Bestand
Mittlere und untere Kirchenbehörden: Lutherische Superintendentur Marburg (Bestand)
Enthält: 1. Rest des Aktenarchivs
der lutherischen Superintendentur Marburg. Der nach Klassen- und
Pfarrei- bzw. Ortsbetreff gegliederte Archivteil gehört nicht mehr
zum Bestand. Er wurde nach 1924 auf die Kirchenkreise Kirchhain,
Frankenberg und Marburg (seit 1949 Marburg-Land) aufgeteilt und ist
in den jeweiligen Dekanatsarchiven vorhanden.
2. Der
gesonderte Rechnungsbestand ist aus der Tätigkeit der Visitation
und Rechnungsprüfung durch den Superintendenten entstanden und
enthält Rechnungen der Gemeinden sowie von kirchlichen
Einrichtungen.
Geschichte des
Bestandsbildners: Geschichte und Umfang Im Zuge der Reformation
wurde die Kirchenorganisation in der Landgrafschaft Hessen auf der
Grundlage der staatlichen Verwaltungsgliederung neu errichtet. Die
kirchliche Leitung der Einzelgemeinden, die zunächst nur von
Visitatoren beaufsichtigt wurden, lag seit 1531/37 bei sechs
Superintendenten in Marburg, Kassel, Rotenburg, Alsfeld, Darmstadt
und St. Goar. Unterhalb der Superintendenten erhielten nach ersten
Anfängen ab 1537 in der Regel die Stadtpfarrer als Metropolitane
Visitationsaufgaben über die Pfarrer auf den Dörfern des jeweils
umliegenden staatlichen Amtes oder Gerichtes. Die den
Metropolitanen unterstellten Spezialdiözesen wurden seit Anfang des
17. Jahrhunderts als Klassen, einem dem Schweizer Kirchenrecht
entlehnten Begriff, oder als Konvente bezeichnet. Als Bezirk des
Marburger Superintendenten wurde in der Kirchenordnung von 1531 der
Bereich der Ämter Marpurg, Blankenstein, Driedorf, Gießen,
Konigsberg, Staufenberg, Aldendorf, Kirchhain, Wetter, Schonstein,
Rauschenberg, Frankenberg, Battenburg, Rosental, Bidencap und was
in der landart darumb und daran liget und in das furstentumb zu
Hessen gehort festgesetzt. Die Kirchenordnung von 1537 bestätigte
den Umfang dieses Bezirks, zu dem auch das darumb und daran
liegende mit Nassau gemeinschaftliche Land an der Lahn und der
ebenfalls mit Nassau gemeinsame Hüttenberg gehörten. Die Stadt
Marburg selbst war exemt und gehörte auch später keiner Klasse an.
Daneben bestanden im Oberfürstentum 7 sogenannte Freipfarreien, die
keiner Klasse angehörten und daher auch keinem Metropolitan
unterstellt waren. Es handelte sich bei den Pfarreien Kloster
Haina, Großseelheim, Goßfelden, Schweinsberg, Rauischholzhausen,
Löhlbach und Winnen sämtlich um Patronatspfarreien, die diesen
letzten Rest von Eigenkirchlichkeit vermutlich dem Widerstand der
jeweiligen Patrone gegen das landesherrliche Kirchenregiment
verdankten, so daß sie erst 1822 in Konvente bzw. Klassen
eingegliedert wurden. Das Amt Driedorf ist wohl 1557 nach seiner
Abtretung an Nassau aus dem Bezirk des Marburger Superintendenten
ausgeschieden, ebenso die Hälfte des Landes an der Lahn nach dessen
Aufteilung 1585. Das Gericht Schönstein kam, da es seit 1567 zum
Niederfürstentum gehörte, vermutlich danach zur Superintendentur
Kassel. Vier Dörfer des Gerichts kehrten, als sie 1599 von Landgraf
Ludwig IV. von Hessen-Marburg erworben und dem Amt Rauschenberg
angeschlossen wurden, in den Marburger Bezirk zurück. Ebenso wurde
die Herrschaft Itter nach ihrem Erwerb durch Hessen-Marburg 1584/88
angeschlossen. Eine Teilung der Superintendentur Marburg zeichnete
sich seit 1586 mit der Bildung einer Vizesuperintendentur in Gießen
ab, die 1602 mit der Superintendentur Alsfeld vereinigt und zu
einer vollen Superintendentur mit Sitz in Gießen erhoben wurde. Aus
der Zeit der großen Superintendentur Marburg finden sich für den
Gießener Teil des Oberfürstentums mehrere Betreffe aus der Zeit
zwischen 1564 und 1574 im Bestand. Seit 1586/1602 umfaßte die
Superintendentur Marburg die Ämter und Herrschaften Marburg (mit
Kirchhain), Blankenstein, Biedenkopf, Battenberg, Frankenberg,
Itter, Rosenthal, Rauschenberg, Allendorf/Lumda und Königsberg.
