Archivbestand
Gerderath (Bestand)
Verwaltungsgeschichte/biografische Angaben: 1. Verwaltungsgeschichte
Die ehemals selbstständige Gemeinde Gerderath ist heute ein Ortsteil der Stadt Erkelenz im Kreis Heinsberg (Regierungsbezirk Köln). Gerderath kam Ende des 18. Jahrhunderts im Zuge der Rheinlandbesetzung unter französische Herrschaft. Es bildete ab 1798 eine eigenständige Bürgermeisterei ("Mairie") im Canton Erkelenz des Rur-Departements. Das Gebiet der "Mairie Gerderath" umschloss die Ortschaften Fronderath, Gerderath, Gerderhahn, Moorheide und Vossem. Nach dem Wiener Kongress von 1815 wurde Gerderath dem Königreich Preußen zugeordnet. Dies bewirkte keine Änderung des Gemeindegebiets; lediglich wurde die Ortschaft nicht mehr "Mairie", sondern "Bürgermeisterei des Landkreises Erkelenz" genannt. 1845 wurde der Erkelenzer Landrat aufgefordert, die Gliederung seines Landkreises zu vereinfachen. Landrat Beermann schlug vor, sein Kreisgebiet von 13 auf sieben Bürgermeistereien zu verkleinern. Er plädierte für eine große Bürgermeisterei Gerderath, die entweder die Gemeinden Wegberg und Gerderath (mit Sitz in Wegberg) oder die Gemeinden Gerderath, Kleingladbach und Schwanenberg (mit Sitz in Gerderath) umfassen sollte. Mit dem Erlass vom 18. November 1847 wurde der zweite Plan genehmigt, allerdings mussten die betroffenen Gemeinden dazu Stellung nehmen. Diese lehnten ihn jedoch einheitlich ab, Landrat Beermann musste sein Vorhaben aufschieben (wie er der Regierung in einem Bericht vom 10. März 1848 mitteilte). In der Gemeinde-Ordnung von 1855 war die Einführung eines hauptamtlichen Bürgermeisters, der weiterhin vom preußischen Staat bestellt war, für mehrere Gemeinden vorgesehen. Der Gerderather Bürgermeister Theodor Lennartz starb am 2. Dezember 1872. Sein 1873 eingeführte Nachfolger, Franz Reiners, war bereits seit 1868 Bürgermeister von Kleingladbach und seit 1871 Bürgermeister von Schwanenberg. Schwanenberg bekam 1907 in der Person von Otto Kuester wieder einen ehrenamtlichen Bürgermeister und schied aus der dreifachen Verwaltungsunion aus. Die doppelte Verwaltungsunion Gerderath / Kleingladbach bestand bis zu der kommunalen Neugliederung vom 1. Oktober 1935. Als zusätzliche Verwaltungsebene wurden 1935 die sogenannten "Ämter" eingeführt, eine Verwaltungsinstanz unterhalb der Kreisebene und oberhalb der Gemeindeebene. Der Kreis Erkelenz war ab diesem Zeitpunkt in vier Ämter gegliedert: Amt Baal, Amt Erkelenz-Land, Amt Holzweiler und Amt Myhl. Zum Amt Erkelenz-Land gehörten die Gemeinden Gerderath, Golkrath, Kückhoven, Schwanenberg und Venrath. Das Amt übernahm für die Gemeinden die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Zum 1. Januar 1972 wurde die Gemeinde Gerderath im Zuge der kommunalen Neugliederung in die Stadt Erkelenz eingegliedert und verlor ihre Selbstständigkeit.
