Bestand
G 461 - Evangelisches Pfarramt Beuren (Bestand)
Einleitung: ===== Orts- und Ortskirchengeschichte =====
Beuren, im Mittleren Albvorland zwischen Neuffen und Owen gelegen, wurde 1304 erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort gehörte zur Herrschaft Neuffen und gelangte mit dieser zu Beginn des 14. Jahrhunderts an die Grafschaft Württemberg. Beuren zählt somit zu den ältesten württembergischen Besitzungen. Die erste Kapelle (geweiht dem Reformheiligen Nikolaus) dürfte Ende des 11. bzw. Anfang des 12. Jahrhunderts errichtet worden sein. Im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts wurde sie vergrößert - es entstand die heutige Kirche mit gotischen Ausprägungen. Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts war die Nikolauskapelle eine Filialkapelle der Nürtinger Mutterkirche. Kirchlich selbständig wurde Beuren 1401/13 mit der Errichtung einer Kaplaneipfründe durch die Gemeinde. Die kirchenrechtliche Loslösung von Nürtingen erfolgte allerdings erst in den Jahren 1479 bis 1491. 1515 wurde der hochgotische Chor vollendet. Etwa zur gleichen Zeit wurde der Ölberg an die Südseite des Turms angebaut. Spätestens 1535/36 wurde in Beuren die Reformation durchgeführt. Der erste evangelische Pfarrer dürfte Johann (Heinrich) Butzmann gewesen sein. Zur Pfarrei gehörten zwei Kapellen: Die Kapelle auf dem Engelberg, die vermutlich Wallfahrtscharakter besaß und über ein beträchtliches Vermögen verfügte, wurde vermutlich während des Bauernkrieges stark beschädigt und ging später ein. Die Kapelle auf dem Hohenneuffen ging 1726 als Filiale an die Pfarrei Erkenbrechtsweiler. Seit 1521 gehört auch der Weiler Balzholz kirchlich zu Beuren. Die Pfarrei zählte um 1521 zum Landdekanat Owen bzw. Kirchheim/Teck und nach der Reformation zum Dekanat Neuffen. Heute gehört sie zum Dekanat Nürtingen und zur Prälatur Stuttgart.
===== Bestandsgeschichte =====
Das Archiv des Pfarramts Beuren wurde erstmals 1972 geordnet und verzeichnet. Damals wurde allerdings eine große Anzahl älterer Akten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert sowie mehrere Pergament- und Papierurkunden übersehen oder waren nicht verfügbar. Um alle Teile des Archivs zusammenzuführen, wurde es im Dezember 1998 und Januar 1999 durch Dorothea Reuter mit Hilfe des Datenbankprogramms FAUST 3 neu verzeichnet. 1998 beschloß der Kirchengemeinderat, das Archiv an das Landeskirchliche Archiv Stuttgart abzugeben. Gründe waren einerseits die beengten Verhältnisse im Pfarramt, andererseits die vom Landeskirchlichen Archiv gewährleistete sachgerechte Verwaltung und Verwahrung. Die Abgabe erfolgte auf Grundlage des Erlasses AZ 32.40 Nr. 7/5.4 vom 9. Februar 1998. Um das Pfarramt zu entlasten, wurden bei den Kirchenpflegrechnungen die Jahrgänge bis 1985 in die Abgabe miteingeschlossen. Im Pfarramt selbst verblieben nur die Kirchenbücher sowie die zur laufenden Arbeit notwendigen Bände. Im Inventar wird jeweils darauf verwiesen, welcher Band weiterhin in Beuren verwahrt wird.
===== Charakter des Bestands =====
Als Besonderheiten des Archivs ist an erster Stelle der Bestand an Kirchenkonventsprotokollen hervorzuheben, der eine lückenlose Reihe von 1654-1893 bildet. Weitere Besonderheiten sind eine Urkunde aus dem Jahr 1524 mit anhängendem Siegel, die von herrschaftlicher Seite die Zugehörigkeit von Balzholz nach Beuren festschrieb. Ebenfalls noch vorhanden ist das kirchliche Pendant des Bischofs von Konstanz, der dem Filialwechsel zustimmte. Alle Urkunden wurden restauriert, da sie aufgrund erheblichen Pilzbefalls stark geschädigt waren. Zu erwähnen sind ebenfalls die theologische Notizen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und die Akten des Armenkastens ab 1538, die in Teilen sogar in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges reichen.
