Brunnen | Denkmal | Standbild
Lessingdenkmal
Das überlebensgroße Standbild Gotthold Ephraim Lessings (1729-1781) zeigt den Dichter im historischen Gewand auf quadratischer Plinthe stehend. Der mit der gepuderten, und an den Seiten zu Seitenrollen gelegtem Haar im Sinne des 18. Jahrhunderts formulierte Porträtkopf ist leicht zur Seite gewendet. Der rechte Arm ist angewinkelt, die rechte Hand mit dem Handrücken in Hüfthöhe in die Seite gestützt, der linke Arm ist einlang des Körpers nach unten und leicht nach vorne geführt, die linke Hand hält ein Buch, in dessen Seiten sich die Finger legen. Die Beinstellung ist ponderiert, das rechte Bein vorgestellt. Materialbedingt ist dem Standbild eine Stütze beigegeben, die durch den aus dickem Stoff gefertigten Mantel weitgehend bedeckt wird. Der Mantel hängt teilweise über den Plinthenrand in den Sockelbereich hinab. Die Plinthe des Standbildes ruht auf der obersten Deckplatte des Sockels. Der Sockel ist aus rötlichem Granit gearbeitet. Ein vorkragendes polygonales, vierseitig eingezogenes Profilsims mit abgeschrägten Ecken leitet zum Mittelteil des Figurensockels über. Kräftige Voluten begrenzen die abgeschrägten Ecken des sich nach oben hin verjüngenden Mittelsockels. Dieses Postament ruht auf einem dreiteiligen Unterbau, dem an den Seiten je ein gerundetes Wasserbecken vorgelegt ist. Die Wasserbecken ruhen auf Stützen mit stilisierter Wasserdarstellung. Der genannte Sockelaufbau wird durch einen mehrstufigen polygonalen Unterbau getragen. Die drei untersten Stufen sind aus grauem Granit, die beiden folgenden aus dem rötlichen Granit des Sockels gearbeitet. Der Mittelsockel zeigt an der Front eine applizierte asymmetrische Inschriftenkartusche mit reich ornamentierter Rahmung im Sinne des (neu-)Rokokos. Unterhalb der Kartusche ist eine vollplastische Bronzefigur dem Sockel vorgelegt. Dargestellt ist der mit angezogenem rechten Bein und vorgestrecktem linken Bein über einem Gewandstück in halb sitzender, halb aufgestützt lagernder Stellung gegebene „Genius der Humanität“. Die in idealer Gestalt formulierte Jünglingsfigur ist geflügelt und weitgehend unbekleidet. Der Kopf ist in den Nacken gelegt, der nach oben gerichtete Blick ist dem Dichter zugewendet. In der erhobenen Rechten hält der Genius eine flammende Opferschale als Symbol der Erhellung durch die Aufklärung. Hinter dem rechten Oberschenkel liegt eine kleine Harfe (Leier), Symbol der Dichtkunst, beziehungsweise in der zeitgebundenen Formulierung als Hinweis auf den „Sänger der Wahrheit“. In der linken Hand hält der Genius über das fellartige Gewandstück, welches seine Scham bedeckt, einen Lorbeerzweig. Der angewinkelte linke Arm, mit dessen Ellenbogen sich der Genius abstützt, ruht auf einer leicht schräg gestellten hochrechteckigen Inschriftentafel. Die vielzeilige Inschrift in Fraktur enthält das „Evangelium religiöser Duldsamkeit“ (H. Müller-Bohn, 1905, S. 39). Links des Genius liegt ein Lorbeerkranz zu seinen Füßen. Die rechte Seite des Sockelmittelteils zeigt oberhalb des Wasserbeckens einen Wasserspeier in Form eines grotesk formulierten Delphinkopf. Darüber in der analog zur Frontkartusche gerahmten Kartusche das ins Profil gewendete Porträt des Schriftstellers, Philosophen und Unternehmers Moses Mendelssohn (1729-1786). Die linke Seite zeigt über der analog gestalteten Wasserspeiermaske in analoger Rahmung das Reliefporträt des Dichters und Offiziers Ewald von Kleist (1715-1759). In analoger Rahmung ist auf der Rückseite des Sockelmittelteils das Reliefporträt des Verlegers Christian Friedrich Nicolai (1733-1811) zu finden. Mendelssohn, v. Kleist und Nicolai stehen hier für die Freunde und Mitstreiter Lessings, insbesondere für seine intellektuellen und menschlichen Kontakte in Berlin. Unter dem asymmetrisch gerahmten Profilporträtrelief Nicolais ist dem Sockel in Entsprechung zum frontseitigen „Genius der Humanität“ eine bronzene Figurengruppe vorgelegt, deren Hauptfigur die ebenfalls jünglingshafte „Allegorie der Kritik“ bildet. Der weitgehend unbekleidete, geflügelte Knabe sitzt auf einem Löwenfell, in dessen Mähne seine linke Hand greift. Mit der rechten Hand schwingt die Figur eine Geißel, Attribut des Kritikers, der mit Spott und Satire die Dummheit und die Verstockheit der Aufklärungsgegner „geißelt“. Rechts der Allegorie stapeln sich Pergamentrollen und dickleibige Folianten, auf denen eine Eule sitzt, Symboltier der Athena und Verweis auf Wissenschaft, Weisheit und Klugheit. Die in der vorliegenden Gestaltung eher an einen Uhu erinnernde Eule gehört zu den nachtaktiven Tieren. So steht auch sie, wie die flammende Opferschale der Frontfigur für das aufklärerische Durchdringen der geistigen und moralischen Dunkelheit. Die „Allegorie der Kritik“ bezieht sich inhaltlich insbesondere auf Lessings Wirken als Bühnenautor (Hamburgische Dramaturgie). Die Bronzeteile des Denkmals sind dunkelgrünschwarz patiniert. Auf der untersten Stufe des polygonalen Standsockels befand sich ursprünglich ein ausnehmend aufwändig gestaltetes schmiedeeisernes Gitter in den üppigen Formen des Neurokokos. Das Gitter, in dessen Frontkartusche ein L eingearbeitet war und dessen Hauptpfosten als weiteren Hinweis auf die Ringparabel vergoldete Ringe zeigten, ist nicht erhalten. (Jörg Kuhn)
- Location
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Berlin/Großer Tiergarten, Süd-Ost-Ecke des Großen Tiergartens gegenüber dem Nordrand des Lenné-Dreieck
- Measurements
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Höhe: 3 m (Standbild)
Höhe: 4 m (Sockel)
- Inscription/Labeling
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Inschrift: GOTTHOLD / EPHRAIM / LESSING (Bronzekartusche am Sockel)
Inschrift: „Wohlan! / Es eif’re jeder seiner unbestochnen, von Vorurteilen freien Liebe nach! / Es strebe von Euch jeder um die Wette, die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag / Zu legen! Komme dieser Kraft mit Sanftmuth, mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohlthun, / Mit innigster Ergebenheit an Gott zu Hilf’! Und wenn sich dann der Steine Kräfte / Bei Euren Kindes-Kindeskindern äußern, so lad’ ich über tausend, tausend Jahre / Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird ein weis’rer Mann auf diesem Stuhle sitzen / Als ich und sprechen! (Tafel der Allegorie am Sockel vorne)
- Sponsorship
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin
- Last update
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02.06.2025, 10:31 AM CEST
Data provider
Sammlungen des Fachbereichs Gestaltung und Kultur der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Denkmal; Standbild; Brunnen
Associated
Time of origin
- 1887-1890