Archivale
Erbstreit Reiffs, jetzt Kurffgens ./. Reiffs
Enthält: Im Streit um das Erbe Johann Reiffs d. Ä. prozessieren jetzt die Erben Johann Reiffs d. J., namentlich Michael Kurffgens für seine Ehefrau und seine Stiefkinder (Kläger), und Wilhelm Reiffs, der natürliche Sohn Johanns d. Ä. (Beklagter). [NB: der Vater der Kläger war ein Halbbruder von Johann d. Ä.] In einem (uns nicht vorliegenden) vorangegangenen Prozessabschnitt ging es offenbar um Erbgüter, die Johann Reiffs d. Ä. nicht seiner Frau im Heiratsvertrag übereignet hatte, d.h die dadurch nicht ihr und den (falls vorhanden) direkten Nachkommen gesichert waren [siehe Nr. 361: Verzeichnis der Ländereien, die Johann d. Ä. seiner Ehefrau vermachte]. Darauf nun erhoben andere Verwandte und deren Nachkommen Erbansprüche, so der nichteheliche Sohn Wilhelm Reiffs und die Erben des Halbbruders, d. h. die Neffen und Nichten des Erblassers. Einen Teil dieser Güter, neun Viertel Land und zwei Gewalten Holz, hatte Wilhelm Reiffs anscheinend schon in Besitz genommen und an die Erben Johanns d. J. verpachtet. Michael Kurffgen, der in die Familie einheiratete, versucht nun für sich und die Seinen, aus der Pacht, mit der er offensichtlich im Rückstand war, entlassen zu werden und das ganze Erbe zu erhalten. Er bestreitet vor Gericht die Erbansprüche Wilhelm Reiffs. Am 10.1.1713 wurde vom Kerpener Gericht ein Urteil zugunsten der Kläger gefällt: Sie sollten, ungehindert aller Einreden von Wilhelm Reiffs, die umstrittenen, weil nicht im Heiratsvertrag disponierten Immobilien aus der Hinterlassenschaft ihres Vaters erhalten. Der Unterlegene sollte zudem die Prozesskosten tragen. (Abschrift davon in der Eingabe M. Kurffgens vom 4.6.1715). Wilhelm Reiffs wollte gegen das Urteil appellieren und unternahm die nötigen Schritte dazu, d.h er bat am 20.2.1713 den am Düsseldorfer Hof immatrikulierten Notar Bernard Kemp, das Verfahren einzuleiten (Zeugen: Johann Martin Koenigshoven und Franz Decker). Er benachrichtigte außerdem das Kerpener Gericht davon und bat es um die Einstellung einer weiteren Verfolgung der Sache (Abschriften davon als Beilagen im laufenden Prozess, Nr. 1 und 2 zu Nr. 8 vom 3.9.1715). Die Gegenseite bestreitet allerdings, dass sie oder das Kerpener Gericht von diesen Unternehmungen Kenntnis erhalten habe. Die weiteren Ereignisse erschließen sich aus dem dann folgenden Gerichtsverfahren. Die Parteien treten im März 1713 miteinander in Verhandlungen - ob zur Abwendung des drohenden Appellationsverfahrens und den möglicherweise ungünstigen Folgen (das behauptet Wilhelm Reiffs über Kurffgen und Kons.) oder, um die Kostenbelastung aus dem Urteil zu mildern (so die im Urteil vom 10.1.1713 obsiegenden Erben gegenüber dem unterlegenen Reiffs), bleibt umstritten. Sie vereinbaren, unter Vermittlung des Prälaten von Groß-St. Martin in Köln und den Advokaten Dr. Cloedt und Dr. Curtius, einen Vergleich. Man einigt sich, dass Kurffgen für die schuldige Pacht von 10 Fass Roggen und 9 kölnischen Gulden dem Pächter 5 Rtlr geben soll. Für den Verzicht auf die Erbschaft soll Wilhelm Reiffs dagegen jährlich ("pro anno vitalitio seu ad dies vitae") 3 Malter Roggen und 3 Rtlr erhalten. Umstritten zwischen den beiden Parteien und Gegenstand des Prozesses von 1715 ist , ob Pachtschuldenregelung und Erbverzicht unabhängig voneinander beschlossen worden waren, oder ob die Pachtzahlung in die Vergleichszahlung für den Erbverzicht miteingerechnet werden dürfe; d. h. ob damit der Verzicht Wilhelm Reiffs auch für die Pachtgüter gelte, oder ob Kurffgen mit der Pachtzahlung den Besitz des Onkels über die neun Viertel und 2 Gewalten Holz anerkannte. In diesem Fall sieht sich Kurffgen natürlich übervorteilt, da er doppelt zahlen müsste. Die Einlassungen der Anwälte sind weitschweifig und die Angriffe auf den Gegner z. T. heftig. Es geht vor allem darum, wer was wann und mit welcher Absicht beim Abschluss des Vergleichs gesagt bzw. gemeint hat. Michael Kurffgen fordert gleich zu Beginn vom Gegner ein Kaution, sich dem Verfahren zu stellen. Wilhelm Reiffs weist sie zurück: Die umstrittenen Ländereien lägen im Kerpener Gerichtsbann, d. h. Gerichtsstand ist ohnehin das Kerpener Gericht, und er habe für die Zeit des Prozesses als Adresse für die Zustellung der Schriften die Wohnung von Johann Adolf Hopstein [in Kerpen] bestimmt. Bis zum Januar 1716 kommt man zu keinem Ergebnis. Wilhelm Reiffs besteht weiterhin auf dem Pachtverhältnis und den entsprechenden Zahlungen; Michael Kurffgen will einen unabhängigen Richter einschalten und bleibt bei der Forderung nach Einweisung in das gesamte Erbe. Der weitere Verlauf ist nicht überliefert.
- Reference number
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GerKer, 773
- Extent
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Schriftstücke: 13
- Context
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Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
- Holding
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GerKer Schöffengericht Kerpen
- Indexbegriff subject
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Erbstreit
Fragenliste
Notare - Kemp, Bernard
- Indexentry person
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Cloedt, Dr., Advokat
Curtius, Dr., Advokat
Decker, Franz
Hopstein - Johann Adolf
Kemp, Bernard, Notar
Koenigshoven, Johann Martin
Kurffgen, Michael
Reiffs - Johann d.J.
Reiffs - Wilhelm
Reiffs - Johann d.Ä
Reiffs
- Indexentry place
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Köln - Groß-St. Martin
- Date of creation
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1715 - 1716
- Other object pages
- Delivered via
- Last update
-
24.06.2025, 1:35 PM CEST
Data provider
Stadtarchiv Kerpen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivale
Time of origin
- 1715 - 1716