Bei der Verzeichnung wurde nach den Richtlinien des Landeskirchlichen Archivs kassiert. Insbesondere wurden die Erlasse des Oberkirchenrats ausgesondert, wenn sie von allgemeingültiger Natur und für den Ort nicht relevant waren. Die Kirchenpflegrechnungen wurden vermutlich bereits 1972 von den Beilagen befreit. Deshalb fanden sich nur wenige Rechnungen, die zum größten Teil Baumaßnahmen betreffen. Als umfangreiche Sonderrechnungen haben sich nur die Jahrgänge 1904/06, 1960 und 1977/83 mit Unterlagen zu Bauarbeiten an Kirche und Pfarrhaus erhalten.
Nach Aussage des Kreisarchivs Esslingen, welches das Gemeindearchiv Beuren verwahrt, enthält dieses Archiv die Heiligenpflegrechnungen der Jahre 1633/34, 1696/98, 1712/13, 1733/34 und 1739/40-1890/91. Dort fand sich auch der 10. Band der Kirchenkonventsprotokolle (1841-1862).
Das Pfarramt bewahrt vor Ort noch eine bemerkenswerte Bibliothek auf, unter der sich wohl eines der ältesten gedruckten Gesangbücher Württembergs nach dem Dreißigjährigen Krieg (1654/55) befindet. Auch in kunsthistorischer Hinsicht birgt der kleine Pfarrort Kostbarkeiten: den "Palmesel" (Christus auf dem Palmesel), dessen Entstehung nicht eindeutig geklärt ist (vermutlich im Umfeld der Ulmer Multscherschule um 1470/80 geschnitzt), und der "Ölberg" (Darstellung der Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane), der etwa 1510 vollendet wurde.
Ulm, im April 1999
Dorothea Reuter
Einleitung: Beuren, im Mittleren Albvorland zwischen Neuffen und Owen gelegen, wurde 1304 erstmals urkundlich erwähnt. Der Ort gehörte zur Herrschaft Neuffen und gelangte mit dieser zu Beginn des 14. Jahrhunderts an die Grafschaft Württemberg. Beuren zählt somit zu den ältesten württembergischen Besitzungen. Die erste Kapelle (geweiht dem Reformheiligen Nikolaus) dürfte Ende des 11. bzw. Anfang des 12. Jahrhunderts errichtet worden sein. Im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts wurde sie vergrößert - es entstand die heutige Kirche mit gotischen Ausprägungen. Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts war die Nikolauskapelle eine Filialkapelle der Nürtinger Mutterkirche. Kirchlich selbständig wurde Beuren 1401/13 mit der Errichtung einer Kaplaneipfründe durch die Gemeinde. Die kirchenrechtliche Loslösung von Nürtingen erfolgte allerdings erst in den Jahren 1479 bis 1491. 1515 wurde der hochgotische Chor vollendet. Etwa zur gleichen Zeit wurde der Ölberg an die Südseite des Turms angebaut. Spätestens 1535/36 wurde in Beuren die Reformation durchgeführt. Der erste evangelische Pfarrer dürfte Johann (Heinrich) Butzmann gewesen sein. Zur Pfarrei gehörten zwei Kapellen: Die Kapelle auf dem Engelberg, die vermutlich Wallfahrtscharakter besaß und über ein beträchtliches Vermögen verfügte, wurde vermutlich während des Bauernkrieges stark beschädigt und ging später ein. Die Kapelle auf dem Hohenneuffen ging 1726 als Filiale an die Pfarrei Erkenbrechtsweiler. Seit 1521 gehört auch der Weiler Balzholz kirchlich zu Beuren. Die Pfarrei zählte um 1521 zum Landdekanat Owen bzw. Kirchheim/Teck und nach der Reformation zum Dekanat Neuffen. Heute gehört sie zum Dekanat Nürtingen und zur Prälatur Stuttgart.
