Akten | Bestand

Bayerische Polizeischule FFB 1: Bis 1945 (Bestand)

Vorwort: Von der Bayerischen Beamtenfachhochschule - Fachbereich Polizei - wurden am 16. Juni 1990 die Akten der Bayerischen Polizeischule Fürstenfeldbruck an das Bayerische Hauptstaatsarchiv abgegeben. Die Abgabe enthielt 248 Archivalieneinheiten, überwiegend Stehordner, zusammen ca. 15,9 lfd. Meter. Der Bestand umfasst zum einen die Jahre 1872 bis 1945, zum anderen die Zeit nach 1945, wobei der Großteil der Aktenüberlieferung hier erst nach 1954 einsetzt und dann bis ins Jahr 1975 reicht. Aus systematischen Erwägungen heraus wurden zwei durch die Zäsur des Jahres 1945 getrennte Bestände gebildet.

Im vorliegenden ersten Teil wird die Zeit bis 1945 dokumentiert (ca. 3,9 lfd. Meter), es ergaben sich insgesamt 197 fortlaufende Bestellnummern. Dabei beschränkt sich die eigentliche Aktenüberlieferung zum großen Teil auf die Jahre 1937 bis 1945, aus der Zeit vor 1937 sind nur relativ wenige Dokumente vorhanden. Lediglich die sogenannten "Grundbücher", in denen die Lehrgangsteilnehmer an den "Einheitslehrgängen" der Polizei mit Beurteilungen, Eintritts- und Austrittsdatum aufgelistet sind, haben sich lückenlos vom Jahr 1872 an bis 1938 erhalten (Nr. 163 - 172).

Das Anfangsjahr 1872 geht zurück auf einen königlichen Erlass vom 29. Mai 1872, mit dem die Gendarmerieschule in Speyer aufgelöst wurde und somit von den ursprünglich vier Gendarmerieschulen in Bayern nur noch diejenige in München - zuletzt im Rückgebäude der Arcisstr. 37 - veblieb. Hier wurden bei einer Klassenstärke von maximal 90 Anwärtern immer je 3 Monate dauernde Lehrgänge durchgeführt 1). 1924 erhielt die Gendarmerie- und Polizeischule dann ihren dauernden Sitz im ehemaligen Klostergebäude Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck, wo seit 1894 die königlich-bayerische Unteroffiziersschule untergebracht war (vgl. Nr. 108). Die Grundrisspläne zu der Unteroffiziersschule von 1894 befinden sich noch im überlieferten Bestand (Nr. 110) 2).

Bedingt durch die Umstrukturierung des Polizeiapparates in der Zeit des Nationalsozialismus wurde aus der Polizeischule 1933 zunächst die "Polizeihauptschule Fürstenfeldbruck", 19037 dann die "Polizeioffizier- und Schutzpolizeischule Fürstenfeldbruck" und 1942 schließlich die "Offizierschule der Ordnungspolizei" 3). Die von Heinrich Himmler am 26. Juni 1936 per Erlass errichtete Ordnungspolizei war ein Hauptamt der SS und somit direkt dem Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei, Heinrich Himmler, unterstellt. Zur Ordnungspolizei gehörten die uniformierte Schutzpolizei, die Gendarmerie, die Gemeindepolizei sowie Wasser-, Feuer- und Luftschutzpolizei, während die Kriminalpolizei zusammen mit der Geheimen Staatspolizei dem ebenfalls neu geschaffenen Hauptamt der Sicherheitspolizei unterstellt wurde.

Chef der Ordnungspolizei war vom 1. September 1939 bis zum 31. August 1943 der enge Vertraute Hitlers und zeitweilige Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Kurt Daluege, und vom 1. September 1943 bis 8. Mai 1945 Alfred Wünnenberg. Die Versuche von seiten der Reichsführung, die Ordnungspolizei vollständig mit der SS zu verschmelzen, spiegeln sich auch in den Dokumenten der Polizeischule wider (vgl. z.B. Nr. 194, Nr. 29) eine vollständige Zusammenführung schlug jedoch fehl.

Die Erschließung des Aktenmaterials folgt in erster Linie dem heute gültigen Aktenplan der Bayerischen Beamtenfachhochschule für den Fachbereich Polizei, der auch an der Polizeischule Anwendung findet ("Organisation", "Haushaltswesen", "Personalangelegenheiten", "Lehre"), es war jedoch nötig, einige Gesichtspunkte den besonderen Verhältnissen der NS- und Kriegszeit anzupassen.

So ergab sich beispielsweise Punkt 1.2 (Aufstellung von Polizei-Bataillonen), der aufschlussreiche Informationen zu den Kriegseinsätzen der Polizei und zur Bildung der einzelnen Bataillone, besonders für den Auslandseinsatz der Polizeitruppen in Norwegen und an der Ostfront enthält. Eine Besonderheit stellen auch die - sonst selten erhaltenen - Sammlungen von "Kommandobefehlen" (1.1.1) dar, die zahlreiche Details au dem täglichen Dienstbetrieb der Polizeischule enthalten.

