Bestand

[S 1] 08 Nachlass Karl Meier (Lehrer, Heimat- und Engelbert-Kaempfer-Forscher) (Bestand)

Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: Jugend, Studium, Lehrertätigkeit:

Prof. Dr. Karl Ernst Meier wurde am 29.1.1882 in Detmold geboren. Sein Vater wanderte noch im selben Jahr auf der Suche nach Arbeit nach Amerika aus und seine Mutter, eine geborene Schacht, zog 1885 mit Karl und seinem drei Jahre älteren Bruder Heinrich zu ihrer Mutter und ihren Brüdern nach Lemgo. Dort besuchte Karl das Fürstlich-Lippische Humanistische Gymnasium, an dem er selbst später als Lehrer tätig sein würde und dessen Umbenennung in "Engelbert-Kaempfer-Gymnasium" er maßgeblich mittrug.
Zehn Jahre nach seiner Auswanderung kehrte Karls Vater aus den USA zurück, wo er sich mittlerweile eine Existenz aufgebaut hatte. Er nahm seine Frau und seinen Sohn Heinrich wieder mit nach Amerika, während Karl bei seinen Onkeln in Lemgo blieb, um die Schulausbildung zu beenden. Wenige Jahre später kehrten die Eltern wegen einer Erkrankung der Mutter aber nach Lemgo zurück und Karl zog wieder mit ihnen zusammen.
Nachdem er 1901 das Gymnasium mit dem Abitur verließ, studierte er Philologie, Geschichte und Germanistik in Berlin und Marburg, wo er 1906 zum Dr. phil. promovierte. Finanzielle Unterstützung erhielt er dabei von seinen Onkeln. Nach dem Ende des Studiums nahm Karl seine erste Stelle als Lehrer in Dortmund-Hörde an, wo er bis 1908 tätig blieb. Anschließend lehrte er bis 1920 am Schiller-Gymnasium in Münster, bevor er Ostern 1920 als Lehrer wieder nach Lemgo zurückkam. Am hiesigen Gymnasium unterrichtete er bis zu seiner Pensionierung 1947 in den Fächern Latein, Griechisch, Deutsch, Geschichte, Kunstgeschichte und Sport.
Seit seiner eigenen Schulzeit hatte er besondere Freude am Geschichtsunterricht. Er verstand es, seine eigene Begeisterung für die antike und mittelalterliche Geschichte auf seine Schüler zu übertragen. Er forderte von ihnen eine konsequente Mitarbeit im Unterricht und galt bei ihnen als strenger, aber fairer und geachteter Lehrer.

Der Heimatforscher in Wort...:

Neben dem Lehrerberuf nahmen seine persönlichen Forschungsarbeiten einen Hauptteil seiner Zeit in Anspruch. Bereits während seiner beruflichen Tätigkeit forschte und veröffentlichte er Texte zu historischen Themen, doch der Großteil seiner 287 Werke umfassenden Bibliographie erschien erst nach seiner Pensionierung.
Im Zentrum seiner Forschung stand die Geschichte seiner Heimatstadt Lemgo und die des ganzen Lipperlands im allgemeinen. Dabei arbeitete er sowohl in bereits besprochenen Themengebieten, die er um neue Aspekte bereicherte, als auch in bislang noch nicht bearbeiteten Gegenständen historischer Forschung. So war er z.B. der Erste, der sich mit der Geschichte des Junkerhauses in Lemgo und seines Erbauers Karl Junker auseinandersetzte.
Die Schwerpunkte seiner Forschung lagen dabei neben der allgemeinen Lemgoer Stadtgeschichte bei der Hexenverfolgung, den "Wanderfahrten durch Lippe" und bei Engelbert Kaempfer.
Bei der Untersuchung der Hexenverfolgung legte er als einer der Ersten den Fokus auf die unmenschliche Seite der damals herrschenden Rechtssprechung. Dies tat er aber ohne die Persönlichkeiten und die persönlichen Hintergründe sowohl der Richter als auch der Opfer der Hexenprozesse zu vernachlässigen. In diesem Zusammenhang brachte er z.B. den Namen von Maria Rampendahl ins geschichtliche Gedächtnis der Lemgoer, die, als Hexe angeklagt, sich gegen die Obrigkeit um Bürgermeister Hermann Cothmann auflehnte. Karl Meier arbeitete dabei auch die persönlichen Motive den Menschen um den "Hexenbürgermeister" Cothmann heraus, die die Hexenverfolgung vor allem benutzt haben sollen, um persönliche oder politische Gegner zu schaden. Mittlerweile ist seine Forschung der Hexenverfolgung aber von neueren Arbeiten überholt worden.
In den "Wanderfahrten durch Lippe" beschreibt Meier vor allem die Landschaften des Lipperlandes und erzählt seinen Lesern die Geschichte und Geschichten aus den lippischen Dörfern und Städten, sowie auch von den Burgen, Schlössern und sonstigen Sehenswürdigkeiten seiner Heimat. Diese Werke brachten ihm vor allem in Lippe Berühmtheit, da sie zwischen 1922 und 1950 sehr erfolgreich vier Mal neu aufgelegt wurden.
Deutschlandweite Bekanntheit aber erlangte er mit seiner Forschung über den Lemgoer Forschungsreisenden Engelbert Kaempfer (1651-1716). Als Meier begann sich in den 1920er Jahren mit Kaempfer zu beschäftigen, war dieser in Deutschland weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Zuge seiner Forschungen machte er sich z.B. 1929 auf eine "Reise nach Engelbert Kaempfers unveröffentlichten Handschriften", die seit den 1720er Jahren im British Museum in London lagern, nachdem der Mediziner Hans Sloane sie den Nachfahren Kaempfer abkaufte. Ab1933 schließlich sorgte Karl Meier dafür, dass auch Kaempfers eigene Werke der Nachwelt eröffnet wurden, indem er eine Übersetzung von Kaempfer "Amoenitates exoticae/Seltsames Asien" veröffentlichte. Bis zu seinem Tode übersetzte und veröffentlichte er weitere Texte von und über Kaempfer, die mit 65 Titeln den Hauptteil seiner Bibliographie ausmachen.
Aber er verfasste nicht nur wissenschaftliche Werke, in denen er bereits dazu neigte die Ereignisse sehr dramatisch darzustellen. Er schrieb auch mehrere Theaterstücke, die historische Gegebenheiten aus Lemgo aufgreifen. Neben dem Schreiben der Textvorlagen war er aber auch in den Produktionen seiner Theaterstücke als Regisseur und Schauspieler engagiert.
In seinen Werken, besonders in seinen frühen Veröffentlichungen, wie den "Wanderfahrten durch Lippe" wird auch die andere große Leidenschaft Meiers deutlich: Das Zeichnen. Von früher Jugend an zeichnete er und benutzte seine Fähigkeiten später, um seine Texte zu unterstützen und wirkungsvoller zu machen. Doch seine Zeichnungen sind auch von historischem Interesse, da sich einige seiner Motive im Laufe der Jahre deutlich verändert haben. Zu seinen Lieblingsmotiven zählten neben Gebäuden vor allem Vögel und Szenen aus dem Leben auf dem Lande und in einer Kleinstadt.

...und Tat:

Neben literarischer Heimatforschung bemühte sich Karl Meier aber auch im alltäglichen Leben um die Erhaltung der Geschichte Lemgos. Nach seiner Rückkehr nach Lemgo zu Ostern 1920 initiierte er schnell verschiedene Aktionen, um die Freilegung und Wiederherstellung der Holzschnitzereien an den Lemgoer Bürgerhäusern, die mit Putz überdeckt worden waren, in Gang zu bringen und voran zu treiben. So gelang es fast alle Fachwerkgiebel in der Mittelstraße wieder zum Vorschein zu bringen.
Im September 1920 war Karl Meier dann auch maßgeblich an der Gründung des Vereins Alt-Lemgo beteiligt, zu dessen ersten 1. Vorsitzender er gewählt wurde. Im Rahmen dieser Arbeit kümmerte er sich neben der Freilegung der Holzschnitzereien auch um andere Aktivitäten von Alt-Lemgo, wie z.B. der Erstellung einer Liste von Häusern, die zu denkmalgeschützten Bauten werden sollten, oder der Errichtung eines Heimatmuseums im Hexenbürgermeisterhaus.
Mit seiner Arbeit als Historiker und als prägendes Mitglied von Alt-Lemgo versuchte er einen möglichst großen Kreis von Menschen zu erreichen, um so sowohl Alt- als auch Neubürger für Lemgo zu begeistern. Besonders die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger auf die historische Substanz Lemgos und dessen Erhaltung zu lenken war ihm wichtig und es gelang ihm so viele Menschen für Alt-Lemgo und die Arbeit des Vereins zu begeistern.

