Bestand
Kleve-Märkische Regierung, Landessachen (Bestand)
Landeshoheit (3);
Rechtssprechung (8); Reichs- und Kreisangelegenheiten (9);
Beziehungen zu Auswärtigen (288); Adel (68); Landtag (34);
Militaria (51); Münze (5); Juden (2); Ämter, Gerichte und
Herrschaften (146); Renteien (13); Steuerverwaltung,
Dienstregulierung (58); Freigüter, Freigrafen (19); Reichshöfe,
Hofesgerichte (31); Kommunalangelegenheiten (98);
Gesundheitswesen (5); Gewerbe, Handel, Industrie (31);
Bergwerke, Salinen (45); Schifffahrt, Verkehr (16); Mühlen (2);
Jagd, Fischerei (20); Gehölze, Marken, Weiden (85);
Kirchenpolitik (49); Kirchenorganisation, geistliche
Gerichtsbarkeit (31); Kirchen-, Schul- und Armenwesen in
märkischen Klöstern und Stiften (9); desgleichen in märkischen
Gemeinden (456); desgleichen in auswärtigen Gemeinden
(15).
Bestandsgeschichte: Im
frühen 14. Jh. Ausbildung einer Kanzlei, um 1486/1501
Einrichtung eines ständigen Ratskollegiums zu Kleve. Ende des
16. Jhs. Loslösung der Rechenkammer bzw. der
Hofgerichtsreferenten von Landesrat und Landkanzlei. 1611
zusätzliche Einrichtung eines Geheimen Rats durch den
brandenburg-preußischen Statthalter, um 1625 Vereinigung beider
Kollegien. Im 17. Jh. Ausgliederung von Amtskammer und
Steuerkommissariat sowie Umbenennung des Geheimen Rats in
Geheime Regierung. 1723 Ressortteilung mit der Kriegs- und
Domänenkammer; 1749 Vereinigung mit dem Hofgericht zu Kleve.
1797 Verlegung des Hoheitsdepartements der Regierung nach
Emmerich; 1803 dieses und das Justizdepartement mit der
Landesregierung zu Münster vereinigt. Akten aufgeteilt zwischen
dem LAV NRW R und LAV NRW W (hier die Spezialakten betreffend
die Grafschaft Mark, Soest und Lippstadt).
Form und Inhalt:
Territorial- und Behördengeschichte
Das
Territorium der Grafschaft Mark wurde von den Grafen von der
Mark im Lauf des 12., 13. und besonders des 14. Jahrhunderts
zusammengefügt. Die Landesherrschaft wechselte 1398 zu den
Grafen (seit 1417: Herzögen) von Kleve, die damals aus dem
märkischen Hause stammten. Deren Lande von Kleve, Mark und
Ravenstein konnten 1521 mit denen von Jülich, Berg und
Ravensberg vereinigt werden. Nach Aussterben der klevischen
Herzogslinie 1609 teilten sich die Kurfürsten von
Brandenburg-Preußen und die Pfalzgrafen von Pfalz-Neuburg das
Erbe. Kleve-Mark-Ravensberg fielen dabei 1614 bzw. 1666 an
Brandenburg-Preußen, dessen Kurfürsten bzw. (ab 1701) Könige bis
1806 märkische Landesherren waren.
Nach Abschluss des
territorialen Formungsprozesses im 14. Jahrhundert grenzte die
Grafschaft Mark im Raum zwischen Hellweg und Süderland im Norden
an das kurkölnische Vest Recklinghausen und das Fürstbistum
Münster, im Osten an das kurkölnische Herzogtum Westfalen, im
Süden an die Reichsherrschaft Homburg sowie im Westen an das
Herzogtum Berg, an das Reichsstift Essen und an die Reichsabtei
Werden. Eingesprengt blieben die Gebiete der Reichsstadt
Dortmund, des Essendischen Gerichts Huckarde und der Grafschaft
[Hohen-]/Limburg. Im Gericht Valbert musste man sich mit dem
Erzbischof von Köln in ein Kondominat teilen.
