Erstellt: 11.09.2015, 12:36 MESZ
Letzte Änderung: 13.03.2017, 11:07 MEZ
Alte Nationalgalerie (7)
  • 1

    Selbstbildnis als Knabe

    Bild ... Unter den Selbstbildnissen in der Nationalgalerie gibt es eine Anzahl auffallend kleiner Formate, vorwiegend von der Hand junger Künstler. Sie dienten der ersten Legitimation als Maler, wie der Selbstvergewisserung in einer neuen Situation. Das frühe Selbstporträt von Anselm Feuerbach folgt einem bewährten Muster: Bereits um 1800 war nach dem Vorbild Rembrandts dieser Typ des Künstlerselbstbildnisses neu entwickelt worden: mit dem zur Seite gewandten Kopf über hochgeschlagenem Kragen, der weißen Halsbinde und einem kecken Künstlerhut, der das Gesicht halb verschattet. Feuerbach malte Ende 1846 mehrere kleine Selbstporträts für die Familie, die er teilweise wiederum kopierte und die auch unter den Düsseldorfer Mitstudenten Furore machten. Der Erfolg unseres Bildes beruhte wohl auf dem sprechenden Arrangement, das auch anderen hoffnungsvollen Künstlern ein Bildschema zur Selbststilisierung bot. An die Eltern schrieb der junge Feuerbach am 17. Dezember: »Ich hatte mich dreimal verschieden gemalt, das Eure gewann den Preis, also kopierte ich es noch einmal für die Nürnberger […]. Um Euer Porträtchen haben sich alle furchtbar gerissen, mehrere Maler, F. v. Woringen u.s.w., wenn ich es darauf ankommen lasse, müsste ich ein halb Dutzend Kopien machen« (A. Feuerbach, Briefe an seine Mutter, Berlin 1911, Bd. 1, S. 63; irrtümlich unter den Briefen von 1845, statt von 1846 eingeordnet). | Angelika Wesenberg ... Öl auf Leinwand ... Höhe x Breite: 15,5 x 12,5 cm ... Rahmenmaß: 20,5 x 18 x 3 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 11:01 MEZ

  • 2

    Doppelporträt der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm

    Bild ... »frau Jerichau, deren mann ein bildhauer ist, ersuchte uns, mich und meinen bruder, ihr zu sitzen […]. das bild in lebensgröße scheint gelungen und ist jetzt auf der ausstellung [i. e. Berliner Akademieausstellung] zu sehen« (W. Grimm, in: Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. 5, Stuttgart 2007, S. 446, Nr. 308). Mit diesen Worten faßte Wilhelm Grimm am 14. Mai 1855 für den Verleger Salomon Hirzel die Entstehungsgeschichte des heute ikonischen Doppelbildnisses der Brüder Jacob (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859) bündig zusammen. Die Brüder saßen Elisabeth Jerichau-Baumann seit dem 1. Mai 1855 für sechs Tage Modell, ungewöhnlich lang angesichts des Arbeitspensums der beiden Wissenschaftler, die nicht zuletzt aus Zeitgründen andere Porträtanfragen bereits ausgeschlagen hatten. Doch die Malerin, die schon in Italien mit dem Mäzen August Kestner, mit Adele Schopenhauer und Fanny Lewald bestens vernetzt gewesen war, hatte auch in Berlin bald Eingang in wichtige gesellschaftliche und künstlerische Kreise gefunden. Sie war bei der Familie Meyerheim zu Gast, mit Adolph Menzel sowie Herman und Auguste Grimm bekannt. Die Brüder Grimm besuchten die Malerin am 29. April 1855 in Berlin, um, so Wilhelm Grimm in seinem Tagebuch, »ihre Bilder zu sehen« (zit. nach der Kopie in der Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel, Humboldt-Universität zu Berlin). Jerichau-Baumann, deren Arbeit Peter Cornelius 1848 zu dem lobenden Ausruf veranlaßt hatte, sie sei der einzige Mann der Düsseldorfer Malerschule (vgl. Richard Muther, Geschichte der Malerei im 19. Jahrhundert, Bd. 3, München 1894, S. 231), muß die Brüder bei diesem Besuch künstlerisch überzeugt haben. Die Komposition des Bildnisses und die Inszenierung der Dargestellten dürften von den Brüdern dennoch maßgeblich mitbestimmt worden sein. Die strenge Profilansicht Jacob Grimms, eine in der Romantik für Freundschaftsbildnisse beliebte Darstellungsform, findet sich beispielsweise bereits in den 1840er Jahren in vielen Porträtzeichnungen des Bruders Ludwig Emil Grimm (vgl. das auch als Radierung verbreitete, bekannte Doppelbildnis von 1843, Historisches Museum, Hanau). Jerichau-Baumann schickte das Bild zunächst in die Akademieausstellung nach Berlin und holte es danach zu sich nach Kopenhagen. »Das Original Bild ist meinem lie[ben] Manne und mir ein wahrer Schatz, für mich von doppelter Bedeutung als Zeichen Ih[res] besonderen Wohlwollens gegen mich, und ha[t] hier nebst dem Interesse für den Gegenstand bei meinen Freunden sowohl [als auch] bei allen Kunstverständigen allgemeine Anerkennung gefunden«, schrieb sie am 5. November 1855 den Brüdern (Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung, Nachl. Grimm 1184) und sandte ihnen zum Dank eine in schwarzer und weißer Kreide ausgeführte Wiederholung des Bildes (55 × 65 cm, heute Bergwinkelmuseum, Schlüchtern). Das Ölbild wurde 1876 von Herman Grimm, nach Anfertigung eines neuen Zierrahmens (vgl. den Brief von H. Grimm, SMB-ZA, I/NG 988, Journal-Nr. 1876/671), an die Nationalgalerie übergeben. | Regina Freyberger ... Öl auf Leinwand ... Rahmenmaß: 79 x 74,5 x 7 cm ... Höhe x Breite: 63 x 54 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 11:00 MEZ