Privatleben:

Über sein Privatleben ist zu sagen, dass er mit Dorothea Ernst aus Lemgo verheiratet war, mit der er drei Kinder hatte. Sein Sohn Reinhard fiel im 2. Weltkrieg, während seine Töchter Ursula Rauch, geb. Meier (†), und Gertrud Meier noch lange in Lemgo lebten bzw. immer noch leben. Als Würdigung für seine wissenschaftlichen Verdienste wurde ihm schließlich im Mai 1967 von der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen der Titel eines Professors verliehen. Karl Ernst Meier verstarb am 31.7.1969 im Alter von 87 Jahren in Lemgo.

Der Nachlass Karl Meier im Stadtarchiv Lemgo:

Sein Nachlass wurde 1981 im Stadtarchiv Lemgo angelegt. Bis zum heutigen Tage ist der Nachlass von mehreren Parteien auf seinen heutigen Umfang erweitert worden. Neben Meiers Töchtern als abgebenden Stellen ist vor allem Herr Johannes Hettling zu nennen, der zwischen 1988 und 1991 den Großteil des Nachlasses dem Stadtarchiv übergab. Unter diesen Abgaben befanden sich vor allem Korrespondenzen Meiers, Manuskripte zu seinen Forschungsarbeiten und Theaterstücken, sowie Zeitungsausschnitte, überwiegend mit Rezensionen von Werken von Karl Meier aber auch zu den Feierlichkeiten um Meiers 100. Geburtstag 1982. Außerdem befinden sich auch einzelne Exemplare von veröffentlichten Artikeln von Meier, die vor allem in der Zeitschrift "Hessische Ärzteblatt" erschienen sind.
Einige der anderen Veröffentlichungen, die als Manuskripte in diesem Nachlass enthalten sind, sind zudem auch im Benutzersaal bzw. in der Dienstbibliothek des Stadtarchivs Lemgo zu finden. Etwaige Zeitungsausschnitte sind aus Gründen der Bestandserhaltung aus den Akten entfernt, kopiert und die Originale vernichtet worden. Die Fotokopien sind anstelle der Originale wieder den Akten hinzugefügt worden. Fotographien, die sich ebenfalls im Nachlass finden ließen, sind ebenfalls den Akten entnommen und als Fotokopie wieder hinzugefügt worden. Die Originale sind aber nicht vernichtet, sondern in der Fotosammlung des Stadtarchivs Lemgo fachgerecht archiviert worden. Die entsprechenden Signaturen für die Fotosammlung sind den jeweiligen Verzeichnungseinheiten in AUGIAS zu entnehmen.
Die Verzeichnung des Nachlasses von Karl Meier in AUGIAS wurde vorgenommen von Frau Marlen Kruse und Herrn Michael Hallerberg.

Michael Hallerberg (2010)

Ein weiterer Zugang zum NL 40 erfolgte im Jahr 2014. Dieser Teil ist noch unverzeichnet und befindet sich unter der Zugangsnr.: 2014/060.

Marcel Oeben (2014)

Literatur über Karl Meier:
Tappe, Ernst und Imke: Karl Meier-Lemgo 100 Jahre - Sein Leben, sein Werk, seine Zeichnungen, Lemgo (1982); enthält neben seiner Biographie eingängige Betrachtungen von Meiers Zeichnungen sowie eine Auflistung der von ihm veröffentlichten Werke. Darin auch photographische Abbildungen Meiers in verschiedenen Lebensaltern.

Jürgen Scheffler: Im "Dienst der Heimatpflege" - Karl Meier und der Verein Alt-Lemgo, in: Lippe 1908 - 2008. Beiträge zu Geschichte und Gegenwart der Heimatpflege, hrsgg. von Burkhard Meier und Stefan Wiesekopsieker, Bielefeld 2008, S. 223 - 242.

Bestandssignatur
08 NL 40

Kontext
Stadtarchiv Lemgo (Archivtektonik) >> Nachlässe (natürliche Personen)

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Letzte Aktualisierung
06.03.2025, 18:28 MEZ

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