An
Lippstadt besaßen die Grafen von der Mark seit 1336 bzw. 1376
Pfandrechte, die Herzog Johann (I.) von Kleve 1445 zu einer
Samtherrschaft (zusammen mit den Edelherren zur Lippe) ausbauen
konnte. Ein Jahr zuvor hatte sich die ehemals kurkölnische Stadt
Soest dem Herzog freiwillig unterstellt. Soest und die Börde
sowie Lippstadt zählten damit zwar nicht zum märkischen
Territorium, doch wurden sie mit diesem von Kleve aus immer mehr
als Verwaltungseinheit betrachtet.
Die eigene Rolle
der beiden Städte Soest und Lippstadt kam auch dadurch zum
Ausdruck, dass sie auf den märkischen bzw. (seit 1510)
kleve-märkischen Landtagen der Landstände nur in Sonderstellung
vertreten waren. Regulär gehörten zu dieser politischen
Körperschaft, die das Land gegenüber dem Landesherren vertrat,
die landtagsfähigen Adeligen und Städte. Zur Städtekurie der
märkischen Landstände zählten aber nur die sechs sog.
Hauptstädte (Hamm, Iserlohn, Kamen, Lünen, Schwerte,
Unna).
Bis zum 15. Jahrhundert hatte das Territorium
der Grafschaft Mark mit Soest und Lippstadt nicht nur die äußere
Gestalt, sondern auch seine innere Organisation in Form einer
Amtsverfassung gewonnen. Sie gliederte den Raum zwischen Hellweg
und Süderland in einzelne Verwaltungs- und Gerichtsbezirke,
nämlich die größeren Ämter und die kleineren Herrschaften bzw.
(Eigen-)Gerichte (später auch: Jurisdiktionen). Die Ämter
konnten ihrerseits in (Go-)Gerichte unterteilt sein. Sie setzten
sich jeweils aus verschieden großen bzw. privilegierten
kommunalen Verwaltungseinheiten zusammen. Dazu zählten die Höfe
und Hofes-Verbände, Bauerschaften und Kirchspiele, Marktorte und
Flecken (als ländliche Siedlungsformen) bzw. die Minderstädte
(Freiheiten), Kleinen (nicht landtagsfähigen) Städte und
Hauptstädte (als städtische Siedlungsformen).
Die
Amtmänner (Drosten) und Richter übten die inneren
Verwaltungsfunktionen zusammen mit der niederen (Brüchten-)
Gerichtsbarkeit aus. Für die Steuererhebung waren unter der
Aufsicht des Amtmanns die Rezeptoren tätig, die nicht vom
Landesherren ernannt waren, sondern auf Versammlungen der freien
Amtseingesessenen (Erbentagen) gewählt wurden. Die
Bewirtschaftung des landesherrlichen Domanialbesitzes lag bei
den Rentmeistern. Der Mittelpunkt ihres Zuständigkeitsbereiches
(Rentei) lag meist am Ort eines Amtssitzes, doch brauchten die
Rentei- nicht wie die Amtsgrenzen zu verlaufen. Für die Einnahme
des landesherrlichen Zolls gab es besondere Verwaltungsbeamte;
desgleichen für die Wahrung bzw. Ausübung der Bergwerks-, Jagd-
oder Forstrechte des Landesherren.
Die Organisation
der lokalen Verwaltung und Rechtsprechung wurde im 17. und 18.
Jahrhundert unter Brandenburg-preußischer Herrschaft zunächst
durch neue Formen der (Steuer-)Kommissariats- und
Militärverwaltung verändert. Seit 1735 war die Grafschaft Mark
auch in Kantone gegliedert, aus denen das Infanterieregiment
[altpr. Nr. 9] zu Hamm seine Rekruten zog. Im Rahmen der
friderizianischen Rechtsreformen kam es schließlich 1753 zu
einer grundsätzlichen Neuordnung der zivilen Lokalverwaltung.
Die Vielzahl der alten Ämter und Gerichte wurde beseitigt und
wenige neue, nun getrennte Verwaltungs- und Gerichtsbezirke
eingerichtet. Die Grafschaft Mark bestand fortan aus vier Land-
und zwei Städtekreisen sowie sechs Landgerichtsbezirken.
