Bestand
Nachlass Engelmann, Richard II (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Fotos; Skizzen und Pläne
Einleitung: Schrift- und Bildgut aus dem Nachlass des Bildhauers Richard Engelmann wurde dem Staatsarchiv Freiburg im Mai 1995 und im November 1996 von seiner Tochter Barbara Pieske, geb. Engelmann, in Freiburg als Schenkung übergeben. Das Bildgut - 195 Fotografien, 7 Pläne und 127 Skizzen aus den Jahren 1892 bis 1973 - war vorwiegend im Zugang 1995/69 enthalten und wurde zusammen mit 2 Fotografien aus dem Zugang 1995/39, der vornehmlich die persönlichen Papiere und Korrespondenz der Jahre 1915 bis 1972 enthielt, von der Unterzeichnenden im Mai 1995 geordnet und zum Archivbestand T 1 Nachlass Richard Engelmann II formiert. Bei konservatorischen Maßnahmen am Aktenbestand T 1 Nachlass Richard Engelmann I, zu denen die Umbettung von Stehordnerinhalten in Mappen gehörte, fanden sich weitere Fotografien aus dem Besitz Richard Engelmanns und seiner Witwe Frieda Engelmann, geb. Leidel, an. So erfuhr das im Oktober 1995 fertiggestellte Repertorium zum fotografischen und zeichnerischen Nachlass zunächst handschriftliche Ergänzungen. Die Schenkung von November 1996, die als Zugang 1996/93 in das Staatsarchiv Freiburg übernommen wurde, macht jedoch eine Neubearbeitung des Repertoriums erforderlich, das jetzt 252 schwarz-weiß Aufnahmen, 23 Farbfotografien, 7 Pläne und 325 Skizzen nachweist. Negative aus dem Zugang 1996/93 - zum Altersporträt (in Bestellnur. 77) und zum Bildnachlass Eckart Pieske - fanden Aufnahme in den Archivbestand W 155/1. Während die schwarz-weiß- (bzw. gelegentlich braun-weiß-) Aufnahmen zu Lebzeiten des Künstlers entstanden und nicht zuletzt zu Werbezwecken (Erlangung neuer Aufträge) sein Schaffen dokumentieren sollten, ihn selbst porträtieren und wichtige Ausstellungen oder Denkmalanweisungen festhalten, stammen die Farbaufnahmen aus dem Nachlass seines Schwiegersohnes, des Ministerialdirigenten im Ministerium für Kultus und Sport Baden-Württemberg Eckart Pieske, dessen Anliegen es gewesen ist, das Andenken an Richard Engelmann und sein Werk lebendig zu erhalten. Sie halten Eindrücke fest, die von den unter seiner Beteiligung zustandegekommenen Ausstellungen in Kirchzarten vermittelt wurden, oder haben persönlichen Erinnerungswert. Die originelle Bildgutüberlieferung reicht von 1970 bis mindestens 1979. Da die wichtigsten Daten aus dem Leben Richard Engelmanns (geb. 5.12.1868 in St. Georgen/Bayreuth, gest. 9.9.1966 in Kirchzarten bei Freiburg i. Br.) in der Vorbemerkung des Repertoriums zum Bestand T 1 Richard Engelmann I enthalten sind, wird hier nur auf dieses verwiesen. Weitere Einzelheiten sind den im Literaturverzeichnis nachgewiesenen Publikationen zu entnehmen (s. u.). Das künstlerische Schaffen Richard Engelmanns begann 1892 mit Aufnahme seines Studiums in München, wo er bei Waderé, einem antikisierenden Künstler, und bei v. Rümann Unterricht nahm. Sein frühes Werk "Der alte Gelehrte" wurde als Bronzeguß 1893 im Münchner Glaspalast ausgestellt, Repliken fanden nach 1945 im Regierungspräsidium Freiburg und im Schulhof der Gesamtschule Kirchzarten Aufstellung. Ab Ende 1983 setzte er seine Studien in Florenz und 1896 - 1899 in Paris fort. In Florenz förderten ihn vor allem Vertreter der Goethe'schen Kunstauffassung wie v. Hildebrand und Böcklin, während in Paris besonders der Einfluss Rodins auf ihn wirksam wurde. Im Pariser Salon National des Beaux stellte er 1897 erstmals eigene Werke aus: "Der Verdammte" und "Der verlorene Sohn". 1899 ging er nach Berlin, wo er erstmals 1899 bei Keller und Reiner ausstellte und um 1906 die Skulptur einer "Ruhenden" konzipierte, mit der er die Aufmerksamkeit vand die Valdes und 1909 Aufnahme in die Berliner "Sezession" fand. Seine Werke waren hier z.B. in der 15. Sezessionsausstellung zu sehen. In Berlin entstanden bis 1913 Engelmanns Hauptwerke, meist überlebensgroße weibliche Skulpturen, die zur Aufstellung im Freien oder zur Einbindung in architektonische Anlagen bestimmt waren. 