Archivbestand

Professor Walter Klaas (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Walter Klaas wurde am 18.10.1904 in eine bürgerliche Wiesbadener Familie geboren. Er verlebte eine behütete Kindheit, besuchte das dortige Konservatorium und spielte gerne Geige. Der sensible Walter wurde dennoch nachhaltig von den Ereignissen des 1. Weltkrieges geprägt, bei dessen Ende er 14 Jahre alt war, und man kann annehmen, dass auch diese Erfahrungen für seine spätere Entscheidung Pfarrer zu werden eine Rolle gespielt haben. Seine Abiturprüfung legte er erfolgreich im Jahr 1924 ab und begann im Sommersemester des selben Jahres mit dem Studium der evangelischen Theologie in Bethel. Als weitere Studienorte folgten Tübingen, Berlin, Marburg und Bonn (als Gasthörer). In die Liste seiner Dozenten reihen sich die Namen so berühmter Theologen wie Greßmann, Harnack, und von Soden, aber auch Heim, Schlatter und Rudolf Bultmann. In der Philosophie waren u.a. Karl Löwith und Martin Heidegger seine Lehrer. Sein 1. Theologisches Staatsexamen absolvierte er 1930 und wurde im Anschluss Kandidat im Predigerseminar Herborn. Ungefähr zur gleichen Zeit schrieb sich Klaas als Gasthörer an der Universität Bonn ein, wo er Teil des Schülerkreises um Karl Barth wurde. Während dieser Zeit schloß er Freundschaften zu Helmut Gollwitzer, Walter Kreck, Karl Gerhard Streck, Walter Fürst und Georg Eichholz. Die Freundschaft zu Letzterem hielt ein Leben lang an und sollte für den Werdegang von Walter Klaas eine große Rolle spielen. Im Jahr 1931 machte Klaas das 2. Theologische Staatsexamen und wurde als Pfarrer ordiniert. Er kam als Vikar nach Driedorf im Westerwald, wo er im Frühling 1932 zum Pfarrer gewählt und im Herbst in sein Amt eingeführt wurde. Diese Stellung behielt er für die folgenden 20 Jahre seines Lebens. Eine besondere Herausforderung stellte sich in seiner Driedorfer Amtszeit in dem spannungsreichen Verhältnis von Landeskirche und den freikirchlichen Gemeinschaftsbewegungen dar. Dies hatte allerdings keinerlei Einfluß auf seine leidenschaftliche Predigttätigkeit, den Unterricht oder die Seelsorge. Im Gegenteil, war Klaas schon damals für sein Engagement in der Jugendarbeit und Seelsorge beliebt. Eine Eigenschaft, die ihn auch in seinen Wuppertaler Jahren auszeichnete. Politisch und Theologisch aber waren die 1930er Jahre vor allem vom sogenannten Kirchenkampf geprägt, in welchem Klaas eindeutig Stellung bezog. In dieser Zeit beschäftigte er sich eingehend mit dem Heidelberger Katechismus, über dessen Sakramentsteil er auch ein Buch veröffentlichte. Eine weitere publizistische Tätigkeit war das Schreiben von Artikeln, Aufsätzen und Rezensionen für die Reformierte Kirchenzeitung. Als 1938 alle Pfarrer auf Adolf Hitler eingeschworen werden sollten, verweigerte Klaas den Eid. Ab 1939 betätigte er sich als Autor von Predigtmeditationen, die der Bruderrat der Bekennenden Kirche durch Georg Eichholz veröffentlichen liess. Diese Meditationen sollten Gemeindepfarrern der Bekennenden Kirche in Deutschland Orientierung und theologische Unterstützung bieten. Nach dem Krieg wurden diese Schriften in einem Sammelband veröffentlicht. Während seiner Zeit als Mitglied der Bekennenden Kirche musste er die Überwachung durch die Polizei und einen Prozess über sich ergehen lassen, in welchem er aber glücklicherweise durch einen nicht-regimetreuen Richter freigesprochen wurde. 1940 wurde Klaas in die Luftabwehr der Wehrmacht eingezogen und blieb bis Kriegsende in Deutschland stationiert. Erst in Dortmund, wo sein späterer Freund und Kollege Otto Brückmann Pfarrer war, und ab 1941 wegen einer Strafversetzung aufgrund „religiöser Propaganda” in Münster. Dort besuchte er in seiner Freizeit die Studentengemeinde und lernte die 16 Jahre jüngere Studentin Elisabeth Zurheide, seine spätere Ehefrau, kennen. Nach dem Krieg trafen sich die beiden wieder und heirateten schließlich am 31.07.1948. Durch die Kriegsjahre bis zum Jahr 1950 war Walter Klaas weiter in seiner Gemeinde in Driedorf, wo inzwischen auch seine Ehefrau und die beiden Söhne Peter (*1949) und Michael (*1950) lebten, tätig. In diesem Jahr schlug ihn sein alter Freund Georg Eichholz als Dozent an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal vor. Der voranschreitende Ausbau zu einer wissenschaftlichen Hochschule machte es erforderlich die Dozentenstellen doppelt zu besetzen. Doch um seine neue Stelle antreten zu können, musste sich Klaas von seiner hessisch - nassauischen Landeskirche beurlauben lassen und einige finanzielle Fragen zwischen dieser und dem Träger der Kirchlichen Hochschule, der rheinischen Landeskirche, bedurften ebenfalls der Klärung. Zudem fehlte ihm, der für eine