Zwischen den Fürsten und ihren Lokalverwaltungsorganen war
immer eine vermittelnde Instanz in Gestalt von Beratern (Räten)
eingeschaltet. Dieser Kreis von landesherrlichen Beamteten, der
sich im Lauf der Zeit zu einem festen Ratskollegium und später
zu einer Regierung formierte, kontrollierte, lenkte und
verhandelte die Angelegenheiten der weltlichen und geistlichen
Verwaltung und Rechtsprechung.
Eine solche
Beratergruppe war um den Grafen von der Mark sicher bereits im
14. Jahrhundert versammelt. Auch am klevischen Hof bildete
(schon um 1290) ein bestimmter Personenkreis einen Rat, zu dem
die Inhaber der Hofämter, Räte "bei Hofe" und Räte "von Haus
aus" (mit Wohnsitz im Territorium) gehörten. Im 15. Jahrhundert
kümmerten sich diese Räte zu Kleve um alle Angelegenheiten der
kleve-märkischen Landesverwaltung und Rechtsprechung. Zur
Erledigung des dabei anfallenden Schriftverkehrs diente ihnen
eine Schreibstube mit Sekretären und Kopisten. Diese wurden vom
Kanzler als dem Spitzenbeamten der Zentralverwaltung
beaufsichtigt. Nicht minder wichtig war der Landrentmeister, der
die Zentralkasse führte.
Um 1490/1500 versuchten die
Landstände, Einfluss auf die Zentralverwaltung zu gewinnen. Aber
mehr noch wurde das System zu Beginn des 16. Jahrhunderts durch
die Vereinigung von Kleve-Mark mit Jülich-Berg verändert. Da der
klevische Herzog meist im "Hoflager" zu Düsseldorf weilte, wurde
dort ein Hofrat gebildet. Dorthin entsandte der Rat zu Kleve den
Kanzler und bestimmte Quartierräte, wenn gemeinsame
Angelegenheiten etwa der Außen- oder Konfessionspolitik zu
beraten waren.
Die damit einsetzende Mediatisierung
des Rates zu Kleve begünstigte gleichzeitig eine wechselnde
Selbständigkeit der Räte in Angelegenheiten der kleve-märkischen
Landesverwaltung. Der Umfang ihrer Aufgaben stieg ständig, so
dass neben dem Rat und seiner Landkanzlei weitere neue
Behördenkollegien gebildet wurden. Um 1550 nahm die Rechenkammer
(mit Landrentmeister und Rechenmeistern) ihre Arbeit in der
Finanz- und Renteiverwaltung auf. Für die herzogliche
Rechtsprechung wurden 1575 Referenten des Hofgerichts bestallt.
Sie bearbeiteten die anhängigen Prozesse (Appellationen von den
Untergerichten; Erstverfahren der von den Untergerichten
Eximierten) und legten dann die Akten den Räten zur
Urteilsfällung vor.
Die äußere Mediatisierung der
Behörden zu Kleve und ihre innere Spezialisierung verbanden sich
am Ende des 16. Jahrhunderts mit einer erneuten Einflussnahme
der Landstände auf die Landesregierung. Sie mussten sich darum
kümmern, da dem geistesschwachen letzten klevischen Herzog die
Zügel mehr und mehr aus der Hand glitten. Aber ebenso
zwangsläufig kam es zu einem Konflikt, als die Kurfürsten von
Brandenburg-Preußen und ihre Statthalter zu Kleve im 17.
Jahrhundert versuchten, die Behördenorganisation nach ihren
absolutistischen Vorstellungen neu zu gestalten.
Diese Bestrebungen begannen 1611 mit der Ernennung eines
Geheimen Rats zu Kleve, der dem alten (Landes-)Rat immer mehr
Kompetenzen entzog. Sie mündeten schließlich in einen
politischen Kampf, den der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg-Preußen mit den Kleve-Märkischen Landständen von
1640 bis 1660/61 führte. Bei der Behördenorganisation einigte
man sich schließlich auf ein Verwaltungssystem, das alte und
neue Formen miteinander verband.
