Archivbestand
Sölle, Dorothee (Professorin für Systematische Theologie) (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Dorothee Nipperdey wurde am 30. September 1929 in Köln geboren. Ihr Vater war der Arbeitsrechtler und erste Präsident des Bundesarbeitsgerichts Hans Carl Nipperdey, ihr Bruder war der Historiker Thomas Nipperdey. Sie studierte evangelische Theologie, klassische Philologie, Philosophie und Literaturwissenschaft an den Universitäten in Köln, Freiburg und Göttingen. Nach ihrem Staatsexamen 1954 und ihrer Dissertation bei Wolfgang Kayser über die Nachtwachen von Bonaventura war sie bis 1960 als Lehrerin am Mädchengymnasium in Köln-Mühlheim tätig. 1954 heiratete sie den Maler Dietrich Sölle, von dem sie 10 Jahre später wieder geschieden wurde.
Nach einer zweijährigen Zeit als Schriftstellerin und freie Mitarbeiterin am Rundfunk war sie zunächst als wissenschaftliche Assistentin am Philosophischen Institut der Technischen Hochschule Aachen tätig und wechselte dann 1964 als Studienrätin in den Hochschuldienst am Germanistischen Institut der Universität Köln. 1971 habilitierte sie sich mit einer Studie „Realisation, Studien zum Verhältnis von Theologie und Dichtung nach der Aufklärung“ an der Philosophischen Fakultät der Universität Köln und arbeitete als Privatdozentin für Neuere deutsche Literaturgeschichte. 1975-1987 war sie am Union Theological Seminary in New York auf dem Lehrstuhl von Paul Tillich als ordentliche Professorin für Systematische Theologie tätig. Hier konnte sie ihrer in Deutschland mit ablehnender Haltung begegneten Verbindung von Theologie und Poesie nachgehen. Einen Lehrstuhl an einer deutschen Universität erhielt sie nie.
1968 war sie Mitinitiatorin des Politischen Nachtgebets, das vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges erstmals auf dem Deutschen Katholikentag in Essen veranstaltet wurde. Bis 1972 fand monatlich in der Kölner Antoniterkirche ein Nachtgebet statt, das politische Information und Diskussion mit biblischer Meditation und Predigt verband. Der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings verbot 1972 die Durchführung in den Kölner katholischen Kirchen.
1969 heiratet sie in zweiter Ehe den ehemaligen Benediktinermönch Fulbert Steffensky, der auch einer der Mitbegründer des Politischen Nachtgebets war. Steffensky wirkte als Professor für Erziehungswissenschaften in Köln und ab 1975 Professor für Religionspädagogik an der Universität Hamburg.
Sölle verband Glaube, Beten, Politik und Handeln. In ihrer Autobiografie Gegenwind schreibt sie: „Jeder theologische Satz muss auch ein politischer sein.“ 1972 reiste sie nach Nordvietnam.
Sölle wirkte in der Friedensbewegung und vielen linken kirchlichen Gruppen und Organisationen mit. 1983 kam es zu Eklat, als sie vor dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Vancouver sagte: „Ich spreche zu Ihnen als eine Frau, die aus einem der reichsten Länder der Erde kommt, einem Land mit einer blutigen, nach Gas stinkenden Geschichte.“ Zuvor war sie schon zweimal wegen versuchter Nötigung vor Gericht, einmal wegen der Sitzblockade gegen Nato-Mittelstreckenraketen in Mutlangen und einmal im Zuge eines Protests gegen das US-Giftgasdepot in Fischbach. Beide Male wurde sie verurteilt, aber beide Urteile wurden später durch höhere Instanzen wieder aufgehoben.
1984 besuchte sie auf Einladung der dortigen Regierung Nicaragua und beschäftigte sich mit Sandinistischen Bewegung und der lateinamerikanischen Befreiungstheologie. Später schrieb sie einen Beitrag für die Festschrift von Ernesto Cardenal. Als Schriftstellerin und Rednerin war sie weltweit bekannt und gefragt.
Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland beschäftigt sie sich mit ihrem großen Alterswerk Mystik und Widerstand, in dem sich mit dem Verhältnis von Mystikern zu ihrer Gesellschaft in verschiedenen Zeiten beschäftigt. Für ihr Werk war die Verbindung von alltäglichen Lebenserfahrungen mit theologischen Inhalten von großer Bedeutung, wobei sie auch immer wieder Kritik an der Allmachtsvorstellung Gottes übte.
Dorothee Sölle starb am 27. April 2003 nach einer Lesung in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Sie ist auf dem Friedhof Nienstedten in Hamburg beerdigt.
- Bestandssignatur
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Sölle, Dorothee (Professorin für Systematische Theologie) Sölle, Dorothee (Professorin für Systematische Theologie) Sölle, Dorothee (Professorin für Systematische Theologie)
- Umfang
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3 lfd. Meter
- Kontext
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Landeskirchliches Archiv der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland (Archivtektonik) >> 5 Nachlässe, Handakten und personengeschichtliche Sammlungen
- Verwandte Bestände und Literatur
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Literatur: Baltz-Otto, Ursula: Sölle, Dorothee. In: Stolberg-Wernigerode, Otto zu (Hrsg.): Neue deutsche Biographie, Bd. 24, Berlin 2010, S. 530-532.
Ludwig, Ralph: Die Prophetin. Wie Dorothee Sölle Mystikerin wurde, Berlin 2009.
Wind, Renate: Dorothee Sölle 1929-2003. In: Frauenwerk der Nordkirche und Landesbibliothek Schleswig-Holstein (Hrsg.): "...von gar nicht abschätzbarer Bedeutung". Frauen schreiben Reformationsgeschichte, Kiel 2016, S. 170-175.
- Indexbegriff Ort
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Kiel
- Bestandslaufzeit
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1942-2005
- Weitere Objektseiten
- Provenienz
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Sölle, Dorothee
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
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16.10.2025, 12:16 MESZ
Datenpartner
Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Archivbestand
Entstanden
- 1942-2005