Bestand

Allgemeiner Turnverein Bautzen (Bestand)

Bestandsinhalt: siehe Verzeichnungseinheiten

Bemerkungen: Die Gründung eines Turnvereins in der Stadt Bautzen erfolgte 1846 noch in zeitlich engem Bezug zu der von "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn (1778 - 1852) ins Leben gerufenen nationalen Bewegung für Turnen. Jahn, der mit Turnen die "Gesamtheit aller Leibesübungen" verstand, beförderte die Weiterentwicklung von Geräteübungen und erweiterte das Verständnis von Turnen auch auf Spiele, Schwimmen, Fechten und Wandern. Körperliche Ertüchtigung sowie die Pflege der deutschen Sprache (u.a. durch Singen) sollten als Impuls in die gesamte Bevölkerung hineingetragen und der "nationale" Gedanke auf diese Weise verankert werden. In Bautzen legte der Advokat Samuel Erdmann Tzschirner 1847 das Programm der Revolution vor, welches u.a. den Turngedanken mit der Volksbewaffnung verknüpfte. Davon jedoch abgekoppelt nahm das Turnwesen in Bautzen in der Folge eine stetige Verbreitung. Binnen kurzer Zeit schlossen sich Männer aller Bevölkerungsschichten und Kreise jener neuen Bewegung an, so dass um 1847 bereits ca. 300 Vereinsmitglieder zu verzeichnen waren. Mit der Einweihung eines Turnplatzes 1848, die als städtisches Ereignis gefeiert wurde, manifestierte der Verein seine Präsenz in jener Zeit. Die Entwicklung des Turnwesens in Bautzen wurde begünstig durch den bereits vor der Vereinsgründung durchgeführten Turnunterricht an den Schulstätten des Landständischen Seminars und am Gymnasium, der sich kurz darauf auch an den anderen Schulen etablierte. Neben Männerturnen gab es nahezu von Anfang an das Knabenturnen, Damenturnen und schließlich das Mädchenturnen. Der Verein wurde vom Turnrat geführt, sportlich leiteten die Vorturner die wöchentlichen Übungen. Das Turnen erfolgte sowohl in geeigneten Räumen (später in der eigens errichteten Turnhalle) als auch im Freien.
In den folgenden Jahrzehnten führten Verordnungen oder Verbote immer wieder zu zeitweiligen Schwankungen im Vereinsleben. Gänzlich unterbrochen wurde dieses jedoch nicht. Ein kleiner Kreis Unermüdlicher sorgte stets für eine Neubelebung, sobald die gesellschaftliche Akzeptanz wieder gegeben war. Der Verein war entsprechend multifunktional strukturiert und wirkte stark in die Öffentlichkeit hinein. Neben der Organisation des eigentlichen Turnens, der Durchführung von öffentlichen Schauturnen, Wettkämpfen oder sogenannten Turnfahrten, spielte deshalb die Durchführung von gesellschaftlichen Zusammenkünften und Vergnügungen eine zunehmende Rolle im Vereinsleben. Die enge Verknüpfung des Turnlebens mit dem Musikleben der Stadt ist daher nur selbstverständlich und spiegelt sich auch in der Überlieferung wider. Die Vielfalt der Körperertüchtigung reicht von Turnübungen, Wandern, Kegeln, Radfahren (befördert durch die in Bautzen ansässige Fahrradfirma Fuchs) und Schwimmen bis zu später aufkommenden Sportarten, wie dem Fußball (Budissa), Eissport und Kampfsport. Dass der Gedanke des Turnens als Leitbild für körperliche Ertüchtigung in breiten Kreisen der Bevölkerung Eingang fand, spiegelt sich in der Tatsache wider, dass sich in Bautzen mehrere Vereine gründeten, die dem Ruf Friedrich Ludwig Jahns folgten. So hatten sich um die Wende des 20. Jahrhunderts neben dem Bautzener Turnverein noch folgende Vereine gegründet: Der Lehrerturnverein (1880 - 1918); die Turnerschaft (1888 - 1918) sowie der Turnerklub (1906 - 1918). Auch in den Nachbarorten waren Turnvereine aktiv, wie beispielsweise der Turnverein Seidau. Der Zusammenschluß zum Allgemeinen Turnverein Bautzen war ein Zweckbündnis, welcher erst nach dem Ersten Weltkrieg realisiert wurde, da das Turnleben in den Jahren 1914 - 1918 fast völlig darniederlag. Als der Turngedanke schließlich in den 1930er Jahren zunehmend dem Dienst der Wehrtüchtigkeit untergeordnet wurde, und sich die Eingliederung der örtlichen Turnvereine in den Reichssportbund zwingend machte, kam das Vereinsleben 1939 zum Erliegen.

Zitierhinweis: Archivverbund Bautzen, Stadtarchiv, 66014 Turnverein Bautzen

Bestandsgeschichte: Im Jahr 2013 konnte das Stadtarchiv Bautzen vom Universitätsarchiv Leipzig infolge dortiger Bestandsbereinigung und Provenienzprüfung den grob geordneten Bestand "Turnverein Bautzen" übernehmen. Wann und wie die Vereinsakten in das Universitätsarchivs gelangten ist nicht bekannt.
Bei der Übernahme des Bestandes aus dem Leipziger Universitätsarchiv ins Bautzener Stadtarchiv 2013, konnte festgestellt werden, dass es sich bei dem bis dahin noch nicht erschlossenen Bestand nicht allein um eine Überlieferung des Bautzener Turnvereins handelte, sondern auch Unterlagen anderer Vorgängervereine. Entsprechend wurde bei der Verzeichnung des Bestandes und der Erstellung der Klassifikation auf eine erkennbare Differenzierung dieser Vorgängervereine Wert gelegt.
So finden sich im Bestand Allgemeiner Turnverein Bautzen auch Akten des ehemaligen Lehrerturnvereins, der Turnerschaft sowie des Turnerklubs.

Bestandssignatur
Archivverbund Stadtarchiv/Staatsfilialarchiv Bautzen, 66014

Kontext
Archivverbund Bautzen (Archivtektonik) >> Vereine und Verbände
Verwandte Bestände und Literatur
Literaturhinweis: Weitere Literatur:
Walter Starke: Beiträge zur Geschichte der Leibesübungen in Bautzen. 2. Auflage. Bautzen o.J. (Handbibliothek Archivverbund E 20)
Walter Starke: Leibesübungen und Sport. in: Von Budissin nach Bautzen. Beiträge zur Geschichte der Stadt Bautzen, Bautzen 2002, S. 272 - 284.
Festschrift zur Jubel-Feier des 50jährigen Bestehens des Turnvereins Bautzen am 26. und 27. September 1896.

Bestandslaufzeit
1846 - 1939

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Letzte Aktualisierung
16.01.2024, 08:06 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1846 - 1939

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