2. Bestandsinformationen
Der Bestand Gerderath besteht aus Akten von 1802 bis 1971, wobei die Mehrzahl der Archivalien vor der kommunalen Neugliederung von 1935 entstanden ist. Die älteren Akten vor 1918 spiegeln beispielhaft die preußische Verwaltung wider: Die Gemeinden führten keine selbstständigen Verwaltungstätigkeiten aus, sondern bekamen direkte Instruktionen vom Landrat, der sich darüber berichten ließ. Das Landratsamt erhielt selber seine Anweisungen vom Regierungspräsidenten in Aachen, das seinerseits eine zeitnahe Berichterstattung ihrer Durchführung verlangte. Die Themen der amtlichen Überlieferung zeigen die Vielfalt der Aufgaben der Bürgermeisterei Gerderath: Polizei, Gesundheit, Schule oder auch Militärangelegenheiten. Zu dem Bestand gehören auch zahlreiche Bauakten bzw. Bauanträge aus den Jahren 1903 bis 1930. Es handelt sich dabei um Akten mit gleichförmigen Unterlagen (Umschlag, formloser Antrag, Erläuterung, evtl. Plan und Baubeschreibung) von Gebäuden, die zwar nicht mehr existieren, jedoch für das Ortsbild des Dorfes um das Jahr 1900 wichtig sind. Auch zeugen diese Anträge von den Veränderungen, die Anfang des 20. Jahrhunderts in der Bau- und Infrastruktur des Dorfes stattgefunden haben (Elektrifizierung, Wasser, Kanalisation aber auch Dächer aus Ziegel statt Heu, weniger Fachwerk, Fensterbauten usw.). Viele Bauvorhaben hatten allerdings keinen Einfluss auf das Erscheinungsbild des Dorfes oder sind in Relation zu den großen Veränderungen, die im 20. Jahrhunderts stattgefunden haben, belanglos. Die Archivalien wurden deshalb nach einem Modell bewertet. Ziel war das Erhalten der Bauakten, die das spezifische des Ortsbildes von Gerderath um das Jahr 1900 dokumentieren.
Die Archivalien der Gemeinde Gerderath kamen vermutlich im Zuge der kommunalen Neugliederung ins Erkelenzer Stadtarchiv. Der Erhaltungszustand des Bestands ist zufriedenstellend, wobei das Papier der Akten ab 1850 die üblichen Alterungsspuren zeigt (saures Papier) und manche Unterlagen Schäden wie Mäusefraß oder Stockflecken haben. Die Gerderather Akten bekamen die Bestandsnummer 2 und wurden durch den ehemaligen Stadtarchivar Theo Görtz mit Kurztitel, Signatur und Laufzeit rudimentär verzeichnet. Nach der Umstrukturierung der Tektonik 2016 bekam der Bestand Gerderath die Bestandsnummer E2 B und wurde anschließend neu signiert, umverpackt, verzeichnet und klassifiziert. Der Klassifikationspunkt "Bürgermeistereien Gerderath und Kleingladbach [Schwanenberg 1871-1907]" weist auf die dreifache Verwaltungsunion hin. Aufgrund dieser Besonderheit können sich Akten mit einem Bezug zu Gerderath in den Beständen der eingemeindeten Ortschaften Kleingladbach und Schwanenberg wiederfinden. Bei der Neu-Verzeichnung stellte sich heraus, dass viele der nach 1935 entstandenen Akten nach dem Pertinenzprinzip in den Gerderather Bestand geordnet worden waren. Das Amt Erkelenz-Land nahm jedoch ab 1935 einen Teil der Aufgaben für die Gemeinde wahr. Die Akten wurden dementsprechend nach Provenienzen getrennt und zum Teil dem Bestand Erkelenz Stadt- und Land (E1 C) zugewiesen. Auch sind Fremdprovenienzen entfernt und zum Teil in die "Erka-Sammlung" integriert (S1) worden. Nach dieser Revision enthält der Bestand statt ursprünglich 954 nur noch 811 Verzeichnungseinheiten. Die Überarbeitung des Bestands E2 B/ Gerderath erfolgte bis August 2022 durch die Archivarin Dr. Alice Habersack.
Literatur:
Gillessen, Leo: Die Ortschaften des Kreises Heinsberg, in: Schriftenreihe des Kreises Heinsberg, 7, 1993
Kahlau, Josef: Der Weg in die Moderne; in: Gerderath in Geschichte und Gegenwart, Gerderath 1971, S. 206ff.
- Reference number of holding
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E2 B
- Context
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Stadtarchiv Erkelenz (Archivtektonik) >> Erkelenz Städtisches Archiv >> Eingemeindete Ortschaften bis 1972
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05.11.2025, 1:59 PM CET
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Object type
- Bestand