- Standort
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Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar#Kunst und Wissenschaft - Hofwesen
- Umfang
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48
- Anmerkungen
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Weimarische Zeitung, Nr. 297, 20.12.1873, S. 2f.: „Was uns zuvörderst wohlthätig entgegentritt, ist eine große Fülle dramatischer Gestaltung; eigenartige Anlage der eingreifenden Charaktere und ihr gemeinsames Wirken den düstern, gewaltthätigen Sinn jener fernliegenden Zeit tragisch zu schildern. Zugleich aber liegt in diesem Vorzug der Hauptfehler des Stückes; der Reichthum der Motive hätte ökonomischer verwaltet werden müssen, zu Gunsten einer sorgfältigeren Ausarbeitung der einzelnen Charaktere. […] Am meisten ist von unserm […] Einwand die Fürstin Martha betroffen. […] Daß trotzdem bei der Darstellung ihr Hervortreten von großem Eindruck bleibt, ist einestheils dem sichtbaren dichterischen Talent des Autors zuzuschreiben, womit er die Erzählung ihres Schicksals entworfen hat, anderntheils der meisterhaften Darstellung, welche die Rolle durch Frau Hettstedt fand. […] Von bedeutender Wirkung ist das Auftreten […] von […]George Morton; dessen erste Scene hat seltene poetische Schönheiten, die auch von Herrn Savits in ganz vortrefflicher Darstellung zur Geltung gebracht wurden […]. Die kleineren Nebenrollen sind drastisch, dem Gesammtbild wirkungsvoll hinzutretend; wir gehen von ihnen nochmals zu dem Eindruck des ganzen Werkes über, welcher ein vorwiegend günstiger war; unser Interesse blieb gefesselt von Anfang bis zum Schluß. Wir waren nicht so ungerecht, ein völlig abgeklärtes und durchgearbeitetes Werk zu erwarten und durften um so erfreulicher von der Wärme und Fülle poetischer Begabung angemuthet sein. Ueberreiche Fantasie zur maßvollen Schönheit und durchbildeten Klarheit reifen zu lassen, ist der natürliche Entwicklungsgang des dramatischen Dichters, und wir meinen, daß es für das Talent des Herrn Reinhardt nicht entmuthigend sein wird, was an seinem Erstlingswerk auszustellen ist. Das Publikum nahm bei beiden Vorstellungen den lebhaftesten Antheil und ehrte den Verfasser durch mehrfachen Hervorruf; die zweite Aufführung hatte durch Kürzungen noch wesentlich gewonnen. Die erforderliche Musik war durch Herrn Kapellmeister Lassen vorzüglich zusammengestellt und zu dem Reiz schottischer Melodien, theils original, theils aus Beethoven’s „schottischen Liedern“ gesellte sich sein eigenes Verdienst einer wunderschönen Instrumentirung. Durchweg war die Darstellung vortrefflich. Herr Brock hatte die Hauptrolle Edward warm und lebendig durchdrungen, seine schönen Mittel unterstützten ihn sehr günstig und mit rühmenswerther Sicherheit stand er über seiner keineswegs leichten Aufgabe. Auch Herr Dalmonico bekundete sich in seiner Rolle des Fürsten Robert als denkenden und warmfühlenden Künstler, welcher unser Interesse immer mehr zu verstehen gewinnt. Von Frau Hettstedt haben wir nur zu wiederholen, daß ihre gesammte Darstellung ganz meisterhaft war, ebenso natürlich warm als hochpoetisch zeichnete Fräul. Lüdt die Mary. Herrn Savits haben wir bereits rühmend hervorgehoben; er versteht es, mit der Lebendigkeit seiner Empfindung und künstlerisch durchdachten Auffassung einer derartigen, skizzenhaften Figur besonderes Relief zu geben. Fräul. Siegl that ihr Bestes als Nora, nur erachten wir ihre Individualität nicht sehr geeignet für diese Rolle, wenigstens trat uns eine sentimentale Weichheit zu sehr in den Vordergrund. Auch Herr Lehmann als Pförtner Ralph war uns etwas zu gutmüthig; was er thut, ist aus ungleich härterem Stoff geschnitten, als wie er es hier that. Sonst waren die kleinen Rollen durch die Herren Devrient, Knopp, Schmidt, Cabus und Borchers so verständnißvoll ausgearbeitet, wie wir es an unserm künstlerischen Ensemble so vielfach und gern zu rühmen haben. Außerordentlich glücklich sind die kleinen wechselnden Scenen im ersten Akt angelegt; unter ihnen wirkte die Trinkscene mit dem Liede des Bartram ganz besonders; es wurde von Herrn Knopp mit prächtigem Humor gesungen und das Motiv gehört zu den schönsten unter Beethoven’s „schottischen Liedern“. Befremdlich war uns, daß Herr Reinhardt selbst eine kleine Rolle übernommen hatte und somit verhindert war, sein Stück vom Zuschauerraum aus zu beurtheilen, doch hat dies, da er sich mit aller Objektivität seiner Aufgabe entledigte, mit unserer kritischen Befugniß nichts weiter zu schaffen.“
- Urheber
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Reinhard, Ludwig
- Beteiligte Personen und Organisationen
- Erschienen
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1873-11-29
- Weitere Objektseiten
- URN
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urn:nbn:de:urmel-6314768c-8614-4b00-97a3-ca8af29e70dd8-00027233-12
- Letzte Aktualisierung
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21.04.2023, 10:52 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Theaterzettel ; Text
Beteiligte
- Reinhard, Ludwig
- Lassen, Eduard
Entstanden
- 1873-11-29