Das Hofgericht
bildete nun ein selbständiges Kollegium neben den Geheimen Räten
der Regierung bzw. stand zu dieser in konkurrierender
Gerichtsbarkeit. Die Regierung war nach wie vor für die innere
Landesverwaltung zuständig, wobei sie auch die Renteiverwaltung
der Amtskammer beaufsichtigte. Mehr und mehr von der Regierung
losgelöst wurde dagegen das Oberkommissariat, das die
Steuererhebungen vornahm und Militärsachen bearbeitete. In
diesem Punkt hatte sich der Kurfürst durchgesetzt, während die
Landstände ihre Forderung behauptet hatten, dass in die
Behördenstellen nur eingeborene und im Land begüterte Beamte
eingesetzt werden durften.
Seit etwa 1680 verstärkte
sich die Tendenz, die Behörden zu Kleve den
Zentralverwaltungsorganen zu Berlin strikt nachzuordnen und so
endgültig zu Provinzialkollegien zu machen. Dies wurde zunächst
bei den Kommissariaten und spätestens seit 1702 (durch die
Gründung des Oberappellationsgerichts, des späteren
Obertribunals) auch bei der Kleve-Märkischen Regierung und dem
Hofgericht erreicht. Die weiteren Impulse zur Vereinheitlichung
in Verwaltung und Rechtsprechung in der preußischen Monarchie
gingen in der Folge stets von der Zentralgewalt aus.
So entsprach der Gründung des Generaldirektoriums zu Berlin
1723 die der Kriegs- und Domänenkammer zu Kleve, die seitdem für
alle Angelegenheiten der inneren, Finanz- und Domänenverwaltung
zuständig war. Bei der Kleve-Märkischen Regierung ressortierten
dagegen die Hoheits-, Grenz-, Lehens-, Justiz-, Kirchen- und
Schulsachen. Sie übernahm 1749 auch die Rechtsprechung des
Hofgerichts und formierte dafür neben dem Hoheits- auch ein
Justizdepartement, die beide mit Geh. Räten auf einer adeligen
bzw. gelehrten "Bank" besetzt wurden. Die Regierung
beaufsichtigte darüber hinaus die Tätigkeit des Kriminalkollegs,
der (etwa Staatsanwälten vergleichbaren) Fiskalbeamten des
Officium Fisci, des Pupillen- (Vormundschafts-)Kollegs und des
reformierten Consilium Ecclesiasticum (zur Verwaltung von
Kirchengut). Mit diesen Kompetenzen war die Behörde dem
Preußischen Kabinettsministerium, dem Lehensdirektor und dem
Geheimen Etatsrat zu Berlin (bzw. dem diesen angegliederten
Oberkonsistorium, Obertribunal und Oberfiskalat)
unterstellt.
Die politischen Neuordnungen der
preußischen Provinzen im deutschen Nordwesten, die nach dem 1.
Koalitionskrieg gegen Frankreich ab 1792/93 bzw. den
Friedensschlüssen zu Basel 1796 und Lunéville 1801 sowie dem
Reichsdeputationshauptschluss 1803 erfolgten, führten u. a. zur
Auflösung der Kleve-Märkischen Regierung. Ihre Geschäfte gingen
1803 an die neugebildete Landesregierung zu Münster über. Damit
hatte die rund fünfhundertjährige Geschichte der Regierung zu
Kleve und ihrer Vorläuferbehörden ein Ende gefunden.
Archivgeschichte, Bestandsbildung
und Erschließungsmethode
Die Geschichte
des Schriftguts der Kleve-Märkischen Regierung wurde durch den
Sitz der Behörde im klevischen Grenzland geprägt. Die
archivische Bestandsbildung ist vom Übergreifen ihres
Verwaltungsbereichs in die Sprengel des Hauptstaatsarchivs
Düsseldorf (Herzogtum Kleve) und des Staatsarchivs Münster
(Grafschaft Mark mit Soest und Lippstadt) charakterisiert.
Die ältesten Urkunden der Grafen von der Mark lagen bis
1410 in den landesherrlichen festen Häusern zu Altena, Iserlohn
und Wetter. Sie wurden dann von Graf Adolf IV./II. von
Kleve-Mark auf die Schwanenburg zu Kleve gebracht, wo sich im
Spiegelturm schon die klevischen Urkunden befanden. Gemeinsam
bildeten sie das "Archivum primum" des Rates bzw. der späteren
Regierung zu Kleve. Das "Archivum secundum" oder "Archivum
Regiminis" (d.h. genauer, die Altregistratur) der Behörde setzte
sich dagegen aus den parallel zur Urkundenausstellung geführten
Registerbänden sowie den Amtsbüchern und Akten zusammen, die im
Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts durch Verwaltung und
Rechtsprechung entstanden.