Damit entsprach ihr Bezirk dem Marburgischen Teil des
Oberfürstentums Hessen, der nach dem Tode von Landgraf Ludwig IV.
1604 an Hessen-Kassel fiel. Der Anfall an Kassel, die Einführung
der Verbesserungspunkte zwischen 1605/06/19 und 1624 sowie der
Übergang an Hessen-Darmstadt im Jahre 1624 und die anschließende
Wiederherstellung des Luthertums hatten auf den geographischen
Umfang keinen Einfluß. Erst nach dem Ende des 30jährigen Krieges,
als der größere Teil des Marburgischen Oberhessen wieder an
Hessen-Kassel gelangte, schieden die Ämter Allendorf/Lumda,
Battenberg, Biedenkopf, Blankenstein, Königsberg und die Herrschaft
Itter, die bei Hessen-Darmstadt blieben, aus dem Bezirk der
Superintendentur Marburg aus. Hessen-Darmstadt schlug diese Gebiete
nicht einfach der Superintendentur Gießen zu, sondern bildete
daraus eine Superintendentur Marburg mit Sitz in Gießen. Während
der nächsten 200 Jahre hat es nur noch unwesentliche Veränderungen
im geographischen Umfang der hessen-kasselischen Superintendentur
Marburg gegeben. 1673 wurde das halbe Gericht Schönstein, die vier
Dörfer Heimbach, Lischeid, Moischeid und Winterscheid, von der
Pfarrei Josbach abgetrennt und wieder dem reformierten Niederhessen
zugeschlagen. 1708 erwarb Hessen-Kassel das Dorf Holzburg in der
südlichen Schwalm von Hessen-Darmstadt und teilte es der Klasse
Rauschenberg und damit der lutherischen Superintendentur Marburg
zu. Ab 1822 unterstanden die Gemeinden der reformierten Diaspora in
Oberhessen, mit Ausnahme des reformierten Ministeriums in Marburg,
dem lutherischen Superintendenten in Marburg. 1862 wurden diese
Diasporagemeinden in einer reformierten Pfarrklasse Frankenberg
zusammengefaßt und dem reformierten Inspektor zu Marburg
unterstellt. Während desselben Zeitraums von 1822 bis 1862 gehörte
die lutherische Pfarrei Holzburg zur reformierten Klasse Neukirchen
unter dem reformierten Inspektor und kehrte dann in die Diözese des
lutherischen Superintendenten in die Klasse Kirchhain zurück. Am
25.1.1865 wurde der reformierte Inspektor zum Superintendenten
befördert, so daß von da an zwei Superintendenturen, eine
lutherische und eine reformierte, ihren Sitz in der Stadt Marburg
hatten. Nach der Annexion des Kurfürstentums Hessen und Teilen des
Großherzogtums Hessen durch Preußen fiel 1867 das Dekanat Vöhl, das
in seinem Umfang der alten Herrschaft Itter entsprach, an die
lutherische Marburger Superintendentur. 1884 wurden in der
hessen-kasselischen Kirche neue Superintendenturen geschaffen.
Dabei wurde der Marburger Bezirk lediglich in Superintendentur
Marburg-Frankenberg-Kirchhain-Vöhl umbenannt in Anlehnung an die
Bezeichnungen der mit dem Umfang der Superintendentur identischen
drei Landkreise. Nach dem Wegfall des landesherrlichen
Kirchenregiments wurde zum 1.6.1924 die gesamte Verwaltungsstruktur
der Landeskirche von Hessen-Kassel modernisiert. Mit diesem Tag
traten eine Kirchenregierung und ein Landeskirchenamt an die Spitze
der Verwaltung. Gleichzeitig wurden die Superintendenturen und
Klassen aufgelöst und durch Kirchenkreise ersetzt, die sich
weitgehend an die damals bestehende staatliche Kreiseinteilung
anlehnten. Die Entbindung der Metropolitane von ihren
kirchenregimentlichen Aufgaben und Übertragung dieser Aufgaben auf
die Kreispfarrer als Leiter der Kirchenkreise geschah durch
Verordnung des Landeskirchenamtes vom 15.12.1924 erst zum 1.1.1925.
