Archivbestand

200,101/Nachlass Werner Pöschel (Bestand)

Form und Inhalt: Bestand 200,101/Nachlass Werner Pöschel


Biographische Hinweise

Gottfried Werner Pöschel war von 1955 bis 1992 Diakon der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel und Leiter des dortigen Künstlerhauses "Lydda". Er war zudem freischaffender Künstler und förderte maßgeblich die künstlerische Tätigkeit von Menschen mit Behinderungen in Bethel.

Gottfried Werner Pöschel wurde am 8. Februar 1927 in Kamenz (Sachsen) als Sohn von Emil und Anna Pöschel geboren. Sein Vater war dort Priester einer pietistischen Gemeinschaft. Seine Jugend und Schulzeit verbrachte Werner Pöschel zusammen mit seinem Bruder Ehrenfried Gerhard (geb. 15. Dezember 1924, Kamenz; gest. 14. Juni 1997, Bielefeld) in Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge, wohin der Vater versetzt worden war. Werner Pöschel wurde aus der letzten Klasse der Oberschule herausgenommen, um Arbeitsdienst und Wehrdienst zu leisten. 1944 geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft begann er eine Ausbildung in einer werbegraphischen Werkstatt in Ehrenfriedersdorf, dann folgte ein Studium an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig mit dem Schwerpunkt "Kirchliche Gebrauchsgraphik".

1949 verließ Werner Pöschel die sowjetische Besatzungszone, gelangte über Augustdorf am 27. August 1949 nach Bethel, Bethelweg 4. Hier bewarb er sich am 1. August 1949 als Diakonenschüler und trat in die Diakonenanstalt Nazareth ein. Vom 25. November 1949 bis 6. Januar 1951 war ein Braunfels, Kreis Wetzlar, danach wieder in Bethel, Bethelweg 4, ab 1. Oktober 1951 Maraweg 4, danach ab 1.6.1954 wieder Bethelweg 4.

1955 wurde er als Diakon eingesegnet. Im gleichen Jahr übernahm er die Leitung der Graphischen Werkstatt im Pförtnerhäuschen von Bethel sowie die künstlerische Verantwortung für die Paramentenwerkstatt der damaligen Webeschule. Sein Bruder Gerhard war ebenfalls in Gadderbaum wohnhaft.

Am 27. August 1956 heiratete Werner Pöschel Gerhild Herguth (geb. 1.1.1925, Frankenberg, Kreis Eder; gest. 16. März 2018, Bielefeld). Aus der Ehe gingen zwischen 1957 und 1963 drei Söhne und eine Tochter Kinder hervor. Gemeldet war die Familie ab dem 21. Oktober 1958 unter Saronweg 2, ab dem 12. Juni 1964 unter Maraweg 15.

Schon früh war Werner Pöschel als Gebrauchsgraphiker tätig, entwarf Texte für Wandschmuck, verbesserte die Gestaltung des Nazarethbriefes, fertigte Siegel und Signets für Bethel an und lieferte schließlich auch künstlerische Vorlagen für Textilarbeiten. Ersten Ausstellungen im Künstlerhaus Lydda in Zusammenarbeit mit Benita Koch-Otte zu Themen wie Spielzeug, Puppen und Bilderbüchern folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen eigener Kunstwerke vor allem im westfälischen Raum, wobei der selbst gewählte Künstlername "Petit Frère" ab 1971 Pöschels Markenzeichen wurde. Zu Collagen verarbeitete Fundstücke, sogenannte "Assemblagen", und feine, humorvolle zeichnerische und druckgraphische Arbeiten bildeten das Hauptwerk von Petit Frère.

Schon 1962 wurde das Kinderbuch "Gockelhahn fährt Eisenbahn" veröffentlicht. Im Jahr 1988 publizierte Werner Pöschel zusammen mit Woldemar Winkler die Fibel "Unser ABC-Buch", 1991 folgte in Zusammenarbeit mit Johannes Busch und den Fotografen Jürgen Escher und Paul Schulz das Buch "Mitteilungen. Bilder und Zeichen aus Bethel" über das künstlerische Schaffen einiger Bewohner von Bethel.

Am 10. Juni 1978 wurde Werner Pöschel durch den damaligen Oberbürgermeister Klaus Schwickert (1931-2017) mit dem Kulturpreis der Stadt Bielefeld ausgezeichnet. Für sein besonderes soziales Engagement bei der Arbeit mit Behinderten erhielt Werner Pöschel am 23. Mai 1985 vom Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.