Zu Beginn des
17. Jahrhunderts waren die Dokumente wohl schon in Unordnung
geraten. Die klevischen Quartierräte hatten wichtige Unterlagen
in das herzogliche Hoflager nach Düsseldorf mitgenommen, wo sie
nach Abschluss der Vorgänge leicht im dortigen Archiv
verschwanden. Die in Kleve verbliebenen Akten mussten um 1600
spanischen Einquartierungen als Bodenstreu dienen. Die
wechselseitigen Auslieferungen von Registraturteilen, die in den
Verträgen des Erbfolgestreits 1614, 1624 und 1629 von
Brandenburg-Preußen und Pfalz-Neuburg vereinbart worden waren,
schufen weitere Verwirrung in ihrer Anordnung. Im
Dreißigjährigen Krieg sowie in den Kämpfen zwischen Frankreich
und dem Großen Kurfürsten wurde das Schriftgut der
Kleve-Märkischen Regierung mehrmals in Kisten oder Tonnen
verpackt und teils auf dem Landweg, teils per Schifftransport in
befestigte Plätze ausgelagert - wie es z. B. der Archivar Dr.
Adolph Wüsthaus in der "wunderbarlichen Clevisch-Märkischen
Archivflucht von den Jahren 1672 und 1679" geschildert
hat.
Das "Archivum secundum" war nach
Wüsthaus' Bericht gegliedert in die
··
Registerbücher;
· Acta publica;
· Acta
privata;
· Registratur der Amtskammer.
Vor
allem die älteren Schriftgutteile dürften bereits um 1700 durch
Feuchtigkeit und falsche Lagerung sehr gelitten haben. So
befanden sich die Akten und Amtsbücher im Einzelnen zu Anfang
des. 18. Jahrhunderts in "nicht geringer Confusion und
Unordnung"; insgesamt aber ließen sie sich um 1730 drei
Hauptgruppen mit nachfolgenden Untergruppen zuweisen ("Ad
Capsulam Archivi ...“):
·· Hoheitssachen und
Publica;
· Kirchensachen und Benefizien;
·
Feudalsachen.
Schon um 1680 hatte die
Regierung umfangreichere, kurrente Registraturteile der Finanz-
und Steuerverwaltung an das Oberkommissariat zu Kleve abgegeben.
Von dort gelangten sie nach 1723 zur Kriegs- und Domänenkammer
zu Kleve, die in der Folgezeit auch die Rentei- und
Polizeiverwaltungsakten der Regierung übernahm. In deren
"Archivum secundum" verblieben von diesen Sachbetreffen nur
wenige, ältere Akten, die von der Kammer für die laufenden
Geschäfte nicht benötigt wurden. Diese Akten befinden sich heute
noch im Bestand "Kleve-Märkische Regierung, Landessachen",
während die Kammerakten einen eigenen Weg nahmen und dabei
ihrerseits starke Verluste erlitten. Die Reste liegen heute im
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf und im Staatsarchiv Münster
(Bestände Kriegs- und Domänenkammer zu Kleve bzw. zu Kleve und
zu Hamm).
Das "Archivum secundum" der
Kleve-Märkischen Regierung zerfiel nach diesen Abgaben,
abgesehen von der Reihe der Registerbücher und den Lehensakten,
nur mehr in zwei Hauptgruppen mit nachfolgenden Untergruppen
("Ad Capsulam Archivi...“):
··Politica (Landeshoheit,
Beziehungen zu Auswärtigen, Justizverwaltung und Appellationen,
Verhandlungen mit den Landständen, älteres Schriftgut zur
inneren Landesverwaltung);
·Ecclesiastica
(Kirchenpolitik und -Organisation, Verwaltung bzw.
Beaufsichtigung der Stifter, Pfarrkirchen, Schulen, Armenfonds,
Waisenhäuser usw.).
Innerhalb der Haupt-
bzw. Untergruppen war das Schriftgut so weit wie möglich (im
Fall von Spezialakten) nach Ortsbetreffen gegliedert.
