Bestand
Fürsorgeerziehung, Freiwillige Erziehungshilfe, Landesjugendamt bis 1945 (Bestand)
I.1 Historischer Abriss
I.1.1 Rechtliche Grundlagen
„Es ist in erster Linie Aufgabe der Eltern, der Familie oder der sonst Erziehungsberechtigten, die Kinder zu erziehen und zu tüchtigen Gliedern der menschlichen Gesellschaft heranzubilden. Dieses natürliche Recht der Eltern war so allgemein anerkannt, dass noch die Reichsverfassung von 1871 keine Bestimmungen enthielt, die das Erziehungsrecht der Eltern oder gar einen öffentlich-rechtlichen Erziehungsanspruch des Kindes festlegen“. (1)In der Ära des Wirtschaftsliberalismus, z. B. in seiner extremsten Form als Manchesterliberalismus, verbunden mit einer exorbitanten Bevölkerungsexplosion und den gesellschaftlichen Umbrüchen durch die Industrialisierung entstand nicht nur in Deutschland eine soziale Lage, die als Pauperismus um sich griff. Philantropische Vereine gründeten sich, die Rettungsbewegung entstand und mit dem „Rauhen Haus“ wurde erstmals versucht, den neuen Problemen durch eine umfassende Loslösung aus überkommenen familiären, religiösen und sozialen Autoritäten zu begegnen. Die Ansätze blieben auf das „Stadtproletariat“ beschränkt. (2) „Zuchtlosigkeit“ und „Ungehorsam“ (in der Selbstdefinition der Jugend als Freiheit aufgefasst) wurden diagnostiziert, soziale „Auffälligkeit“ wurde in der engeren Definition der kriminellen Auffälligkeit als Verstoß gegen Rechtsnormen thematisiert während der umfassenden Definition unter Berücksichtigung einer entstehenden Jugendsubkultur und der neuen Schicht der Fabrikarbeiter zunächst kaum Beachtung geschenkt wurde. Die früheste Form normierter öffentlicher Ersatzerziehung, die Zwangserziehung, resultierte ausschließlich aus der im § 55 des Strafgesetzbuches (3)festgelegten Strafunmündigkeit jugendlicher Rechtsbrecher; d. h. dass nach einer Übertretung von Rechtsnormen im Einzelfall die Einweisung geprüft wurde. 1876 folgte eine weitere reichseinheitliche Regelung, die wiederum im preußischen Gesetz zur Unterbringung verwahrloster Kinder vom 13. 3. 1878 (4) ihren Niederschlag fand. Als Sanktion waren die Familienunterbringung oder die Einweisung in eine Erziehungsanstalt bzw. Besserungsanstalt vorgesehen, zur Begründung wurde das Kriterium der Verwahrlosung und der Vermeidung weiterer Verwahrlosung (5) hinzugefügt.Die Umsetzung des Gesetzes, in Sonderheit die Schaffung der erforderlichen Einrichtungen, wurde den preußischen Provinzialverbänden übertragen. Diese wiederum befanden sich gerade im Anfang der Umwandlung von einem rein provinzialständisch-parlamentarischen Gremium zu einer kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft, d. h. verfügten über keinen eigenen Verwaltungsapparat, so dass es nicht verwundert, dass sie auf bereits existente Einrichtungen, z. B. konfessioneller Träger, zurückgriffen. Entsprechendes findet sich denn auch im Reglement vom 29. 4. 1879 (von der Staatsaufsicht genehmigt am 2. 9. d. J.). Im Jahre 1884 wurde die Regelunterbringungsdauer über das 16. Lebensjahr hinaus auf das 18. Lebensjahr ausgedehnt (mit der Möglichkeit der Verlängerung bis zur Volljährigkeit). Das Zwangserziehungsgesetz war in ganz Preußen, so der Dezernent der Abteilung in einer vom 8. 6. 1914 datierten Ausarbeitung (6), „nie in nennenswertem Umfange“ angewendet worden. Es wurden in der Zeit vom 1. 10. 1878 bis zum 31. 3. 1901 insgesamt 3741 (7) also durchschnittlich jährlich nur 166 (8) Kinder überwiesen... „
Eine entscheidende Änderung kam mit dem preußischen Fürsorgeerziehungsgesetz (FEG) vom 2. Juli 1900 (9). Das Bürgerliche Gesetzbuch hatte reichseinheitlich einen Rahmen gesetzt, aber keine detaillierten Ausführungsbestimmungen (10) erlassen. Eine der wesentlichen Änderungen bestand in einer geänderten Ausgangsvoraussetzung: nicht mehr die Straffälligkeit war Voraussetzung, sondern soziale Gefährdung. Prävention war das neue Leitmotiv (11).Das Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922 (12) (RJWG) brachte vor allem einen reichseinheitlichen umfänglichen zusätzlichen Aufgabenkatalog, der mit den Begriffen „Vormundschaftswesen, Pflegekinderwesen, Schutzaufsicht, Jugendpflege und Landesjugendamt“ umschrieben werden kann. Absatz eins des Paragraphen 1 lautete: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit“ (13). Das Recht und die Pflicht der Eltern wurden höher angesetzt als das Regelungsinteresse des Staates. Zur Detailregelung erging das preußische Ausführungsgesetz vom 29. März 1924 (G.S., S. 180). Dessen § 1 lautete „Die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege mit Ausnahme der Ausführung der Fürsorgeerziehung sind Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden und Gemeindeverbände“, was bedeutete, dass die Fürsorgeerziehung als Kernbestandteil des Regelungswerkes lediglich in staatlicher Auftragsverwaltung durchgeführt wurde. Dies führte zu heftigem Widerstand, nicht nur des Rheinischen Provinziallandtages und der Verwaltung, was wohl auch mit der Neuregelung der Kostenaufteilung der Fürsorgeerziehung in § 22 in Verbindung mit 18 (Kostenträger ist der Träger der Fürsorgeerziehungsbehörde, also der Provinzialausschuss) zusammenhing. Der „Kann-Bestimmung“ des § 12 des Gesetzes zur Errichtung eines Landesjugendamtes wurde Genüge getan. Das Landesjugendamt, in seiner Zusammensetzung (14) etc. in etwa dem heutigen Landesjugendwohlfahrtsausschuss vergleichbar, nahm unter anderem Aufgaben in der Förderung des Jugendherbergswesens, dem Betrieb und der Unterstützung von Lichtbildstellen oder der Bekämpfung von „Schund- und Schmutzschriften“ wahr. Neben der Förderung des „guten Buches“, z. B. über Bibliotheken und Lesevereine, der Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft der Landesbildstellen (ALAB) als „Positivansatz“ stand also der „Negativansatz“ der ungezügelten Verbreitung z. B. von „Ehe- und Sexualzeitschriften“, „homosexueller Literatur“ entgegenzuwirken. Hierzu wurden die Polizeibehörden „gebeten, dem Straßenhandel sowie den Auslagen bei den Buchhändlern schärfste Aufmerksamkeit zu widmen“; in Verfahren zur Indizierung anstößiger Publikationen wurde das Landesjugendamt führend, weil „von den 113 Druckschriften die bis zum 1. April d[e]s J[ahre]s [1931] auf die Reichsschundliste gesetzt worden sind, bei 45 die Aufnahme auf Grund der Anträge des rheinischen Landesjugendamtes erfolgte“ (15).
Da 1924 auch mit der Fürsorgepflichtverordnung (16) Änderungen eingetreten waren und die oben erwähnte Zuständigkeitsaufsplitterung (17) in den verschiedenen Wohlfahrtsbereichen nach wie vor anhielt, hatte die S.P.D. Fraktion des Provinziallandtages 1924 einen Beschlussantrag zur Schaffung eines umfassend zuständigen „Provinzial-Wohlfahrtsamt“ vorgelegt. Dieser Antrag wurde dem Provinzialausschuss überwiesen, vom Landeshauptmann als unzweckmäßig eingestuft und als Minimalmaßnahme die Einrichtung der Zeitschrift „Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz“ vorgeschlagen. Dieser Beschluss wurde in der Sitzung am 14. März 1925 gefasst. Eine besondere Abteilung der Zeitschrift wurde der Jugendwohlfahrt vorbehalten (18).Als nächste wichtige Rechtsgrundlage ist kurz auf die „Notverordnung des Reichspräsidenten über Jugendwohlfahrt vom 4. November 1932 (RGBL I, S. 522)“ und „... über Fürsorgeerziehung vom 28. November 1932 (RGBL I, S. 531)“ (19) einzugehen. Diese ändern nämlich u. a. den § 63 des RJWG, die Grundlagen für den Überweisungsbeschluss der Vormundschaftsgerichte. Die „Verhütung lediglich körperlicher Verwahrlosung“ wird als Überweisungsgrund ausgeschlossen und Fürsorgeerziehung „darf nicht angeordnet werden, wenn sie offenbar keine Aussicht auf Erfolg bietet“. Die obere Altersgrenze des § 72 RJWG wird „mit der Vollendung des 19. Lebensjahres“ erreicht und den Fürsorgeerziehungsbehörden wird, unter Beschlussfassung des Vormundschaftsgerichts, die Möglichkeit gegeben, „einen Minderjährigen [...] wegen Unausführbarkeit der Fürsorgeerziehung“ zu entlassen. Unter starkem wirtschaftlichem Druck hatte die Rheinische Provinzialverwaltung bereits im Frühjahr 1932 sämtliche Heime angewiesen, ihren Zöglingsbestand um 30 % zu reduzieren und in den Vorgaben hierzu ebenfalls die „Nicht-Erziehbaren“ oder kurz vor der Volljährigkeit Stehenden benannt (20). Trotz dieser Maßnahmen, begleitet von Pflegesatzabsenkungen etc., und entgegen massiver Proteste wurden die Notverordnungen jedoch erlassen. In diesem Kontext dürfte die Umwandlung des Heimes Fichtenhain in eine Provinzial Heilstätte für Trinker zu verstehen sein.
Mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933“ (21) erging eine Vorschrift, die sich mittelbar auf die Heimerziehung auswirkte. Mit Rundschreiben vom 20. Februar 1934 (22) informierte die Fürsorgeerziehungsabteilung sämtliche Heime des Geschäftsbereichs über die Modalitäten zur Umsetzung des Gesetzes: „Vorbehaltlich einer endgültigen Regelung der Angelegenheit sind im allgemeinen zunächst die dringendsten Fälle zu berücksichtigen, die erheblich erbkrank sind und bei denen außerdem die dringende Gefahr besteht, dass sie außerhalb des Heims ungehemmt Geschlechtsverkehr ausüben und deshalb als ‚fortpflanzungsgefährlich’ zu bezeichnen sind“. Zwar sollten die Heime „aus erzieherischen Gründen“ von dem ihnen zustehenden Antragsrecht im allgemeinen möglichst wenig Gebrauch machen, aber bei als „fortpflanzungsgefährlich“ Eingestuften „darf der Zögling nicht beurlaubt oder entlassen werden, bevor der Antrag auf Unfruchtbarmachung gestellt und über ihn entschieden ist. Die Entlassung darf auch dann nicht eintreten, wenn inzwischen die Fürsorgeerziehung durch Erreichung der Altersgrenze endigen sollte.“
Die Diskussion um die Verabschiedung eines Bewahrungsgesetzes (23) verblieb bis 1932 ohne Erfolg, die „Bewahrungsfürsorge“ als freiwillige Maßnahme für Entlassene (also außerhalb der Fürsorgeerziehung angesiedelt) wurde 1940 eingeführt. Sie sollte den Personenkreis abdecken helfen, bei dem eine sachliche Notwendigkeit konstatiert wurde, bei dem aber z. B. wegen der Überschreitung des Einweisungshöchstalters die Fürsorgeerziehung nicht mehr möglich war (24).
I.1.2 Durchführung des Gesetzes
Das Zwangserziehungsgesetz beschäftigte sich noch mit einem kleinen Personenkreis, dieser erweiterte sich jedoch mit dem FEG exorbitant:
Stichtag Zöglingszahl
1. 4. 1902 (25) 975
1. 4. 1914 10851
1. 4. 1925 (26) 10828
1. 4. 1930 (27) 12918
1. 4. 1933 8513
1. 4. 1944 10484
1. 4. 1946 9200
So wurden in der Rheinprovinz zwischen 1900 und dem Stichtag 31. 3. 1914 insgesamt 20.487 Zöglinge überwiesen, der „Gesamtbestand, ausschließlich der widerruflich Entlassenen, betrug an dem gleichen Tag auf 10.851 Köpfe, ohne dass damit der Beharrungszustand erreicht wäre“ (28).Die Familienpflege kam ab 1902 ständig stärker zur Anwendung; seit 1915 wurde sie durch konfessionelle Organisationen, d. h. je einen evangelischen und katholischen Verband, unterstützt. Diese befassten sich mit der Auswahl, Betreuung und Fortbildung von Fürsorgern, Besuchen bei den Pflegefamilien bzw. Lehr- und Dienststellen. Nach 1933 wurde dieser Bereich von der NSV dominiert.Da vielfach „nur in der reinen Luft einer Erziehungsanstalt jener körperliche und sittliche Reinigungsprozess versucht werden darf, der zur Rettung der Jugendlichen führen soll“ (29), wurden Neuaufnahmen in der Regel (30) in Aufnahmeheime eingewiesen; auch um „ihre meist traurige körperliche Verwahrlosung zu beseitigen“. Nach erfolgter medizinischer und psychologischer Begutachtung wurde dann entschieden, ob die Zöglinge in Familienpflege gegeben werden konnten oder ob ihre Einweisung in ein Erziehungsheim oder in eine Sonderanstalt, wie die so genannten Psychopathenheime (31), nötig war.
In den Jahren 1908 - 1914 gab es im Hafen von Emden eine Besonderheit: Auf einem Kutter wurden Zöglinge für den Seedienst ausgebildet; sie sollten nach ihrer Entlassung auf „Heringsloggern“ arbeiten (32).
Kriterien für die Aufteilung auf die verschiedenen Heime waren, in der Selbstdarstellung der Abteilung, in erster Linie das Geschlecht und in zweiter Linie das Lebensalter (definiert über die Fragestellung: schulpflichtig bzw. schulentlassen?). Für weibliche Schulentlassene führt Vossen des Weiteren aus: Grad der Verwahrlosung, Grad der psychischen Abnormität, Bestehen einer venerischen Erkrankung oder Mutterschaft. Besonderes Gewicht kam per se den konfessionellen Belangen zu; besondere Probleme bereiteten dementsprechend der verschwindend geringe Prozentsatz an Zöglingen der aufkommenden „dissidentischen Fürsorge“ bzw. israelitischer Konfession. Tatsächlich wurde die Heimbelegung jedoch auch als Machtmittel in den institutionellen Auseinandersetzungen benutzt: geht die Belegungszahl zurück, sinken die Einnahmen, Heime werden unrentabel, Schließung und damit Bedeutungsverlust droht (33). Ab 1933 war „nationalsozialistischer Erziehung Rechnung zu tragen“ (34), was sich auch dahingehend auswirkte, dass konfessionelle Belange in der Verteilung der Zöglinge auf die Heime nicht mehr berücksichtigt wurden und - natürlich unter Beachtung der Geschlechtertrennung - der „Schwierigkeitsgrad“ des Einzelfalls das Kriterium wurde. Die „Provinzialheime“ wurden mit der Wiederinbetriebnahme 1945 erneut nach konfessionellen Gesichtspunkten belegt.