Werner Pöschel wurde im Februar 1992 pensioniert und starb gut zehn Jahre später am 17. Juli 2002 nach langer Krankheit in Bielefeld.


Bestandsgeschichte und Hinweise zur Verzeichnung

Der Nachlass Werner Pöschel wurde 2010 als Schenkung von der Tochter Katharina Pöschel an das Stadtarchiv Bielefeld übergeben.

Bei der Verzeichnung des Bestandes wurden folgende Dokumente und Gegenstände kassiert:

- Sprichwörter-Kartei
- Nicht gelaufene Postkarten/Urlaubskarten
- Reisesouvenirs, Prospekte etc. ohne Bielefeld-Bezug
- Zeitschriften, Bücher und Kataloge ohne Beteiligung Werner Pöschels

Das Bundesverdienstkreuz von Werner Pöschel wurde in den Bestand 400,13/Anstecknadeln, Medaillen, Plaketten und Orden eingepflegt.

Der Bestand wurde vom Oktober 2021 bis Januar 2022 von Heino Siemens verzeichnet.

Nicht verzeichnet wurden großformatige Kunstwerke, teils dreidimensional, für die noch ein geeignetes Museum gefunden werden soll.


Hinweise zur Benutzung

- Archivalienbestellungen: 200,101/Nachlass Werner Pöschel, Nr.

- Zitation: Stadtarchiv Bielefeld oder StArchBi, Best. 200,101/Nachlass Werner Pöschel



Bibliographie


Eigene Veröffentlichungen:

- Gockelhahn fährt Eisenbahn. Bilderbuch zu einem Kinderlied, Wiesbaden 1962
- (mit Anita Hallemann und Anneliese Hochmuth), Die Kinder, Bethel 1965
- (mit Anneliese Hochmuth), Und als ich´s bedachte, Bethel 1968
- (mit Woldemar Winkler), Unser ABC-Buch, Bielefeld-Bethel 1982
- (mit Christian Kott) Bunte Welt aus Holz. Spielzeug und Volkskunstfiguren aus der Werkstatt des Drechslers, Bielefeld-Bethel 1983
- (mit Johannes Busch, Jürgen Escher und Paul Schulz), Mitteilungen. Bilder und Zeichen aus Bethel, Bielefeld 1991


