Bestand

Landeskrankenhaus Göttingen (Bestand)

Enthält: Patientenakten

Geschichte des Bestandsbildners: Vorbemerkung: Zur Vorgeschichte siehe das Vorwort zum Vorgängerbestand Hann. 155 Göttingen.
1952 wurden die Heil- und Pflegeanstalt in das Niedersächsische Landeskrankenhaus Göttingen umbenannt. Aufgrund der zunehmenden administrativen Aufgaben endete 1955 die Personalunion des Direktorpostens des Landeskrankenhauses und des Lehrstuhls der Medizinischen Fakultät. Damit wurde auch eine Trennung zwischem dem Landeskrankenhaus und der Universitätsklink Göttingen vollzogen.
Seit der Zeit des Ersten Weltkrieges stellte die Überbelegung ein großes Problem dar und die Unterbringungsverhältnisse der Patienten waren somit sehr mangelhaft. Erst in den 1950er Jahren waren die Mittel vorhanden, um bis 1960 einen neuen Klinikbau am Tonkuhlenweg zu errichten und 1965 ein Schwesternwohnheim. Doch die Lage in den Altbauten veränderte sich kaum. Erst nach 1968, als die Niedersächsische Landesregierung die Planung der Sanierung der Landeskrankenhäuser begann, besserten sich nach und nach die Verhältnisse. Zum Teil wurden Patienten in andere Einrichtungen überwiesen, hauptsächlich aber weitere Gebäude gekauft oder neu errichtet. Nachdem 1977 bis 1982 ein neues Hauptgebäude errichtet wurde, konnte zwischen 1987 und 1997 eine Renovierung der Altgebäude erfolgen.

Geschichte des Bestandsbildners: Bereits Ende der 1960er Jahre wurde das Landeskrankenhaus Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Göttingen. Ein Schwerpunkt lag seitdem im Bereich der Forensischen Psychiatrie (wobei ein entsprechender Lehrstuhl erst 1987 eingerichtet wurde), so dass 1975 die erste offene Station im Maßregelvollzug eröffnet werden konnte. 1996 erfolgte die Gründung des Ludwig-Meyer-Instituts für forensische Psychiatrie. In dieser dem Landeskrankenhaus angeschlossenen Einrichtung wurde seitdem der Maßregelvollzug nach den §§ 63 und 64 des StGB vollzogen.
Ebenfalls in den 1990er Jahren wurden weitere Einrichtungen eröffnet, u.a.:

Geschichte des Bestandsbildners: - Institutsambulanz und Tagesklinik im Friedländer Weg
- ergotherapeutisch ausgerichtete Werkstätten
- Station für Notfallaufnahmen sowie für die "Krisenintervention"
Des Weiteren erfolgte eine Spezialisierung der Behandlungsangebote der weiteren Stationen, eine
Umsetzung der Vorgaben der Psychiatrie-Enquête und der Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) und die Einführung von psychotherapeutischen, milieu- und sozialtherapeutischen sowie modernen pharmakologischen Behandlungsstrategien.
Im Zuge der Privatisierung der Nds. Landeskrankenhäuser übernahm die Asklepios Klinikgruppe am 1. November 2007 die Landeskrankenhäuser Tiefenbrunn und Göttingen. Der Schritt war politisch und öffentlich nicht unumstritten und führte zu einem Normenkontrollverfahren beim Staatsgerichtshof in Bückeburg. Da ein privater Krankenhausträger nicht dazu befugt ist, die hoheitlichen Aufgaben des Landes in Form von freiheitsentziehenden Maßnahmen aus dem Bereich des Strafvollzugs und des Maßregelvollzugs wahrzunehmen, wurde das bisher dem Landeskrankenhaus zugeordnete Ludwig-Meyer-Institut für forensische Psychiatrie dem weiterhin durch das Land Niedersachsen getragenen Maßregelvollzugszentrum Moringen angegliedert.
Stand: September 2015