Einen Eindruck von dem oft angespannten Verhältnis zwischen Polizei und SS vermitteln z.B. die verschiedenen "Grußvorschriften" (vgl. z.B. Nr. 40, Nr. 189) und die daraus häufig resultierenden Auseinandersetzungen. Zunehmende Bedeutung im Verlauf des Krieges erhalten die zahlreichen Belobigungen, Verleihung von Ehrenzeichen, aber auch die minutiös vorgeschriebene Gestaltung von Trauerfeierlichkeiten sowie die Repräsentation in der Öffentlichkeit überhaupt (1.4, 1.7 und 2.4). Gleichzeitig gewinnen Luftschutzmaßnahmen (1.6) und kriegsbedingte Sparmaßnahmen an Bedeutung. Ein trauriges Kapitel ist die ständig zunehmende Zahl von Selbstmorden in der Ordnungspolizei (vgl. Nr. 7), dem von Seiten der Obrigkeit auf schärfste versucht wurde, entgegenzuwirken.

Auch die Lehrinhalte (4.2) wurden den Erfordernissen des Kriegseinsatzes angepasst, so finden sich Beschreibungen von Partisanengefechten von der Ostfront ebenso wie das Tagebuch eines in Russland hingerichteten Partisanen, das - ins Deutsche übersetzt - als "Anschauungsmaterial" zu den Kämpfen gegen die "Banditen" gebraucht wurde (vgl. Nr. 176).

Unter den Punkten 5.1 bis 5.3 wurden abschließend einzelne Dokumente zusammengestellt, die das Verhältnis der Polizei zur Organisation der NSDAP und der nationalsozialistischen Ideologie insgesamt illustrieren. Wenn beispielsweise von dem überdimensionalen "Schriftkunstblatt" mit dem Parteiprogramm der NSDAP, dessen Erwerb "dringend nahegelegt wird", von der Polizeischule - trotz des angebotenen Rabatts ab 100 Stück - lediglich zwei erworben werden (vgl. Nr. 192) - ähnlich verhält es sich mit anderem zur Anschaffung empfohlenem Propagandamaterial (vgl. z.B. Nr. 190) - so wirft dieses Detail doch ein interessantes Schlaglicht auf die Begeisterung für das nationalsozialistische Gedankengut.

Die Unterlagen über die abgehaltenen Lehrgänge (4.1) machen ca. 1/3 des Bestandes vor 1946 aus (Nrr. 118 ff.). In den Lehrgangsunterlagen finden sich neben den Namenslisten der einzelnen Teilnehmer mit Beurteilungen auch die Stundenpläne, Lehrstoffverteilungspläne und Prüfungsunterlagen, sowie Erfahrungsberichte des Lehrpersonals, die wiederum lebendige Eindrücke vom Unterrichtsablauf vermitteln. Auch hier zeigt sich der Gegensatz zwischen den Wertvorstellungen und der moralischen Grundhaltung, die das auf der Polizeischule vermittelte Berufsbild des Polizisten prägen sollten, und dem Auftreten beispielsweise von SS-Angehörigen, die auf höheren Befehl hin als Leutnante der Schutzpolizei ausgebildet wurden (vgl. Nr. 120). Dabei wird immer wieder deutlich, unter welch schwierigen Verhältnissen die Polizeiausbildung teilweise stattfinden musste.

Die Gegenüberlieferung in den Akten des Innenministeriums zur Polizeioffiziers- und Schutzpolizeischule Fürstenfeldbruck aus den Jahren 1936 bis 1945 (M Inn 71981- 71983 und 71986) enthält in erster Linie Unterlagen zu Haushalt und Personalwesen, zu Grundstücksangelegenheiten und Baumaßnahmen, insbesondere über den geplanten Neubau einer Hundeabrichtanstalt in Fürstenfeldbruck, sowie betreffend die Weiterverwendung als Ausbildungsstätte der Polizei auf Wunsch der amerikanischen Besatzung.

Zu bestellen sind die Archivalien unter der Signatur "Polizeischule Fürstenfeldbruck (bis 1945), Nr. 1 ff."


Juni 2007 Dr. Silvia Strodel


1) Vgl. dazu Karl Weber, Neue Gesetz- und Verordnungen-Sammlung, Bd. 9, Nördlingen 1888, 407 - 409. Vgl. auch den Artikel von Ludwig Link, Rückblick auf die Ausbildung der staatlichen Polizei in Bayern, in: Festschrift 10 Jahre Bayerische Polizeischule, hrsg. Von der Bayerischen Polizeischule und bearbeitet von Georg Boxberger, Bad Godesberg o.J. (1963), 21 - 37.


2) Zur Struktur und Ausbildung an der Unteroffiziersschule vgl. Wolfgang Betz und Ingo Strehl, Die kgl. Bayerische Unteroffiziersschule Fürstenfeldbruck. Entstehung und Funktion bei der Aus- und Weiterbildung der Unteroffiziere der bayerischen Armee 1894 bis 1919, Diplomarbeit München 1983.

3) Zur Geschichte der Polizeischule vgl. den Artikel von Klaus Schwarz, Die Geschichte des Klostergebäudes Fürstenfeld nach 1803, ebd. 7 - 30, mit einer Aufstellung der einzelnen Kommandeure in dieser Zeit (29).

Reference number of holding
Polizeischule Fürstenfeldbruck (bis 1945)
Extent
197
Language of the material
deutsch

Context
Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Archivtektonik) >> Beständetektonik des Bayerischen Hauptstaatsarchivs >> 2 Abteilung II: Neuere Bestände >> 2.5 Inneres, Wohnen/Bau >> 2.5.2 Nachgeordneter Bereich >> 2.5.2.3 Polizei und Verfassungsschutz >> 2.5.2.3.7 Bayerische Polizeischule Fürstenfeldbruck >> Bayerische Polizeischule FFB

Date of creation of holding
1872-1945

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Last update
03.04.2025, 11:04 AM CEST

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Object type

  • Bestand
  • Akten

Time of origin

  • 1872-1945

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