Bis zum Jahre 1906 gab es, wenn man von einer provisorischen „Erziehungsabteilung Freimersdorf' (im Rahmen der Landesarbeitsanstalt Brauweiler) absieht und auch die irreguläre Belegung von Teilen der Arbeitsanstalt Brauweiler außer Acht lässt, für männliche Zöglinge nur Belegheime. Mit der Eröffnung des Heims Fichtenhain bei Krefeld im Frühjahr 1906 wurde das erste der drei von der Provinzialverwaltung geplanten und gebauten Heime für katholische schulentlassene Jungen in Betrieb genommen. Die Eingänge aller Zöglingshäuser waren vom Verwaltungsgebäude und der Direktorenwohnung aus einsehbar. (35) Die bauliche Gestaltung der Abteilungen dieses Prototyps wurde bei den darauf folgenden Heimen Rheindahlen bei Mönchengladbach, (36) Halfeshof bei Solingen (37) und Erlenhof bei Euskirchen (38) weitgehend übernommen; offensichtliche Mängel jedoch soweit möglich ausgeglichen. Dem Erlenhof wurden als reichsweites Novum das oben erwähnte Beobachtungshaus mit Wachsaal für geistig abnorme und ein Haus für schwer erziehbare psychopathische Zöglinge angeschlossen. (39) Die Hoffnung, dass dieses unter Leitung des anerkannten Spezialisten Dr. Max Lückerath (40) stehende Haus nicht nur katholische, sondern auch evangelische Jungen aufnehmen würde, erfüllte sich nicht; diese Aufgabe erfüllte der Benninghof bei Mettmann. (41) In allen vier Heimen bestanden größere landwirtschaftliche Betriebe; der jeweilige Standort war bewusst an bestehende Güter gekoppelt worden. 1924 wurden über 1260 Morgen Land bewirtschaftet und in den Ställen standen mehr als 1000 Stück Großvieh. Dies hatte mehrfachen Vorteil: die Zöglinge konnten in den einschlägigen Berufen ausgebildet werden (z. B. als Melker, Schweizer oder Gärtner), die Selbstversorgungskosten wurden reduziert und mit dem Verkauf von Überschüssen Einnahmen erzielt. Eine weitere, ebenfalls multifunktionale, Einnahmequelle waren die Heimwerkstätten. Die Provinzialheime verfügten über je eine Korbflechterei, eine Schlosserei, eine Schneiderei und eine Schuhmacherei. In den Jahren 1907 bis 1916 wurden in Rheindahlen, Fichtenhain und dem Halfeshof in den Betrieben Reingewinne von ca. 1 Million Mark gemacht. (42) Bereits 1901 wurden Prämien eingeführt, welche natürlich z. B. als Strafmaßnahme - ebenso wie andere Vergünstigungen - entzogen werden konnten. Mit Eintritt der Inflation der 20er Jahre wurde der tarifvertraglichen Entlohnung in Beschäftigung stehender Zöglinge besondere Aufmerksamkeit geschenkt. (43) Die Regelung der Berufsberatung sowie die Frage des „Koalitionsrechtes“, d. h. der gewerkschaftlichen Vereinigungsfreiheit aller Zöglinge, lösten kontroverse Diskussionen aus. (44)
Sieht man von vorübergehenden Notlösungen oder dem Ankauf ehedem in privater Trägerschaft befindlicher Heime ab, hat die Provinzialverwaltung ein eigenes Mädchenheim nie eingerichtet. Dies dürfte damit begründet sein, dass immer hinreichend Heimplätze zur Verfügung standen bzw. der „Spitzenbedarf' anderweitig gedeckt werden konnte.Die pädagogischen Bemühungen der rheinischen Provinzialverwaltung setzten früh ein, Sport und Spiel waren hoch geschätzt. (45)
Bemühte sich die Verwaltung in der Zeit der Weimarer Republik noch darum, links- und rechtsradikale Agitation über eine relativ moderate Zensur von den Zöglingen fernzuhalten (46), so wurde nach 1933 die „Nationalsozialistische Erziehung der Fürsorgezöglinge und ihre Zugehörigkeit zu nationalsozialistischen Verbänden“ (47) gefördert. Die Unterstützung des Winterhilfswerks, z. B. durch Bastelarbeiten etc., oder des „Ernteeinsatzes“ wurde zur Pflichtaufgabe. Einige Organisationen, wie die Hitlerjugend, sperrten sich zunächst ganz dem Gedanken, Zöglinge aufzunehmen; 1934 wurden in der Mehrzahl der Heime eigene Gruppen eingerichtet. (48)Eine erneute Erschwerung der Arbeitsbedingungen in den Heimen stellte sich naturgemäß mit Kriegsbeginn ein, was sich bereits mit dem Aktentitel „Einsatz der Erziehungsheime im totalen Krieg“ (49) belegen lässt. Räumungen zur Einrichtung von Lazaretten oder wegen Bombentreffern wurden erzwungen, ganze Heime verlegt. In den Jahren 1943 und 1944 mussten z. B. Zöglinge des Erlenhofes in der PHP Düsseldorf-Grafenberg Brandwache halten. (50) Die immer weiter eskalierende nationalsozialistische Diktatur zweckentfremdete auch den Grundgedanken der Fürsorgeerziehung, wie sich z. B. aus einer Vernehmungsniederschrift ergibt, wonach der Betreffende „auch das Sachgebiet 'Verwahrlosung' der Jugend, mit anderen Worten die 'Edelweißpiraten ' und andere oppositionelle Jugendorganisationen bearbeitet“ habe. (51) Einwirkungen der GESTAPO spiegeln sich auch im Bestand wieder, z. B. als „Vernehmung von Zöglingen wegen des Absingens von Liedern der Edelweißpiraten, 1944“ (52), die „Arbeitserziehungsabteilung des Jugendhauses Freimersdorf“ ab dem 11. 01. 1943 versuchsweise eingerichtet und mit sieben Jugendlichen „aus dem Gaugebiet Essen“ belegt wurde (53) oder „im Anschluss an das Frauenhaus in der Arbeitsanstalt Brauweiler“ eine Strafabteilung für weibliche Jugendliche eingerichtet wurde. (54)Nach dem militärischen Zusammenbruch wurde die Chance des Neuanfangs nur teilweise genutzt: im vorherrschenden allgemeinen Chaos war das Bedürfnis nach sofortiger Einrichtung neuer Heime so groß, dass auf Provisorien zurückgegriffen wurde und alte Bausubstanz ebenso wie überkommene Strukturen wieder installiert wurden. Die Abtretung des südlichen Teils der Rheinprovinz wegen der dortigen französischen Besatzungszone brachte erhebliche Erschwernisse mit sich, da z. B. bei den kriegsbedingten Evakuierungen die räumliche Distanz keine Berücksichtigung gefunden hatte. Die Stabilisierung der Verhältnisse war erst gegen Ende der 40er Jahre abgeschlossen. Die Provinzialverwaltung der Rheinprovinz war nahtlos im Oberpräsidium Nordrhein aufgegangen, die bisher in kommunaler Eigenverantwortung durchgeführten Aufgaben waren somit Teil der Staatlichen Verwaltung geworden. Dieses „staatliche Zwischenspiel“ endete erst mit der Gründung der Landschaftsverbände (55) und der damit verbundenen Ausgliederung der Aufgaben aus dem Sozialministerium des Landes Nordrhein-Westfalen.
I.2 Zur Bestandsgeschichte, Bestandsbeschreibung, Bearbeitungsvermerke
Bei der Bewertung des Bestandes in der Jahreswende 1985/86 waren fast alle „Generalakten“ noch in der Registratur des LJA vorhanden. Aus diesen ca. 800 Faszikeln wurden etwa 320 Nummern als archivwürdig ausgewählt, so dass ca. 60 % des Bestandes zur Vernichtung freigegeben wurden. Die kassierten Akten hatten i. d. R. Betreffe zum Inneren Dienst (Finanz- und Rechnungsabwicklung und Personalverwaltung), zur Liegenschaftsverwaltung, zu fiskalischen Angelegenheiten der Werkstätten und der landwirtschaftlichen Abteilungen der Provinzialheime. Auch Einzelfallsammlungen zu Zöglingsangelegenheiten wurden kassiert.Der mengenmäßige Hauptstrang der Registratur, die zeitlich einschlägigen Zöglingsakten, standen nicht zur Bewertung an. Für diese hatte die Registratur der Abteilung seit ihrer Einrichtung regelmäßige Aussonderungsaktionen unter Beachtung der verbandsinternen Aufbewahrungsfrist (56) durchgeführt. Archivische Belange, wie etwa eine prozentuale Beispieldokumentation, wurden nicht berücksichtigt, wohl aber die Belange einer anderen Institution der Provinzialverwaltung: Durch Bericht vom 09. 09. 1943 an das Reichsministerium des Innern (57) wird nachgewiesen, dass Einzelfallakten in ein leider ungenanntes Heim der PV ausgelagert und zudem „restlos vom Erbbiologischen Institut“ übernommen worden waren bzw. dort einem Bombentreffer zum Opfer fielen. In der selben Akte findet sich fünf Blatt weiter die Überlegung, ob das „genannte Institut auch heute noch auf die Übersendung der Akten Wert legt. Das Institut besteht als solches noch“. (58) Auf eine diesbezügliche Anfrage reagiert die Bonner Einrichtung bejahend, die tatsächliche Aktenabgabe findet ihren Abschluss einer Randnotiz zufolge am 07. 07. 1947: Einzelfallakten der Geburtsjahrgänge 1907 - 1915 im Gesamtgewicht von 4 t „Herrn D. in 4 Portionen mitgegeben“. (59) Diejenigen Einzelfallakten zu Probanden, die mit dem Sterilisierungsgesetz (60) in Berührung gekommen waren, wurden jeweils von der Vernichtung ausgenommen. Sie waren seinerzeit mit dem Vermerk „In die Sterilisierungsliste aufgenommen“ bzw. „Unfruchtbarmachung durchgeführt“ versehen worden und wurden bei den Aktenaussonderungsaktionen 1949 ausgenommen. Dem lag eine Verordnung des Zentraljustizamts für die britische Zone (61) zugrunde, welche auch in Fällen, wo die „Unfruchtbarmachung bereits durchgeführt ist“ die „Wiederaufnahme rechtskräftig entschiedener nVerfahren gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 des GzVeN [...] beschränkt“ zuließ. Des Weiteren wird bestimmt, dass die ärztlichen Beisitzer, wie sie im Gesetz genannt waren, weiterhin zugezogen werden müssen. (62) Noch 1949 findet sich ein Anerbieten, diese Zöglingsakten an das erbbiologische Institut abzugeben. Ein abschriftlich überlieferter Bescheid der PHP Bonn vom 16. 11. 1950 führt jedoch aus, dass das Institut 1947, von der Abteilung offensichtlich unbemerkt, aufgelöst worden sei. Die Akten verblieben also in der Registratur und wurden bei der Errichtung eines zentralen Altaktenlagers des LVR in dieses überführt, blieben jedoch auch nach Übernahme dieses Depots durch das zwischenzeitlich eingerichtete Archiv des LVR noch in der Verfügungsgewalt des LJA. Erst 1990 wurden sie dem Archiv überwiesen. (63)Bei der Verzeichnung des Bestandes konnte eine 29 Nummern umfassende Abgabe, die bereits 1975 in das Archiv gelangt war (64) integriert werden. 1995 wurden die bereits im maschinenschriftlichen Gesamtfindbuch zur Rheinischen Provinzialverwaltung von 1954 aufgeführten Akten zu den Klassifikationspunkten Kinderspeisungen und Kuren neu verzeichnet. Diese waren zwar von der Hauptfürsorgestelle in der PV als Rheinischer Provinzialausschuss für die Kinderspeisung und Auslandshilfe angelegt, mit der 1933 erfolgten Kompetenzumschichtung aber an die FE - Abteilung abgegeben und dort fortgeführt worden. Mit den Nummern 3653 bis 3665 a werden Akten zur Herausgabe der Zeitschrift „Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz“ bzw. seit 1934 „Die Rheinprovinz“, also des amtlichen Mitteilungsblatts des LJA und der OE, erschlossen. Deren Aufnahme war wegen der intensiven Mitarbeit der OE, welche bis 1934 de facto die Federführung innehatte, und der engen inhaltlichen Verwandtschaft der Betreffe sowie der mangelnden Erschließungstiefe im bisherigen Findbuch vertretbar. Die Akten beinhalten, quasi als Negativsammlung, eine Vielzahl nicht veröffentlichter Manuskripte (65); dies obwohl selbige i. d. R. an die Autoren zurückgeschickt wurden. Die tatsächlich benutzten Vorlagen finden sich nicht mehr, häufig jedoch im begleitenden redaktionellen Schriftwechsel der Hinweis: „abgedruckt in ...“.Weitere inhaltlich verwandte Akten wurden hier nicht aufgenommen, da Provenienzbestimmung und Laufzeit dem entgegenstanden.Somit bietet dieses Findbuch einen vollständigen Überblick über die Akten des Provenienzbildners „Fürsorgeerziehungsabteilung und Landesjugendamt“. Die Abteilung war nach den Geschäftsverteilungsplänen der Zentralverwaltung wie folgt bezeichnet:
Jahr Abt. Bezeichnung Quelle
1894 II B Unterbringung verwahrloster Kinder ALVR 4131 fol. 57
1897 I M dsgl. ALVR 4131
1901 I M dsgl HB Rh. Prov-Verw. (6. Aufl.).
1913 I M dsgl. HB Rh. Prov-Verw. (7. Aufl.).
1923 I M dsgl. ALVR 4131
1933 VII Jugendfürsorge, Provinzialheime, usw. ALVR 8163
1937 VII dsgl., zusätzlich: Kinderspeisungen Rheinprovinz, S. 293
1940 VII dsgl. Rheinprovinz, S. 30
Bei der Verzeichnung des Bestandes wurden die Müllerschen Richtlinien des Bundesarchivs sinngemäß angewandt. Hierin-Vermerke heben also entweder besonders wichtige Vorgänge hervor oder weisen auf Betreffe hin, die durch den Titel nicht abgedeckt sind, während enthält (nur) - Vermerke den Titel inhaltlich einschränken. Aktenserien wurden unter „Obertiteln“, die gelegentlich Charakteristika eines Klassifikationspunktes umschreiben, zusammengefasst (z. B. bei der Serie Beaufsichtigung der Heime (66), den Sitzungen des AFET oder den Kinderspeisungen) und durch weitere Sachtitel erläutert bzw. ihre Organisation nach der Chronologie in der Bandzählung dargestellt. Die Registraturtitel konnten nur selten übernommen werden, da sie entweder sprachlich nicht vertretbar oder zu wenig aussagekräftig waren. (67) Daher wurden grundsätzlich neue Titel gebildet und bei der relativ seltenen Übernahme alter Titel diese, quasi als Zitat, in Anführung gesetzt. (68)Bedingt durch die relativ schlechte Aktenführung und gerechtfertigt durch die eminente Bedeutung des Bestandes wurde intensiv erschlossen, d. h. häufig mit erläuternden „Hierin–Vermerken“ gearbeitet.Entnommene Archivalien (Broschüren, einige Fotos und Plakate) sind sowohl bei der Ausgangsarchivale erwähnt als auch im unmittelbaren Anschluss an diese (bei Aktenserien an die letzte Akte der Serie) verzeichnet. Dieser Grundsatz ist jedoch bedauerlicherweise bei 27 Karten und Fotos, welche aus Akten des Klassifikationspunktes 3.2 entnommenen wurden durchbrochen. (69)Die Klassifikation des Bestandes wurde nach Abschluss der Verzeichnung archivisch erstellt, da über die Aktenzeichen vorgegebene Ordnungsansätze nicht rekonstruierbar waren. (70) Zudem sind bei der Bewertung einige Untergruppen der alten Struktur ausgesondert worden.Neben der, sicherlich nicht immer ganz durchgängigen, Klassifikation erleichtern Indices die Recherche. Zu deren Gestaltung wurden natürliche und juristische Personen (in Sonderheit die Erziehungsheime, aber auch Vereine und Zeitschriftentitel) im Namensregister zusammengefasst. Das Ortsregister erreichte am wenigsten Umfang, u. a. weil auf Querverweise der Heime nach Ortsbezug verzichtet wurde. In das Sachregister wurden bevorzugt dann Begriffe aufgenommen, wenn der Sachzugang über die Klassifikation nur erschwert möglich wäre (z. B. bei Statistiken o. ä.). Zusätzlich erleichtert eine Konkordanz von Archivsignatur zu Findbuchseite die Recherche bei Folgebenutzungen aber auch die Bestandsverwaltung. (71)
Der Bestand überliefert das gesamte Aufgabenspektrum der Provinzialverwaltung in der Jugendwohlfahrt: Öffentliche Erziehung als Fürsorgeerziehung, Freiwillige Erziehungshilfe, Gefährdeten- und Bewahrungsfürsorge, Jugendpflege, Müttererholung (in geringerem Umfang), Adoptions- und Vormundschaftsrecht. Sein eminenter sozial - historischer Wert wird verstärkt durch die Dokumentation politischer „Herangehensweisen“ , die Überlagerung sachlicher durch ideologische Wertigkeiten und nicht zuletzt den Umgang mit „Randgruppen“. Obwohl eigentlich, da Überlieferung einer Provinzialverwaltung, von bevorzugt regionaler Bedeutung bietet der Bestand doch, wegen der Ballung sozialer Brennpunkte im Rheinland bzw. der offensichtlichen Vorbildfunktion der rheinischen Provinzialverwaltung, Dokumente, die von überregionaler Bedeutung sind.
Im Zuge der Vorbereitung für die Sicherungsverfilmung wurde der Bestand foliiert, so dass die Zitierweise erleichtert ist. Bei Benutzungen werden üblicherweise die Mikrofilme (72) vorgelegt. Die Nr. des Mikrofilms schließt im Bestandsverzeichnis den jeweiligen Eintrag ab.
