Archivale
Vergleich wegen der Tucher-Walkmühle
Regest: Zwischen der Stadtrechnerei und der Tucherzunft entstanden Streit und Missverständnis wegen der Bauunterhaltung der Tucher-Walkmühle. Beide haben sie für ein Eigentum behaupten wollen. Die Stadtrechner haben vorgebracht, dass sie sie jederzeit in dem Hauptbau erhalten hätten, weshalb ihnen alle daraus gehenden Intraden (= Einkünfte) propter incommodum des Bauschillings (wohl = wegen der Last der Baukosten) gehören. Dem hat aber die Tucherzunft rotunde (= rund ) widersprochen und erklärt, es sei darum ihr Eigentum, weil sie jährlich 8 Pfund Wasserzins daraus in die Stadtrechnerei liefern müsse. Darauf haben beide Parteien es zu obrigkeitlicher Entscheidung hintersetzt (= vorgelegt). Der Bescheid von Bürgermeister und Ratsgeheimen ist dahin ausgefallen, dass die Walkmühle Eigentum der Stadtrechnerei sei und bleiben soll. Sie hat darin das Dominium directum, weshalb ihr daraus ein bestimmter Boden- oder Stätt-Zins gereicht werden soll. Die Tucherzunft hat darin das Dominium utile oder die nutzniessende Gerechtigkeit, sonst weiter nichts. Was das Bauwesen betrifft, so sind die Stadtrechner verbunden, wie vordem auch geschehen, den Haupt- und Wasserbau jedesmal in gutem Esse (= Zustand) zu erhalten, nämlich den Dachstuhl und alles Aussenwerk, die Bühnen, Stub, Küche, Kammern, Laube, Stiege, den Boden unten in der Walkmühle samt dem Teuchel (= Wasserleitungsrohr), wodurch das Wasser in die Walkmühle geführt wird, welches alles uneingestellt (= unverzüglich) in guten Stand zu setzen ist. Dafür sollen die Stadtrechner jährlich auf Martini 10 fl Boden- und Stättzins erheben, der zwar allein in recognitionem (= zur Anerkennung) Dominii directi gereicht wird. Sodann gehört ihnen das Schaugeld je Stück vom Bürger 4 Kr, von den Fremden 6 Kr. Ein Zeugmacher gibt vom gestrichenen Zeug 2 Kr, ein Fremder 4 Kr; von einem Zeug und Stück 1 Kr, ein Fremder 2 Kr; ein Strumpfstricker von einem Loch (?) voll Strümpf 4 Kr, ein Fremder 6 Kr. Dagegen aber sollen die Tucher das Walkgeschirr und alles Inwendige, darunter den Walktrog, Hämmer und was dazu gehört, den Kessel, Gölten, Erdentrog, Wasserrinnen und dergleichen in baulichem Esse (= Zustand) erhalten. Dafür sollen sie haben das Walk- und Wiflinggeld +). Von dieser Einnahme sollen sie den Walkmüller besolden und ohne Erlaubnis der Obrigkeit das Walk- und Wiflinggeld nicht erhöhen und also weder Bürger noch Fremde aus eigener Gewalt weiter gravieren (= beschweren). Das Färbhaus samt den daran stossenden Plätzlein unten bis an den Baumgarten des Georg Beckh selig und oben bis an die Walkmühle soll Eigentum der Tucherzunft sein und bleiben, weil sie es bisher versteuert hat. Weil jedoch keine eigentümlichen Mühlwerke, nämlich Eisenhämmer, Papier-, Schlag- und Lohmühlen, wie auch Färbwerkhäuser und dergleichen, von dem Wasserzins befreit sind, so soll der Stadtrechnerei jährlich daraus wie auch aus dem Wasen, der zwischen dem Mühlgraben und der Echitz liegt, auf Martini 2 Pfund Heller Wasser- und Bodenzins erlegt werden. Das Schnitt- und Schaugeld hat mit der Walkmühle lediglich nichts zu tun und lässt sich hierein auch nicht mischen. Denn das Schnittgeld sind die Tucher und andere Knappen von Ausschneidung ihrer Waren und das Schaugeld wegen Niessung des Zwingers, welcher vom Metmannstor bis über das Mühltörlein an den Garten der Stadtrechnerei stösst, und zu Erhaltung der Tuchrahmen, so von der Stadtrechnerei gemacht und erhalten wird, zu erlegen schuldig. Wenn künftig bei Besetzung der politischen Ehrenämter jährlich am Bürgermeister-Montag der Magistrat erkennen kann, dass der Oberstadtrechner zu einem Tuchschauer tauglich ist, so kann dieser vor andern dazu promoviert werden, damit der Stadtrechnerei alles das getreulich zukommt, und eingeliefert wird.
Publiciert 18. April 1699.
Test. Kanzlei Reuttlingen.
- Archivaliensignatur
-
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3255
- Umfang
-
2mal
- Formalbeschreibung
-
Beschreibstoff: Pap.
- Sonstige Erschließungsangaben
-
Bemerkungen: +) Fischer: Schw. WB: Wifling = grobes Gewebe, Zeug aus leinenem Zettel und wollenem Einschlag
Genetisches Stadium: Kopie
- Kontext
-
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 10 Zünfte Tucher und Tuchscherer
- Bestand
-
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)
- Laufzeit
-
1699 April 18
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
15.03.20252025, 06:37 MEZ
Datenpartner
Stadtarchiv Reutlingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1699 April 18