Professur notwendige, Doktortitel. Dennoch wurde Walter Klaas, neben Erwin Mühlhaupt, Dozent im Fach Kirchengeschichte, wobei sein Schwerpunkt in Theologie- und Dogmengeschichte lag. Seine erste Vorlesung über Dogmengeschichte und ein Seminar zum Thema „Uroffenbarung bei Paul Althaus” hielt Klaas im Sommersemester 1951.Während dieser Zeit lebte Klaas, aus organisatorischen Gründen, von seiner Familie getrennt und besuchte diese nur in den Semesterferien, bevor im Jahr 1952 ganze Familie in Wuppertal ein neues Zuhause fand. Seine Promotion musste er dennoch nachholen, was er dann auch, bereits 47-jährig, tat. Doktorvater war sein Kollege Hans Iwand, das Thema seiner Doktorarbeit lautete „Aktualität und Problematik der Theologie Adolf von Harnacks”. Der Promotionsakt fand im Sommer 1956 in Bonn statt. Zusätzlich wurde er zum Rektor der Hochschule ernannt. Der Stress dieser Zeit sollte sich allerdings zu Lasten seiner Gesundheit auswirken. Bei seiner Ernennung zum Professor am 20.10.1956 befand sich Klaas wegen eines Herzinfarktes in stationärer Behandlung eines Krankenhauses. Das folgende Jahr 1957 verbrachte er in verschiedenen Kureinrichtungen, bis ihn im Oktober ein weiterer Infarkt ereilte. Dennoch ließ sich Klaas nicht in den Ruhestand versetzen und obwohl er seit dem Jahr 1959 nicht mehr im Vorlesungsverzeichnis aufgeführt wurde existieren Vorlesungsentwürfe zum Thema Eschatologie. Ob er in der Lage war diese Vorlesungen dennoch zu halten, ist nicht bekannt. In den Jahren 1960-1961 erlitt Klaas zwei halbseitige Lähmungen, Aphasie und einen dritten Herzinfarkt. Walter Klaas verstarb am 19.Juli. Er wurde 56 Jahre alt. Zum Bestand Der Bestand wurde am 24.03.2009 von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal an das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland übergeben. Er umfasste ca. 0,5 Meter Material, zum Teil in Klemmmappen, Einschlagsmappen und losen Blattsammlungen. Geordnet und verzeichnet wurde er im August 2012. Der Bestand enthält 38 laufende Nummern. Wie bei einem Pfarrer- und Professorennachlass zu erwarten, liegt ein Schwerpunkt des Bestandes auf Predigten, Meditationen und Vorlesungsunterlagen. Die datierten Predigten stammen hauptsächlich aus der Pfarrzeit in Driedorf und reichen von den späten 1930er Jahren bis 1950. Enthalten ist auch die Abschiedspredigt von Walter Klaas an seine Gemeinde in Driedorf. Die Predigten waren häufig undatiert und alle unsortiert, weshalb eine Unterscheidung nach Chronologie und Bibelstellen vorgenommen wurde. Auch die Meditationen und Manuskripte befanden sich, ebenso wie die Vorlesungsunterlagen, in einem ungeordneten Zustand. Zudem sind vor allem die Vorlesungsunterlagen unvollständig bzw. nur fragmentarisch vorhanden. Die Meditationen zu Psalmen und anderen Bibelstellen wurden nach Bibelstelle geordnet. Ein Gros der Vorlesungen konnte anhand der in ergänzenden Beständen vorliegenden Vorlesungsverzeichnisse der Zeit nachträglich in eine Ordnung gebracht werden. Im Bestand enthalten war eine kleine Fotomappe mit Bildern von Dozenten der Kirchlichen Hochschule, die alle mit Namen und häufig mit Jahreszahl versehen waren. An weiteren persönlichen Unterlagen fanden sich einzelne Korrespondenzen, auch von seiner Witwe Elisabeth, sowie eine Kladde mit selbstverfassten Gedichten. Literatur: Der moderne Mensch in der Theologie Rudolf Bultmanns; Zollikon - Zürich; 1947 Die Stimme der Väter: Eine Erwägung des Heidelberger Katechismus, seiner Fragen und Antworten; Siegen, Schneider; 1949 G. Bornkamm, W. Klaas; Mythos und Evangelium; München, Kaiser - Verlag; 1951 Aktualität und Problematik der Theologie Adolf von Harnacks; Bonn, Evangelisch Theologische Fakultät; Dissertation vom 09.07.1956 Anfechtung und Trost: Auslegung ausgewählter Psalmen; Neukirchen - Vluyn, Neukirchner; 1963 Eschatologie. Ahnung - Angst - Hoffnung, Reihe: Das Gespräch, Heft 53, Wuppertal - Barmen; 1964 Weitere Angaben zu seiner Bibliografie s. Anfechtung und Trost: Auslegung ausgewählter Psalmen; Neukirchen - Vluyn, Neukirchner; 1963; S. 93-95 Jürgen Seim: Walter Klaas - Bibelleser und Lehrer, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlands 56 (2007), S. 293-308 Jürgen Seim: Walter Klaas - ein theologischer Lehrer, in: Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 56 (2005), S. 262-301 Ergänzende Archivbestände: Kirchliche Hochschule Wuppertal, Personalakte Walter Klaas (Best. 2 LR 045, 323), Vorlesungsverzeichnisse (Best. 2 LR 045, 4447). Akzessionsdatum: 2009. Renate Orend, 2012

Bestandssignatur
7NL 157

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Letzte Aktualisierung
17.09.2025, 13:26 MESZ

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