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Philippus und der Kämmerer

Die selten dargestellte Begebenheit entstammt der Apostelgeschichte des Lukas im Neuen Testament. Auf der Straße nach Gaza, wohin ein Engel den Apostel Philippus geschickt hat, begegnet ihm »ein Mann aus Mohrenland, ein Kämmerer und Gewaltiger der Königin Kandace in Mohrenland« (Apg 8, 27), der Aufklärung über eine Stelle aus dem Buch des Propheten Jesaja wünscht; und da, wie Philippus ihm verdeutlicht, sie das Opfer Jesu ankündigt, läßt der Mann sich schließlich taufen. Biblische Gegenstände standen Marées sonst eher fern, und wenn er sie wählte, blieb ihm der religiöse Gehalt gewiß zweitrangig. Immer wieder sind in seinen Gemälden Pferde präsent – stets robust und expressiv. Denn ihnen ist Dynamik zugeordnet, während in den menschlichen Figuren Gleichgewicht angestrebt wird. Gleichzeitig mit dem Frühwerk »Philippus und der Kämmerer« entstand als ein weiteres Reiterbild »Der heilige Martin« (Museum Oskar Reinhart, Winterthur). Als das Gemälde entstand – wahrscheinlich auf Gut Crostewitz bei Leipzig, wo Marées zwei oder drei Herbstmonate als Gast seines Gönners Conrad Fiedler verbrachte –, hatte der 32Jährige schon mehrere Jahre in Italien alte Meister kopiert und anschließend Spanien, Frankreich und Holland bereist. Von dem tiefen Eindruck, den er von Rembrandt und Delacroix empfangen hatte, zeugen in »Philippus und der Kämmerer« das dunkle Glühen der Farbe, die romantisierende Leidenschaftlichkeit der kraftvoll bewegten Pferde, vor allem aber die ungebremste Dynamik und Impulsivität des malerischen Vortrages. Mit barocker Wucht, doch ohne die barocke Ornamentalität setzt der Pinsel farbige Schwünge, von denen viele, besonders die weißen, unverbunden auf der Bildoberfläche stehenbleiben. Erkennbar ist auch, wie den Künstler die lyrischen, diffusen Landschaftsstimmungen der Venezianer um Giorgione und Tizian inspiriert haben. Die Farbigkeit seiner späteren, mit Tempera auf Holz gemalten Bilder ist hier schon angelegt. | Claude Keisch

Vorderseite | Fotograf*in: Andres Kilger

Public Domain Mark 1.0 Universell

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Standort
Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
A I 769
Maße
Höhe x Breite: 92 x 62 cm
Rahmenmaß: 112 x 82,5 x 4 cm
Material/Technik
Öl auf Leinwand

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1902 Vorlaß der Mary Levi (spätere Balling), München und Partenkirchen, aus der Sammlung ihres verstorbenen Ehemanns Conrad Fiedler; 1919 endgültige Übergabe nach dem Tod der Stifterin
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
1869/1870

Letzte Aktualisierung
08.08.2023, 11:02 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Bild

Beteiligte

Entstanden

  • 1869/1870

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