Bestand

Innungen (Bestand)

Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.

1. Historischer Hintergrund
Die im Mittelalter als Zünfte, später als Innungen bezeichneten Zusammenschlüsse des Handwerks bildeten in den frühneuzeitlichen Städten ständische Körperschaften, deren Funktion weit über die reine Qualitätssicherung handwerklicher Produkte und Dienstleistungen durch Reglementierung des Ausbildungsgangs und Festlegung von Standards hinausreichte. Sie boten ihren Mitgliedern vor allem auch verschiedene soziale Sicherungssysteme: durch die umfassende interne Reglementierung von Rohstoffbezug, Beschäftigtenzahlen, Löhnen, Preisen und Absatzmengen wurde die Existenz des einzelnen Handwerksbetriebs gegen Konkurrenz gesichert sowie die karitativen und sozialen Leistungen für die Mitglieder finanziert.
Neue Produktionsformen im Vorfeld der Industrialisierung wie das Verlagssystem (Trennung von Produktion und Handel), Manufaktur und Massenproduktion, die Konkurrenz neuer und zum Teil importierter Warenarten und die weiträumige Verflechtung des Marktes durch neue Straßen und Verkehrsmittel setzten die Innungen vermehrt seit dem 18. Jahrhundert unter Druck. Steigende Bevölkerungszahlen führten zu einer Überbesetzung gerade der weniger lukrativen Handwerkszweige, als deren Folge den Gesellen der Aufstieg in eine auskömmliche Meisterstelle versagt blieb.
Mit der Einführung der Gewerbefreiheit im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reformen wurde in Preußen 1810 der Zunftzwang aufgehoben. Die Voraussetzungen für den selbständigen Gewerbebetrieb beschränkten sich im Allgemeinen auf das Erreichen der Volljährigkeit und die Vorlage eines polizeilichen Attests über einen unbescholtenen Lebenswandel. Die Gewerbetreibenden teilte man in verschiedene Klassen ein, die abgestufte jährliche Gebühren für die Gewerbeausübung direkt an die Staatskasse zu entrichten hatten. Sämtliche Privilegien der Innungen wurden aufgehoben; die Korporationen selbst lösten sich auf oder blieben als reine Interessenvertretungen bestehen.

2. Bestandsgeschichte
Auf welchem Wege die Überlieferung der verschiedenen ostpreußischen Handwerksinnungen in das Staatsarchiv Königsberg gelangt ist, lässt sich aufgrund der in den Wirren des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit verloren gegangenen dortigen Dienstregistratur nicht mehr detailliert nachvollziehen. Laut den erhalten gebliebenen Jahresberichten an die Preußische Archivverwaltung war die Übernahme des Archivs der Handwerkskammer Ostpreußen 1935 als Depositum der Zündfunke für den systematischen Aufbau eines Provinzial-Innungsarchivs, nachdem es in den Jahren zuvor vereinzelt zu Abgaben von Zunftbüchern etc. gekommen war. 1939 umfasste die Sammlung bereits 22 Deposita einzelner Innungen; weitere Abgaben folgten. Leider verraten die Angaben nur wenig über den Umfang der einzelnen Innungsüberlieferungen, sodass Verluste zum heutigen Stand nicht abzuschätzen sind.
Im Rahmen der Verlagerung ausgewählter Bestände, Nachlässe und Sammlungen des Staatsarchivs Königsberg zum Ende des Zweiten Weltkrieges gelangten auch die vorliegenden Archivalien über verschiedene Stationen schließlich in das Archivlager Göttingen und von dort 1978/79 in das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Verschiedene Abgaben aus der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, dem Bundesarchiv und Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Merseburg ließen die Retrokonversion des handschriftlichen Findbuchs geraten erscheinen. Nicht mehr gebräuchliche Begriffe im Aktentitel wurden modernisiert, wobei die ursprüngliche Bezeichnung in Klammern gesetzt ist. Da bereits in einem früheren Bearbeitungsschritt auf fortlaufende Nummerierung umgestellt wurde, konnte die Signatur beibehalten werden.

verwandte Bestände:
- XX. HA Historisches Staatsarchiv Königsberg, Rep. 150 Städte
- ebd., Etatsministerium, Abt. 81: Königsberg, Zünfte und Gewerke
- ebd., Ostpreußische Folianten 977-980 Gewerksrollen
- II. HA Generaldirektorium, Abt. 7 Ostpreußen, Materien Titel LXII Handwerker-Sachen
- I. HA Geheimer Rat, Rep. 9 Allgemeine Verwaltung, Gruppen JJ bis LL

Quellen und Literatur
- GStA PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 2420: Monats- und Jahresberichte des Staatsarchivs Königsberg, Bd. 23, 1929-1944
- Arnd Kluge, Die Zünfte, Stuttgart 2007.

Zitierweise: GStA PK, XX. HA, Rep. 150 Innungen

Reference number of holding
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, XX. HA, Rep. 150 Innungen
Extent
Umfang: 4 lfm (343 VE); Angaben zum Umfang: 4 lfm (343 VE)
Language of the material
deutsch

Context
Tektonik >> TERRITORIALÜBERLIEFERUNGEN, PROVINZIAL- UND LOKALBEHÖRDEN >> Preußenland / Ostpreußen >> Ostpreußische halb- oder nichtstaatliche Provenienzen >> Kommunale Einrichtungen

Date of creation of holding
Laufzeit: 1414 - 1929

Other object pages
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Last update
28.03.2023, 8:52 AM CEST

Data provider

This object is provided by:
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Bestand

Time of origin

  • Laufzeit: 1414 - 1929

Other Objects (12)