Das Archiv des Pfarramts Beuren wurde erstmals 1972 geordnet und verzeichnet. Damals wurde allerdings eine große Anzahl älterer Akten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert sowie mehrere Pergament- und Papierurkunden übersehen oder waren nicht verfügbar. Um alle Teile des Archivs zusammenzuführen, wurde es im Dezember 1998 und Januar 1999 durch Dorothea Reuter mit Hilfe des Datenbankprogramms FAUST 3 neu verzeichnet. 1998 beschloß der Kirchengemeinderat, das Archiv an das Landeskirchliche Archiv Stuttgart abzugeben. Gründe waren einerseits die beengten Verhältnisse im Pfarramt, andererseits die vom Landeskirchlichen Archiv gewährleistete sachgerechte Verwaltung und Verwahrung. Die Abgabe erfolgte auf Grundlage des Erlasses AZ 32.40 Nr. 7/5.4 vom 9. Februar 1998. Um das Pfarramt zu entlasten, wurden bei den Kirchenpflegrechnungen die Jahrgänge bis 1985 in die Abgabe miteingeschlossen. Im Pfarramt selbst verblieben nur die Kirchenbücher sowie die zur laufenden Arbeit notwendigen Bände. Im Inventar wird jeweils darauf verwiesen, welcher Band weiterhin in Beuren verwahrt wird.
Als Besonderheiten des Archivs ist an erster Stelle der Bestand an Kirchenkonventsprotokollen hervorzuheben, der eine lückenlose Reihe von 1654-1893 bildet. Weitere Besonderheiten sind eine Urkunde aus dem Jahr 1524 mit anhängendem Siegel, die von herrschaftlicher Seite die Zugehörigkeit von Balzholz nach Beuren festschrieb. Ebenfalls noch vorhanden ist das kirchliche Pendant des Bischofs von Konstanz, der dem Filialwechsel zustimmte. Alle Urkunden wurden restauriert, da sie aufgrund erheblichen Pilzbefalls stark geschädigt waren. Zu erwähnen sind ebenfalls die theologische Notizen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und die Akten des Armenkastens ab 1538, die in Teilen sogar in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges reichen.
Bei der Verzeichnung wurde nach den Richtlinien des Landeskirchlichen Archivs kassiert. Insbesondere wurden die Erlasse des Oberkirchenrats ausgesondert, wenn sie von allgemeingültiger Natur und für den Ort nicht relevant waren. Die Kirchenpflegrechnungen wurden vermutlich bereits 1972 von den Beilagen befreit. Deshalb fanden sich nur wenige Rechnungen, die zum größten Teil Baumaßnahmen betreffen. Als umfangreiche Sonderrechnungen haben sich nur die Jahrgänge 1904/06, 1960 und 1977/83 mit Unterlagen zu Bauarbeiten an Kirche und Pfarrhaus erhalten.
Nach Aussage des Kreisarchivs Esslingen, welches das Gemeindearchiv Beuren verwahrt, enthält dieses Archiv die Heiligenpflegrechnungen der Jahre 1633/34, 1696/98, 1712/13, 1733/34 und 1739/40-1890/91. Dort fand sich auch der 10. Band der Kirchenkonventsprotokolle (1841-1862).
Das Pfarramt bewahrt vor Ort noch eine bemerkenswerte Bibliothek auf, unter der sich wohl eines der ältesten gedruckten Gesangbücher Württembergs nach dem Dreißigjährigen Krieg (1654/55) befindet. Auch in kunsthistorischer Hinsicht birgt der kleine Pfarrort Kostbarkeiten: den "Palmesel" (Christus auf dem Palmesel), dessen Entstehung nicht eindeutig geklärt ist (vermutlich im Umfeld der Ulmer Multscherschule um 1470/80 geschnitzt), und der "Ölberg" (Darstellung der Gefangennahme Jesu im Garten Gethsemane), der etwa 1510 vollendet wurde.
Ulm, im April 1999
Dorothea Reuter
- Bestandssignatur
-
G 461
- Umfang
-
7 lfd. m
- Kontext
-
Landeskirchliches Archiv Stuttgart (Archivtektonik) >> G - Pfarrarchive >> Orte mit B
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Dietrich Braun: Nikolauskirche Beuren. 800 Jahre erlebte Geschichte. Villingen 1988
Dietrich Braun: Beuren und seine Nikolauskirche. Beuren 1975 (mit Nachträgen 1976)
Schwäbische Heimat, Jg. 1967, Heft 1 (zum Ölberg)
- Indexbegriff Ort
-
Beuren, Landkreis Esslingen
- Bestandslaufzeit
-
1521-1989
- Weitere Objektseiten
- Provenienz
-
Evangelisches Pfarramt Beuren
- Letzte Aktualisierung
-
11.08.2025, 11:05 MESZ
Datenpartner
Landeskirchliches Archiv Stuttgart. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1521-1989