Bestand
Konsulat Belgrad (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte
Konsularbehörden sind diplomatische Vertretungen nachgeordneter Einrichtungen; ihre gesetzliche Grundlage bildet das Konsularrecht.
Zu den spezifischen Aufgaben eines Konsulats gehören die Wahrung und Förderung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessen des Entsendestaates in Bezug auf Handel, Verkehr und Schifffahrt sowie der Schutz der eigenen Staatsangehörigen in Form von Unterstützungen und der Ausübung polizeilicher Befugnisse. Dazu kommen verschiedene Einzelaufgaben wie Kontrolle der Schifffahrt, Überprüfung der Seetüchtigkeit und der Ladung sowie die Schlichtung von Streitigkeiten auf Schiffen. Den Konsuln im Dienste Preußens oblag die Führung des Verzeichnisses der in ihrem Einflussbereich wohnenden Angehörigen ihres Staates (Konsularmatrikel).
Zu den vorrangigen Aufgaben des Konsulats Belgrad - seit 1.12.1864 Generalkonsulat - gehörte die Interessenvertretung des preußischen Staates im Fürstentum Serbien unter besonderer Berücksichtigung der z. T. widerstreitenden Interessen der verschiedenen Schutzmächte (Russland, Türkei, Österreich, Großbritannien und Frankreich). Eine weitere konsularische Aufgabe bestand in der Unterstützung Staatsangehöriger Preußens u. a. Zollvereinsländer in Belgrad z. B. durch Stellung eines juristischen Beistands im Verkehr mit serbischen Behörden. Besonderes Augenmerk richtete man auf die Berichterstattung über politische Verhältnisse und die militärische Situation um die Festung Belgrad.
Um das Konsulat Belgrad 1853 aus Rücksicht auf die Türkei zuerst nur provisorisch einzurichten, wurde am 11.12.1853 die Entsendung des bisherigen Konsuls in Galatz und Jassy, Friedrich Rafael (Johann) Meroni (1798-1867), nach Belgrad angeordnet. Der preußische Gesandte in Konstantinopel v. Wildenbruch versah den Konsul Meroni mit einer Instruktion, nach der dieser vor allem zur Beobachtung und Berichterstattung über die zunehmend wichtigeren serbischen Angelegenheiten an der Verbindungsstraße zwischen Konstantinopel und Wien bzw. Berlin abgeordnet war. 1855 wurde Meroni zwar im Zuge der Retablierung der Konsulate in den Donaufürstentümern erstmal wieder nach Galatz zurückbeordert, auch weil dem Außenministerium die Mittel für die Einrichtung eines ständigen Konsulats in Belgrad vorläufig fehlten bzw. an anderen Orten dringender erschienen. Doch verlangte der König im Juli 1855, im wichtigen und bei den slawischen Völkern einflussreichen Fürstentum Serbien endlich zur Vertretung der zahlreichen preußischen Untertanen und ihrer evangelischen Kirche in Belgrad ein ständiges Konsulat einzurichten. Die Klärung der finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen dauerte noch einmal anderthalb Jahre, bis am 16.3.1857 ein ständiges preußisches Konsulat unter Meroni seine Tätigkeit aufnahm. Nun erst wurde eine wirksame konsularische Vertretung der um 1855 schätzungsweise 200 preußischen und anderen deutschen Staatsangehörigen in Serbien möglich. Meroni zur Seite standen ein Kanzleisekretär sowie zwei Unterbeamte. Da Meroni selbst nicht Serbisch sprach, dies aber zur Verständigung mit der serbischen Regierung und deren Behörden unerlässlich war, bediente er sich anfangs des Naturhistorikers Ludwig Sabarth, der von 1857 bis 1860 als Konsulats-Dragoman und Kanzleisekretär tätig war. Ihm folgte ab 1861 der zuvor am Berliner Stadtgericht als Hilfsschreiber und Kriminal-Protokollführer beschäftigte Joseph Felix Aquila Nikolof. Meroni jedoch bedurfte eines stärker juristisch geschulten und darüber hinaus Französisch beherrschenden Mitarbeiters, der ihn bei längerer Abwesenheit vertreten konnte. 1863 löste deshalb der Berliner Kammergerichtsreferendar Felix Joseph Laubereau den ausscheidenden Nikolof ab. Als Amtsdiener waren die Herren Sokolay und Vincenz bzw. Ferdinand Prokay beschäftigt.
Im Sommer und Herbst 1857 unternahm der Konsul Meroni eine angeordnete Rundreise durch westfälische, rheinische und schlesische Fabrikdistrikte zur Eröffnung von Handelsverbindungen nach Serbien. Er erhielt auch von den Handelskammern in Hamburg, Bremen und Lübeck Produktverzeichnisse zur Werbung in Serbien und vereinbarte Mustersendungen.