Bestandsgeschichte: 1. Bewertung und Übernahme von Patientenakten allgemein
In den Jahren 1986-1988 haben mehrere Landeskrankenhäuser (LKH) Patientenakten, die bis 1960 geschlossen worden waren, an die damaligen Staatsarchive in Niedersachsen abgegeben. Eine Bewertung der Akten erfolgte dabei zunächst nicht. Später erstellte Bewertungsrichtlinien erwiesen sich als ungeeignet und wurden archivisch nicht angewandt.
In Anlehnung an allgemein anerkannte archivische Bewertungskriterien (siehe z.B. Rössler und Wischnath) werden alle Patientenakten von den Anfängen der Psychiatrie im 19. Jahrhundert bis in die unmittelbare Nachkriegszeit (ca. 1950) als uneingeschränkt archivwürdig eingeschätzt. Für die Zeit danach muss wegen den massenhaft zunehmenden Patientenakten, die jeweils aus der eigentlichen Krankenakte sowie einer in der Regel nicht archivwürdigen Verwaltungsakte bestehen, eine Bewertung erfolgen.
In den letzten Jahren haben die Standorte des Niedersächsischen Landesarchivs (NLA) ein gemeinsames, handhabbares Bewertungsverfahren für Patientenakten entwickelt. Im damaligen Hauptstaatsarchiv wurde 2004/2005 folgendes Verfahren angewandt:

Bestandsgeschichte: - bis 1950 vollständige Übernahme der Akten ohne Bewertung
- 1950-1960 Übernahme mit Bewertung in 5-Jahres-Schritten (nach Aufnahmedatum, nämlich 1950, 1955, 1960)
- 1960-1975 Übernahme mit Bewertung nach dem DORT-Prinzip (Anfangsbuchstaben des Familiennamens D, O, R und T)
- ab 1975 Übernahme mit Bewertung in 5-Jahres-Schritten und nach dem DOT-Prinzip (Buchstaben D, O und T)
Hinsichtlich angebotener Personalakten sollte einerseits solches Schriftgut übernommen werden, welches einen Querschnitt der verschiedenen Berufsgruppen (v.a. Pflegepersonal, Ärzte) abbildet, und andererseits solches, welches besondere Fälle (Arbeitsunfälle, Dienstvergehen etc.) dokumentiert.

Bestandsgeschichte: 2008 konkretisierte eine NLA-Arbeitsgruppe das künftige Vorgehen hinsichtlich der Bewertung und Erschließung jüngerer Patientenakten der LKHs. Neben den reinen Patienten- und Personalakten sollten zunehmend auch allgemeine Verwaltungsakten, statistische Jahresberichte und andere Unterlagen, welche die Arbeit der LKH dokumentieren sowie eine komprimierte Parallelüberlieferung zu Patientenakten bieten (Protokolle/ Amtsbücher, z.B. Aufnahmebücher, Behandlungs- und Untersuchungsprotokolle), archiviert werden. Man verständigte sich auf eine vollständige Archivierung älterer Patientenakten bis 1945/50 sowie von Aufnahmebüchern und Behandlungsprotokollen bis zu dieser Zeit. Für die jüngeren Akten, die für die klinische und historische Forschung auch von Bedeutung sein können, wurde dagegen eine Bewertung in Form einer repräsentativen Stichprobe mittels statistischen Auswahlverfahren als unerlässlich angesehen, wobei eine Klumpenstichprobe, d.h. nach dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens (DOT-Prinzip), gegenüber einer systematischen Stichprobe oder einer Zufallsstichprobe bevorzugt wird. Um die Übernahmemengen von Patientenakten nach 1978 der fünf LKH Lüneburg, Göttingen, Wunstorf, Hildesheim und Tiefenbrunn nochmals zu reduzieren, sollen künftig nur noch exemplarische Übernahmen von Patientenakten aus zwei LKHs stattfinden. Das quantitative Auswahlverfahren soll ferner durch eine qualitative Auswahl nach folgenden Kriterien ergänzt werden:

Bestandsgeschichte: - Fälle, die in der wissenschaftlichen Literatur erwähnt sind
- Fälle, die unter sozialgeschichtlichen Aspekten typisch sind
- herausragende und/oder bekannt gewordene Fälle
- Patientenakten (regional) bekannter Persönlichkeiten
- Fälle, die aus medizingeschichtlicher Sicht typisch oder außergewöhnlich sind
- Fälle, in denen familiäre Zusammenhänge sichtbar werden
Hinsichtlich der qualitativen Auswahl soll vermehrt eine Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal in den (ehemaligen) LKHs gesucht werden, um deren Sachkenntnis einzubeziehen. Diese sollen die betreffenden Fälle kennzeichnen, um die Arbeit des Landesarchivs zu erleichtern.
Ausnahmen von der neuen Bewertungspraxis sollen für drei LKHs gemacht werden. Übernahmen von Patientenakten des vom NLA OL betreuten LKH Wehnen sollten wie bisher mittels einer systematischen Stichprobe erfolgen, indem jede 100. Akte archiviert wird. Bei den für den Maßregelvollzug zuständigen LKHs Moringen und Brauel soll auf eine repräsentative Stichprobe bei Patientenakten gänzlich verzichtet werden. Das angebotene Schriftgut soll vollständig übernommen werden.

Bestandsgeschichte: 2. LKH Göttingen
Bis 1950 wurden die Patientenakten vollständig übernommen. Ebenfalls vollständige Übernahmen erfolgten für die Jahrgänge 1955 und 1960. Nach 1960 wurde zu einer Auswahl der Patientenakten mit den Buchstaben D, O, (z.T. R) und T übergegangen.
Für die Übernahme von Unterlagen des Landeskrankenhauses Göttingen nach 1978 ist das Niedersächsische Landesarchiv Wolfenbüttel zuständig.
In den Bestand Nds. 330 Göttingen sind bislang sechs Ablieferungen eingegangen.
Stand: Oktober 2014 (überarbeitet September 2015)

Bearbeiter: Dr. Christian Helbich (2015)

Reference number of holding
NLA HA, Nds. 330 Göttingen
Extent
34,8

Context
Nds. Landesarchiv, Abt. Hannover (Archivtektonik) >> Gliederung >> 1 Staatliche Bestände >> 1.13 Land Niedersachsen >> 1.13.4 Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit >> 1.13.4.3 Untere Landesbehörde >> 1.13.4.3.4 Landeskrankenhäuser und Bildungszentren
Related materials
Literatur: Niedersächsisches Landeskrankenhaus Göttingen. Hrsg. vom Niedersächsischen Sozialministerium. Hannover, 1982.

Literatur: Psychiatrie in Niedersachsen: Programm und Bericht der Landesregierung. Hrsg: Niedersächsischer Sozialminister. Hannover, 1985.

Literatur: Kurze Klinikgeschichte bis zur Privatisierung des LKH Göttingen 2007 (http://www4.asklepios.com/asklepiosCMS/webpageUpload/727-285144__G__G_ttingen_Verw_05__ffentlichkeitsarbeit_Museum_Geschichte_Historie_kurz.pdf )

Literatur: Kurze Baugeschichte bis 2000 (http://www4.asklepios.com/asklepiosCMS/webpageUpload/727-149137__G__G_ttingen_Verw_05__ffentlichkeitsarbeit_Inhalte_Homepage_Relaunch_2010_G_TTINGEN_3.0_Abteilungen_und_Kompetenzen_Baugeschichte.pdf ) Allgemein zu archivischen Bewertungskriterien für Patientenakten:

Literatur: Wulf Rössler, Überlegungen zur Archivierung psychiatrischer Krankenunterlagen, in: Der Archivar 44 (1991), Sp. 435-442.

Literatur: Michael Wischnath, Einführung zu den Bewertungs- und Erschließungsempfehlungen für Krankenakten, in: Der Archivar 51 (1998), S. 233-244.

Date of creation of holding
1867-1992

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Last update
16.06.2025, 12:45 PM CEST

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1867-1992

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