1.3 Ergänzende Überlieferungen
1.3.1 Archiv des LVR
Die Querschnittfunktionen der PV sind in Hinblick auf die Fürsorgeerziehung in unterschiedlicher Qualität überliefert: die Personalverwaltung der OE und der Heime (73) und das Finanzwesen (74) sowie Mobilmachung und Kriegseinwirkungen (75) sind umfassend dokumentiert, während die Überlieferung der Hochbauabteilung zum Bau der Provinzialheime vernachlässigt werden kann. (76) Interessante Ergänzungen birgt der Fundus der Abteilung „Verschiedenes“ (1923 Abt XXI, 1933 Sachgebiet I L der Zentralverwaltung auf Seite 643f des Findbuchs von 1954): Landaufenthalt der Stadtkinder 1917 - 1919, Erwerbslosenfürsorge 1924, Kindererholungsheim Ehrenbreitstein 1920 - 1922 und Jugendherbergsverband Rheinland 1936 - 1940 (Provenienz: Erster Landesrat Kitz) seien hier genannt.Aus dem Büro des Landesdirektors bzw. Landeshauptmanns ist außer den Überlieferungen zu den Konferenzen der Landesdirektoren Preußens nur eine Akte zum „Zwangserziehungswesen und Unterbringung verwahrloster Kinder, 1897“ (ALVR 2524) einschlägig. Der Nachlass von Landeshauptmann Dr. Johannes Horion enthält in der Gruppe „Wohlfahrt“ reichhaltiges Material zu Kinderheilstätten, Prostitution und Gesetzesüberarbeitungen; auch die Zeitungsausschnittsammlungen sind erwähnenswert. Sein Nachfolger Heinz Haake hat in seinem Nachlass kein in diesem Zusammenhang interessierendes Material hinterlassen.Die Überlieferungen aus den Provinzialheimen selbst sind insgesamt als dürftig zu bezeichnen:
Der Halfeshof, Solingen ist von der Errichtung bis 1945 über wichtige Akten und Bauzeichnungen dokumentiert (vgl. das entsprechende Findbuch mit Sachakten ab dem Jahre 1911); das Heim Fichtenhain, Krefeld hat wegen seiner Umfunktionierung zur Trinkerheilstätte und der endgültigen Schließung 1933 keine Unterlagen aus dem interessierenden Zeitraum zu bieten, was für den Erlenhof, Euskirchen auch der Fall ist (77). Die Registratur des 1939 geschlossenen Heims in Mönchengladbach - Rheindahlen dürfte verloren sein; aus der Abteilung Freimersdorf der Arbeitsanstalt Brauweiler sind nur Splitter überliefert.Eine exakte Abgrenzung dieses Bestandes zum sich zeitlich anschließenden Bestand „Landesjugendamt des Landschaftsverbandes Rheinland“ ist nur schwer möglich, denn zahlreiche Akten aus den 1930er und 40er Jahren wurden bis weit in die 1970er hinein fortgeführt oder standen einfach bei den o. g. Übernahmeaktionen noch nicht zur Bewertung an.
I.3.2 Andere Archive
Fürsorgeerziehung ist als Aufgabe auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen worden, wobei natürlich der jeweilige Aufgabenschwerpunkt zum Anfall unterschiedlicher Beständestrukturen führte. Die zentralstaatliche Ebene, d. h. die in der Regel legislative und regulierende Zuständigkeit, findet sich im Bundesarchiv; hier ist (ohne dass die Findmittel jeweils en detail überprüft wurden) an folgende Bestände zu denken:
R 18, Reichsministerium des Innern (u. a. Staatssekretär Conti, Gesundheitsfragen)
R 22, Reichsministerium der Justiz (u. a. RJWG, Strafrecht)
R 36, Deutscher Gemeindetag, in Sonderheit Hauptabteilung III, Sozialpolitik, Anstaltswesen, Fürsorgerziehung, Jugendertüchtigung, Arbeitsdienst
R 43, Reichskanzlei (u. a. Jugendwohlfahrt für 1932 - 1944 und Schulwesen mit Jugendwohlfahrt für 1919 - 1933)
R 86, Reichsgesundheitsamt (öffentliche Gesundheitspflege, Wohlfahrtspflege)
Aus den Zuständigkeiten der preußischen Bezirksregierungen heraus sind in verschiedenen Abteilungen einschlägige Dokumente entstanden. So nennt z. B. die Beständeübersicht des Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchivs für die Regierung Düsseldorf (Findbuchgruppe 212) folgendes:
Präsidialbüro wohltätige Vereine und Maßnahmen 1816 - 1924; vaterländische Frauenvereine
Polizei Ordnungs- und Sittenpolizei, u.a. Gaststättenbesuch, Alkoholgenuss, Prostitution
Sozialangelegenheiten Wohlfahrtsverwaltung u.a. Jugendpflege, Fürsorgeerziehung
Gesundheitswesen Kinder- und Waisenheime, Geschlechtskranke, Zwangssterilisation
Veterinärwesen Schlachtwesen, Fleischbeschau (landwirtschaftliche Betriebe der Heime)
Die Grundstruktur dürfte für alle fünf Bezirksregierungen dieselbe sein, wobei Besonderheiten natürlich nicht auszuschließen sind. Im Bestand „Regierung Aachen“ sind z. B. in der Medizinalabteilung 20 Bände mit „Quäker- und Schwedenspeisungen, Kinderhilfsaktionen 1920 - 1929 und 1946 - 1947 aufgeführt. Der Bestand 403 des Landeshauptarchivs in Koblenz zum allzuständigen Oberpräsidium der Rheinprovinz sei hier detaillierter dargestellt. Er beinhaltet im Klassifikationspunkt „Besserungsanstalten“ z. B. eine 24 Bände umfassende Serie zu den „Erziehungs- und Besserungsanstalten für verwahrloste Kinder“ (78) oder auch sechs Akten zur staatlichen „Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher zu Steinfeld „75. Unter „Jugendfürsorge und Jugendpflege“ ist z. B. Akte 13208 zum „Landesjugendamt“ (1924 - 1928) klassifiziert, wo es u. a. um die Übertragung entsprechender Zuständigkeiten von den Bezirksregierungen auf die rheinische Provinzialverwaltung gehen dürfte, oder Nm. 10042 ff zur „Fürsorgeerziehung Minderjähriger“ für 1901 - 1906.
Als Beispiele für kommunale Überlieferungen seien das Stadtarchiv Trier (79) und der Bestand „Sechtem“ im Stadtarchiv Bornheim genannt:
Akte Betreff, Laufzeit
1638 Zwangserziehung verwahrloster Kinder, 1863-1911
1639 Fürsorgeerziehungsgesetz, 1901-1913
1639 Jugendpflege, Sportpflege in der Bürgermeisterei, Jugendheime, u.a. 1899-1933
1643 Jugendfürsorge, Jugendherbergen, 1909-1932
1644 Jugendpflege, 1911-1913
Dies dürften repräsentative Betreffe und Angaben sein.
Zu den Beständen der konfessionellen Heimträger bzw. den Wohlfahrtsverbänden ist eine Einschätzung nicht möglich. Dennoch soll hier beispielhaft auf das Archiv des Allgemeinen Fürsorgeerziehungstages (AFET) in Münster und das Archiv der Inneren Mission hingewiesen werden.
I.4 Literaturhinweise
Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag (Hrsg): Erziehungsheime in Wort und Bild, Eine Auswahl von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten aus den Jahren 1951 - 1961, Hannover, 1961
Aschrott, Paul: Die Behandlung der verwahrlosten und verbrecherischen Jugend und Vorschläge zur Reform, Berlin, 1892
Berger, Heinrich: Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, alte und neue Betrachtungen und Vorschläge, in: Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medicin und öffentliches Sanitätswesen 26 (1903), Supplementheft 2. - S. 128-140, o. 0., 1903
Blum-Geenen, Sabine: Fürsorgeerziehung in der Rheinprovinz von den Anfängen bis zum Ende der Weimarer Republik, Neuss 1995 (Diss.)
Bundesarchiv: Jugend im NS Staat (Ausstellungskatalog), Koblenz, 1972
Central Ausschuß für Innere Mission (Hrsg): Statistik der Evangelischen Liebestätigkeit, Anstaltsarbeit (Geschlossene Fürsorge), Berlin, 1925
Clostermann, Ludwig: Neuordnung der Jugendfürsorge durch das Jugendwohlfahrtsgesetz, in: Bonner Zeitschrift für Theologie und Seelsorge (1924), H.3/4. - S. 260-289, o. 0., 1903
Croon, Gustav: Der Rheinische Provinziallandtag bis zum Jahre 1874, Düsseldorf, 1918 (unveränderter Nachdruck: Köln, 1974)
Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge: Die Jugendfürsorgevereine im Deutschen Reich, Verzeichnis der Vereine zur Fürsorge für die gefährdete, verwahrloste und straffällige Jugend (Ergänzungsband: 1924), Berlin, 1919
Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge: Handbuch für Jugendpflege; Erster Teil: Allgemeine Grundlagen; Zweiter Teil: Träger und Formen, Inhalt und Ziele der Jugendpflege, Langensalza, 1913
Düchting, Otti: Der Lebenserfolg ehemaliger schulentlassener weiblicher Fürsorgezöglinge, Münster, 1952 (Diss.)
Fenner, Joachim: Durch Arbeit zur Arbeit erzogen, Berufsausbildung in der preußischen Zwangsund Fürsorgeerziehung 1878 - 1932, Marburg, 1990 (Dissertation, zugleich: Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Quellen und Studien Band 1, o. 0.)
Finzsch, Norbert: Obrigkeit und Unterschichten, zur Geschichte der rheinischen Unterschichten gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Stuttgart, 1990
Fürsorgeerziehungsanstalt St. Raphaelshaus Dormagen : Festschrift anläßlich der Einweihung der voll ausgebauten Anstalt im Jahre 1911, Dormagen, 1911
Gregor, Adalbert: Ergebnisse der Untersuchung von Fürsorgezöglingen zwecks Sterilisierung, in: Zeitschrift für psychische Hygiene 7 (1934), H.2. - S. 33-40, o. 0., 1934
Herriger, Norbert: Verwahrlosung, eine Einführung in Theorien sozialer Auffälligkeit, Weinheim, 2 1987
Hoffmann, Jakob: Handbuch der Jugendkunde und Jugenderziehung, Freiburg i. Br., 1919
Horion, Johannes (Hrsg): Die Rheinische Provinzialverwaltung, Ihre Entwicklung und ihr heutiger Stand (Zur Jahrtausendfeier der Rheinprovinz), Düsseldorf, 1925
Jans, Karl Wilhelm und Beurmann, Martha: Öffentliche Erziehung im Rheinland; Aufgabe, Weg und Ziel, Köln, 1963
Jans, Karl Wilhelm und Happe, Günther: Handbuch für die Jugendhilfe, Vorschriftensammlung zur Jugend- und Sozialarbeit mit einer Einführung in Geschichte und Wesen des Jugendrechts, Köln, 3 1972
Jans, Karl Wilhelm und Müller, Erika: Kinder- und Mütterhilfe im Rheinland, Köln, 1966
Jarotzky, H. von: Die Rheinischen Provinzialanstalten in Brauweiler, kurze Darstellung der Einrichtung, der Verwaltung und des Betriebes dieser Anstalten; mit 59 Abbildungen und einem Übersichtsplan, Brauweiler, 1908
Kaminsky, Uwe: Zwangssterilisation und „Euthanasie“ am Beispiel von Erziehungsheimen sowie Heil- und Pflegeanstalten der Inneren Mission im Rheinland (1933 - 1945), Essen, 1993 (Diss.)
Kenkmann, Alfons: Gertrud, ein Fürsorgebericht, in: Einführung in die Interpretation historischer Quellen / hrsg. von Bernd-A. Rusinek, S. 133-152, Paderborn, 1993
Klasen, P.: St. Vinzenz - Waisenhaus Neunkirchen - Saar, 25 Jahre im Dienste armer Kinder 1900 - 1925, Neunkirchen, 1925
Knebel, Hajo: Bethesda - Sankt Martin, Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Stiftung zu Boppard ; 1857-1982, Boppard, 1982
Knopp, W. (Bearbeiter): Kriminalität und Gefährdung der Jugend, Lagebericht bis zum Stande vom 1. Januar 1941, Berlin, 1941
Kraus, Rudolf: Die Fürsorgeerziehung im Dritten Reich 1933 - 1945, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 5 (1974), o. 0., 1974
Landeshauptmann der Rheinprovinz (Hrsg): Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz, Zeitschrift für alle Zweige der Wohlfahrtspflege, amtliches Organ des Landesfürsorgeverbandes und des Landesjugendamtes, 1. Jg 1925 ff, Düsseldorf, 1925 ff (ab Heft 2 / 1934 erweitert und fortgeführt als: „Die Rheinprovinz“)
Landschaftsverband Rheinland: Öffentliche Erziehungshilfe im Umbruch, eine Schrift zum 50jährigen Bestehen des Rheinischen Landesjugendheims Haus Fichtenhain / . Karl-Wilhelm Jans, Köln, 1954
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Das schwererziehbare Kind 6, 1965, Köln, Erkennen, Vorbeugen, Differenzieren, Erziehen, Köln, 1965
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Der Landschaftsverband Rheinland, Ein Handbuch mit dem Bericht der Verwaltung von der Gründung bis zum 31. 03. 1958, Düsseldorf, 1958
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Forensische Psychiatrie und Jugendhilfe 3, 1968, Königswinter, Köln, 1968
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Leistung in Zahlen 1954 - 1964, Köln 1965
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Rheinisches Jugendheim Halfeshof Solingen, 75 Jahre, Köln, 1986
Lückerath: Über Fürsorgeerziehung und Psychiatrie, in: Zentralblatt für Vormundschaftswesen, Jugendgerichte und Fürsorgeerziehung 14 (1922), Nr.2. - 4 S., o. 0., 1922
Ministerium für Volkswohlfahrt (Hrsg): Statistik über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger und über die Zwangserziehung Jugendlicher, Berlin, 1918. - 1920 (Statistik über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger und über die Zwangserziehung Jugendlicher)
Muckermann, Hermann: Die Entlastung der Fürsorgeerziehung durch Familienfürsorge, in: Beiträge zur Jugendwohlfahrtspflege, Referate der Tagung des Landesjugendamtes der Rheinprovinz, 14. - 16. 09. 1925, Düsseldorf, Hrsg Landesjugendamt der Rheinprovinz, Düsseldorf, 1925
Neises, Gerd: Christian Jasper Klumker, Schriften zur Jugendhilfe und Fürsorge, Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 243, Frankfurt 1968
Nordrheinwestfälisches Hauptstaatsarchiv (Hrsg): Armut im Rheinland, Dokumente zur Geschichte von Armut und Fürsorge im Rheinland vom Mittelalter bis heute, Kleve, 1992
Ohland, A. (Hrsg): Verzeichnis der deutschen Anstalten für Fürsorgezöglinge, Hannover, 1926
Peukert, Detlef J.: Grenzen der Sozialdisziplinierung, Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge von 1878 - 1932, Köln, 1986
Psychiatrische Wochenschrift: Die geplante siebente Rheinische Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Haus Fichtenhain bei Krefeld 1 (1899), Nr.24. - S. 213~217, o. 0., 1899
Reichszentrale Landaufenthalt für Stadtkinder: Richtlinien zur Durchführung der Jugenderholungspflege, Berlin, 1937
Reichsverband für Waisenfürsorge. bearb. von Ludwig Bernhardt: Waisenpflege und Kinderfürsorge im Laufe der Jahrhunderte, Jubiläumswerk zur Feier des 50 jährigen Wirkens des Reichsverbandes für Waisenfürsorge, Berlin, 1930
Rheinische Evangelische Arbeiterkolonie Lühlerheim Drevenack : Jubiläumsbericht der rheinischen evangelischen Arbeiterkolonie Lühlerheim, Bagel, 1911
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Fürsorgeerziehung nach dem Gesetz vom 02. Juli 1900 ausgeführt von der Rheinischen Provinzialverwaltung, o. 0., 1914
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Handbuch für die Rheinische Provinzialverwaltung, enthaltend die für diese geltenden Gesetze, Verordnungen, Reglements, Dienst- und Geschäftsanweisungen, Düsseldorf, 6 1900; 7 1913; 8 1936 als Loseblattsammlung in drei Bänden
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Rheinische Provinzial- Fürsorgeerziehungs-Anstalt Fichtenhain, Düsseldorf, o. J. [1903]
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Rheinische Provinzial- Fürsorgeerziehungsanstalten Rheindahlen und Solingen, Düsseldorf, ca. 1904
Ristelhueber: Beschreibung des Land-Arbeitshauses zu Brauweiler, Köln, 1828
Salzmann, Edith: Kinder im Abseits, Graf Recke Stiftung Düsselthal, vom Rettungshaus zur stationären Jugenhilfe, Düsseldorf, 1985
Scherpner, Hans (Hrsg): Studien zur Geschichte der Fürsorge (Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge IV,3), Stuttgart, 1984
Schmitz, Ludwig: Die Fürsorgeerziehung Minderjähriger, Gesetz vom 02. Juli 1900 und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen sowie die Fürsorge- bezw. Zwangserziehungsgesetze der übrigen deutschen' Bundesstaaten, Düsseldorf, 3 1901, 4 1908
Settels, Richard: Das Aufnahmematerial der Rheinischen Provinzial- Fürsorge-Erziehungsanstalt Euskirchen im Etatsjahr 1924/25, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 103 (1926), H.1I2. - S. 213-219, o. 0., 1926
Settels, Richard: Die Geschlechtskrankenabteilung während der ersten beiden Jahre ihres Bestehens in dem Provinzial-Erziehungsheim in Euskirchen, in: Zeitschrift für Kinderforschung 33 (1927), H.l. - S. 92-101, 0.0., 1927
Sieder, Reinhard: Sozialgeschichte der Familie, Frankfurt am Main, 1987
Stadelmann, Heinrich: Schwachbeanlagte Kinder, ihre Förderung und Behandlung, München, 1904
Steinwachs (Hrsg): Die evangelische Anstaltserziehung, mit besonderer Berücksichtigung der Fürsorgeerziehung; Leitfaden zur Ausbildung von Erziehern in Anstalten für männliche Zöglinge, Hannover, 1922
Többen, Heinrich: Die Jugendverwahrlosung und ihre Bekämpfung, Münster, 1922
Vossen, Karl: Fürsorgeerziehung und Landesjugendamt, in: Horion, 1925
Wollasch, A.: Die katholischen Fürsorgevereine für Mädchen, Frauen, Kinder 1899 - 1945 : ein Beitrag zur Geschichte der Jugend- und Gefährdetenfürsorge in Deutschland, o. 0., 1991
Ziegler, K.: Das Schwachsinnigenbildungs- und Fürsorgewesen der Rheinprovinz, Sonderabdruck aus der Festschrift zum 36. rheinischen- Provinziallehrertag in Cöln 1912, Köln, 1912
Abkürzungsverzeichnis
AFET Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag
Az. Aktenzeichen
FE Fürsorgeerziehung
FEG Fürsorgeerziehungsgesetz
GESTAPO Geheime Staats Polizei
GzVeN Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
HJ Hitlerjugend
KJI Kommunistische Jugend Internationale
KJVD Kommunistischer Jugendverband Deutschland
LJA Landesjugendamt
LJWA Landesjugendwohlfahrtsausschuss
NRW Nordrhein-Westfalen
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
OE Organisationseinheit
OP Oberpräsident
PA Provinzialausschuss
PHP Provinzial Heil- und Pflegeanstalt
PV Provinzialverwaltung
RJGG Reichsjugendgerichtsgesetz
RuPrMd Reichs und Preußisches Ministerium des Inneren
StGB Strafgesetzbuch
UFA Universum Film Aktiengesellschaft
VO Verordnung
Pulheim-Brauweiler, 1994 bzw. 2009
Rudolf Kahlfeld
Anmerkungen:
(1) Jans/Happe, Handbuch für die Jugendhilfe, S. 1.
