notwendig, die mit ihrem jetzigen Entwicklungsstand eine revidierte Online-Stellung erlauben.

Berlin, Juli 2022/Januar 2023


Dr. Paul Marcus
(Leitung Referat III 1 - Ministerialarchiv I)

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Verweise

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Formalangaben

Bestellung: I. HA Rep. 89, Nr. ##

Lagerungsort: Westhafen (gelber Leihschein)

Laufzeit des Bestands: 1806-1924

Umfang: 687 laufende Meter, davon 95 lfm Journale und Indizes

Verzeichnungseinheiten: 34.532

Zitierung: GStA PK, I. HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, Nr. ##

Zur Beachtung: Für die Geschäftstagebücher und Indizes gelten bei Bestellung und Zitierung besondere
Signatursysteme



Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 89

Reference number of holding
I. HA Rep. 89
Extent
Umfang: 678 lfm, (34.533 VE); 678 lfm (34.533 VE)
Language of the material
deutsch

Context
Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Staatsoberhaupt

Date of creation of holding
Laufzeit: 1806 - 1924

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19.08.2025, 12:19 PM CEST

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  • Bestand

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  • Laufzeit: 1806 - 1924

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