Erneute Unordnung und weitere Verluste ergaben sich bei den
Archivauslagerungen, die 1756 nach Ausbruch des Siebenjährigen
Krieges und nach 1793 infolge der französischen Besitznahme des
linksrheinischen Kleve bzw. der Verlegung des Regierungssitzes
nach Emmerich erfolgten. Die nun "Cleve-Märkisches Archiv"
genannte Registratur befand sich von 1796 bis 1804 zu Minden. Da
die Kleve-Märkische Regierung 1803 aufgelöst worden war, wurden
die Akten und Amtsbücher zusammen mit den Urkunden des alten
"Archivum primum" zwischen 1806 und 1809 im Franziskanerkloster
zu Hamm deponiert. Natürlich erlitt der Schriftgutkörper auch
bei diesen Bewegungen Verluste - die aber noch größere Ausmaße
annahmen, als sich die Beamten des Großherzogtums Berg die ihnen
wichtigen Verwaltungsunterlagen aneigneten.
Im
Zusammenhang der Neuordnung der preußischen Provinz Westfalen
wurde der übriggebliebene Archivteil um 1815 zur Regierung nach
Arnsberg gebracht. Dort begann 1826 die Aufteilung der Urkunden,
Amtsbücher und Akten, die in drei Hauptetappen bis 1880, um 1916
und bis 1954/56 erfolgte und das Schriftgut - unter
Berücksichtigung archivtheoretischer Grundsätze bzw. über
wechselseitigen Austausch - im Wesentlichen dem heutigen
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (Kleve-Märkische Generalia und
Klevische Spezialia) und dem Staatsarchiv Münster (Märkische
Spezialia) zuwies.
Im Staatsarchiv Münster beruhten
die Dokumente zunächst als "Cleve-Märkisches Landesarchiv" (C.
M. LA). Bei einer provenienzgerechteren Ordnung des Bestandes
wurden um 1955 zunächst die Lehensbetreffe herausgenommen und
wie die Verhandlungen mit den Landständen als eigene
Unterbestände formiert (StA Ms, Kleve-Märkische Regierung,
Lehenssachen; StA Ms, Kleve-Märkische Regierung,
Landtagssachen). Die danach noch nötige Neubearbeitung des
Hauptbestandteils Kleve-Märkische Regierung, Landessachen
erfolgte 1980 bis 1983.
Bei der
Verzeichnung konnten folgende Behördensignaturen-Typen
festgestellt werden:
··Ältere Kapselarchiv-Signatur
("Ad Capsulam Archivi" und Sachordnungsbetreff, danach eventuell
Ortsbetreff);
·Jüngere Kapselarchiv-Signatur ("Ad
Capsulam Archivi" und Ortsbetreff, danach "Pol." oder
"Eccles".);
·Signaturengruppe aus der Zeit 1809/1812
? (Fach und Nummer);
·Signaturengruppe der Regierung
zu Arnsberg ("Reponierte Registratur der Kirchen- und
Schulverwaltung", Tit., Sect., Buchstabe, Generalia oder
Specialia).
Auch die alten Münsterschen
Archivsignaturen waren zum Teil in mehreren Abstufungen neben-
und durcheinander geschichtet (Typ: arabische Ziffer,
nachfolgend arabische oder römische Ziffer, Buchstabe, Teil oder
Heft usw.). Daher wurden bei der Verzeichnung neue Signaturen
nach Numerus currens vergeben (vgl. dazu Bd. 2,
Konkordanz).
Insgesamt wurden 1689 Nummern vergeben.
Soweit sie nicht schon zu dem bis 1870 im Staatsarchiv
eingelagerten Altbestand "Cleve-Märkisches Landesarchiv"
gehörten, gelangten sie dorthin hauptsächlich durch weitere
Abgaben der Regierung zu Arnsberg bzw. über den Austausch mit
dem Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (vgl. dazu den alten
Düsseldorfer Archivsignaturen-Typ: römische Ziffer, eventuell
Großbuchstabe, arabische Ziffer, eventuell Kleinbuchstabe oder
Teilangabe). Der überwiegende Teil dieses Schriftgutes stammt
provenienzmäßig vom Rat zu Kleve bzw. der Kleve-Märkischen
Regierung sowie von jenen (Justiz-)beamten, die für diese
Behörden in Kommission arbeiteten. Die wenigen Fremdprovenienzen
(v. a. Nachfolgebehörden) wurden im Bestand belassen, jedoch bei
der Verzeichnung als solche ausgeworfen.
