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Porträt von Frans Floris
"Der auf dem Stich dargestellte Frans Floris (1519/20-1570) war einer der angesehensten Maler seiner Zeit. Sein Stil war beeinflußt von italienischen Bilderfindungen, er selbst hielt sich vermutlich in den frühen 40er Jahren des 16. Jahrhunderts in Italien auf. Domenicus Lampsonius und Hieronymus Cock gaben zusammen die Serie über die berühmtesten Künstler Deutschlands und der Niederlande 1572 heraus. Jedem der dreiundzwanzig halbfigurigen Bildnisse ist ein von Lampsonius verfaßter lateinischer Vers gewidmet. In diesen Zeilen wird dem verdienstvollen Künstler gehuldigt, der durch seinen Erfolg zur Nachfolge anregen sollte. Neben dem Künstlerlob, daß vor allem auch der sozialen Erhöhung des Berufsstandes dienen sollte, sollte ein Kompendium der „germanischen“ Künstler zusammengestellt werden. Diese Bestrebungen sind im humanistischen Geist der Zeit begründet. Der vielseitig gelehrte Mensch ist ein Ideal des 16. Jahrhunderts. Einige Jahre später entsteht in Anlehnung an Vasari das Malerbuch des Karel van Mander, das ebenfalls niederländischen und deutschen Künstlern gewidmet ist. - Der vorliegende Stich wurde von Simon Frisius in einer weiteren Auflage 1610 für den Verleger Hendrick Hondius nach der älteren Vorlage gestochen und mit den gleichen Versen beschriftet. Die Hondius-Serie umfaßte schon 68 Bildnisse, und wie bei Lampsonius/Cock wurden Selbstbildnisse oder Porträts als Vorbilder genommen. Meist handelte es sich um ein halbfiguriges Bildnis, welches den Künstler bei der Arbeit oder mit Attributen seiner Kunst oder Gelehrsamkeit zeigt. - In diesem Bild sitzt der Maler auf einem Stuhl und hält Maltafel, Pinsel und Palette in den Händen. Die Tafel zeigt einen gestrichelten weiblichen Akt. Ihre statuarische, in sich gebundene Haltung mag auf eine Statue deuten, die den Künstler als gelehrten Rezipienten der Antike ausweisen könnte. Trotz des gezeigten Malvorganges sind die Utensilien eher attributiv zu verstehen. Dieses „decorum“ und die Verse unterhalb des Bildes vermitteln das durch den gelehrten Maler verkörperte Ideal des „pictor doctus“. Die Hände und der Kopf wirken an den massigen Körper wie angestückelt. Besonderes Gewicht wird dabei auf vermeintlichen Porträtkopf gelegt, dessen Züge jedoch stark stilisiert sind. Die in Falten gelegte Stirn, die gerade Nase und die großen, sinnenden Augen sind idealisiert. - Die Wendung der Figur zum Betrachter geschieht über eine dreifache Achse, erstens ist der Oberkörper leicht gedreht, zweitens vollzieht der Kopf eine noch stärkere Drehung und letztlich blickt das Augenpaar den Betrachter beinah an. Dadurch wird eine Räumlichkeit erzeugt, die jedoch durch den undefinierten Hintergrund wieder zurückgenommen wird."
- Alternativer Titel
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Bildnis des Frans Floris Aus: Pictorum aliquot celebrium praecipue germaniae inferiosris effigies
- Standort
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Georg-August-Universität Göttingen / Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität, Göttingen
- Inventarnummer
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D 1977/12
- Maße
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Höhe: 206 mm
Breite: 126 mm
- Material/Technik
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Papier; Kupferstich
- Inschrift/Beschriftung
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Marke: Göttinger Bibliotheksstempel
Gravur: FRANCISCO FLORO ANVERPIANO, / PICTORI // Si pictor quantum natura, Flore, valebas, / Tantum adiunxißes artis et ipse tibi, / Dum tibi multa libet potius, quam pingere multum, / Nec mora te limae iusta, laborque iuuat: / Cedite clamarem, pictores, omnibus oris / Quos vel aui, nostri vel genuêre patres. Dem Maler Frans Floris aus Antwerpen // Wenn du dir soviel, wie du als Maler von Natur aus vermochtest, Floris, / selbst auch an Kunstfertigkeit erworben hättest / – während dir [in Wirklichkeit] vieles mehr gefällt, als viel zu malen, / und dich nicht die der Feile gerechte Zeit und die Arbeit erfreuen – /, würde ich in allen Ländern rufen: Weicht ihr Maler, / die unsere Großväter oder Väter hervorgebracht haben. (nach: Ausst. Kat. Göttingen 2017, S.244.)
- Verwandtes Objekt und Literatur
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Beschrieben in: „Hollstein's Dutch and Flemish etchings, engravings and woodcuts / 1450 - 1700 ; [4]“. Sound & Vision Publ., Rotterdam, 2004. (S. 175, Nr. 2034.II)
Beschrieben in: „Gott & die Welt : niederländische Graphik des 16. Jahrhunderts aus der Kunstsammlung der Universität Göttingen ; [Carsten-Peter Warncke zum 60. Geburtstag] ; [Kunstsammlung der Universität Göttingen, 10. Juni bis 8. Juli 2007, Emslandmuseum Schloß Clemenswerth, 2. September bis 31. Oktober 2007, Ostfriesisches Landesmuseum Emden, 17. Februar bis 30. März 2008]“. Cuvillier, Göttingen, 2007. (Nr. 39)
Beschrieben in: N. Orenstein, „Hendrick Hondius. The new Hollstein Dutch & Flemish etchings, engravings and woodcuts, 1450 - 1700 ; [2]“. van Poll [u.a.], Roosendaal, 1994. (S. 95, Nr. 103)
Beschrieben in: D. Yakubovich, „Floris im Wettstreit mit der Natur. Mutter Erde“. Michael Imhof Verlag, Petersberg, S. 244-247, 2017. (Nr. 46)
- Klassifikation
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Zeichnung/Grafik (Hessische Systematik)
Kupferstich (Oberbegriffsdatei)
- Bezug (was)
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Palette
Künstlerbildnis
Vita
Memoria
Malerei, Zeichenkunst und Graphik
Porträt, Selbstporträt eines Künstlers
der arbeitende Künstler (in seiner Werkstatt, seinem Atelier)
- Bezug (wer)
- Förderung
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Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
- Letzte Aktualisierung
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24.04.2025, 12:58 MESZ
Datenpartner
Kunstsammlung der Universität Göttingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Grafik
Beteiligte
Entstanden
- 1610?