Bestand

Provinzial-Taubstummenanstalt/Landesgehörlosenschule Hildesheim (Bestand)

Enthält: Verwaltung, Personalia, Schülerangelegenheiten, Schülerakten, Unterrichts- und Erziehungsangelegenheiten, Vermögens- und Stiftungsangelegenheiten

Geschichte des Bestandsbildners: Das Taubstummen-Institut Hildesheim wurde als Stiftung im Jahr 1829 als erste Einrichtung dieser Art im Königreich Hannover gegründet. 1844 erfolgte die Gründung einer (privaten) Taubstummenanstalt in Emden. Es folgten im Jahr 1857 zwei weitere staatliche Gründungen in Osnabrück und Stade.
Die Genehmigung der Ständeversammlung zur Errichtung der unter staatlichen Aufsicht stehenden Taubstummenanstalt in Hildesheim beinhaltete finanzielle Zuschüsse aus der Landeskasse. Ergänzt wurde die Finanzierung durch Einnahmen aus Spenden und Sammlungen und den Pflegegeldern für Schüler. Auf staatliche Kosten wurden von Beginn an 12 Freistellen (sechs ganze und sechs halbe) für Kinder mittelloser Eltern eingerichtet.
Die Leitung wurde Friedrich Christian Kuhlgatz übertragen. Ihm war die Taubstummen-Kommission vorgesetzt. Sie fungierte als Mittlerin zu den übergeordneten Behörden - der Landdrostei Hildesheim und dem Ministerium des Innern. Die Kommission entschied über Aufnahme und Entlassung der Schüler und war somit für die Vergabe der Freistellen zuständig. 1829 gehörten der Kommission neben Direktor Kuhlgatz der Generalmajor Kuckuck (Vorsitzender) und Dr. med. Bergmann, welcher auch für die medizinische Versorgung der Schüler übernahm, an. Die Organisation der Anstalt richtete sich nach dem Regulativ von 1839, welches bis 1929 verschiedentlich modifiziert wurde. Hauptziele der Anstaltsarbeit waren die Unterrichtung der Schüler in Laut- und Schriftsprache, die Erziehung in bezug auf sittliche und moralische Werte sowie die Vorbereitung auf das spätere Berufsleben.

Geschichte des Bestandsbildners: Im Februar 1830 nahm die Einrichtung mit Ankunft des ersten Schülers in der Brakelschen Kurie im Pfaffenstieg ihren Betrieb auf. Aufgenommen wurden - anfangs jährlich, später alle zwei Jahre - Jungen und Mädchen aller Konfessionen im Alter zwischen sieben und 14 Jahren. Die Schulzeit betrug 1829 sechs Jahre und wurde bis 1876 auf acht Jahre erhöht. Der Unterricht folgte maßgeblich der so genannten deutschen Lautsprachmethode, die Friedrich Christian Kuhlgatz in Berlin kennen gelernt hatte.
Die Zöglinge wohnten zunächst ausschließlich im Internat der Anstalt. Bei steigenden Schülerzahlen wurden seit 1837 zunehmend Schüler in bürgerlichen Pflegefamilien untergebracht. Diese erhielten ein Kost- oder Pflegegeld als Aufwandsentschädigung.
1878-1880 erfolgte der Kauf und Umbau der aufgehobenen Hebammenlehranstalt in der Annenstraße 33/34 für die Zwecke der Taubstummen-Anstalt.
Nach 1866 ging die Anstalt in den Besitz der hannoverschen Provinzial-Verwaltung über. 1882 wurde für taubstumme Lehrlinge im Rahmen einer Sonntagsschule Fortbildungsunterricht eingeführt. Sie wurde im Jahr 1905 durch eine an der Taubstummenanstalt angesiedelte Fortbildungsschule ersetzt. Die wichtigsten Neuerungen der Zeit war die Aufteilung der Schüler nach Begabung im Jahr 1904 sowie das Gesetz von 1911 über die Beschulung blinder und taubstummer Kinder.

Geschichte des Bestandsbildners: Ein Einbruch kam mit dem Ersten Weltkrieg. Aus Lehrermangel musste der Unterricht gekürzt werden und wegen Kohlenmangels im Winter zum Teil ganz ausfallen. Die Schülerzahlen sanken nach dem Krieg. Bis zum 100jährigen Bestehen der Anstalt 1929 wies das Jahr 1913 mit 120 Schülern einen Höchststand auf.

Geschichte des Bestandsbildners: Während und nach der nationalsozialistischen Herrschaft blieb die Anstalt bestehen. Nach einem Bombenangriff 1944 musste die Schule in das so genannte Sülte-Kloster in der Bahnhofsallee umquartiert werden.
Stand: Februar 2005
Zur weiteren Geschichte siehe das Vorwort zum Nachfolgebestand Nds. 335 Hildesheim.

Bestandsgeschichte: Der Bestand Hann. 157 Hildesheim wurde mit einer kleinen Abgabe von 24 Akten zu Verwaltungs- und Personalangelegenheiten 1961 begründet (urspr. Hann. 157 Acc. 59/61, jetzt Hann. 157 Hildesheim, Nr. 1-24). Der überwiegende Teil der Akten der Landestaubstummenanstalt im Umfang von ca. 50 lfd. Metern verblieb allerdings über Jahrzehnte in der Altregistratur der Nachfolgeeinrichtung des Landesbildungszentrums für Hörgeschädigte. Erst 2004 erfolgte eine Bewertung der Altregistratur durch das damalige HStA Hannover, das rund die Hälfte der durch die bisherige Lagerung in Mitleidenschaft gezogenen Akten (Verschmutzung, Verpilzung) als archivwürdig erachtete. Die übernommenen Akten wurden auf die Bestände Hann. 157 Hildesheim (Acc. 2004/036) bzw. - in geringerem Umfang und für die Zeit nach 1945 - Nds. 335 Hildesheim (Acc. 2004/035) aufgeteilt. Weitere Akten zur Taubstummenanstalt Stade wurden an das damalige Staatsarchiv Stade abgegeben. Ein weiterer Zuwachs des Bestandes nach 2004 ist bislang nicht erfolgt.
Stand: November 2015

Bearbeiter: Dr. Christian Helbich (2015)

Zusatzinformationen: Wegen des Erhaltungszustands ist eine Nutzung des Archivguts nur eingeschränkt möglich.

Bestandssignatur
NLA HA, Hann. 157 Hildesheim
Umfang
12,9

Kontext
Nds. Landesarchiv, Abt. Hannover (Archivtektonik) >> Gliederung >> 1 Staatliche Bestände >> 1.12 Preußische Provinz Hannover >> 1.12.2 Ständische Institutionen >> 1.12.2.2 Untere Behörden
Verwandte Bestände und Literatur
Literatur: Friedrich Christian Kuhlgatz, Ausführliche Nachricht über die Gründung, Wirksamkeit und Einrichtung der Taubstummen-Anstalt zu Hildesheim, Hannover 1832

Literatur: Sechstes Programm zugleich Jubiläums-Bericht über das 100jährige Bestehen der Provinzial-Taubstummenanstalt Hildesheim - 4. September 1929, Hildesheim 1929

Literatur: Sechzig Jahre Hannoversche Provinzialverwaltung. Hannover 1928, S. 195-202

Bestandslaufzeit
1817-1984

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Letzte Aktualisierung
16.06.2025, 12:45 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Niedersächsisches Landesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1817-1984

Ähnliche Objekte (12)