Die Metropolitanate bzw. Klassen waren aber schon durch das
Inkrafttreten der Kirchenverfassung am 1.6.1924 beseitigt. Das
Gebiet der lutherischen Superintendentur Marburg wurde in drei
Kirchenkreise aufgeteilt: 1. Marburg, umfassend die
Kirchengemeinden der Stadt Marburg, die Klassen Fronhausen und
Wetter, die ref. Kirchengemeinden Cappel und Münchhausen und die
Kirchspiele Dreihausen, Ebsdorf und Wittelsberg, 2. Kirchhain,
umfassend die Klasse Kirchhain, mit Ausnahme der Kirchspiele
Dreihausen, Ebsdorf und Wittelsberg und der Kirchengemeinde
Holzburg, die zum Kirchenkreis Ziegenhain kam, sowie die Klasse
Rauschenberg und die reformierten Kirchspiele Kirchhain,
Rauschenberg und Schwabendorf. 3. Frankenberg, umfassend die
lutherische und die reformierte Klasse Frankenberg (mit Ausnahme
der ref. Kirchspiele Münchhausen, Rauschenberg und Schwabendorf)
und das Dekanat Vöhl. Durch Verordnung der Kirchenregierung vom
3.4.1925 über Änderung von Kirchenkreisgrenzen, wechselten die
Kirchspiele Betziesdorf und Rosenthal vom Kirchenkreis Kirchhain an
den Kirchenkreis Marburg bzw. an den Kirchenkreis Frankenberg,
während die reformierte Kirchengemeinde Gemünden vom Kirchenkreis
Frankenberg an den Kirchenkreis Kirchhain abgegeben wurde. Ein
Kirchengesetz vom 21.2.1929 legte das Zusammenfallen der
Kirchenkreise mit den Kreisen der allgemeinen Staatsverwaltung
fest, regelte aber auch die Ausnahmen, so daß durch eine Verordnung
der Kirchenregierung vom 21.2.1929 der Kirchenkreis Kirchhain neben
dem Landkreis Kirchhain auch die Kirchspiele Grüsen, Gemünden
lutherisch I, Gemünden lutherisch II und Gemünden reformiert, die
ganz oder zum Teil im staatlichen Kreise Frankenberg belegen sind,
umfaßte. Fast 20 Jahre später wurde durch Kirchengesetz vom
14.12.1948 der Kirchenkreis Marburg in einen Kirchenkreis
Marburg-Stadt und einen Kirchenkreis Marburg-Land geteilt. Den
Kirchenkreis Marburg-Stadt bildete ausschließlich die
evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Marburg, die am 1.12.1946
aus der Vereinigung der bisherigen evangelisch-lutherischen und der
reformierten Gemeinde entstanden war.
Findmittel: Veröffentlichtes
Findbuch von H. Klingelhöfer und I. Stamm, 1999 (für die Bestände
318 Luth. Superintendentur Marburg und 319 Evangelische Parreien
Marburg)
Findmittel: masch. Findbuch
für Rechnungen (3 Bde.)
Findmittel: HADIS-Datenbank
(Import aus ledoc-Datenbank)
Referent: Kli,
2005
- Bestandssignatur
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg, 318 Marburg
- Umfang
-
48,41 m (42,25 m Rechnungen und 6,16 m Akten)
- Kontext
-
Hessisches Staatsarchiv Marburg (Archivtektonik) >> Gliederung >> Nichtstaatliche Archive und Deposita >> Kirchen >> Mittlere und untere Kirchenbehörden
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Korrespondierende Archivalien: Urkunden der Superintendentur von 1361-1748 bzw. der meist personell damit verbundenen Oberpfarrei Marburg im Urkundenbest. X 2 Marburg
Korrespondierende Archivalien: Amtsbücher im Best. 319 Marburg
Korrespondierende Archivalien: Dekanatsarchive der Kirchenkreise Frankenberg, Kirchhain und Marburg-Land.
Korrespondierende Archivalien: Bestand 22 a 7
- Bestandslaufzeit
-
(1520-)1533-1924(-1929)
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
27.05.2024, 10:19 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1520-)1533-1924(-1929)