Dissertation | Phd thesis

Geschichte als Menschheitsbildung: J.G.Herders historische Anthropologie und die ausgeweitete Moderne

Die Dissertation stellt das frühe geschichtsphilosophische Denken Johann Gottfried Herders (1744-1803) in den Kontext seiner Anthropologie und sensualistischen Psychologie. Vor dem Hintergrund seines Programmentwurfs einer anthropologischen Wende von 1765 werden die Schriften "Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit" (1774) und "Vom Erkennen und Empfinden" (in den Fassungen von 1774, 1775 und 1778) in einer dichten Analyse aufeinander bezogen. Herausgearbeitet wird Herders Theorie der Menschheitsbildung, in der dieser sein Programm einer Rückbindung der Philosophie an die Anthropologie in den Bereich des historischen Denkens überführt, indem er die individuelle Genese des Menschen zur Grundlage der Genese der Menschheit erhebt. Dieser komplexe Zusammenhang von Individual- und Universalgeschichte ist für Herder in den anthropologisch universalen Modi der sinnlichen Welterfassung begründet, deren Dynamik von Attraktion und Repulsion sowie von Ausbreitung und Innigkeit er als den Puls der Geschichte kennzeichnet. Die Arbeit bindet dieses Denken zurück auf Herders kritische Auseinandersetzung mit der Moderne. Die anthropologisch angelegte Dynamik der Geschichte sieht Herder in der Neuzeit in ein – durch dieselben Bewegungsgesetzlichkeiten erst hervorgebrachtes – gefährliches Ungleichgewicht geraten, das in der universalen Ausweitung der menschlichen Sphäre im späten 18. Jahrhundert kulminiert. Sich in dieser Sphäre nicht zu verlieren, ohne ihre Weite dabei aufzugeben, ist die Aufgabe, der sich nach Herder das moderne Individuum gegenüber sieht. Die Liebe gewinnt dabei in der Konsequenz von Herders Anthropologie den Status eines historischen Prinzips. Sie erlaubt es dem Menschen, so die hier vertretene Rekonstruktion von Herders Gedankengang, sich selbst in Bezug auf die Menschheit zu realisieren, indem sie an die Stelle des unerreichbaren Ideals einer Allerkenntnis tritt. Zentrale Motive von Herders späterer Humanitätsphilosophie werden bereits in seinem frühen Konzept der Geschichte als Menschheitsbildung nachgewiesen.

Umfang
Seite(n): 238
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Status: Veröffentlichungsversion; begutachtet

Thema
Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft
Geschichte
Philosophie
Geschichte
Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Linguistik
Philosophie, Theologie
Theorie
Moderne
Geschichtswissenschaft
Menschheit
Geschichtsphilosophie
Herder, J.
Anthropologie

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Johannsen, Jochen
Ereignis
Veröffentlichung
(wo)
Deutschland, Witten
(wann)
2004

URN
urn:nbn:de:0168-ssoar-256974
Rechteinformation
GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften. Bibliothek Köln
Letzte Aktualisierung
21.06.2024, 16:26 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Dissertation

Beteiligte

  • Johannsen, Jochen

Entstanden

  • 2004

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