Grafik

Elisa erhält Elias Mantel

Der Stich illustriert die alttestamentliche Szene der Himmelfahrt Elia, die mit der Mantelübergabe an Elisa verbunden ist. Nah dem Vorbild antiker Heldendarstellungen fährt Elia in einem feurigen Wagen über den Wolken, was aber gleichermaßen mit dem Wortlaut der Bibel übereinstimmt: (...) da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, (...) und Elia fuhr im Wetter gen Himmel" (2. Könige 2, 11). Neben den unterhalb knienden Elisa fällt in manierierter Draperie der Mantel zu Boden, den Elia verloren hat. Die Mantelübergabe steht als Zeichen für den Übergang von Elias Geist auf seinen Nachfolger Elisa. In Heemskercks bildlicher Darstellung wird der Vorgang zusätzlich durch die gebende und empfangende Armhaltung der Propheten betont. - Die biblische Szenerie ist in eine Landschafts- sowie Architekturdarstellung eingebunden, die al breites Panorama angelegt ist. Der Vordergrund mit dem knienden Elisa wird nur durch einen schmalen Uferbereich definiert, an den sich im Mittel- und Hintergrund eine Flußlandschaft und Versatzstücke römischer und pseudorömischer Architektur anschließen, darunter das Kolosseum. Die auffallende Monumentalskulptur in dessen Zentrum hat sich nie dort befunden. Es könnte sich um die Statue des Nero handeln, die später in Sol umgedeutet wurde, und die vor dem Kolosseum aufgestellt war. Durch die Verkleinerung von Menschen und Gebäuden wird Tiefenwirkung erzielt, während die vom Bildrand überschnittene Baumgruppe links und der Treppenaufgang des Obelisken rechts den Eindruck räumlicher breite suggerieren, so al ob die Ansicht nur ausschnittartig erfasst sei und sich nach beiden Seiten weiter fortsetze. Heemskerck folgt mit seinen Landschaftsdarstellungen Jan van Scorle, bereichert sie aber durch Ruienenszenerien, die von den Zeitgenossen als neuartig empfunden wurden und besonders Interesse erregten. - In seinem graphischen Werk befaßte sich Heemskerck vor allem mit Darstellungen aus der Bibel und legte Vorzeichungen für große Stichfolgen zu Thematik des Sündenfalls, den Geschichten Nohas, Isaaks, Jakobs, Josephs, und andrer vor. Diese umfangreiche Produktion war neben vorherrschenden Themen des Neuen Testaments durch verstärktes Interesse am Alten Testament und der kontroversen Diskussion zwischen Katholiken und Protestanten über unterschiedliche Glaubensinhalt motiviert. - Daneben erscheinen Stichfolgen von selten bearbeiteten Themen aus den Büchern der Könige, bei denen es im wesentlichen um die Vernichtung heidnischer Götterbilder und ihrer Priester ging. Zu diesen gehört die Begebenheit um Elia und Elisa, denn Elias Wirken richtet sich gegen den Baalskult, dessen Ausrottung durch Elisa schließlich gelingt. Es liegt nahe, daß Heemskerck mit dieser Stichfolgen zu der seinerzeit brisanten Frage religiöser Bilderverehrung und dem Bildersturm von 1566 Stellung bezogen hat. Dabei wollte er als Katholik den Bildersturm, der im übrigen auch seine eigenen Werke religiösen Inhalts betraf, sicher nicht rechtfertigen, sondern vielmehr den Unterschied zwischen der Vernichtung von Götzenbildern und der Zerstörung christlicher Altäre und Andachtsbilder herausstellen. - Im Gegensatz dazu wird eine mit dem Protestantismus sympathisierende Lesart als möglich angesehen, die erstarrte Form und Zeremonien der katholische Kirchen kritisiert. - Dieser Widerspruch läßt sich auflösen, wenn man die Aussage des Künstlers nicht auf eine konfessionelle Position einschränkt, sondern von einer liberalen, rationalen und toleranten Grundhaltung ausgeht, die durch humanistisches Gedankengut geprägt ist. - Für diese erweiterte Betrachtungsweise spricht zudem, daß die Stichfolge sowohl biblische als auch mythologische Inhalte umfasst. Dem ersten Blatt mit Elia und Elisa folgen zwei weitere aus der Geschichte Jonas, dann aber schließen sich Cephalus und Procis, Pyramus und Thisbe sowie Hero und Leander an.

Urheber*in: Galle, Philippe / Fotograf*in: Katharina Anna Haase / Rechtewahrnehmung: Georg-August-Universität Göttingen, Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität

Attribution - ShareAlike 4.0 International

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Alternative title
Ruinen des römischen Reiches
Location
Georg-August-Universität Göttingen / Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität, Göttingen
Inventory number
D 4216
Measurements
Höhe: 170 mm (Blattmaß)
Breite: 321 mm (Blattmaß)
Material/Technique
Papier; Kupferstich
Inscription/Labeling
Marke: Göttinger Bibliotheksstempel
Aufschrift: IGNIVOMO INVECTVS RAPTATVR ... HELISAEO PALLIA LINQVIT.

Classification
Zeichnung/Grafik (Hessische Systematik)
Kupferstich (Oberbegriffsdatei)
Subject (what)
Fluss
Mantel
Götterstatue
Ruine
Pferdewagen
in einem feurigen Wagen, der von Pferden gezogen wird und inmitten eines Wirbelsturms erscheint, wird Elias gen Himmel entrückt; sein Mantel fällt dabei herunter oder wird von ihm an Elischa übergeben
der Abschied des Elias: Elischa bittet darum, daß der Geist des Elias sich auf ihm niederlassen möge

Event
Entstehung
(who)
(when)
Datierung der Platte
Event
Herstellung
(who)
Event
Veröffentlichung
(who)
(when)
ca. 1600 - 1676 (Lebensdaten des Herausgebers)

Sponsorship
Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Last update
24.04.2025, 12:58 PM CEST

Data provider

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  • Grafik

Time of origin

  • Datierung der Platte
  • ca. 1600 - 1676 (Lebensdaten des Herausgebers)

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