Bestand

Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Kreisstelle Warendorf (Bestand)

Form und Inhalt: Vorwort
zum Bestand N 46 Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Kreisstelle Warendorf
1. Geschichte der Landwirtschaftskammer
Landwirtschaftskammern, auch Bauernkammern genannt, sind Einrichtungen zur Vertretung und Regelung von Interessen der Land- und Forstwirtschaft.
Die Gründung der Landwirtschaftskammern in Preußen ist eine Folge der betriebswirtschaftlichen Probleme zahlreicher Höfe im 19. Jahrhundert. Fortschrittliche Landwirte versprachen sich davon ein stärkeres Gewicht in Politik und Öffentlichkeit.
1894 wurde die erste deutsche Landwirtschaftskammer in der Freien und Hansestadt Bremen gegründet. Nach und nach übernahmen auch die übrigen deutschen Länder diese Idee. 1927 existierten in allen Ländern des Deutschen Reiches Landwirtschaftskammern als kooperative Interessenvertretungen des Berufsstandes.
Während der nationalsozialistischen Diktatur wurden die Landwirtschaftskammern in den Reichsnährstand eingegliedert und damit gleichgeschaltet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nur in einigen Bundesländern wieder Landwirtschaftskammern eingerichtet. In den nördlichen und westlichen Bundesländern der ehemals britischen Besatzungszone (Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein) sind Landwirtschaftskammern öffentlich-rechtliche Körperschaften, die, durch ihre Mitglieder finanziert, Aufgaben der Agrarverwaltung wahrnehmen.
Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Münster und Bonn ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Aufgabenschwerpunkt, die Landwirtschaft und die in ihr Berufstätigen zu fördern und zu betreuen sowie den ländlichen Raum zu stärken. Am 1. Januar 2004 sind die Landwirtschaftskammern Rheinland und Westfalen-Lippe zur Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen fusioniert.
Das nordrhein-westfälische Archivgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 3) gilt auch für "der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach Maßgabe des § 11".
Demnach regelt die Landwirtschaftskammer als "der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Person des öffentlichen Rechts" (§ 11 Abs. 1 ArchivG NRW) "die Archivierung und Nutzung der bei ihnen entstandenen Unterlagen in eigener Zuständigkeit in eigenen, gemeinschaftlich getragenen oder fachlich geleiteten anderen Archiven" (§ 11 Abs. 1 ArchivG NRW).
Nur sofern die Voraussetzung der Eigenarchivierung nicht gegeben ist und daher eine Vernichtung oder Zersplitterung der Überlieferung droht, müssen die Unterlagen dem Landesarchiv angeboten werden. "Archivwürdige Unterlagen dieser Stellen werden im Landesarchiv als staatliches Archivgut archiviert." (§ 11 Abs. 2 ArchivG NRW).
Dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen wurden von der Kreisstelle Gütersloh, Warendorf und Münster der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Warendorf die Betriebsakte sämtlicher Höfe aus diesem Gebiet angeboten
Als zuständiges Archiv hat das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen Betriebsakten einzelner Höfe aus der Gemeinde Wadersloh übernommen. Allerdings betreffen diese so genannten Hofesakten in ihrer Gesamtheit eine Vielzahl der Höfe in den Kreisen Beckum und Warendorf. Die Überlieferung für die Kreise Beckum und Warendorf war mit rund 70 Umzugskartons sehr umfangreich und offenbar auch sehr flächendeckend.
Aufgrund ihres Wertes für die lokale und regionale Geschichtsschreibung hat das Kreisarchiv Warendorf nach Rücksprache und im Einvernehmen mit dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen in Münster und der Kreisstelle Gütersloh, Warendorf und Münster der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Warendorf die Betriebsakten der Höfe aus den Kommunen Beckum, Drensteinfurt und Sassenberg übernommen und stellt diese im vorliegenden Bestand zur Benutzung bereit.
2. Inhalt des Bestandes
Die Betriebs- bzw. Hofesakten beinhalten Unterlagen zu allen Fragen der Bewirtschaftung eines landwirtschaftflichen Betriebes. Dies sind im Einzelnen:
a) Verkaufssachen / Übergabeverträge / Pachtsachen
- Einheitsbewertung des Hofes // auch: Ertragspotential des Hofes,
- Preisfeststellung bei Verkauf eines Hofes,
- Inventarverzeichnis,
- Güterverzeichnis,
- Übergabeverträge (Land und Hof), ggf. Stellungnahme zur Fähigkeit zur Bewirtschaftung des Hofes,
- Auszug aus der Erbhöferolle,
- Abfindung erbberechtigter Kinder,
- Verträge zur Verpachtung der Hofstelle,
- Zupachtvertrag,
- Grundstücksverkauf,
- Grundstücksverkäufe an Zementindustrie.
b) Bewirtschaftung des Hofes
- Bauvorhaben im Außenbereich (Wohnhaus),
- Anträge auf Zinsverbilligung,
- Neubau einer Hofstelle,
- Finanzierungsplan zum Neubau einer Hofstelle,
- Stellungnahme zum Siedlungsvorhaben,
- Umstellung Milchviehbestand auf Mastschweine,
- Umfragen der Landwirtschaftskammer zur Bewirtschaftung des Betriebes (u.a. Angaben zu Viehbestand, Alter des Hofbesitzers, Grundbesitz, Pflanzenproduktion),
- Stellungnahme Bau von Stallungen,
- Bautechnische Stellungnahme zur Umstellung von Milchwirtschaft auf Schweinemast,
- Unterlagen zur Milchquotenregelung.
c) Private Dinge
- Zeitungsartikel: Meldungen über Tod, Eheschließung und Geburt zentraler Personen des Hofes,
- Eintragung der Gütergemeinschaft für die Eheleute,
- Vorzeitige Entlassung aus dem Grundwehrdienst / Zurückstellung vom Wehrdienst.
Die Betriebsakten (auch Hofesakten genannt), werden seit dem 31.03.2015 nicht mehr geführt. Den Akten ist die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Landwirtschaft im Allgemeinen im heutigen Kreisgebiet zwischen 1935-2000, vereinzelt auch darüber hinaus zu entnehmen. Darüber hinaus illustrieren die Akten konzentriert zentrale Veränderungen in der Bewirtschaftung der Höfe im Kreisgebiet. Damit sind die Betriebsakten für die Heimat- und Regionalgeschichte von Interesse sowie für die genealogische Forschung, die in Westfalen nicht nur als Familien-, sondern auch als Höfegeschichte zu verstehen ist.
3. Bewertung
Eine vollständige Überlieferung sämtlicher Betriebsakten der Kommunen im Kreis Warendorf ist aufgrund des massenhaften Aufkommens dieser Unterlagen nicht durchzuführen. Archiviert wird ein repräsentativer Querschnitt.
Seitens des Kreisarchivs Warendorf wurden die meisten Betriebsakten landwirtschaftlicher Betriebe aus dem Stadtgebiet Beckum (Kriterium: zentrale Bedeutung im Kreis, zahlreiche Dokumente aus der NS-Zeit, Kommune im Altkreis Beckum, Berührungen zur Zementindustrie), aus dem Gebiet der Stadt Drensteinfurt (Kriterium: zahlreiche Dokumente aus der NS-Zeit, Berührungen zum Bergbau, Kommune aus dem Altkreis Lüdinghausen) und aus Sassenberg (Kriterium: Kommune aus dem Altkreis Warendorf, starke landwirtschaftliche Prägung, Überlieferung einer kleinen Landstadt) in Gänze übernommen.

