Flugblatt
Ihr venus knaben all, haltet euch wert und klug, dan Siben weiber ietz, sich rauffen umb ein brug.
Flugblatt aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts mit der Mahnung zur Erhaltung des Geschlechterverhältnisses Sieben Frauen streiten sich um eine Hose. Sie schlagen sich mit Pantoffel oder Schlüsselbund und ziehen sich an den Haaren, um das Kleidungsstück zu ergattern. Vier Frauen haben bereits Hand an die über ihnen flatternde Hose gelegt, während sich zwei Frauen am Boden raufen und den kleinen Hund nicht beachten, der sie auseinanderbringen will. Ein Weinzweig rankt quer über die Hauswand zwischen zwei Fenstern und ist formal als Klammer zwischen der Szene im Vordergrund und dem kommentierenden Hintergrund eingesetzt. Links hinter dem vergitterten Fenster blickt eine Katze aus dem Dunkel auf die Streitenden. Ein Narr mit einer Marotte - einem Stab mit Narrengesicht, der als Personifikation des Tadels und der Lächerlichkeit eingesetzt wird - schaut dem Treiben aus einem kleinen Fenster am rechten oberen Bildrand zu und weist auf die Szene. Darunter steht der erläuternde Spruch: "Ihr venus knaben all, haltet euch wert und klug, Dan Sieben weiber ietz, sich rauffen umb ein brug". Dieses Flugblatt ist ein gutes Beispiel für die Vielzahl an möglichen Lesarten. So kann die Hose als Metapher für das unbefriedigte sexuelle Verlangen der Frau nach einem Mann verstanden oder mit Kriegsassoziationen verbunden werden. Oder es thematisiert das Geschlechterverständnis in der Frühen Neuzeit und bezieht sich auf einen Jesaja-Vers aus der Bibel (Kap. 4,1): "Und sieben Frauen werden zu der Zeit einen Mann ergreifen und sprechen: Wir wollen uns selbst ernähren und kleiden, lass uns nur nach deinem Namen heißen, dass unsre Schmach von uns genommen werde". Die Zahl Sieben besaß in der Frühen Neuzeit auch eine negative Konnotation und wird in dieser Darstellung mit den sieben streitenden Frauen zur Darstellung weiblicher Unarten verbunden. Die Frau hatte sich dem Mann unterzuordnen, der die ’Hosen anhatte’. Die Hose symbolisiert demnach die Vorherrschaft in der Ehe, die die Frauen durch ihre Streitigkeiten erlangen wollen. Ihr Verhalten entspricht nicht den patriarchalischen Wertvorstellungen der Zeit und wird von dem Narr kommentiert, der ironisierend eine Verkehrung der richtigen Verhältnisse in der Szene aufzeigt und diese zugleich tadelt. Der Narr weist auf die Frauen und appelliert in einem kurzen Vers an den männlichen Betrachter, ein solches Verhalten zu unterbinden. Der moralisierende Rat soll dem Mann des 17. Jahrhunderts seine Rolle als Patriarch, der Frau übergeordnet sowie das Fehlverhalten der Frauen vor Augen führen. Der Hund und die Katze verkörpern dabei das richtige Geschlechterverhältnis. Während der Hund als männliches Pendant versucht, die streitenden Frauen zur Räson zu bringen, sitzt die Katze hinter den Fenstergittern und beteiligt sich nicht an der Auseinandersetzung, wie es dem richtigen Verhalten einer Frau entspräche. Verleger des Blattes war Peter Aubry.
- Material/Technik
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Kupferstich
- Maße
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Blattmaß: 203 x 259 mm
- Standort
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Kulturstiftung Sachsen-Anhalt - Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
- Inventarnummer
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MOIIF00074
- Sammlung
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Grafische Sammlung
Flugblattsammlung 16.-19. Jahrhundert
Verhältnis der Geschlechter vom 16. bis ins 19. Jahrhundert
Moraldidaktische und -satirische Blätter
- Bezug (was)
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Allegorie
Druckgrafik
Einblattdruck
Erotica (Kunst und Literatur)
Moral
- Ereignis
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Veröffentlichung
- (wann)
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1625-1650
- (Beschreibung)
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Herausgegeben
- Rechteinformation
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Kulturstiftung Sachsen-Anhalt - Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
- Letzte Aktualisierung
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07.12.2023, 14:56 MEZ
Datenpartner
Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) – Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Flugblatt
Beteiligte
Entstanden
- 1625-1650