Die
Klassifikation der Titel erfolgte deduktiv, aber auch mit Blick
auf die Ordnung der kleve-märkischen Akten im Hauptstaatsarchiv
Düsseldorf bzw. des Bestandes der ersten Nachfolgebehörde (StA
Ms, Landesregierung zu Münster). Die einzelnen Hauptgruppen
wurden in Anlehnung an die historische Einteilung in "Politica"
und "Ecclesiastica" aneinandergereiht. Bei den "Ecclesiastica"
ist unter 28. bzw. 29-, ”Kirchen-, Schul- und Armensachen in ...
Gemeinden“, der Begriff "Gemeinde" nicht nur im Sinn einer fest
umrissenen juristischen Person, sondern auch in der Bedeutung
"religionsausübende Gruppe" zu verstehen.
Die
Verzeichnung erfolgte durch Sachtitelvergabe mit Enthält- und
Intus-Vermerken. Für einige Amtsbücher und Akten (v. a. aus
Korrespondentenserien) wird eine weitergehende
"Spezialverzeichnung" in Form von Analysen oder Personenindices
geboten, die in Bd. 2 des vorliegenden Findbuchs stehen. In den
Titeln sind die Ortsnamen und Personenvornamen soweit wie
möglich, Personennachnamen aber nicht immer normalisiert. Weicht
eine Normalisierung stark von der Lesart der Vorlage ab, wird
diese in runden Klammern beigefügt. Für die Wiedergabe der
Präposition "von" gilt als rein verzeichnungstechnische
Konvention, dass sie bei Schriftstücken vor 1600 gemäß den
Vorlagen mit "van", danach mit "von" wiedergegeben ist. Die
Entscheidung darüber, ob diese Präposition im jeweiligen Fall
nur als normale Herkunftsbezeichnung (im Sinn von ”aus“) oder
auch als Adelsprädikat steht, wurde der Arbeit am Index (im Bd.
2) vorbehalten.
Für weitere Einzelheiten der
Erschließungsmethode, besonders für die dabei verwendeten
Siglen, vgl. die folgenden "Hinweise für den
Benutzer".
- Bestandssignatur
-
D 002
- Umfang
-
1.704 Akten.; 1704 Akten.
- Sprache der Unterlagen
-
German
- Kontext
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 1. Territorien des Alten Reiches bis 1802/03 einschließlich Kirchen, Stifter, Klöster, Städte u.ä. >> 1.4. Preußisches Westfalen (D) >> 1.4.1. Grafschaft Mark mit Soest und Lippstadt >> 1.4.1.1. Verwaltungs- und Justizbehörden, Landstände >> Kleve-Märkische Regierung
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Johann J. Scotti (Hg.), Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in dem Herzogthum Cleve und in der Grafschaft Mark [... 1418-1816 ...] ergangen sind, Bde. 1-5, Düsseldorf 1826; Jürgen Kloosterhuis, Fürsten - Räte - Untertanen. Die Grafschaft Mark, ihre lokalen Verwaltungsorgane und die Regierung zu Kleve, in: Der Märker 35 (1986), S. 3-25, 76-84, 104-111, 147-164; Wilfried Reininghaus, Jürgen Kloosterhuis (Bearbb.), Das ”Taschenbuch Romberg“. Die Grafschaft Mark in der preussischen Statistik des Jahres 1804, Münster 2001.
Für eine ausführliche Darstellung der hier nur im Abriss gezeichneten Territorial- und Behördengeschichte, die auch die wichtigste landesgeschichtliche Literatur nachweist, vgl.
J. Kloosterhuis: Fürsten, Räte, Untertanen. Die Grafschaft Mark, ihre lokale Verwaltung und die Regierung zu Kleve. In: Märker, 35, 1986, S. l ff.
- Bestandslaufzeit
-
(1213) 1400-1816
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1213) 1400-1816