(2) Peukert, Detlef J.: Grenzen der Sozialdisziplinierung, Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge von 1878 - 1932, Köln, 1986, S. 45 ff.
(3) vom 15.5. 1871, Reichsgesetzblatt S. 127.
(4) Gesetzessammlung, S. 132.
(5) Der Begriff bezieht sich auf „Kinder [.. .], die aus Mangel einer entsprechenden Erziehung (Aufsicht, Verwahrung, Unterweisung) in einen Zustand geraten, der sie selbst unglücklich und zu würdiger Teilnahme an der allgemeinen menschlichen Aufgabe und Gesellschaft untüchtig macht“ (Enzyklopädisches Handbuch der Erziehung, 1896). Die erweiterte Definition von „Verwahrlosung“ umfasst körperliche (z. B. mangelhafte Ernährung, Ausbeutung der Arbeitskraft, Misshandlung, Vorenthaltung ärztlicher Behandlung), geistige (Unterbleiben der gebotenen Ausbildung) und sittliche (z. B. eine Trunksucht, Unzucht, Bettelei oder ähnlichen Lastern verfallene Umgebung) Tatbestände. Diese dürften de facto regelmäßig in Kombinationen aufgetreten sein, z. B. alkoholabhängige Erziehungsberechtigte, die ihr Kind schlagen und nicht zur Schule schicken. „Jedoch Erziehung ist ebenfalls ein Begriff, der erst allmählich eine Gestalt gewinnt, die ihn in der Fürsorge brauchbar erscheinen lässt [...] Es scheint, als sei Erziehung wesentlich persönliche Einwirkung eines Menschen auf den anderen.“ {Klumker, (1923], zitiert nach Neises, Christian Jasper Klumker, S. 54).
(6) Die Zwangserziehung nach dem Gesetz betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder vom 13. März 1878 (G.S., S. 132), maschinenschriftliches Manuskript, vgl. Nachlass Horion, Nr. 214.
(7) a. a. 0., handschriftlich eingetragen.
(8) a. a. 0., handschriftlich eingetragen.
(9) Gesetzessammlung, S. 264; geändert durch Gesetz vom 7. Juli 1915 (G.S., S. 113.)
(10) Einer detaillierten Darstellung entzieht sich auch der zuständige Landesrat Karl Vossen in seinem Beitrag „Fürsorgeerziehung und Landesjugendamt“ für „Horion, Johannes (Hrsg): Die Rheinische Provinzialverwaltung, Ihre Entwicklung und ihr heutiger Stand (Zur Jahrtausendfeier der Rheinprovinz), Düsseldorf, 1925, S. 325 - 402, hier S. 330. Ausführlicher bei Jans/Beurmann, Öffentliche Erziehung im Rheinland.
(11) Eine Beurteilung der Frage, wie hoch der Anteil der Disziplinierung von Unterschichten, wie in zeitgenössischen Publikationen speziell aus sozialistischem Hintergrund stets betont, war, mag der Forschung überlassen bleiben.
(12) Das Gesetz wurde noch bevor es zum 1. April 1924 in Kraft treten konnte durch die Notverordnung vom 14. Februar 1924 (Verordnung über das Inkrafttreten des ..., RGBI I, S. 110) eingeschränkt.
(13) vgl. oben, Definition des Begriffs „Verwahrlosung“ von 1896.
(14) für die Rheinprovinz: der Landeshauptmann und drei weitere beamtete sowie 20 nicht beamtete Mitglieder. Hiervon wurden acht vom Provinzialausschuss auf Vorschlag der Fachverbände ernannt, neun durch die Fachkommission des Provinziallandtages bestellt und je ein Pfarrer, ein Priester und ein Rabbi von den Kirchen benannt. Erst durch die Novelle zum RJWG vom 1. Februar 1939, RGBl I, S. 109, wurde dieses Kollegialgremium dem „Führerprinzip“ unterworfen. Im Jahre 1949 erfolgte seine Wiederbegründung als „Landesjugendrat“ , der im Sozialministerium des Landes angesiedelt war und satzungsgemäß Aufgaben wahrnahm.
(15) beide Zitate aus dem Beitrag des Landesinspektors Figge zur Beantwortung einer Anfrage des Regierungsdirektors Gildemeister, Trier vom 4. April 1931, in ALVR 14082. Die Antragsberechtigung der Landesjugendämter war im Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften vom 18. Dezember 1926, RGBl. I, S. 505 in § 2 Absatz 2 geregelt worden.
(16) vom 13. Februar 1924, RGBI. I, S. 100.
(17) vgl. zusätzlich „Die Zersplitterung der deutschen Jugendwohlfahrtspflege in Preußen, von Landesrat Dr. Karl Vossen, Düsseldorf“, Kölnische Volkszeitung vom 6. Januar 1925 in ALVR 14082.
(18) ALVR 3653.
(19) Zitiert nach: Grotefend, Gesetzgebungsmaterial, 1932, S. 882 und 920. Letztere trat rückwirkend zum 08. 11. 1932 in Kraft; vgl. ALVR 14135.
(20) vgl. Rundverfügung der Abteilung vom 6. 2. 1932 in ALVR 18985.
(21) RGBl. I, S. 820.
(22) ALVR 13902, Materialsammlung zu „Sterilisierungsangelegenheiten“.
(23) vgl. ALVR 14080; Originaltitel: „Gefährdetenfürsorge und Entwurf eines Reichsverwahrungsgesetzes „ sowie ALVR 13910 zum Abschnitt VI, Schutzaufsicht, des RJWG.
(24) Jans/Beurmann, Öffentliche Erziehung im Rheinland, S. 64.
(25) Vossen, a. a. 0., S. 336.
(26) vgl. Vossen, a. a. 0., S. 336.
(27) vgl. Jans/Beurmann, Öffentliche Erziehung im Rheinland, S. 44.
(28) Diese These des Bearbeiters Schweitzer, vgl. Horion Nr. 214, auf S. 8 seiner Ausarbeitung „Die Fürsorgeerziehung nach dem Gesetz über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger vom 2. Juli 1900 (G. S., S. 264)“, ist durch vorgenannte Zahlen aus Jans/Beurmann widerlegt. Das starke Abfallen der Gesamtzahlen zwischen 1930 (oder auch 1932 mit 11.524 Fällen) und 1933 erklärt sich durch die Auswirkungen der o. g. Notverordnung.
(29) Vossen, a. a. 0., S. 345.
(30) Vossen erwähnt auf S. 361 als generelle Ausnahme schulentlassene weibliche Zöglinge; dies dürfte mit dem von ihm genannten Anteil von 58 Prozent geschlechtskranken zu begründen sein (S. 388).
(31) vgl. ALVR 13940 etc. oder die Überlieferung zur „Station für geistig Minderwertige“ im Erlenhof, Euskirchen. Im Bestand „Psychiatrie und erweiterte Armenpflege findet“ sich eine Akte zu Psychopathenheimen (ALVR 14851, 1924 - 1936). In der PHP Düren bestand ab 1927 eine Station für Mädchen beiderlei Konfession, vgl. Jans / Beurmann, S. 39. Nach einer Mitteilung von Frau Blum-Geenen wurde seit 1930 auch eine Station für Jungen in der PHP Düren betrieben. Gemeint sind jedoch auch die Geschlechtskrankenstationen, z. B. die seit 1913 bestehende Abteilung der Diakonissenanstalt Kaiserswerth; vgl. Antwort vom 8. März 1929 auf die Anfrage des OP Koblenz zur Umsetzung des § 70 Abs. 2 RJWG, in ALVR 13910.
(32) Vossen, a. a. 0., S. 364. Der pädagogische Ansatz ist im Bestand nicht dokumentiert. Da die Provinzialverwaltungen des Rheinlandes, Westfalens und der Provinz Hannover in diesem Projekt zusammenarbeiteten, könnten Unterlagen im einschlägigen Bestand des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs Hannover erhalten sein.
(33) vgl. u. a.: Vossen, a. a. 0., S. 364.
(34) Jans/Beurmann, a. a. 0., S. 46.
(35) Vossen, a. a. 0:, S. 372.
(36) Inbetriebnahme im Herbst 1909, für denselben Personenkreis ausgelegt. Als Besonderheit müssen die Lungenheilstätte für Tbc-Kranke und ein Haus für schulpflichtige Jungen erwähnt werden.
(37) Inbetriebnahme Winter 1910, für evangelische schulentlassene Jungen.
(38) Baubeginn 1914, Inbetriebnahme 1921.
(39) vgl. die Notiz zur Eröffnung in: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Berlin 1921/22, 27. Bd., S. 432.
(40) Er war seit 1908 Landespsychiater für die rheinische Fürsorgeerziehung und arbeitete in der Rheinischen Landesklinik für Jugendpsychiatrie in Bonn.
(41) Für katholische weibliche Zöglinge wurde diese Spezialaufgabe vom Notburgahaus in Neuss, für evangelische Mädchen im Heim zu Ratingen, wahrgenommen; Vossen, a. a. 0., S. 389.
(42) Vossen, a. a. 0., S. 381.
(43) vgl. z. B. ALVR 14022.
(44) vgl. u. A. ALVR 14012.
(45) vgl. u. a. ALVR 14055.
(46) vgl. z. B. die Beschlagnahmen aus ALVR 14051.
(47) so der Originaltitel der Akten 14055 und 14056; oder Akte 14057 zur „Sicherstellung der nationalsozialistischen Erziehung der in fremden Familien untergebrachten Zöglinge“.
(48) vgl. die Liste in ALVR 14056.
(49) ALVR 14143.
(50) ALVR 25766 (gesperrte Einzelfallakte).
(51) Staatsanwaltschaftliche Vernehmung des Hugo M., 1943 bei der GESTAPO Köln tätig, am 14. 4. 1967, wegen der Ermordung des Leopold Dorsel-Grünhut, HStA Düsseldorf, Rep. 112 - 2.810, Ermittlungsakten Blatt 594 ff, zitiert nach Bernd A. Rusinek, Gesellschaft in der Katastrophe, Terror, Illegalität, Widerstand Köln 1944/45, Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens; Band 24, Essen 1989, S. 450f.
(52) in ALVR 13898. Die Thematik blieb insofern auch nach der bedingungslosen Kapitulation aktuell, als die „Weitere fürsorgerische Betreuung von Freunden ehemaliger Edelweißpiraten“ zwischen Juni und Dezember 1945 auch mit den Alliierten abgestimmt wurde, vgl. ALVR 14067.
(53) Namensliste in ALVR 13927.
(54) ALVR 18987.
(55) durch die „Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein - Westfalen vom 12. Mai 1953“, Gesetz- und Verordnungsblatt NW, S. 271.
(56)10 Jahre nach Abschluss der FE bzw. FEH (i. d. R. 10 Jahre nach der Volljährigkeit der Probanden).
(57) ALVR 13953, fo112.
(58) ebd., fol 17 , Vermerk vom 11. 06. 1946.
(59) ebd., fol 25.
(60) Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN), vom 14. 07. 1933, RGBI I, S. 529.
(61) VO über die Wiederaufnahme von Verfahren in Erbgesundheitssachen vom 28. 07. 1947, Verordnungsblatt für die britische Zone, Nr. 14, S. 2, 1947.
(62) Man beachte den Wortlaut des gemeinten § 6 Absatz I des „Sterilisierungsgesetzes „, wonach das „Erbgesundheitsgericht aus einem Amtsrichter, einem beamteten Arzt und einem weiteren, für das Deutsche Reich approbierten Arzt, der mit der Erbgesundheitslehre besonders vertraut ist“ besteht. Hier verzichtet die Militärregierung darauf, z. B. über die Besetzung mit britischen Eugenikern der Entnazifizierung mehr Druck zu verleihen bzw. riskiert die Kontinuität der Entscheidungsträger.
(63) Eine Erschließung in diesem Findbuch verbot sich aus datenschutz-rechtlichen Gründen.
(64) ALVR 12952 ff.
(65) Die Ablehnung erfolgte zumeist mit der Globalbegründung „für die Zielsetzung / den Leserkreis der Zeitschrift nicht verwendbar“. Selten finden sich offensichtliche Hinweise, dass Manuskripte wegen mangelnder sachlicher Qualifikation abgelehnt wurden.
(66) Die Akten dieser Serie beinhalten in der Regel Reiseberichte, Vorgänge zur Belegung der Heime mit Zöglingen, Auszüge aus Strafbüchern, Untersuchungen gemäß „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, Sparguthaben Jugendlicher oder Lehrgängen in den Heimen; eine gesonderte Hervorhebung derartiger Vorgänge unterblieb bei der Verzeichnung in der Regel.
(67) z. B. ALVR 14067 „Ersatzakten für Fremdrassen und Mischlinge“, jetzt: „Einweisung Jugendlicher in die FE aus politischen Gründen“.
(68) zumeist bei Akten zur „Zusammenarbeit“ mit Organisationen etc der NSDAP, auch bei einigen „ideologisch überfrachteten“ Titeln.
(69) Bei der Erstellung und Vervielfältigung des Findbuches 1994 blieben einige aus den Akten entnommene Karten und Fotografien bedauerlicherweise unberücksichtigt. Dieser Mangel wird mit der Neuauflage ausgeglichen.
(70) die Registratur hatte mehrere Aktenplanveränderungen mitgemacht, zudem hat die Teilprovenienz LJA ein alpha-numerisches Reihungssystem gewählt, während der Hauptteil des Bestandes in einer hierarschichen Struktur (römische Ziffern) mit daran anschließender Reihung nach Anfall (arabisch) verwaltet wurde.
(71) Die Vermeidung von Springnummern durch eine Neusignierung nach erfolgter Klassifikation erschien als zu arbeitsaufwendig. Zudem kollidiert ein solches Herangehen auch mit der Tektonik des Archivs. Die Datenbank, welche bei Erstellung dieses Findbuchs genutzt wurde nennt die Konkordanz „Signaturindex“.
(72) Die entsprechenden Sicherungsfilme sind seit langem im Oberrieder Stollen eingelagert.
(73) ALVR 2741 - 2747, 1905 - 1934.
(74) in den allgemeinen Haushaltsakten 1876 - 1929, ALVR 3220 bis 3266.
(75) u. A. ALVR 8593, 8665, 8725 - 8730 und 8752.
(76) Ersatzweise kann auf die Baupläne, technischen Zeichnungen und Lagepläne aus der „Sammlung Bomatsch“ zurückgegriffen werden, welche z. T. in den Literaturangaben erwähnt sind.
(77) Aus dem Erlenhof sind lediglich Einzelfallakten von 1934 ff überliefert, die Sachakten setzen erst 1945 ein.
(78) Nm. 10173 - 10196, Laufzeit 1876 – 1910.
(79) aus der Beständeübersicht: Bestand Tb 14, Fürsorgewesen 1817 - 1942, 700 Nm zu Fürsorgeerziehung, Armenwesen ,etc.
