Bestand

Görlinger, Robert (Bestand)

1. Angaben zum Lebenslauf von Robert Görlinger
1888
Robert Görlinger ist am 29. Juli 1888 in Ensheim (Rheinpfalz, jetzt Saargebiet) geboren. Seine Eltern, der Fabrikmeister Josef Görlinger und Anna geborene Walter, stammten beide von Bauernhöfen ab. Robert Görlinger besuchte die Volks-, die Fortbildungsschule und weiterführende Kurse. Danach arbeitete er in einer Fabrik in Ensheim, wo er nach einem Jahr zum Werkstattschreiber aufstieg.

1905 - 1908
1905 ging er nach Köln, wo er bis 1907 in der Fahrradindustrie als Laufjunge, Fabrikarbeiter und Hartlöter arbeitete. 1907 trat er in den Deutschen Metallarbeiterverband ein. Görlinger begab sich auch bis 1908 auf die Wanderschaft nach Frankfurt, Nürnberg und Berlin. Danach kehrte er wieder nach Köln zurück.

1909
Im Jahre 1909 trat er in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein. Im selben Jahr schied er aus der römisch-katholischen Kirche aus.

1910
1910 wurde Görlinger wegen gewerkschaftlicher Tätigkeit gemaßregelt und auf die "Schwarze Liste" gesetzt; deswegen mußte er kurze Zeit in einer Kolonne von Landschaftsgärtnern im Ruhrgebiet arbeiten.

1915
1915 avancierte er zum (Elektro-)Obermonteur bei Siemens-Schuckert. Im März zog man ihn als bisher ungedienten Soldaten zu einer Maschinengewehr-Kompanie ein. 1915 und 1917 wurde er schwer verwundet und 1917 zum Unteroffizier befördert.

1918
1918 lag Görlinger im Lazarett in Berlin, wo man ihn am 9. November zum Mitglied des Großberliner Soldatenrates wählte, dem er bis zur Entlassung von Militär (31. März 1919) angehörte.

1919-1933
1919 kehrte er nach Köln zurück und wurde hier zum Sekretär des Metallarbeiterverbandes und zum Stadtverordneten gewählt. 1920 übernahm er das kommunalpolitische Sekretariat der SPD-Fraktion im Rathaus. Seit 1925 hatte er den Vorsitz der Fraktion inne. 1924 wurde er in den Vorstand der SPD für den Bezirk Oberrhein (Köln-Aachen, Koblenz-Trier und Saargebiet) gewählt und 1929 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Beszirks.
Görlinger betätigte sich in verschiedenen Einrichtungen und Verbänden, nämlich von 1925-1933 als Mitglied des Vorstandes des Rheinischen und des Deutschen Städtetages. "Es war", wie Ernst Schwering sagte, "etwas ganz Neues, daß ein Mann, ohne Oberbürgermeister zu sein, als Stadtverordneter gleichberechtigt in dieses exklusive Gremium gewählt wurde". Außerdem war Görlinger in dieser Zeit Mitglied des Rheinischen Provinzial-Landtages und seit 1926 Mitglied des Kuratoriums der Universität Köln. Außerdem betreute er eine sozialistische Studentengruppe.
Seit 1923 führte er die Geschäfte der Arbeiterwohlfahrt und seit 1929 leitete er ein Spezialbüro des Hauptausschusses für Arbeiter-Wohlfahrt in Berlin.
Zum Studium der Arbeiterbewegung und der sozialen Einrichtungen besuchte Görlinger in den Ferien in den Jahren 1927 - 1932 England, Frankreich, Belgien, Holland, Italien, Österreich und die Schweiz.

1933-1945
Görlinger flüchtete im März 1933 zuerst nach Koblenz, dann nach Frankfurt und schließlich nach Saarbrücken. Das Haus der Arbeiter-Wohlfahrt in Köln wurde zunächst durch den Stahlhelm, danach durch die SA besetzt.
Seit dem 7. Juli wohnte Görlinger in Besançon, 10, rue du Capitol. Dort fungierte er als Vertrauensmann der deutschen und österreichischen
Emigranten. Am 10. Sept. 1939 brachte man ihn in das Internierungslager Plateau-Langres trotz der im gleichen Jahr durch die Nationalsozialisten vorgenommenen Ausbürgerung, durch die Görlinger staatenlos wurde.
Im Februar 1940 entließ man ihn als über 50 Jahre alten Saarländer. Er wählte Nevers/Loire zum Aufenthaltsort, da er für alle Grenzdepartements Aufenthaltsverbot hatte. Anfang Mai wurde er wieder interniert.
Am 12. März 1941 verhaftete ihn die Deutsche Wehrmacht und brachte ihn über Karlsruhe nach Köln in das Gefängnis Klingelpütz; hier wurde er von der Gestapo vernommen und im Oktober 1941 vor dem Volksgerichtshof in Hamm schließlich wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Bis zum 13. März 1943 saß er im Gefängnis in Wolfenbüttel. Im Anschluß an die Verbüßung der Strafe vernahm ihn in Köln wieder die Gestapo und brachte ihn am 1. Juni in das KZ Sachsenhausen, wo er bis 1945 blieb.

1945-1954
Görlinger wurde von den Engländern am 5. Mai 1945 in Schleswig, wohin die KZ-Insassen gebracht worden waren, befreit. Am 10. Juli kehrte er nach Köln zurück und nahm Quartier im St. Marien-Hospital, wo Ernst Schwering ihm Obdach gab.
Görlinger baute die SPD in Köln und im Bezirk Obere Rheinprovinz wieder auf; er wurde Vorsitzender der SPD-Fraktion des Rates in Köln und von 1945-1947 1. Vorsitzender der SPD Obere Rheinprovinz. Seit 1945 gehörte er dem Gesamtparteivorstand der SPD an. Auch die Organisation der Arbeitwohlfahrt hat er wieder aufgebaut und leitete als Vorsitzender ihren Hauptausschuß in Hannover. Görlinger war Mitglied des Zonenbeirates, des Landtages (bis 1950) und des Bundestages.
1946 wählte man ihn zum Bürgermeister. Dieses Amt hatte er bis 1954 mit zwei Jahren Unterbrechung - in denen er Oberbürgermeister war - inne (vergleiche Vorwort des Bestandes 2: Büro des Oberbürgermeisters).
Er gehörte den Kuratorien der Universität Köln, der Hochschule für Musik und der Sporthochschule an, außerdem dem Präsidium des Deutschen und dem Vorstand des Rheinisch-Westfälischen Städtetages.
Robert Görlinger starb am 10. Februar 1954, 65 Jahre alt.

2. Literatur
Dem Bürgermeister der Stadt Köln R. Görlinger zum Gedächtnis, Trauerfeier des Rates der Stadt Köln, 1954.
Handbuch des Landtages von NRW, 1. Wahlperiode, 1949.
Peter Fuchs, Die Geschichte der Kölner Sozialdemokratie. Aus dem Programmheft für das 2. Deutschlandtreffen der SPD am 26. Mai 1962 in Köln.
Franz Osterroth, Dieter Schuster, Chronik der Deutschen Sozialdemokratie, Hannover 1963.
Walter Först, Geschichte Nordrhein-Westfalens in zwei Bänden, Berlin 1970.

Reference number of holding
Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 905

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Historisches Archiv der Stadt Köln (Archivtektonik) >> Stadt Köln >> Stadt Köln nach 1815 >> Oberbürgermeister mit Rat und Ausschüssen >> Oberbürgermeister

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