Paffendorfer Zehntstreit

Die Akten - im Urkundenbestand des Stiftes Essen unter der Nr. 485 zusammeng-efasst - enthalten Niederschriften zu mindestens acht Prozessen: 1) Mandatsprozess: Johann vom Büchel beantragt bei Papst Clemens VI. eine ”einstweilige Verfügung“, derzufolge die Kirche in Paffendorf und ihre sämtlichen Einkünfte bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage zu beschlagn-ahmen sind. Der Papst erteilt dem Propst von St. Aposteln und den Dekanen von St. Gereon und St. Georg in Köln am 28. Februar 1351 den entsprechenden Auftrag. 2) Appellationsprozess (?): Kläger: Johann vom Büchel, Beklagte: Äbtissin, Pröpstin, Dekanin und Kapitel des Stiftes Essen. Streitgegenstand: die Güter, Rechte und Einkünfte der Kirche zu Paffendorf. Der Papst erteilt dem Dekan von St. Mariengraden in Köln am 5. Dezember 1351 den entsprechenden Auftrag. 3) Mandatsprozess: Johann vom Büchel beantragt beim Papst eine ”einstweilige Verfügung“, derzufolge die Zehntp-flichtigen der Pfarrei Paffendorf sofort zahlen sollen. Der Papst erteilt dem Dekan von St. Mariengraden am 12. Dezemer 1351 den entsprechenden Auftrag. 4) Prozess vor dem Offizial der Kölner Kurie. Kläger: Pröpstin, Dekanin, Stiftsdamen, Kanoniker und das Kapitel des Stiftes Essen, Beklagter: Johann vom Büchel. Gegenstand: der Anspruch auf den sog. Kirchw-eizen. 5) Die Kläger des Falles 4) beantragen beim Offizial der Kölner Kurie offenbar als ”einstweilige Verfügung“, dem Beklagten die Einhebung der kleinen Zehnten bzw. des sog. Kirweizens bis auf weiteres zu verbieten (causa attemptatorum). 6) Appellationsprozess: Kläger: Äbtissin, Pröpstin, Dekanin und Kapitel des Stiftes Essen, Beklagter: Johann vom Büchel. Gegenstand: das Eigentum an den kleinen Zehnten bzw. am sog. Kirweizen. Vorinstanz: Der Dekan von St. Mariengraden im Fall 2); die Ausdehnung auch auf Fall 3) ist inzwischen den Parteien strittig. Der Papst setzt mit Mandat vom 4. Dezember 1353 die Dekane von St. Andreas und St. Severin und den Subdekan des Doms zu Köln als delegierte Richter ein. 7) Prozess vor dem Offizial der Kölner Kurie: Kläger: Johann vom Büchel, Beklagte: die Zehntpflichtigen der Pfarrei Paffendorf. 8) Prozess vor dem Offizial des Kölner Dompropstes als des zuständigen Archidiakons: Kläger: Johann vom Büchel, Beklagte: zwei Zehntpflichtige. Der Offizial des Dompropstes hat den Fall wegen möglicher Befangenh-eit - er war in einem anderen Fall (4) Anwalt des Stiftes Essen - am 21. April 1354 auf Antrag des Klägers an den Offizial der Kölner Kurie überwiesen. Die Akten der Verfahren 1)-3) sind nur abschriftlich überliefert, soweit sie in den späteren Prozessen wieder als Beweismaterial vorgelegt wurden. Sie reichen bis zum 21. Mai 1353. Die Original'-fcberlieferung beginnt am 9. März 1353 und endet am 11. März 1355. In ihr werden vor allem die Verfahren 4)-6) dokumentiert, während von den beiden restlichen Prozessen nur Bruchstücke erhalten sind. Der Appellationsprozess scheint dann auch eingestellt worden zu sein, denn inzwischen hatten die Verhandlungen begonnen, die am 20. September 1355 in einem Vergleich endeten [s. Urkunde Nr. 514]. [Da die ersten drei Prozesse sozusagen nur Rückblenden und in teilweise recht komplizierter Verschachtelung vorgestellt werden und eine Reihe von Akten zeitlich parallel läuft, schien es im Interesse des Benutzers wenig sinnvoll, die Ordnung der Regesten jener der Akten anzugleichen. Sie werden daher der besseren Übers-icht wegen in das vorgegebene chronologische Schema der übrigen Regesten eingebaut. Gleichwohl soll natürlich die Struktur der Akten sichtbar werden. Wir behandeln daher die Abschriftensammlungen und ähnliche Schreiben genauso wie gewöhnliche Urkunden mit Transsumpten oder Inserten, d.h. solche Vorgänge werden in Einzelregesten zerlegt und erhalten zusätzlich ein eigenes, zusammenfassendes Regest.] Die einzelnen Rotuli bestehen aus Pergamentblättern unterschiedl-icher Größe, da für jedes Schreiben nur soviel Pergament genommen wurde wie man für den Text benötigte. Es sind acht solcher Rotuli, teilweise in mehreren Bruchstücken, erhalten. Die fünf Rotuli mit den Akten der Prozesse vor dem Offizial - Verfahren 4), 5), 7) und 8) - bezeichnen wir als Rot. I-V, die drei übrigen mit den Akten des Appellationsprozesses - Verfahren 6) - als App. I-III. Die einzelnen Rezesse oder sonstigen Schreiben werden mit arabischen Ziffern durchnummeriert (Rot. I Nr. 1 usw.). Bei einigen Rezessen mussten mehrere Pergamentblätter angelegt werden. Sie wurden dann von unten nach oben geschichtet und unten zusammengenäht, so dass nur das erste, unterste Blatt als Glied in der Kette fungiert. Solche Blätter werden mit römischen Ziffern durchgezählt (App. III Nr. 13 fol. I usw.). Bisweilen wurden Anlagen, aber auch in den normalen Ablauf passende Akten in ähnlicher Weise unten angenäht oder oben bzw. rechts oder links am Rand befestigt. Solche Stücke erh-alten die Nummer des eigentlichen ”Kettenglieds“ mit einem zusätzlichen Kleinbuchstaben (Rot. V Nr. 2 a usw.). Die acht Rotuli haben eine Gesamtlänge von rund 18,60 m und bestehen aus 38,20 m beschriebenem Pergament. Außerdem sind unter der Signatur Essen, Stift, Urkunden Nr. 485 a-h acht Einzels-chriftstücke überliefert. Bei der Beschreibung der Stücke wird die Bezeichnung ”Ausfertigung“ ausschließlich für im Original erhaltene Urkunden und Notariatsinstrumente verwandt. Die original überlieferten Protok-olle der Gerichtssitzungen werden Rezesse genannt, andere Schreiben wie Mahnungen, Ausführungsberichte und dergleichen als Originale bezeichnet. Alle abschriftliche Überlieferung wird, ungeachtet ihrer formenkundlichen Einordnung, als Abschrift bez-eichnet. Der Erhaltungszustand der Siegel wird in der Regel nicht vermerkt, da diese fast ausnahmslos in Papierhüllen eingebettet sind und somit eine Beurteilung ohne Zerstörung dieser Hüllen kaum möglich wäre.

Kontext
Essen, Stift, Urkunden (AA 0248) >> 2. Urkunden II (1328-1361)
Bestand
AA 0248 Essen, Stift, Urkunden (AA 0248)

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05.11.2025, 16:08 MEZ

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