Form und Inhalt:
I.1 Historischer Abriss
I.1.1 Rechtliche Grundlagen
„Es ist in erster Linie Aufgabe der Eltern, der Familie oder der sonst Erziehungsberechtigten, die Kinder zu erziehen und zu tüchtigen Gliedern der menschlichen Gesellschaft heranzubilden. Dieses natürliche Recht der Eltern war so allgemein anerkannt, dass noch die Reichsverfassung von 1871 keine Bestimmungen enthielt, die das Erziehungsrecht der Eltern oder gar einen öffentlich-rechtlichen Erziehungsanspruch des Kindes festlegen“. (1)In der Ära des Wirtschaftsliberalismus, z. B. in seiner extremsten Form als Manchesterliberalismus, verbunden mit einer exorbitanten Bevölkerungsexplosion und den gesellschaftlichen Umbrüchen durch die Industrialisierung entstand nicht nur in Deutschland eine soziale Lage, die als Pauperismus um sich griff. Philantropische Vereine gründeten sich, die Rettungsbewegung entstand und mit dem „Rauhen Haus“ wurde erstmals versucht, den neuen Problemen durch eine umfassende Loslösung aus überkommenen familiären, religiösen und sozialen Autoritäten zu begegnen. Die Ansätze blieben auf das „Stadtproletariat“ beschränkt. (2) „Zuchtlosigkeit“ und „Ungehorsam“ (in der Selbstdefinition der Jugend als Freiheit aufgefasst) wurden diagnostiziert, soziale „Auffälligkeit“ wurde in der engeren Definition der kriminellen Auffälligkeit als Verstoß gegen Rechtsnormen thematisiert während der umfassenden Definition unter Berücksichtigung einer entstehenden Jugendsubkultur und der neuen Schicht der Fabrikarbeiter zunächst kaum Beachtung geschenkt wurde. Die früheste Form normierter öffentlicher Ersatzerziehung, die Zwangserziehung, resultierte ausschließlich aus der im § 55 des Strafgesetzbuches (3)festgelegten Strafunmündigkeit jugendlicher Rechtsbrecher; d. h. dass nach einer Übertretung von Rechtsnormen im Einzelfall die Einweisung geprüft wurde. 1876 folgte eine weitere reichseinheitliche Regelung, die wiederum im preußischen Gesetz zur Unterbringung verwahrloster Kinder vom 13. 3. 1878 (4) ihren Niederschlag fand. Als Sanktion waren die Familienunterbringung oder die Einweisung in eine Erziehungsanstalt bzw. Besserungsanstalt vorgesehen, zur Begründung wurde das Kriterium der Verwahrlosung und der Vermeidung weiterer Verwahrlosung (5) hinzugefügt.Die Umsetzung des Gesetzes, in Sonderheit die Schaffung der erforderlichen Einrichtungen, wurde den preußischen Provinzialverbänden übertragen. Diese wiederum befanden sich gerade im Anfang der Umwandlung von einem rein provinzialständisch-parlamentarischen Gremium zu einer kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft, d. h. verfügten über keinen eigenen Verwaltungsapparat, so dass es nicht verwundert, dass sie auf bereits existente Einrichtungen, z. B. konfessioneller Träger, zurückgriffen. Entsprechendes findet sich denn auch im Reglement vom 29. 4. 1879 (von der Staatsaufsicht genehmigt am 2. 9. d. J.). Im Jahre 1884 wurde die Regelunterbringungsdauer über das 16. Lebensjahr hinaus auf das 18. Lebensjahr ausgedehnt (mit der Möglichkeit der Verlängerung bis zur Volljährigkeit). Das Zwangserziehungsgesetz war in ganz Preußen, so der Dezernent der Abteilung in einer vom 8. 6. 1914 datierten Ausarbeitung (6), „nie in nennenswertem Umfange“ angewendet worden. Es wurden in der Zeit vom 1. 10. 1878 bis zum 31. 3. 1901 insgesamt 3741 (7) also durchschnittlich jährlich nur 166 (8) Kinder überwiesen... „
Eine entscheidende Änderung kam mit dem preußischen Fürsorgeerziehungsgesetz (FEG) vom 2. Juli 1900 (9). Das Bürgerliche Gesetzbuch hatte reichseinheitlich einen Rahmen gesetzt, aber keine detaillierten Ausführungsbestimmungen (10) erlassen. Eine der wesentlichen Änderungen bestand in einer geänderten Ausgangsvoraussetzung: nicht mehr die Straffälligkeit war Voraussetzung, sondern soziale Gefährdung. Prävention war das neue Leitmotiv (11).Das Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922 (12) (RJWG) brachte vor allem einen reichseinheitlichen umfänglichen zusätzlichen Aufgabenkatalog, der mit den Begriffen „Vormundschaftswesen, Pflegekinderwesen, Schutzaufsicht, Jugendpflege und Landesjugendamt“ umschrieben werden kann. Absatz eins des Paragraphen 1 lautete: „Jedes deutsche Kind hat ein Recht auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit“ (13). Das Recht und die Pflicht der Eltern wurden höher angesetzt als das Regelungsinteresse des Staates. Zur Detailregelung erging das preußische Ausführungsgesetz vom 29. März 1924 (G.S., S. 180). Dessen § 1 lautete „Die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege mit Ausnahme der Ausführung der Fürsorgeerziehung sind Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden und Gemeindeverbände“, was bedeutete, dass die Fürsorgeerziehung als Kernbestandteil des Regelungswerkes lediglich in staatlicher Auftragsverwaltung durchgeführt wurde. Dies führte zu heftigem Widerstand, nicht nur des Rheinischen Provinziallandtages und der Verwaltung, was wohl auch mit der Neuregelung der Kostenaufteilung der Fürsorgeerziehung in § 22 in Verbindung mit 18 (Kostenträger ist der Träger der Fürsorgeerziehungsbehörde, also der Provinzialausschuss) zusammenhing. Der „Kann-Bestimmung“ des § 12 des Gesetzes zur Errichtung eines Landesjugendamtes wurde Genüge getan. Das Landesjugendamt, in seiner Zusammensetzung (14) etc. in etwa dem heutigen Landesjugendwohlfahrtsausschuss vergleichbar, nahm unter anderem Aufgaben in der Förderung des Jugendherbergswesens, dem Betrieb und der Unterstützung von Lichtbildstellen oder der Bekämpfung von „Schund- und Schmutzschriften“ wahr. Neben der Förderung des „guten Buches“, z. B. über Bibliotheken und Lesevereine, der Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft der Landesbildstellen (ALAB) als „Positivansatz“ stand also der „Negativansatz“ der ungezügelten Verbreitung z. B. von „Ehe- und Sexualzeitschriften“, „homosexueller Literatur“ entgegenzuwirken. Hierzu wurden die Polizeibehörden „gebeten, dem Straßenhandel sowie den Auslagen bei den Buchhändlern schärfste Aufmerksamkeit zu widmen“; in Verfahren zur Indizierung anstößiger Publikationen wurde das Landesjugendamt führend, weil „von den 113 Druckschriften die bis zum 1. April d[e]s J[ahre]s [1931] auf die Reichsschundliste gesetzt worden sind, bei 45 die Aufnahme auf Grund der Anträge des rheinischen Landesjugendamtes erfolgte“ (15).
Da 1924 auch mit der Fürsorgepflichtverordnung (16) Änderungen eingetreten waren und die oben erwähnte Zuständigkeitsaufsplitterung (17) in den verschiedenen Wohlfahrtsbereichen nach wie vor anhielt, hatte die S.P.D. Fraktion des Provinziallandtages 1924 einen Beschlussantrag zur Schaffung eines umfassend zuständigen „Provinzial-Wohlfahrtsamt“ vorgelegt. Dieser Antrag wurde dem Provinzialausschuss überwiesen, vom Landeshauptmann als unzweckmäßig eingestuft und als Minimalmaßnahme die Einrichtung der Zeitschrift „Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz“ vorgeschlagen. Dieser Beschluss wurde in der Sitzung am 14. März 1925 gefasst. Eine besondere Abteilung der Zeitschrift wurde der Jugendwohlfahrt vorbehalten (18).Als nächste wichtige Rechtsgrundlage ist kurz auf die „Notverordnung des Reichspräsidenten über Jugendwohlfahrt vom 4. November 1932 (RGBL I, S. 522)“ und „... über Fürsorgeerziehung vom 28. November 1932 (RGBL I, S. 531)“ (19) einzugehen. Diese ändern nämlich u. a. den § 63 des RJWG, die Grundlagen für den Überweisungsbeschluss der Vormundschaftsgerichte. Die „Verhütung lediglich körperlicher Verwahrlosung“ wird als Überweisungsgrund ausgeschlossen und Fürsorgeerziehung „darf nicht angeordnet werden, wenn sie offenbar keine Aussicht auf Erfolg bietet“. Die obere Altersgrenze des § 72 RJWG wird „mit der Vollendung des 19. Lebensjahres“ erreicht und den Fürsorgeerziehungsbehörden wird, unter Beschlussfassung des Vormundschaftsgerichts, die Möglichkeit gegeben, „einen Minderjährigen [...] wegen Unausführbarkeit der Fürsorgeerziehung“ zu entlassen. Unter starkem wirtschaftlichem Druck hatte die Rheinische Provinzialverwaltung bereits im Frühjahr 1932 sämtliche Heime angewiesen, ihren Zöglingsbestand um 30 % zu reduzieren und in den Vorgaben hierzu ebenfalls die „Nicht-Erziehbaren“ oder kurz vor der Volljährigkeit Stehenden benannt (20). Trotz dieser Maßnahmen, begleitet von Pflegesatzabsenkungen etc., und entgegen massiver Proteste wurden die Notverordnungen jedoch erlassen. In diesem Kontext dürfte die Umwandlung des Heimes Fichtenhain in eine Provinzial Heilstätte für Trinker zu verstehen sein.
Mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933“ (21) erging eine Vorschrift, die sich mittelbar auf die Heimerziehung auswirkte. Mit Rundschreiben vom 20. Februar 1934 (22) informierte die Fürsorgeerziehungsabteilung sämtliche Heime des Geschäftsbereichs über die Modalitäten zur Umsetzung des Gesetzes: „Vorbehaltlich einer endgültigen Regelung der Angelegenheit sind im allgemeinen zunächst die dringendsten Fälle zu berücksichtigen, die erheblich erbkrank sind und bei denen außerdem die dringende Gefahr besteht, dass sie außerhalb des Heims ungehemmt Geschlechtsverkehr ausüben und deshalb als ‚fortpflanzungsgefährlich’ zu bezeichnen sind“. Zwar sollten die Heime „aus erzieherischen Gründen“ von dem ihnen zustehenden Antragsrecht im allgemeinen möglichst wenig Gebrauch machen, aber bei als „fortpflanzungsgefährlich“ Eingestuften „darf der Zögling nicht beurlaubt oder entlassen werden, bevor der Antrag auf Unfruchtbarmachung gestellt und über ihn entschieden ist. Die Entlassung darf auch dann nicht eintreten, wenn inzwischen die Fürsorgeerziehung durch Erreichung der Altersgrenze endigen sollte.“
Die Diskussion um die Verabschiedung eines Bewahrungsgesetzes (23) verblieb bis 1932 ohne Erfolg, die „Bewahrungsfürsorge“ als freiwillige Maßnahme für Entlassene (also außerhalb der Fürsorgeerziehung angesiedelt) wurde 1940 eingeführt. Sie sollte den Personenkreis abdecken helfen, bei dem eine sachliche Notwendigkeit konstatiert wurde, bei dem aber z. B. wegen der Überschreitung des Einweisungshöchstalters die Fürsorgeerziehung nicht mehr möglich war (24).
I.1.2 Durchführung des Gesetzes
Das Zwangserziehungsgesetz beschäftigte sich noch mit einem kleinen Personenkreis, dieser erweiterte sich jedoch mit dem FEG exorbitant:
Stichtag Zöglingszahl
1. 4. 1902 (25) 975
1. 4. 1914 10851
1. 4. 1925 (26) 10828
1. 4. 1930 (27) 12918
1. 4. 1933 8513
1. 4. 1944 10484
1. 4. 1946 9200
So wurden in der Rheinprovinz zwischen 1900 und dem Stichtag 31. 3. 1914 insgesamt 20.487 Zöglinge überwiesen, der „Gesamtbestand, ausschließlich der widerruflich Entlassenen, betrug an dem gleichen Tag auf 10.851 Köpfe, ohne dass damit der Beharrungszustand erreicht wäre“ (28).Die Familienpflege kam ab 1902 ständig stärker zur Anwendung; seit 1915 wurde sie durch konfessionelle Organisationen, d. h. je einen evangelischen und katholischen Verband, unterstützt. Diese befassten sich mit der Auswahl, Betreuung und Fortbildung von Fürsorgern, Besuchen bei den Pflegefamilien bzw. Lehr- und Dienststellen. Nach 1933 wurde dieser Bereich von der NSV dominiert.Da vielfach „nur in der reinen Luft einer Erziehungsanstalt jener körperliche und sittliche Reinigungsprozess versucht werden darf, der zur Rettung der Jugendlichen führen soll“ (29), wurden Neuaufnahmen in der Regel (30) in Aufnahmeheime eingewiesen; auch um „ihre meist traurige körperliche Verwahrlosung zu beseitigen“. Nach erfolgter medizinischer und psychologischer Begutachtung wurde dann entschieden, ob die Zöglinge in Familienpflege gegeben werden konnten oder ob ihre Einweisung in ein Erziehungsheim oder in eine Sonderanstalt, wie die so genannten Psychopathenheime (31), nötig war.
In den Jahren 1908 - 1914 gab es im Hafen von Emden eine Besonderheit: Auf einem Kutter wurden Zöglinge für den Seedienst ausgebildet; sie sollten nach ihrer Entlassung auf „Heringsloggern“ arbeiten (32).
Kriterien für die Aufteilung auf die verschiedenen Heime waren, in der Selbstdarstellung der Abteilung, in erster Linie das Geschlecht und in zweiter Linie das Lebensalter (definiert über die Fragestellung: schulpflichtig bzw. schulentlassen?). Für weibliche Schulentlassene führt Vossen des Weiteren aus: Grad der Verwahrlosung, Grad der psychischen Abnormität, Bestehen einer venerischen Erkrankung oder Mutterschaft. Besonderes Gewicht kam per se den konfessionellen Belangen zu; besondere Probleme bereiteten dementsprechend der verschwindend geringe Prozentsatz an Zöglingen der aufkommenden „dissidentischen Fürsorge“ bzw. israelitischer Konfession. Tatsächlich wurde die Heimbelegung jedoch auch als Machtmittel in den institutionellen Auseinandersetzungen benutzt: geht die Belegungszahl zurück, sinken die Einnahmen, Heime werden unrentabel, Schließung und damit Bedeutungsverlust droht (33). Ab 1933 war „nationalsozialistischer Erziehung Rechnung zu tragen“ (34), was sich auch dahingehend auswirkte, dass konfessionelle Belange in der Verteilung der Zöglinge auf die Heime nicht mehr berücksichtigt wurden und - natürlich unter Beachtung der Geschlechtertrennung - der „Schwierigkeitsgrad“ des Einzelfalls das Kriterium wurde. Die „Provinzialheime“ wurden mit der Wiederinbetriebnahme 1945 erneut nach konfessionellen Gesichtspunkten belegt.