  • 3

    Spanische Bauern

    Bild ... Ein Abend auf einer spanischen Hochebene. Vier Bauern sitzen um einen Tisch, die Gesichter sonnengegerbt, die Kleidung verschmutzt, man verzehrt ein einfaches Mahl. Bildfüllend breitet sich die Szene aus, das Licht des Himmels über dem hohen Horizont umfängt die derbe Gruppe mit violettem Schein. Erinnerungen an Diego Velázquez’ berühmten „Triumph des Bacchus“ (1628/1629; Prado, Madrid) werden wach; allein der Weingott hat seinen Platz verlassen – und doch längst von den vieren Besitz ergriffen. Der große Weinkrug, ein zweiter schon zerbrochen, erzählt davon, die Flecken auf dem Tischtuch ebenso. Zuloaga, in eine bedeutende baskische Künstlerfamilie geboren, war nach Jahren in Paris, wo er mit Künstlern wie Paul Gauguin und Edgar Degas verkehrte, nach Spanien zurückgekehrt, um seinen eigenen, spezifisch spanischen Stil herauszubilden. Hierfür sollten nicht nur Velázquez und Francisco de Goya die großen Vorbilder abgeben, sondern vor allem die Gemälde eines weitgehend vergessenen Malers, der seine epochale Wiederentdeckung maßgeblich dem unablässig werbenden Bewunderer und Sammler Zuloaga verdankte: El Greco. Mehr als ein Dutzend Gemälde des „Griechen“ hatte der kosmopolitische Baske zusammengetragen, darunter die inzwischen berühmte „Öffnung des fünften Siegels“ (um 1608/1614; heute The Metropolitan Museum of Art, New York). Zuloaga, der international, auch in Deutschland, ausstellte und mit Rainer Maria Rilke befreundet war, reüssierte nicht nur mit Landschaften und Genreszenen, sondern insbesondere als Porträtist. Die deutsche Kunstkritik indessen beurteilte ihn zwiespältig. Während Hermann Bahr den Maler 1910 als „Haupttreffer“ der Biennale von Venedig bezeichnete, auf der er „aus dem allgemeinen europäischen Kitsch mit […] Macht“ hervorbreche (Hermann Bahr, Essays, Weimar 2011, S. 86), schimpfte Karl Scheffler 1919 über den „Halbkitsch von Zuloaga“, mit welchem Direktor Ludwig Justi nach dem Einzug der Neuen Abteilung in das Kronprinzen-Palais seine selbst verschuldeten Lücken im Stammhaus der Nationalgalerie fülle (Karl Scheffler, [Berlin], in: Kunst und Künstler, 18. Jg. [1920], S. 89). | Philipp Demandt ... Öl auf Leinwand ... Rahmenmaß: 154 x 214 x 10 cm ... Höhe x Breite: 123 x 182 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 10:59 MEZ