Meroni ersuchte seit 1857 mehrfach um die Ernennung zum Generalkonsul, um seine Ebenbürtigkeit mit den Kollegen der anderen in Belgrad vertretenen europäischen Großmächte herzustellen. Anlass dafür waren Zwistigkeiten mit den Generalkonsuln von England, Frankreich und Österreich, die vor allem zu Beginn von Meronis Amtstätigkeit in Belgrad auftraten und zu gegenseitigen Vorwürfen und Beschwerden führten (vgl. III. HA MdA, II Nr. 512). Obwohl Meroni sowohl mit dem serbischen Fürsten als auch dem türkischen Gouverneur gute Beziehungen pflegte - er wurde mit dem Mecidiye-Orden III. Klasse ausgezeichnet -, gab es aus der deutschen Gemeinde hartnäckige Kritik an seiner Person und seiner konsularischen Tätigkeit. So kam es 1860 bis 1862 zu einem längeren Konflikt mit einigen in der preußischen Konsularmatrikel verzeichneten Personen - zumeist Handwerkern -, die nicht zur Hinterlegung ihrer Reisepässe im Konsulatsarchiv und zur Bezahlung der jährlich zu erneuernden Schutzpatente bereit waren. Die daraufhin aus dem preußischen Schutz Entlassenen fanden jedoch 1863 beim österreichischen Generalkonsulat Aufnahme, was die Wirkung der preußischen Disziplinierungsmaßnahme stark abschwächte.
1863 wurde Meroni mit dem Roten-Adler-Orden III. Klasse ausgezeichnet, am 1.12.1864 erfolgte die lang ersehnte Ernennung zum Generalkonsul. Zu dieser Zeit war Meroni aber aufgrund des schlechten Klimas und dienstlicher Aufregungen, wie er begründete, schon sehr kränklich und begab sich zur Behandlung seiner Gichtanfälle auf mehrmonatige Badekuren u.a. nach Karlsbad und Bad Kreuznach. Zuletzt ließ er sich auch während der Winter für Aufenthalte im milden Klima Italiens beurlauben, so dass er bereits zwei Jahre von seinem Posten abwesend war, als er am 16.8.1867 bei seiner Rückkehr nach Berlin verstarb. Sein Vertreter in dieser Zeit, der Kanzleisekretär Laubereau, war deshalb unzufrieden, als er im Oktober 1867 wieder ins zweite Glied zurücktreten sollte: Der bisherige Konsul in Jerusalem, der Orientalist Dr. Georg Rosen (1820-1891), wurde im September 1867 zum neuen Generalkonsul in Belgrad ernannt. Laubereau wurde auf seinen Wunsch hin im Juni 1868 in die Gesandtschaft Konstantinopel versetzt. Ihm folgte im Februar 1869 der Kammergerichts-Referendar Varges als Kanzler. Inzwischen war die Zuständigkeit des Konsulats Ende 1868 von Preußen auf den Norddeutschen Bund übergangen. "Rosen befürwortete eine großserbische bzw. jugoslawische Nationalstaatsbildung mit preußischer Unterstützung. Seine unverhohlen antirussische Haltung und seine Unterhandlungen mit regionalen nationalen Führern hatten entscheidenden Einfluss auf Bismarcks Außenpolitik." (Pelger, Gregor, "Rosen, Georg Friedrich Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 51-52 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd116621257.html)
Konsuln in Belgrad
Dez. 1853 - Mai 1855,
Apr. 1856 - Febr. 1857 Friedrich (Johann) Raphael Meroni (kommissarisch)
März 1857 - Aug. 1867 Friedrich (Johann) Raphael Meroni, seit 1.12.1864 Generalkonsul
Sept. 1867 - 1875 Dr. Georg Friedrich Wilhelm Rosen
Bestandsgeschichte
Der Bestand umfasst 1 Verzeichnungseinheit.
Die Ablieferung der Akte des Generalkonsulats, die den Zeitraum von 1867 bis 1876 umfasst, fand 1913 mit der Akzessions-Nr. 216 statt (vgl. I. HA Rep. 178 Nr. 1926, Bl. 210R (Jahresbericht der Archivalienakzessionen 1913).
Beim Umzug des Geheimen Staatsarchivs aus der Berliner Klosterstraße nach Dahlem wurde im Oktober 1923 der Bestand erstmals revidiert. Laut Beständeübersicht von 1934 wurde der Bestand aus der allgemeinen Rep. 81 ausgegliedert und zu dem eigenständigen Bestand Rep. 81 Belgrad (General-) Konsulat formiert.
1943 wurde der Bestand als Teil der I. Hauptabteilung, Repositur 81 Gesandtschaften und Konsulate in die Salzbergwerke Staßfurt und Schönebeck ausgelagert.
Nach Kriegsende beschlagnahmten sowjetische Truppen die Bestände, die - wie in diesem Fall - zu einem Teil bereits 1947 an das Deutsche Zentralarchiv, Abteilung Merseburg übergeben wurden, zum anderen Teil nach Moskau transportiert und erst 1959 nach Merseburg gelangten.