Bis zum Jahre 1906 gab es, wenn man von einer provisorischen „Erziehungsabteilung Freimersdorf' (im Rahmen der Landesarbeitsanstalt Brauweiler) absieht und auch die irreguläre Belegung von Teilen der Arbeitsanstalt Brauweiler außer Acht lässt, für männliche Zöglinge nur Belegheime. Mit der Eröffnung des Heims Fichtenhain bei Krefeld im Frühjahr 1906 wurde das erste der drei von der Provinzialverwaltung geplanten und gebauten Heime für katholische schulentlassene Jungen in Betrieb genommen. Die Eingänge aller Zöglingshäuser waren vom Verwaltungsgebäude und der Direktorenwohnung aus einsehbar. (35) Die bauliche Gestaltung der Abteilungen dieses Prototyps wurde bei den darauf folgenden Heimen Rheindahlen bei Mönchengladbach, (36) Halfeshof bei Solingen (37) und Erlenhof bei Euskirchen (38) weitgehend übernommen; offensichtliche Mängel jedoch soweit möglich ausgeglichen. Dem Erlenhof wurden als reichsweites Novum das oben erwähnte Beobachtungshaus mit Wachsaal für geistig abnorme und ein Haus für schwer erziehbare psychopathische Zöglinge angeschlossen. (39) Die Hoffnung, dass dieses unter Leitung des anerkannten Spezialisten Dr. Max Lückerath (40) stehende Haus nicht nur katholische, sondern auch evangelische Jungen aufnehmen würde, erfüllte sich nicht; diese Aufgabe erfüllte der Benninghof bei Mettmann. (41) In allen vier Heimen bestanden größere landwirtschaftliche Betriebe; der jeweilige Standort war bewusst an bestehende Güter gekoppelt worden. 1924 wurden über 1260 Morgen Land bewirtschaftet und in den Ställen standen mehr als 1000 Stück Großvieh. Dies hatte mehrfachen Vorteil: die Zöglinge konnten in den einschlägigen Berufen ausgebildet werden (z. B. als Melker, Schweizer oder Gärtner), die Selbstversorgungskosten wurden reduziert und mit dem Verkauf von Überschüssen Einnahmen erzielt. Eine weitere, ebenfalls multifunktionale, Einnahmequelle waren die Heimwerkstätten. Die Provinzialheime verfügten über je eine Korbflechterei, eine Schlosserei, eine Schneiderei und eine Schuhmacherei. In den Jahren 1907 bis 1916 wurden in Rheindahlen, Fichtenhain und dem Halfeshof in den Betrieben Reingewinne von ca. 1 Million Mark gemacht. (42) Bereits 1901 wurden Prämien eingeführt, welche natürlich z. B. als Strafmaßnahme - ebenso wie andere Vergünstigungen - entzogen werden konnten. Mit Eintritt der Inflation der 20er Jahre wurde der tarifvertraglichen Entlohnung in Beschäftigung stehender Zöglinge besondere Aufmerksamkeit geschenkt. (43) Die Regelung der Berufsberatung sowie die Frage des „Koalitionsrechtes“, d. h. der gewerkschaftlichen Vereinigungsfreiheit aller Zöglinge, lösten kontroverse Diskussionen aus. (44)
Sieht man von vorübergehenden Notlösungen oder dem Ankauf ehedem in privater Trägerschaft befindlicher Heime ab, hat die Provinzialverwaltung ein eigenes Mädchenheim nie eingerichtet. Dies dürfte damit begründet sein, dass immer hinreichend Heimplätze zur Verfügung standen bzw. der „Spitzenbedarf' anderweitig gedeckt werden konnte.Die pädagogischen Bemühungen der rheinischen Provinzialverwaltung setzten früh ein, Sport und Spiel waren hoch geschätzt. (45)
Bemühte sich die Verwaltung in der Zeit der Weimarer Republik noch darum, links- und rechtsradikale Agitation über eine relativ moderate Zensur von den Zöglingen fernzuhalten (46), so wurde nach 1933 die „Nationalsozialistische Erziehung der Fürsorgezöglinge und ihre Zugehörigkeit zu nationalsozialistischen Verbänden“ (47) gefördert. Die Unterstützung des Winterhilfswerks, z. B. durch Bastelarbeiten etc., oder des „Ernteeinsatzes“ wurde zur Pflichtaufgabe. Einige Organisationen, wie die Hitlerjugend, sperrten sich zunächst ganz dem Gedanken, Zöglinge aufzunehmen; 1934 wurden in der Mehrzahl der Heime eigene Gruppen eingerichtet. (48)Eine erneute Erschwerung der Arbeitsbedingungen in den Heimen stellte sich naturgemäß mit Kriegsbeginn ein, was sich bereits mit dem Aktentitel „Einsatz der Erziehungsheime im totalen Krieg“ (49) belegen lässt. Räumungen zur Einrichtung von Lazaretten oder wegen Bombentreffern wurden erzwungen, ganze Heime verlegt. In den Jahren 1943 und 1944 mussten z. B. Zöglinge des Erlenhofes in der PHP Düsseldorf-Grafenberg Brandwache halten. (50) Die immer weiter eskalierende nationalsozialistische Diktatur zweckentfremdete auch den Grundgedanken der Fürsorgeerziehung, wie sich z. B. aus einer Vernehmungsniederschrift ergibt, wonach der Betreffende „auch das Sachgebiet 'Verwahrlosung' der Jugend, mit anderen Worten die 'Edelweißpiraten ' und andere oppositionelle Jugendorganisationen bearbeitet“ habe. (51) Einwirkungen der GESTAPO spiegeln sich auch im Bestand wieder, z. B. als „Vernehmung von Zöglingen wegen des Absingens von Liedern der Edelweißpiraten, 1944“ (52), die „Arbeitserziehungsabteilung des Jugendhauses Freimersdorf“ ab dem 11. 01. 1943 versuchsweise eingerichtet und mit sieben Jugendlichen „aus dem Gaugebiet Essen“ belegt wurde (53) oder „im Anschluss an das Frauenhaus in der Arbeitsanstalt Brauweiler“ eine Strafabteilung für weibliche Jugendliche eingerichtet wurde. (54)Nach dem militärischen Zusammenbruch wurde die Chance des Neuanfangs nur teilweise genutzt: im vorherrschenden allgemeinen Chaos war das Bedürfnis nach sofortiger Einrichtung neuer Heime so groß, dass auf Provisorien zurückgegriffen wurde und alte Bausubstanz ebenso wie überkommene Strukturen wieder installiert wurden. Die Abtretung des südlichen Teils der Rheinprovinz wegen der dortigen französischen Besatzungszone brachte erhebliche Erschwernisse mit sich, da z. B. bei den kriegsbedingten Evakuierungen die räumliche Distanz keine Berücksichtigung gefunden hatte. Die Stabilisierung der Verhältnisse war erst gegen Ende der 40er Jahre abgeschlossen. Die Provinzialverwaltung der Rheinprovinz war nahtlos im Oberpräsidium Nordrhein aufgegangen, die bisher in kommunaler Eigenverantwortung durchgeführten Aufgaben waren somit Teil der Staatlichen Verwaltung geworden. Dieses „staatliche Zwischenspiel“ endete erst mit der Gründung der Landschaftsverbände (55) und der damit verbundenen Ausgliederung der Aufgaben aus dem Sozialministerium des Landes Nordrhein-Westfalen.
I.2 Zur Bestandsgeschichte, Bestandsbeschreibung, Bearbeitungsvermerke
Bei der Bewertung des Bestandes in der Jahreswende 1985/86 waren fast alle „Generalakten“ noch in der Registratur des LJA vorhanden. Aus diesen ca. 800 Faszikeln wurden etwa 320 Nummern als archivwürdig ausgewählt, so dass ca. 60 % des Bestandes zur Vernichtung freigegeben wurden. Die kassierten Akten hatten i. d. R. Betreffe zum Inneren Dienst (Finanz- und Rechnungsabwicklung und Personalverwaltung), zur Liegenschaftsverwaltung, zu fiskalischen Angelegenheiten der Werkstätten und der landwirtschaftlichen Abteilungen der Provinzialheime. Auch Einzelfallsammlungen zu Zöglingsangelegenheiten wurden kassiert.Der mengenmäßige Hauptstrang der Registratur, die zeitlich einschlägigen Zöglingsakten, standen nicht zur Bewertung an. Für diese hatte die Registratur der Abteilung seit ihrer Einrichtung regelmäßige Aussonderungsaktionen unter Beachtung der verbandsinternen Aufbewahrungsfrist (56) durchgeführt. Archivische Belange, wie etwa eine prozentuale Beispieldokumentation, wurden nicht berücksichtigt, wohl aber die Belange einer anderen Institution der Provinzialverwaltung: Durch Bericht vom 09. 09. 1943 an das Reichsministerium des Innern (57) wird nachgewiesen, dass Einzelfallakten in ein leider ungenanntes Heim der PV ausgelagert und zudem „restlos vom Erbbiologischen Institut“ übernommen worden waren bzw. dort einem Bombentreffer zum Opfer fielen. In der selben Akte findet sich fünf Blatt weiter die Überlegung, ob das „genannte Institut auch heute noch auf die Übersendung der Akten Wert legt. Das Institut besteht als solches noch“. (58) Auf eine diesbezügliche Anfrage reagiert die Bonner Einrichtung bejahend, die tatsächliche Aktenabgabe findet ihren Abschluss einer Randnotiz zufolge am 07. 07. 1947: Einzelfallakten der Geburtsjahrgänge 1907 - 1915 im Gesamtgewicht von 4 t „Herrn D. in 4 Portionen mitgegeben“. (59) Diejenigen Einzelfallakten zu Probanden, die mit dem Sterilisierungsgesetz (60) in Berührung gekommen waren, wurden jeweils von der Vernichtung ausgenommen. Sie waren seinerzeit mit dem Vermerk „In die Sterilisierungsliste aufgenommen“ bzw. „Unfruchtbarmachung durchgeführt“ versehen worden und wurden bei den Aktenaussonderungsaktionen 1949 ausgenommen. Dem lag eine Verordnung des Zentraljustizamts für die britische Zone (61) zugrunde, welche auch in Fällen, wo die „Unfruchtbarmachung bereits durchgeführt ist“ die „Wiederaufnahme rechtskräftig entschiedener nVerfahren gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 des GzVeN [...] beschränkt“ zuließ. Des Weiteren wird bestimmt, dass die ärztlichen Beisitzer, wie sie im Gesetz genannt waren, weiterhin zugezogen werden müssen. (62) Noch 1949 findet sich ein Anerbieten, diese Zöglingsakten an das erbbiologische Institut abzugeben. Ein abschriftlich überlieferter Bescheid der PHP Bonn vom 16. 11. 1950 führt jedoch aus, dass das Institut 1947, von der Abteilung offensichtlich unbemerkt, aufgelöst worden sei. Die Akten verblieben also in der Registratur und wurden bei der Errichtung eines zentralen Altaktenlagers des LVR in dieses überführt, blieben jedoch auch nach Übernahme dieses Depots durch das zwischenzeitlich eingerichtete Archiv des LVR noch in der Verfügungsgewalt des LJA. Erst 1990 wurden sie dem Archiv überwiesen. (63)Bei der Verzeichnung des Bestandes konnte eine 29 Nummern umfassende Abgabe, die bereits 1975 in das Archiv gelangt war (64) integriert werden. 1995 wurden die bereits im maschinenschriftlichen Gesamtfindbuch zur Rheinischen Provinzialverwaltung von 1954 aufgeführten Akten zu den Klassifikationspunkten Kinderspeisungen und Kuren neu verzeichnet. Diese waren zwar von der Hauptfürsorgestelle in der PV als Rheinischer Provinzialausschuss für die Kinderspeisung und Auslandshilfe angelegt, mit der 1933 erfolgten Kompetenzumschichtung aber an die FE - Abteilung abgegeben und dort fortgeführt worden. Mit den Nummern 3653 bis 3665 a werden Akten zur Herausgabe der Zeitschrift „Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz“ bzw. seit 1934 „Die Rheinprovinz“, also des amtlichen Mitteilungsblatts des LJA und der OE, erschlossen. Deren Aufnahme war wegen der intensiven Mitarbeit der OE, welche bis 1934 de facto die Federführung innehatte, und der engen inhaltlichen Verwandtschaft der Betreffe sowie der mangelnden Erschließungstiefe im bisherigen Findbuch vertretbar. Die Akten beinhalten, quasi als Negativsammlung, eine Vielzahl nicht veröffentlichter Manuskripte (65); dies obwohl selbige i. d. R. an die Autoren zurückgeschickt wurden. Die tatsächlich benutzten Vorlagen finden sich nicht mehr, häufig jedoch im begleitenden redaktionellen Schriftwechsel der Hinweis: „abgedruckt in ...“.Weitere inhaltlich verwandte Akten wurden hier nicht aufgenommen, da Provenienzbestimmung und Laufzeit dem entgegenstanden.Somit bietet dieses Findbuch einen vollständigen Überblick über die Akten des Provenienzbildners „Fürsorgeerziehungsabteilung und Landesjugendamt“. Die Abteilung war nach den Geschäftsverteilungsplänen der Zentralverwaltung wie folgt bezeichnet:
Jahr Abt. Bezeichnung Quelle
1894 II B Unterbringung verwahrloster Kinder ALVR 4131 fol. 57
1897 I M dsgl. ALVR 4131
1901 I M dsgl HB Rh. Prov-Verw. (6. Aufl.).
1913 I M dsgl. HB Rh. Prov-Verw. (7. Aufl.).
1923 I M dsgl. ALVR 4131
1933 VII Jugendfürsorge, Provinzialheime, usw. ALVR 8163
1937 VII dsgl., zusätzlich: Kinderspeisungen Rheinprovinz, S. 293
1940 VII dsgl. Rheinprovinz, S. 30
Bei der Verzeichnung des Bestandes wurden die Müllerschen Richtlinien des Bundesarchivs sinngemäß angewandt. Hierin-Vermerke heben also entweder besonders wichtige Vorgänge hervor oder weisen auf Betreffe hin, die durch den Titel nicht abgedeckt sind, während enthält (nur) - Vermerke den Titel inhaltlich einschränken. Aktenserien wurden unter „Obertiteln“, die gelegentlich Charakteristika eines Klassifikationspunktes umschreiben, zusammengefasst (z. B. bei der Serie Beaufsichtigung der Heime (66), den Sitzungen des AFET oder den Kinderspeisungen) und durch weitere Sachtitel erläutert bzw. ihre Organisation nach der Chronologie in der Bandzählung dargestellt. Die Registraturtitel konnten nur selten übernommen werden, da sie entweder sprachlich nicht vertretbar oder zu wenig aussagekräftig waren. (67) Daher wurden grundsätzlich neue Titel gebildet und bei der relativ seltenen Übernahme alter Titel diese, quasi als Zitat, in Anführung gesetzt. (68)Bedingt durch die relativ schlechte Aktenführung und gerechtfertigt durch die eminente Bedeutung des Bestandes wurde intensiv erschlossen, d. h. häufig mit erläuternden „Hierin–Vermerken“ gearbeitet.Entnommene Archivalien (Broschüren, einige Fotos und Plakate) sind sowohl bei der Ausgangsarchivale erwähnt als auch im unmittelbaren Anschluss an diese (bei Aktenserien an die letzte Akte der Serie) verzeichnet. Dieser Grundsatz ist jedoch bedauerlicherweise bei 27 Karten und Fotos, welche aus Akten des Klassifikationspunktes 3.2 entnommenen wurden durchbrochen. (69)Die Klassifikation des Bestandes wurde nach Abschluss der Verzeichnung archivisch erstellt, da über die Aktenzeichen vorgegebene Ordnungsansätze nicht rekonstruierbar waren. (70) Zudem sind bei der Bewertung einige Untergruppen der alten Struktur ausgesondert worden.Neben der, sicherlich nicht immer ganz durchgängigen, Klassifikation erleichtern Indices die Recherche. Zu deren Gestaltung wurden natürliche und juristische Personen (in Sonderheit die Erziehungsheime, aber auch Vereine und Zeitschriftentitel) im Namensregister zusammengefasst. Das Ortsregister erreichte am wenigsten Umfang, u. a. weil auf Querverweise der Heime nach Ortsbezug verzichtet wurde. In das Sachregister wurden bevorzugt dann Begriffe aufgenommen, wenn der Sachzugang über die Klassifikation nur erschwert möglich wäre (z. B. bei Statistiken o. ä.). Zusätzlich erleichtert eine Konkordanz von Archivsignatur zu Findbuchseite die Recherche bei Folgebenutzungen aber auch die Bestandsverwaltung. (71)
Der Bestand überliefert das gesamte Aufgabenspektrum der Provinzialverwaltung in der Jugendwohlfahrt: Öffentliche Erziehung als Fürsorgeerziehung, Freiwillige Erziehungshilfe, Gefährdeten- und Bewahrungsfürsorge, Jugendpflege, Müttererholung (in geringerem Umfang), Adoptions- und Vormundschaftsrecht. Sein eminenter sozial - historischer Wert wird verstärkt durch die Dokumentation politischer „Herangehensweisen“ , die Überlagerung sachlicher durch ideologische Wertigkeiten und nicht zuletzt den Umgang mit „Randgruppen“. Obwohl eigentlich, da Überlieferung einer Provinzialverwaltung, von bevorzugt regionaler Bedeutung bietet der Bestand doch, wegen der Ballung sozialer Brennpunkte im Rheinland bzw. der offensichtlichen Vorbildfunktion der rheinischen Provinzialverwaltung, Dokumente, die von überregionaler Bedeutung sind.
Im Zuge der Vorbereitung für die Sicherungsverfilmung wurde der Bestand foliiert, so dass die Zitierweise erleichtert ist. Bei Benutzungen werden üblicherweise die Mikrofilme (72) vorgelegt. Die Nr. des Mikrofilms schließt im Bestandsverzeichnis den jeweiligen Eintrag ab.