  • 4

    Birken

    Bild ... Thomas Herbst hat vor allem Bilder von unspektakulären Motiven hinterlassen, meist in der Größe von Studien und oft in Öl auf Pappe gemalt. Das hat ein rasches Vergessen seines Werks gefördert. Schon als Kind faszinierten ihn das flache Land mit seinen Wiesen, Birken und Kopfweiden in der Nähe des Sommerhauses der Familie bei Hamburg. Er widmete sich diesem Motivfeld ein Leben lang. Unter dem Einfluß des französischen und deutschen Impressionismus war sein Farbstrich breiter geworden, und er blieb meist deutlich sichtbar. Mitunter stehen in seinen Bildern gegensätzliche Farben oder Hell und Dunkel hart nebeneinander, sein Ziel aber war weniger die Erkundung von Farbwerten als die Wiedergabe von Tonigkeit. Das ist an der Studie dunkler, wohl herbstlicher Weiden aus dem Nachlaß des Künstlers besonders gut ablesbar. Eine deutliche Stilentwicklung gibt es in seinem Werk nicht, die Werke sind daher schwer zu datieren. | Angelika Wesenberg ... Öl auf Pappe ... Höhe x Breite: 58,7 x 38,7 cm ... Rahmenmaß: 64 x 44 x 2 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 10:58 MEZ

  • 5

    Menschenpaar (Homo-Sapiens-Tafeln)

    Malerei ... 1893 reüssierte Max Slevogt auf der Ausstellung der Münchner Secession mit dem Gemälde »Ringerschule« (Max Slevogt-Galerie, Schloß Villa Ludwigshöhe, Edenkoben), 1894 folgte das Diptychon »Homo Sapiens« oder »Menschenpaar«, zwei weitere Aktdarstellungen, dieses Mal vordergründig biblischen Inhalts. Die Studie eines weiblichen Rückenaktes auf der Rückseite des rechten Diptychonflügels verdeutlicht, welch großes Interesse Slevogt damals dem menschlichen Körper zumaß. Das Diptychon selbst zeigt in dunkler, schwarzbrauner Tonigkeit und rascher Pinselschrift zwei nahezu lebensgroße Akte in leichter Untersicht: Adam und Eva nach dem Genuß der verbotenen Frucht, sich ihrer eigenen Nacktheit nun bewußt. Adam mit einem Schurz aus Blättern, eine rote Blume lässig zwischen den Lippen haltend und die Hände selbstsicher in die Seiten gestützt, blickt auffordernd zu Eva, die in gerader Haltung dem Betrachter zugewandt die Hände vor ihren Schoß übereinandergelegt hat. Als letzte Würdeformel hat Slevogt am oberen Bildrand eine rundbogige Architektur angedeutet, ansonsten bricht die Darstellung des allzu menschlichen ersten Menschenpaars ironisch mit der Bildtradition. Karl Scheffler veranlaßte dies später dazu, das Werk als »Scherz« zu bezeichnen (Max Slevogt, Berlin 1940, S. 34). Slevogt reagierte aber eher auf Arnold Böcklin, der in seinen Bildern jene robusten, unbesorgten Menschen entwarf, die Slevogt so bewunderte. Doch die Kritik, die sich schon 1879 über Max Liebermanns naturalistische Interpretation des zwölfjährigen Jesu im Tempel (Hamburger Kunsthalle) erbost hatte, entrüstete sich auch hier ob der naturalistischen Malweise. »Man schrie über diese brutale Malerei, über diese gewöhnliche Auffassung des nackten Menschen«, erinnerte sich Hans Rosenhagen. »Dennoch hinterließ das Werk einen gewissen Eindruck« (Die Kunst für Alle, 21. 1905, H. 6, S. 128). Eine Studie zur Darstellung der Frau (Deckfarben, 46 × 20,3 cm) befindet sich in der Sammlung F.-J. Kohl-Weigand, St. Ingbert. | Regina Freyberger ... Öl auf Leinwand ... Rahmenmaß: 172 x 84 x 5 cm ... Höhe x Breite: je 161,5 x 74,5 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 10:58 MEZ