Damit sind die Betriebsakten zentraler Höfe aus jeweils einer repräsentativen Kommune aus drei verschiedenen Teilen des heutigen Kreises Warendorf überliefert. Jede dieser drei Kommunen steht für eine bestimmte Ausprägung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Kreis.
Die Akten wurden im Juli 2015 durch das Kreisarchiv bewertet. Die Ablieferung erfolgte Mitte September 2015.
4. Bearbeitung des Bestandes
Die Verzeichnung, Entmetallisierung und Verpackung der Unterlagen wurde von Frau Sandra Tatar-Weber und Wiebke Wewer im Oktober und November 2015 vorgenommen.
Der Bestand umfasst 356 Akten in 53 Archivkartons (ca. 6 Regalmeter). Bis auf eine Ausnahme umfasst der Bestand ausschließlich Betriebsakten landwirtschaftlicher Betriebe. Eine Besonderheit ist ein Verzeichnis der Erbhöfe von Beckum und aus den angrenzenden Kreisen (Nr. 328).
Die Klassifikation, also die inhaltliche Gliederung bzw. Strukturierung des Bestandes, erfolgte nach den drei Orten Drensteinfurt, Sassenberg und Beckum. Innerhalb der Orte wurden die Akten alphabetisch nach dem Familiennamen des Hofbesitzers sortiert.
Im Zuge der Verzeichnung ist der Signaturbereich Nr. 254 bis Nr. 286 nicht vergeben worden.
5. Benutzung
Die gut erhaltenen Betriebsakten sind unter Beachtung der archivgesetzlichen allgemeinen Schutzfrist von 30 Jahren, die für wenige Akten bereits abgelaufen ist, einsehbar. Der Rest des Bestands unterliegt personenbezogenen Schutzfristen und erst nach Ablauf selbiger zu benutzen.
Der Bestand ist folgendermaßen zu bestellen und zu zitieren:
Kreisarchiv Warendorf [KAW], N 46 Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Kreisstelle Warendorf Nr. [ ]
6. Sachverwandte Unterlagen
Die Überlieferung der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Kreisstelle Warendorf findet sich im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen in Münster. Teil dieses Bestandes sind auch Betriebsakten landwirtschaftlicher Betriebe des heutigen Kreises Warendorf.
Warendorf, November 2015
Sandra Tatar-Weber und Dr. Thomas Brakmann

Reference number of holding
N 046 N 046 Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Kreisstelle Warendorf

Context
Kreisarchiv Warendorf (Archivtektonik)

Date of creation of holding
1933-2000

Other object pages
Delivered via
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Last update
06.03.2025, 6:28 PM CET

Data provider

This object is provided by:
Kreis Warendorf. Kreisarchiv, Kreisverwaltung. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1933-2000

Other Objects (12)