1.3 Ergänzende Überlieferungen
1.3.1 Archiv des LVR
Die Querschnittfunktionen der PV sind in Hinblick auf die Fürsorgeerziehung in unterschiedlicher Qualität überliefert: die Personalverwaltung der OE und der Heime (73) und das Finanzwesen (74) sowie Mobilmachung und Kriegseinwirkungen (75) sind umfassend dokumentiert, während die Überlieferung der Hochbauabteilung zum Bau der Provinzialheime vernachlässigt werden kann. (76) Interessante Ergänzungen birgt der Fundus der Abteilung „Verschiedenes“ (1923 Abt XXI, 1933 Sachgebiet I L der Zentralverwaltung auf Seite 643f des Findbuchs von 1954): Landaufenthalt der Stadtkinder 1917 - 1919, Erwerbslosenfürsorge 1924, Kindererholungsheim Ehrenbreitstein 1920 - 1922 und Jugendherbergsverband Rheinland 1936 - 1940 (Provenienz: Erster Landesrat Kitz) seien hier genannt.Aus dem Büro des Landesdirektors bzw. Landeshauptmanns ist außer den Überlieferungen zu den Konferenzen der Landesdirektoren Preußens nur eine Akte zum „Zwangserziehungswesen und Unterbringung verwahrloster Kinder, 1897“ (ALVR 2524) einschlägig. Der Nachlass von Landeshauptmann Dr. Johannes Horion enthält in der Gruppe „Wohlfahrt“ reichhaltiges Material zu Kinderheilstätten, Prostitution und Gesetzesüberarbeitungen; auch die Zeitungsausschnittsammlungen sind erwähnenswert. Sein Nachfolger Heinz Haake hat in seinem Nachlass kein in diesem Zusammenhang interessierendes Material hinterlassen.Die Überlieferungen aus den Provinzialheimen selbst sind insgesamt als dürftig zu bezeichnen:
Der Halfeshof, Solingen ist von der Errichtung bis 1945 über wichtige Akten und Bauzeichnungen dokumentiert (vgl. das entsprechende Findbuch mit Sachakten ab dem Jahre 1911); das Heim Fichtenhain, Krefeld hat wegen seiner Umfunktionierung zur Trinkerheilstätte und der endgültigen Schließung 1933 keine Unterlagen aus dem interessierenden Zeitraum zu bieten, was für den Erlenhof, Euskirchen auch der Fall ist (77). Die Registratur des 1939 geschlossenen Heims in Mönchengladbach - Rheindahlen dürfte verloren sein; aus der Abteilung Freimersdorf der Arbeitsanstalt Brauweiler sind nur Splitter überliefert.Eine exakte Abgrenzung dieses Bestandes zum sich zeitlich anschließenden Bestand „Landesjugendamt des Landschaftsverbandes Rheinland“ ist nur schwer möglich, denn zahlreiche Akten aus den 1930er und 40er Jahren wurden bis weit in die 1970er hinein fortgeführt oder standen einfach bei den o. g. Übernahmeaktionen noch nicht zur Bewertung an.
I.3.2 Andere Archive
Fürsorgeerziehung ist als Aufgabe auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen worden, wobei natürlich der jeweilige Aufgabenschwerpunkt zum Anfall unterschiedlicher Beständestrukturen führte. Die zentralstaatliche Ebene, d. h. die in der Regel legislative und regulierende Zuständigkeit, findet sich im Bundesarchiv; hier ist (ohne dass die Findmittel jeweils en detail überprüft wurden) an folgende Bestände zu denken:
R 18, Reichsministerium des Innern (u. a. Staatssekretär Conti, Gesundheitsfragen)
R 22, Reichsministerium der Justiz (u. a. RJWG, Strafrecht)
R 36, Deutscher Gemeindetag, in Sonderheit Hauptabteilung III, Sozialpolitik, Anstaltswesen, Fürsorgerziehung, Jugendertüchtigung, Arbeitsdienst
R 43, Reichskanzlei (u. a. Jugendwohlfahrt für 1932 - 1944 und Schulwesen mit Jugendwohlfahrt für 1919 - 1933)
R 86, Reichsgesundheitsamt (öffentliche Gesundheitspflege, Wohlfahrtspflege)
Aus den Zuständigkeiten der preußischen Bezirksregierungen heraus sind in verschiedenen Abteilungen einschlägige Dokumente entstanden. So nennt z. B. die Beständeübersicht des Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchivs für die Regierung Düsseldorf (Findbuchgruppe 212) folgendes:
Präsidialbüro wohltätige Vereine und Maßnahmen 1816 - 1924; vaterländische Frauenvereine
Polizei Ordnungs- und Sittenpolizei, u.a. Gaststättenbesuch, Alkoholgenuss, Prostitution
Sozialangelegenheiten Wohlfahrtsverwaltung u.a. Jugendpflege, Fürsorgeerziehung
Gesundheitswesen Kinder- und Waisenheime, Geschlechtskranke, Zwangssterilisation
Veterinärwesen Schlachtwesen, Fleischbeschau (landwirtschaftliche Betriebe der Heime)
Die Grundstruktur dürfte für alle fünf Bezirksregierungen dieselbe sein, wobei Besonderheiten natürlich nicht auszuschließen sind. Im Bestand „Regierung Aachen“ sind z. B. in der Medizinalabteilung 20 Bände mit „Quäker- und Schwedenspeisungen, Kinderhilfsaktionen 1920 - 1929 und 1946 - 1947 aufgeführt. Der Bestand 403 des Landeshauptarchivs in Koblenz zum allzuständigen Oberpräsidium der Rheinprovinz sei hier detaillierter dargestellt. Er beinhaltet im Klassifikationspunkt „Besserungsanstalten“ z. B. eine 24 Bände umfassende Serie zu den „Erziehungs- und Besserungsanstalten für verwahrloste Kinder“ (78) oder auch sechs Akten zur staatlichen „Besserungsanstalt für jugendliche Verbrecher zu Steinfeld „75. Unter „Jugendfürsorge und Jugendpflege“ ist z. B. Akte 13208 zum „Landesjugendamt“ (1924 - 1928) klassifiziert, wo es u. a. um die Übertragung entsprechender Zuständigkeiten von den Bezirksregierungen auf die rheinische Provinzialverwaltung gehen dürfte, oder Nm. 10042 ff zur „Fürsorgeerziehung Minderjähriger“ für 1901 - 1906.
Als Beispiele für kommunale Überlieferungen seien das Stadtarchiv Trier (79) und der Bestand „Sechtem“ im Stadtarchiv Bornheim genannt:
Akte Betreff, Laufzeit
1638 Zwangserziehung verwahrloster Kinder, 1863-1911
1639 Fürsorgeerziehungsgesetz, 1901-1913
1639 Jugendpflege, Sportpflege in der Bürgermeisterei, Jugendheime, u.a. 1899-1933
1643 Jugendfürsorge, Jugendherbergen, 1909-1932
1644 Jugendpflege, 1911-1913
Dies dürften repräsentative Betreffe und Angaben sein.
Zu den Beständen der konfessionellen Heimträger bzw. den Wohlfahrtsverbänden ist eine Einschätzung nicht möglich. Dennoch soll hier beispielhaft auf das Archiv des Allgemeinen Fürsorgeerziehungstages (AFET) in Münster und das Archiv der Inneren Mission hingewiesen werden.
I.4 Literaturhinweise
Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag (Hrsg): Erziehungsheime in Wort und Bild, Eine Auswahl von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten aus den Jahren 1951 - 1961, Hannover, 1961
Aschrott, Paul: Die Behandlung der verwahrlosten und verbrecherischen Jugend und Vorschläge zur Reform, Berlin, 1892
Berger, Heinrich: Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, alte und neue Betrachtungen und Vorschläge, in: Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medicin und öffentliches Sanitätswesen 26 (1903), Supplementheft 2. - S. 128-140, o. 0., 1903
Blum-Geenen, Sabine: Fürsorgeerziehung in der Rheinprovinz von den Anfängen bis zum Ende der Weimarer Republik, Neuss 1995 (Diss.)
Bundesarchiv: Jugend im NS Staat (Ausstellungskatalog), Koblenz, 1972
Central Ausschuß für Innere Mission (Hrsg): Statistik der Evangelischen Liebestätigkeit, Anstaltsarbeit (Geschlossene Fürsorge), Berlin, 1925
Clostermann, Ludwig: Neuordnung der Jugendfürsorge durch das Jugendwohlfahrtsgesetz, in: Bonner Zeitschrift für Theologie und Seelsorge (1924), H.3/4. - S. 260-289, o. 0., 1903
Croon, Gustav: Der Rheinische Provinziallandtag bis zum Jahre 1874, Düsseldorf, 1918 (unveränderter Nachdruck: Köln, 1974)
Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge: Die Jugendfürsorgevereine im Deutschen Reich, Verzeichnis der Vereine zur Fürsorge für die gefährdete, verwahrloste und straffällige Jugend (Ergänzungsband: 1924), Berlin, 1919
Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge: Handbuch für Jugendpflege; Erster Teil: Allgemeine Grundlagen; Zweiter Teil: Träger und Formen, Inhalt und Ziele der Jugendpflege, Langensalza, 1913
Düchting, Otti: Der Lebenserfolg ehemaliger schulentlassener weiblicher Fürsorgezöglinge, Münster, 1952 (Diss.)
Fenner, Joachim: Durch Arbeit zur Arbeit erzogen, Berufsausbildung in der preußischen Zwangsund Fürsorgeerziehung 1878 - 1932, Marburg, 1990 (Dissertation, zugleich: Historische Schriftenreihe des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, Quellen und Studien Band 1, o. 0.)
Finzsch, Norbert: Obrigkeit und Unterschichten, zur Geschichte der rheinischen Unterschichten gegen Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Stuttgart, 1990
Fürsorgeerziehungsanstalt St. Raphaelshaus Dormagen : Festschrift anläßlich der Einweihung der voll ausgebauten Anstalt im Jahre 1911, Dormagen, 1911
Gregor, Adalbert: Ergebnisse der Untersuchung von Fürsorgezöglingen zwecks Sterilisierung, in: Zeitschrift für psychische Hygiene 7 (1934), H.2. - S. 33-40, o. 0., 1934
Herriger, Norbert: Verwahrlosung, eine Einführung in Theorien sozialer Auffälligkeit, Weinheim, 2 1987
Hoffmann, Jakob: Handbuch der Jugendkunde und Jugenderziehung, Freiburg i. Br., 1919
Horion, Johannes (Hrsg): Die Rheinische Provinzialverwaltung, Ihre Entwicklung und ihr heutiger Stand (Zur Jahrtausendfeier der Rheinprovinz), Düsseldorf, 1925
Jans, Karl Wilhelm und Beurmann, Martha: Öffentliche Erziehung im Rheinland; Aufgabe, Weg und Ziel, Köln, 1963
Jans, Karl Wilhelm und Happe, Günther: Handbuch für die Jugendhilfe, Vorschriftensammlung zur Jugend- und Sozialarbeit mit einer Einführung in Geschichte und Wesen des Jugendrechts, Köln, 3 1972
Jans, Karl Wilhelm und Müller, Erika: Kinder- und Mütterhilfe im Rheinland, Köln, 1966
Jarotzky, H. von: Die Rheinischen Provinzialanstalten in Brauweiler, kurze Darstellung der Einrichtung, der Verwaltung und des Betriebes dieser Anstalten; mit 59 Abbildungen und einem Übersichtsplan, Brauweiler, 1908
Kaminsky, Uwe: Zwangssterilisation und „Euthanasie“ am Beispiel von Erziehungsheimen sowie Heil- und Pflegeanstalten der Inneren Mission im Rheinland (1933 - 1945), Essen, 1993 (Diss.)
Kenkmann, Alfons: Gertrud, ein Fürsorgebericht, in: Einführung in die Interpretation historischer Quellen / hrsg. von Bernd-A. Rusinek, S. 133-152, Paderborn, 1993
Klasen, P.: St. Vinzenz - Waisenhaus Neunkirchen - Saar, 25 Jahre im Dienste armer Kinder 1900 - 1925, Neunkirchen, 1925
Knebel, Hajo: Bethesda - Sankt Martin, Festschrift zum 125jährigen Bestehen der Stiftung zu Boppard ; 1857-1982, Boppard, 1982
Knopp, W. (Bearbeiter): Kriminalität und Gefährdung der Jugend, Lagebericht bis zum Stande vom 1. Januar 1941, Berlin, 1941
Kraus, Rudolf: Die Fürsorgeerziehung im Dritten Reich 1933 - 1945, in: Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 5 (1974), o. 0., 1974
Landeshauptmann der Rheinprovinz (Hrsg): Die Wohlfahrtspflege in der Rheinprovinz, Zeitschrift für alle Zweige der Wohlfahrtspflege, amtliches Organ des Landesfürsorgeverbandes und des Landesjugendamtes, 1. Jg 1925 ff, Düsseldorf, 1925 ff (ab Heft 2 / 1934 erweitert und fortgeführt als: „Die Rheinprovinz“)
Landschaftsverband Rheinland: Öffentliche Erziehungshilfe im Umbruch, eine Schrift zum 50jährigen Bestehen des Rheinischen Landesjugendheims Haus Fichtenhain / . Karl-Wilhelm Jans, Köln, 1954
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Das schwererziehbare Kind 6, 1965, Köln, Erkennen, Vorbeugen, Differenzieren, Erziehen, Köln, 1965
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Der Landschaftsverband Rheinland, Ein Handbuch mit dem Bericht der Verwaltung von der Gründung bis zum 31. 03. 1958, Düsseldorf, 1958
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Forensische Psychiatrie und Jugendhilfe 3, 1968, Königswinter, Köln, 1968
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Leistung in Zahlen 1954 - 1964, Köln 1965
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg): Rheinisches Jugendheim Halfeshof Solingen, 75 Jahre, Köln, 1986
Lückerath: Über Fürsorgeerziehung und Psychiatrie, in: Zentralblatt für Vormundschaftswesen, Jugendgerichte und Fürsorgeerziehung 14 (1922), Nr.2. - 4 S., o. 0., 1922
Ministerium für Volkswohlfahrt (Hrsg): Statistik über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger und über die Zwangserziehung Jugendlicher, Berlin, 1918. - 1920 (Statistik über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger und über die Zwangserziehung Jugendlicher)
Muckermann, Hermann: Die Entlastung der Fürsorgeerziehung durch Familienfürsorge, in: Beiträge zur Jugendwohlfahrtspflege, Referate der Tagung des Landesjugendamtes der Rheinprovinz, 14. - 16. 09. 1925, Düsseldorf, Hrsg Landesjugendamt der Rheinprovinz, Düsseldorf, 1925
Neises, Gerd: Christian Jasper Klumker, Schriften zur Jugendhilfe und Fürsorge, Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 243, Frankfurt 1968
Nordrheinwestfälisches Hauptstaatsarchiv (Hrsg): Armut im Rheinland, Dokumente zur Geschichte von Armut und Fürsorge im Rheinland vom Mittelalter bis heute, Kleve, 1992
Ohland, A. (Hrsg): Verzeichnis der deutschen Anstalten für Fürsorgezöglinge, Hannover, 1926
Peukert, Detlef J.: Grenzen der Sozialdisziplinierung, Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge von 1878 - 1932, Köln, 1986
Psychiatrische Wochenschrift: Die geplante siebente Rheinische Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Haus Fichtenhain bei Krefeld 1 (1899), Nr.24. - S. 213~217, o. 0., 1899
Reichszentrale Landaufenthalt für Stadtkinder: Richtlinien zur Durchführung der Jugenderholungspflege, Berlin, 1937
Reichsverband für Waisenfürsorge. bearb. von Ludwig Bernhardt: Waisenpflege und Kinderfürsorge im Laufe der Jahrhunderte, Jubiläumswerk zur Feier des 50 jährigen Wirkens des Reichsverbandes für Waisenfürsorge, Berlin, 1930
Rheinische Evangelische Arbeiterkolonie Lühlerheim Drevenack : Jubiläumsbericht der rheinischen evangelischen Arbeiterkolonie Lühlerheim, Bagel, 1911
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Fürsorgeerziehung nach dem Gesetz vom 02. Juli 1900 ausgeführt von der Rheinischen Provinzialverwaltung, o. 0., 1914
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Handbuch für die Rheinische Provinzialverwaltung, enthaltend die für diese geltenden Gesetze, Verordnungen, Reglements, Dienst- und Geschäftsanweisungen, Düsseldorf, 6 1900; 7 1913; 8 1936 als Loseblattsammlung in drei Bänden
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Rheinische Provinzial- Fürsorgeerziehungs-Anstalt Fichtenhain, Düsseldorf, o. J. [1903]
Rheinische Provinzialverwaltung (Hrsg): Rheinische Provinzial- Fürsorgeerziehungsanstalten Rheindahlen und Solingen, Düsseldorf, ca. 1904
Ristelhueber: Beschreibung des Land-Arbeitshauses zu Brauweiler, Köln, 1828
Salzmann, Edith: Kinder im Abseits, Graf Recke Stiftung Düsselthal, vom Rettungshaus zur stationären Jugenhilfe, Düsseldorf, 1985
Scherpner, Hans (Hrsg): Studien zur Geschichte der Fürsorge (Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge IV,3), Stuttgart, 1984
Schmitz, Ludwig: Die Fürsorgeerziehung Minderjähriger, Gesetz vom 02. Juli 1900 und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen sowie die Fürsorge- bezw. Zwangserziehungsgesetze der übrigen deutschen' Bundesstaaten, Düsseldorf, 3 1901, 4 1908
Settels, Richard: Das Aufnahmematerial der Rheinischen Provinzial- Fürsorge-Erziehungsanstalt Euskirchen im Etatsjahr 1924/25, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 103 (1926), H.1I2. - S. 213-219, o. 0., 1926
Settels, Richard: Die Geschlechtskrankenabteilung während der ersten beiden Jahre ihres Bestehens in dem Provinzial-Erziehungsheim in Euskirchen, in: Zeitschrift für Kinderforschung 33 (1927), H.l. - S. 92-101, 0.0., 1927
Sieder, Reinhard: Sozialgeschichte der Familie, Frankfurt am Main, 1987
Stadelmann, Heinrich: Schwachbeanlagte Kinder, ihre Förderung und Behandlung, München, 1904
Steinwachs (Hrsg): Die evangelische Anstaltserziehung, mit besonderer Berücksichtigung der Fürsorgeerziehung; Leitfaden zur Ausbildung von Erziehern in Anstalten für männliche Zöglinge, Hannover, 1922
Többen, Heinrich: Die Jugendverwahrlosung und ihre Bekämpfung, Münster, 1922
Vossen, Karl: Fürsorgeerziehung und Landesjugendamt, in: Horion, 1925
Wollasch, A.: Die katholischen Fürsorgevereine für Mädchen, Frauen, Kinder 1899 - 1945 : ein Beitrag zur Geschichte der Jugend- und Gefährdetenfürsorge in Deutschland, o. 0., 1991
Ziegler, K.: Das Schwachsinnigenbildungs- und Fürsorgewesen der Rheinprovinz, Sonderabdruck aus der Festschrift zum 36. rheinischen- Provinziallehrertag in Cöln 1912, Köln, 1912
Abkürzungsverzeichnis
AFET Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag
Az. Aktenzeichen
FE Fürsorgeerziehung
FEG Fürsorgeerziehungsgesetz
GESTAPO Geheime Staats Polizei
GzVeN Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses
HJ Hitlerjugend
KJI Kommunistische Jugend Internationale
KJVD Kommunistischer Jugendverband Deutschland
LJA Landesjugendamt
LJWA Landesjugendwohlfahrtsausschuss
NRW Nordrhein-Westfalen
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
OE Organisationseinheit
OP Oberpräsident
PA Provinzialausschuss
PHP Provinzial Heil- und Pflegeanstalt
PV Provinzialverwaltung
RJGG Reichsjugendgerichtsgesetz
RuPrMd Reichs und Preußisches Ministerium des Inneren
StGB Strafgesetzbuch
UFA Universum Film Aktiengesellschaft
VO Verordnung
Pulheim-Brauweiler, 1994 bzw. 2009
Rudolf Kahlfeld
Anmerkungen:
(1) Jans/Happe, Handbuch für die Jugendhilfe, S. 1.