  • 6

    Bildnis Jean Paul

    Bild ... Der 1765 im bayerischen Erlbach geborene Porträtist Johann Lorenz Kreul besuchte die Kunstakademie in Nürnberg und ließ sich dort 1807 endgültig nieder. Mit sogfältig gezeichneten, treffend charakterisierenden Bildnissen wurde er bekannt. Das Porträt des bereits zu Lebzeiten hochberühmten sechzigjährigen Jean Paul entstand im November 1823. Es fand großen Anklang beim Dichter: »Wär’ ich eine Frau, so müßte sich mein Dank verdoppeln, weil ihr Kunstspiegel ganz anders als der Nachttisch sammt seinem Spiegel verjüngt und Sie ein Gesicht aus dem letzten Mond-Viertel des Lebens in Voll-Licht zurück zu malen wissen. Am meisten bewundere ich Ihre Kraft der Schnelligkeit« (zit. nach: Jean Paul, Dintenuniversum, Ausst.-Kat., Berlin 2013, S. 37). Von dem Bildnis schuf Kreul mehrere Fassungen, die einzige signierte befindet sich im Jean-Paul-Museum in Bayreuth, je eine weitere Fassung wird im Rathaus in Wunsiedel und in der Nationalgalerie bewahrt. Verbreitung fand das Porträt über die Lithographie von Franz Xaver Winterhalter, die Kreul auf »Wunsch der zahlreichen Verehrer« des Dichters in Auftrag gegeben hatte und selbst vertrieb (Kunst-Blatt, Beilage des Morgenblatts für gebildete Stände, 7. Jg., 1826, H. 32, S. 128). Dem Blatt war als Beilage ein Faksimile des Dankesbriefes von Jean Paul beigegeben. Nach Kreuls Pastell entstand eine irrtümlich für ein Werk von Friedrich August Tischbein gehaltene Version in Öl (Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden; vgl. Jean Paul, ebd., S. 37). | Birgit Verwiebe ... Pastell auf Papier auf Holz ... Rahmenmaß: 43 x 37 x 4 cm ... Höhe x Breite: 36 x 30 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 10:54 MEZ

  • 7

    Schlafzimmer des Künstlers in der Ritterstraße

    Bild ... Da die Maße denen des »Balkonzimmers« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 744) gleichen, könnte ein Bildpaar beabsichtigt gewesen sein. Inzwischen waren Menzels aus der Schöneberger in die Ritterstraße umgezogen; da dies im April 1847 geschah, muß das Bild wenige Monate darauf entstanden sein. Es ist in mehrfacher Hinsicht beunruhigend. Den Vordergrund besetzt – mit mächtiger, fast zudringlicher Präsenz ähnlich den Baumkronen in »Bauplatz mit Weiden« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 900) – das spartanische Lager mit der dünnen Decke, die sich den Unformen eines notdürftig zurechtgedrückten Federbettes anschmiegt und deren schleierig changierende, bleiche Farbe ein Leichentuch suggeriert: Das im Banalen eingeborgene Schauerliche der Berliner Romantik. (Die wohl etwas ältere große Zeichnung eines zerwühlten »Ungemachten Bettes« im Berliner Kupferstichkabinett zeugt von Menzels Interesse für dieses Motiv, wie für jede Art von Unordnung.) Überraschend auch, ganz im Unterschied zur entschiedenen Fokussierung des Blicks in »Balkonzimmer« oder erst recht in »Blick auf Hinterhäuser« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 1057), die gleichmäßig auf Nähe und Ferne gerichtete Aufmerksamkeit. Die ganze schmale, eilig fluchtende Strecke vom vorderen Saum der Bettdecke bis zur Kirchturmspitze am Horizont ist mit Bedeutung besetzt – eine Zumutung an den Wahrnehmenden, die die malerische Verflüchtigung der linken Wand eher noch unterstreicht. Auf dieser Tiefenstrecke muß nicht nur, hinter dem Fensterkreuz, eine Raumlücke überwunden werden – in der unsichtbaren Tiefe sind die in »Blick auf Hinterhäuser« angedeuteten Gärten und Höfe zu ergänzen –, es stoßen auch das gedämpfte Innenlicht mit seinem matten Rot, Caput mortuum und Braun und das kontrastreiche, helle Außenlicht aufeinander. So ergeben sich auch zwei unterschiedliche malerische Modi: Detailreich und vielteilig scharf wie die Gruppe der Häuser und Gärten wiedergegeben ist, erscheint sie wie einmontiert in das sonst so frei hingewischte Bild, wie ein Ausblick auf besänftigende Objektivität nach der malerischen Gespensterfahrt durch ein unheimliches Heim. Zwischen beiden Zonen ein schattenhaftes Profil, das unterschiedlich gedeutet wurde; vermutlich ist Richard Menzel, der jüngere Bruder, gemeint. Die Mitte des Bildes gehört einer Demonstration von Ungewißheit, ähnlich dem hellen Fleck an der Wand des »Balkonzimmers«. | Claude Keisch ... Öl auf Pappe ... Rahmenmaß: 72 x 62 x 7 cm ... Höhe x Breite: 56 x 46 cm ... Erwerb ...

    13.03.2017, 10:53 MEZ