Veröffentlichungen über/Beiträge von Werner Pöschel

- Wirtschaftsverband Bildender Künstler Nordrhein-Westfalen e. V., Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe (Hg.), Bildende Künstler im Land Nordrhein-Westfalen, Recklinghausen 1968
- Bund Deutscher Graphik-Designer, Gruppe Ostwestfalen-Lippe (Hg.), graphik design bdg, Gütersloh 1970
- Centre International de la Tapisserie Ancienne et Moderne et Musée cantonal des beaux-arts, Lausanne (Hg.), 5ème Biennale Internationale de la Tapisseire Lausanne, Lausanne 1971
- Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster (Hg.), 20 Jahre Konrad von Soest-Preis, Greven 1972
- Städtische Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), Was war - was ist. 25 Jahre Ausstellungen der Ruhrfestspiele, Recklinghausen 1974
- Michael Sauer, Petit Frère, Bildgeschichten in Kästen montiert, Recklinghausen 1974
- Städtische Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), In den Rahmen hinein, über den Rahmen hinaus gemalt, Recklinghausen 1974
- Kulturwerk des Berufsverbandes Bildender Künstler, Landesverband Nordrhein-Westfalen GmbH (hg.), Von Land und Leuten, Remscheid 1977
- Städtische Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), Fliegen - ein Traum. Faszination, Fortschritt, Vernichtungswahn, Recklinghausen 1977
- Kunsthalle Bielefeld (Hg.), Graphik des 20. Jahrhunderts aus eigenem Besitz, Bielefeld 1978
- Vereins- und Westbank, Von der Sehnsucht zu fliegen, Hamburg 1980
- Moderna Galerija Ljubljana (Hg.), papir navdihuje - papir navdusuje, Kuppenheim - ZR Nemcija 1981
- Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), Westfalen. Kunst des 20. Jahrhunderts, Recklinghausen 1981
- BBK OWL (Hg.), BBK 80/81 Teil 2, Bielefeld 1981
- Prof. Thomas Grochowiak für das Bundesministerium des Inneren (Hg.), Kunst für den Bund, Kuppenheim 1981
- Peter Hopf, Kunstamt Wedding (Hg.), Collagen, Materialbilder, Objekte, Berlin 1982
- Marie Hüllenkremer, Pionierarbeit in der kulturellen Provinz, in: art Journal, 5/1982
- BBK OWL (Hg.), Bild-Text, Text-Bild. Wechselbeziehungen zwischen bildender Kunst und Literatur, Bielefeld 1983
- Staatsbad Oeynhausen, Kurverwaltung (Hg.), Zeichen setzen, Bielefeld 1984
- Aleke Thuja (Hg.), Bäume sind Gedichte, Göttingen 1985
- Arbeitskreis 68, Künstlergemeinschaft Wasserburg am Inn e. V. (Hg.), Bildräume - Bildkästen. Aspekte der Objektkunst, München 1985
- Institut für moderne Kunst Nürnberg e. V. (Hg.), Mitteilungen des Instituts für moderne Kunst Nürnberg, Zirndorf 1985
- Städtische Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), Dinge des Menschen, Recklinghausen 1985
- Kulturwerk des Bundesverbandes Bildender Künstler, Landesverband NRW, Düsseldorf (Hg.), Plastik, Malerei und neue Medien, Pulheim 1986
- Stadtgalerie Saarbrücken, Galerie im Zwinger (Hg.), Bilder für Afrika - Gegen Hunger und Apartheid, Dillingen/Saar 1987
- Andreas Beaugrand, Bielefelder Kunstverein e. V. (Hg.), Artibus. Begegnung mit der Kunst im Waldhof, Glandorf 1987
- Christiane Vielhaber für Création Cazal (Hg.), Augen-Blicke. Das Auge in der Kunst des 20. Jahrhunderts, Köln 1988
- Städtische Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), Magie des Buches, Recklinghausen 1988
- Stadtgeschichtliche Museen Nürnberg (Hg.), Kunst in Nürnberg. Gemälde, Druckgraphiken und Bildhauerarbeiten aus dem Besitz der Stadt Nürnberg, Nürnberg 1989
- Märkisches Gymnasium Hamm (Hg.), Abitur-Jahresgaben 1981-1992, Hamm 1992
- Johannes Busch, Haus Lydda - Bilder und Zeichen aus Lydda und anderswo, in: v. Bodelschwinghsche Anstalten Bethel (Hg.), Dies ist Bethel, Bielefeld 1992, S. 108
- Die Kunstsinnigen von Westfalen, in: Pan. Zeitschrift für Kunst und Kultur, 1/1992
- Rolf Nickel und Ferdinand Ullrich für den Westdeutschen Künstlerbund und die Kunsthalle Recklinghausen (Hg.), wir hier, Recklinghausen 1994
- Verein der Freunde und Förderer des Kulturwerkes des Berufsverbandes Bildender Künstler e. V. (Hg.), Künstlerinnen und Künstler in Ostwestfalen-Lippe, Bielefeld 1994, S. 170 f.
- Theodor Helmert-Corvey (Hg.), Karl Kerber. Der Sammler. Die Sammlung, Bielefeld 1995
- Max Steinbiss, Drei Lieder an den Mond, ohne Ort und Jahr, Frontispiz von Petit Frère
- Gisela Burkamp, Kunstverein Oerlinghausen e. V. (Hg.), Dokumente, Bielefeld 1997
- Bärbel Sunderbrink, Bernd J. Wagner, Das war das 20. Jahrhundert in Bielefeld, Guldensburg-Gleichen 2001
- Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler, Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe e. V. (Hg.), Kunst ist kein Luxus, sie gehört zum Leben, Bielefeld 2005
- Andreas Beaugrand, Ulrike Wetzlar u.a., Petit Frère. Gesammelt und wohlgeordnet aufbewahrt. Werke 1957-1994. Zeichnungen, Collagen, Assemblagen, Objektkästen, Druckgraphik, Bielefeld 2007


Heino Siemens, Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste - Fachrichtung Archiv
Bielefeld im Januar 2022

Reference number of holding
200,101/NL Pöschel

Context
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld (Archivtektonik) >> Nichtamtliches Schriftgut >> Familienarchive und Nachlässe

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