(2) Peukert, Detlef J.: Grenzen der Sozialdisziplinierung, Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge von 1878 - 1932, Köln, 1986, S. 45 ff.
(3) vom 15.5. 1871, Reichsgesetzblatt S. 127.
(4) Gesetzessammlung, S. 132.
(5) Der Begriff bezieht sich auf „Kinder [.. .], die aus Mangel einer entsprechenden Erziehung (Aufsicht, Verwahrung, Unterweisung) in einen Zustand geraten, der sie selbst unglücklich und zu würdiger Teilnahme an der allgemeinen menschlichen Aufgabe und Gesellschaft untüchtig macht“ (Enzyklopädisches Handbuch der Erziehung, 1896). Die erweiterte Definition von „Verwahrlosung“ umfasst körperliche (z. B. mangelhafte Ernährung, Ausbeutung der Arbeitskraft, Misshandlung, Vorenthaltung ärztlicher Behandlung), geistige (Unterbleiben der gebotenen Ausbildung) und sittliche (z. B. eine Trunksucht, Unzucht, Bettelei oder ähnlichen Lastern verfallene Umgebung) Tatbestände. Diese dürften de facto regelmäßig in Kombinationen aufgetreten sein, z. B. alkoholabhängige Erziehungsberechtigte, die ihr Kind schlagen und nicht zur Schule schicken. „Jedoch Erziehung ist ebenfalls ein Begriff, der erst allmählich eine Gestalt gewinnt, die ihn in der Fürsorge brauchbar erscheinen lässt [...] Es scheint, als sei Erziehung wesentlich persönliche Einwirkung eines Menschen auf den anderen.“ {Klumker, (1923], zitiert nach Neises, Christian Jasper Klumker, S. 54).
(6) Die Zwangserziehung nach dem Gesetz betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder vom 13. März 1878 (G.S., S. 132), maschinenschriftliches Manuskript, vgl. Nachlass Horion, Nr. 214.
(7) a. a. 0., handschriftlich eingetragen.
(8) a. a. 0., handschriftlich eingetragen.
(9) Gesetzessammlung, S. 264; geändert durch Gesetz vom 7. Juli 1915 (G.S., S. 113.)
(10) Einer detaillierten Darstellung entzieht sich auch der zuständige Landesrat Karl Vossen in seinem Beitrag „Fürsorgeerziehung und Landesjugendamt“ für „Horion, Johannes (Hrsg): Die Rheinische Provinzialverwaltung, Ihre Entwicklung und ihr heutiger Stand (Zur Jahrtausendfeier der Rheinprovinz), Düsseldorf, 1925, S. 325 - 402, hier S. 330. Ausführlicher bei Jans/Beurmann, Öffentliche Erziehung im Rheinland.
(11) Eine Beurteilung der Frage, wie hoch der Anteil der Disziplinierung von Unterschichten, wie in zeitgenössischen Publikationen speziell aus sozialistischem Hintergrund stets betont, war, mag der Forschung überlassen bleiben.
(12) Das Gesetz wurde noch bevor es zum 1. April 1924 in Kraft treten konnte durch die Notverordnung vom 14. Februar 1924 (Verordnung über das Inkrafttreten des ..., RGBI I, S. 110) eingeschränkt.
(13) vgl. oben, Definition des Begriffs „Verwahrlosung“ von 1896.
(14) für die Rheinprovinz: der Landeshauptmann und drei weitere beamtete sowie 20 nicht beamtete Mitglieder. Hiervon wurden acht vom Provinzialausschuss auf Vorschlag der Fachverbände ernannt, neun durch die Fachkommission des Provinziallandtages bestellt und je ein Pfarrer, ein Priester und ein Rabbi von den Kirchen benannt. Erst durch die Novelle zum RJWG vom 1. Februar 1939, RGBl I, S. 109, wurde dieses Kollegialgremium dem „Führerprinzip“ unterworfen. Im Jahre 1949 erfolgte seine Wiederbegründung als „Landesjugendrat“ , der im Sozialministerium des Landes angesiedelt war und satzungsgemäß Aufgaben wahrnahm.
(15) beide Zitate aus dem Beitrag des Landesinspektors Figge zur Beantwortung einer Anfrage des Regierungsdirektors Gildemeister, Trier vom 4. April 1931, in ALVR 14082. Die Antragsberechtigung der Landesjugendämter war im Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften vom 18. Dezember 1926, RGBl. I, S. 505 in § 2 Absatz 2 geregelt worden.
(16) vom 13. Februar 1924, RGBI. I, S. 100.
(17) vgl. zusätzlich „Die Zersplitterung der deutschen Jugendwohlfahrtspflege in Preußen, von Landesrat Dr. Karl Vossen, Düsseldorf“, Kölnische Volkszeitung vom 6. Januar 1925 in ALVR 14082.
(18) ALVR 3653.
(19) Zitiert nach: Grotefend, Gesetzgebungsmaterial, 1932, S. 882 und 920. Letztere trat rückwirkend zum 08. 11. 1932 in Kraft; vgl. ALVR 14135.
(20) vgl. Rundverfügung der Abteilung vom 6. 2. 1932 in ALVR 18985.
(21) RGBl. I, S. 820.
(22) ALVR 13902, Materialsammlung zu „Sterilisierungsangelegenheiten“.
(23) vgl. ALVR 14080; Originaltitel: „Gefährdetenfürsorge und Entwurf eines Reichsverwahrungsgesetzes „ sowie ALVR 13910 zum Abschnitt VI, Schutzaufsicht, des RJWG.
(24) Jans/Beurmann, Öffentliche Erziehung im Rheinland, S. 64.
(25) Vossen, a. a. 0., S. 336.
(26) vgl. Vossen, a. a. 0., S. 336.
(27) vgl. Jans/Beurmann, Öffentliche Erziehung im Rheinland, S. 44.
(28) Diese These des Bearbeiters Schweitzer, vgl. Horion Nr. 214, auf S. 8 seiner Ausarbeitung „Die Fürsorgeerziehung nach dem Gesetz über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger vom 2. Juli 1900 (G. S., S. 264)“, ist durch vorgenannte Zahlen aus Jans/Beurmann widerlegt. Das starke Abfallen der Gesamtzahlen zwischen 1930 (oder auch 1932 mit 11.524 Fällen) und 1933 erklärt sich durch die Auswirkungen der o. g. Notverordnung.
(29) Vossen, a. a. 0., S. 345.
(30) Vossen erwähnt auf S. 361 als generelle Ausnahme schulentlassene weibliche Zöglinge; dies dürfte mit dem von ihm genannten Anteil von 58 Prozent geschlechtskranken zu begründen sein (S. 388).
(31) vgl. ALVR 13940 etc. oder die Überlieferung zur „Station für geistig Minderwertige“ im Erlenhof, Euskirchen. Im Bestand „Psychiatrie und erweiterte Armenpflege findet“ sich eine Akte zu Psychopathenheimen (ALVR 14851, 1924 - 1936). In der PHP Düren bestand ab 1927 eine Station für Mädchen beiderlei Konfession, vgl. Jans / Beurmann, S. 39. Nach einer Mitteilung von Frau Blum-Geenen wurde seit 1930 auch eine Station für Jungen in der PHP Düren betrieben. Gemeint sind jedoch auch die Geschlechtskrankenstationen, z. B. die seit 1913 bestehende Abteilung der Diakonissenanstalt Kaiserswerth; vgl. Antwort vom 8. März 1929 auf die Anfrage des OP Koblenz zur Umsetzung des § 70 Abs. 2 RJWG, in ALVR 13910.
(32) Vossen, a. a. 0., S. 364. Der pädagogische Ansatz ist im Bestand nicht dokumentiert. Da die Provinzialverwaltungen des Rheinlandes, Westfalens und der Provinz Hannover in diesem Projekt zusammenarbeiteten, könnten Unterlagen im einschlägigen Bestand des Niedersächsischen Hauptstaatsarchivs Hannover erhalten sein.
(33) vgl. u. a.: Vossen, a. a. 0., S. 364.
(34) Jans/Beurmann, a. a. 0., S. 46.
(35) Vossen, a. a. 0:, S. 372.
(36) Inbetriebnahme im Herbst 1909, für denselben Personenkreis ausgelegt. Als Besonderheit müssen die Lungenheilstätte für Tbc-Kranke und ein Haus für schulpflichtige Jungen erwähnt werden.
(37) Inbetriebnahme Winter 1910, für evangelische schulentlassene Jungen.
(38) Baubeginn 1914, Inbetriebnahme 1921.
(39) vgl. die Notiz zur Eröffnung in: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Berlin 1921/22, 27. Bd., S. 432.
(40) Er war seit 1908 Landespsychiater für die rheinische Fürsorgeerziehung und arbeitete in der Rheinischen Landesklinik für Jugendpsychiatrie in Bonn.
(41) Für katholische weibliche Zöglinge wurde diese Spezialaufgabe vom Notburgahaus in Neuss, für evangelische Mädchen im Heim zu Ratingen, wahrgenommen; Vossen, a. a. 0., S. 389.
(42) Vossen, a. a. 0., S. 381.
(43) vgl. z. B. ALVR 14022.
(44) vgl. u. A. ALVR 14012.
(45) vgl. u. a. ALVR 14055.
(46) vgl. z. B. die Beschlagnahmen aus ALVR 14051.
(47) so der Originaltitel der Akten 14055 und 14056; oder Akte 14057 zur „Sicherstellung der nationalsozialistischen Erziehung der in fremden Familien untergebrachten Zöglinge“.
(48) vgl. die Liste in ALVR 14056.
(49) ALVR 14143.
(50) ALVR 25766 (gesperrte Einzelfallakte).
(51) Staatsanwaltschaftliche Vernehmung des Hugo M., 1943 bei der GESTAPO Köln tätig, am 14. 4. 1967, wegen der Ermordung des Leopold Dorsel-Grünhut, HStA Düsseldorf, Rep. 112 - 2.810, Ermittlungsakten Blatt 594 ff, zitiert nach Bernd A. Rusinek, Gesellschaft in der Katastrophe, Terror, Illegalität, Widerstand Köln 1944/45, Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens; Band 24, Essen 1989, S. 450f.
(52) in ALVR 13898. Die Thematik blieb insofern auch nach der bedingungslosen Kapitulation aktuell, als die „Weitere fürsorgerische Betreuung von Freunden ehemaliger Edelweißpiraten“ zwischen Juni und Dezember 1945 auch mit den Alliierten abgestimmt wurde, vgl. ALVR 14067.
(53) Namensliste in ALVR 13927.
(54) ALVR 18987.
(55) durch die „Landschaftsverbandsordnung für das Land Nordrhein - Westfalen vom 12. Mai 1953“, Gesetz- und Verordnungsblatt NW, S. 271.
(56)10 Jahre nach Abschluss der FE bzw. FEH (i. d. R. 10 Jahre nach der Volljährigkeit der Probanden).
(57) ALVR 13953, fo112.
(58) ebd., fol 17 , Vermerk vom 11. 06. 1946.
(59) ebd., fol 25.
(60) Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN), vom 14. 07. 1933, RGBI I, S. 529.
(61) VO über die Wiederaufnahme von Verfahren in Erbgesundheitssachen vom 28. 07. 1947, Verordnungsblatt für die britische Zone, Nr. 14, S. 2, 1947.
(62) Man beachte den Wortlaut des gemeinten § 6 Absatz I des „Sterilisierungsgesetzes „, wonach das „Erbgesundheitsgericht aus einem Amtsrichter, einem beamteten Arzt und einem weiteren, für das Deutsche Reich approbierten Arzt, der mit der Erbgesundheitslehre besonders vertraut ist“ besteht. Hier verzichtet die Militärregierung darauf, z. B. über die Besetzung mit britischen Eugenikern der Entnazifizierung mehr Druck zu verleihen bzw. riskiert die Kontinuität der Entscheidungsträger.
(63) Eine Erschließung in diesem Findbuch verbot sich aus datenschutz-rechtlichen Gründen.
(64) ALVR 12952 ff.
(65) Die Ablehnung erfolgte zumeist mit der Globalbegründung „für die Zielsetzung / den Leserkreis der Zeitschrift nicht verwendbar“. Selten finden sich offensichtliche Hinweise, dass Manuskripte wegen mangelnder sachlicher Qualifikation abgelehnt wurden.
(66) Die Akten dieser Serie beinhalten in der Regel Reiseberichte, Vorgänge zur Belegung der Heime mit Zöglingen, Auszüge aus Strafbüchern, Untersuchungen gemäß „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, Sparguthaben Jugendlicher oder Lehrgängen in den Heimen; eine gesonderte Hervorhebung derartiger Vorgänge unterblieb bei der Verzeichnung in der Regel.
(67) z. B. ALVR 14067 „Ersatzakten für Fremdrassen und Mischlinge“, jetzt: „Einweisung Jugendlicher in die FE aus politischen Gründen“.
(68) zumeist bei Akten zur „Zusammenarbeit“ mit Organisationen etc der NSDAP, auch bei einigen „ideologisch überfrachteten“ Titeln.
(69) Bei der Erstellung und Vervielfältigung des Findbuches 1994 blieben einige aus den Akten entnommene Karten und Fotografien bedauerlicherweise unberücksichtigt. Dieser Mangel wird mit der Neuauflage ausgeglichen.
(70) die Registratur hatte mehrere Aktenplanveränderungen mitgemacht, zudem hat die Teilprovenienz LJA ein alpha-numerisches Reihungssystem gewählt, während der Hauptteil des Bestandes in einer hierarschichen Struktur (römische Ziffern) mit daran anschließender Reihung nach Anfall (arabisch) verwaltet wurde.
(71) Die Vermeidung von Springnummern durch eine Neusignierung nach erfolgter Klassifikation erschien als zu arbeitsaufwendig. Zudem kollidiert ein solches Herangehen auch mit der Tektonik des Archivs. Die Datenbank, welche bei Erstellung dieses Findbuchs genutzt wurde nennt die Konkordanz „Signaturindex“.
(72) Die entsprechenden Sicherungsfilme sind seit langem im Oberrieder Stollen eingelagert.
(73) ALVR 2741 - 2747, 1905 - 1934.
(74) in den allgemeinen Haushaltsakten 1876 - 1929, ALVR 3220 bis 3266.
(75) u. A. ALVR 8593, 8665, 8725 - 8730 und 8752.
(76) Ersatzweise kann auf die Baupläne, technischen Zeichnungen und Lagepläne aus der „Sammlung Bomatsch“ zurückgegriffen werden, welche z. T. in den Literaturangaben erwähnt sind.
(77) Aus dem Erlenhof sind lediglich Einzelfallakten von 1934 ff überliefert, die Sachakten setzen erst 1945 ein.
(78) Nm. 10173 - 10196, Laufzeit 1876 – 1910.
(79) aus der Beständeübersicht: Bestand Tb 14, Fürsorgewesen 1817 - 1942, 700 Nm zu Fürsorgeerziehung, Armenwesen ,etc.
- Reference number of holding
-
4fewor55
- Context
-
Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland (Archivtektonik) >> Archivgut eigener Herkunft, im eigenen Archiv >> Landschaftsverband Rheinland >> Fürsorgeerziehung, Freiwillige Erziehungshilfe, Landesjugendamt
- Date of creation of holding
-
1891-1968
- Other object pages
- Delivered via
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
06.03.2025, 6:28 PM CET
Data provider
Archiv des Landschaftsverbands Rheinland. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1891-1968