Im Deutschen Zentralarchiv, Abteilung Merseburg fand 1953 eine erneute Revision des handschriftlichen Findbuchs (Ende 19. Jh.) statt.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erfolgte gemäß Einigungsvertrag die Rückführung der Bestände der I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-)Konsulate als Teil der Bestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz nach Berlin. Sie lagern seit 1993 im Magazin im Westhafen.
Bei der Eingabe des Aktentitels in die Augias-Datenbank (2011) wurde der Titel leicht modernisiert und nunmehr mit einem Enthält-Vermerk ergänzt.
Als Gegenüberlieferung können folgende Akten des Außenministeriums, des Finanzministeriums sowie der Gesandtschaft Konstantinopel herangezogen werden:
- III. HA MdA, II Nr. 512-514: Konsulat Belgrad, Bd. 1-3, 1854-1869
- III. HA MdA, I Nr. 7324: Politische Berichte des preußischen Konsuls Meroni in Belgrad, 1854-1863
- III. HA MdA, II Nr. 753 und 754: Preußische Konsulate in der Türkei, (1850) 1852-1860
- I. HA Rep. 151, HB Nr. 918: Einrichtung eines preußischen Konsulats in Belgrad, 1855 (Vorlage nur als Mikrofilm: I. HA Rep. 151 HB Nr. 18621)
- I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Konstantinopel nach 1807.
Zu Friedrich (Johann) Raphael Meroni, dem ehemaligen expedierenden Sekretär im Finanzministerium, sind folgende Akten vorhanden:
-I. HA Rep. 151 HB Nr. 74: Die beim Büro zur Ausfertigung der Lieferungsscheine beschäftigten Offizianten, 1815. Darin wird Meronis Alter mit 17 Jahren angegeben.
-III. HA MdA, ZB Nr. 851: Geheimer expedierender Sekretär Meroni, 1847-1852
-III. HA MdA, ZB Nr. 852: Friedrich Rafael Meroni, 1850-1868
-III. HA MdA, I Nr. 7323: Reiseberichte des Konsuls Meroni, 1853-1855
- I. HA Rep. 89 Nr. 12950: Preußische Konsuln im Ausland, 1853-1856
I. HA Rep. 77, Tit. 874 Nr. 101: Berichterstattertätigkeit des Geheimen expedierenden Sekretärs Meroni in Frankreich und Italien, 1851-1852
VI. HA, Nl Gerlach, L. v., Nr. 17: Aufenthalt des Geheimen Sekretärs Meroni in Paris, Entsendung desselben als Handelsagent nach Frankreich und Italien und von demselben eingesandte Berichte und Nachrichten, 1850-1857
I. HA Rep. 100, Nr. 401: Verwendung des Geheimen Expedierenden Sekretärs im Finanzministerium Meroni als Handelsagent in Italien, 1851-1852
Zu Konsul Dr. Georg Friedrich Wilhelm Rosen sind u.a. folgende Akten vorhanden:
-I. HA Rep. 81 Konstantinopel, VI Nr. 270: Personalangelegenheiten der preußischen Konsulate in Beirut und Jerusalem, 1862-1875
I. HA Rep. 81 Konstantinopel, VI Nr. 281: Personalangelegenheiten des Konsuls Dr. Georg Rosen in Jerusalem, 1844, 1852-1860
-I. HA Rep. 81 Konstantinopel, VI Nr. 282: Neuigkeitenberichte des Konsuls Dr. Georg Rosen in Jerusalem, 1854-1860
-I. HA Rep. 81 Konstantinopel, VI Nr. 283: Personalangelegenheiten des Konsuls Dr. Georg Rosen in Jerusalem, 1861-1869
-I. HA Rep. 81 Konstantinopel, VI Nr. 284: Neuigkeitenberichte des Konsuls Dr. Georg Rosen u.a. in Jerusalem, 1861-1869
-I. HA Rep. 81 Konstantinopel, XI Nr. 30: Wissenschaftliche Expeditionen des Botanikers Dr. Karl Heinrich Koch und des Sprachforschers Dr. Georg Rosen in den Kaukasus und Armenien, 1843-1846.
Letzte vergebene Nummer:
Der Bestand lagert derzeit im Westhafen.
Die Akte ist auf einem gelben Leihschein wie folgt zu bestellen:
I. HA Rep. 81 Belgrad Nr. 1
Zitierweise:
GStA PK, I. HA Rep. 81 Generalkonsulat Belgrad nach 1807 Nr. 1
Berlin, 18. Februar 2016
Dr. Johanna Aberle
Wissenschaftliche Archivangestellte
Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 81 Belgrad nach 1807
- Bestandssignatur
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I. HA Rep. 81 Belgrad I. HA Rep. 81 Belgrad nach 1807
- Umfang
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Umfang: 0,1 lfm (1 VE); Angaben zum Umfang: 0,1 lfm (1 VE)
- Sprache der Unterlagen
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deutsch
- Kontext
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Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Auswärtige und Bundes-Angelegenheiten >> Auswärtige Angelegenheiten
- Bestandslaufzeit
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Laufzeit: 1867-1876
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
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19.08.2025, 12:19 MESZ
Datenpartner
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- Laufzeit: 1867-1876