1913 erhielt er eine Professur an der Großherzoglichen Kunsthochschule Weimar; 1919-1920 wirkte er am Weimarer "Bauhaus" und 1921-1930 an der wiedergegründeten Hochschule für bildende Kunst. In Weimar war die Bildhauerei seit 1905 durch Brütt und seine Schüler historisch geprägt. Von Richard Engelmann, der zwischen 1921 und 1930 stets sechs bis acht Schüler betreute, ist bezeugt, dass sein Unterricht traditionell ausgerichtet war, aber auch, daß er wegen Einschränkung der künstlerischen Freiheit durch Gropius in Gegensatz zu diesem geriet. Überregional beachtet war 1928 die Ausstellung zu Engelmanns 60. Geburtstag. Doch obwohl zum protestantischen Glauben übergetreten und mit einer Frau "arischer Herkunft verheiratet, wurde er, nach Entlassung aus dem Verband der Akademie und Einschränkungen der künstlerischen Tätigkeit, 1935 mit offiziellem Berufsverbot belegt. Da er kein Atelier mehr fand, mußte er viele seiner Skulpturen zerschlagen, darunter auch solche, die noch nicht in Stein oder Gronzeguß realisiert werden konnten. 1937 übersiedelte er nach Kirchzarten bei Freiburg, wo er nur heimlich arbeiten konnte und daher ausschließlich Kleinplastiken schuf, die gut zu verbergen waren und die noch heute in Privatbesitz sind. Erst nach 1945 erhielt er seitens der Stadt Freiburg wieder größere Aufträge, bei deren Ausführung er an frühere Entwürfe anknüpfte. Die von ihm in jüngeren Jahren auch gepflegte Porträtkunst trat in dieser Altersphase zurück zugunsten der Gestaltung von Park- und Friedhofsskulpturen. Im Antiquariat Victor Meyer fand 1946 die erste Nachkriegsausstellung statt. Posthum wurden seine Werke dann ab Juni 1979 in einer Dauerausstellung im Kurhaus Kirchzarten gezeigt, später im Keller der dortigen Schweimmhalle untergestellt. Da Pläne einer Schenkung des bildhauerischen Gesamtnachlasses an das Land Baden-Württemberg oder die Stadt Freiburg scheiterten, wurden die Großplastiken und Porträtbüsten im April 1997 in die Bauhaus-Universität Weimar überführt, wo ein Ausstellungsraum für sie reservierte werden soll. Während die vor 1935 in Museen, Park- oder Friedhofsanlagen, als Gefallenendenkmäler oder Schmuck öffentlicher Gebäude dem Publikum zugänglichen Werke Engelmanns teilweise verschollen sind, die Porträtbüsten in Privatbesitz übergingen und die Kleinplastik ab 1937 bei der Familie des Künstlers verblieb, befinden sich die erhalten gebliebenen Arbeiten der Studienjahre und Plastiken in Gips oder Ton, vor allem aus den späten Jahren des Künstlers, nun wieder am Ort der akademischen Tätigkeit Engelmanns. Innerhalb Baden-Württembergs sind noch Skulpturen in Freiburg, Kirchzarten und Karlsruhe. Eine Liste von 1928 weist im Weimarer "großen Atelier" 38 Plastiken oder Skizzen zu Skulpturen nach, von denen er 28 überwiegend in Stein oder nur ein Drittel in Bronze hatte ausführen lassen. Diese hatten, wie Bildaufschriften im Bestand T 1 Nachlass Richard Engelmann II ergeben, vorwiegend Aufstellung in Norddeutschland (Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin, Hamburg) und in Mitteldeutschland (Thüringen, Oberlausitz) gefunden, Einzelstücke in Düsseldorf in Bayern (München, Nürnberg). Eine Glasplattensammlung mit Aufnahmen der Skulpturen ist untergegangen. Der im vorliegenden Repertorium erfasste Bildnachlass des Künstlers ist mithin von besonderem Quellenwert für die Beschäftigung mit seinem Werk, da er die umfassendste Dokumentation der bildhauerischen Arbeiten enthält und gerade die Vorkiregspfase nur hier in ausreichender Dichte repräsentiert wird. Weniger gut belegt sind dieArbeiten der Nachkriegsjahre. Aber auch gute Aufnahmen für die Zeit 1937-1945 fehlen. Eine Anschauung vom Gesamtwerk Engelmanns, von seiner Verarbeitung der Einflüsse u. a. Böcklins, Rodins und Barlachs, seinem Verhältnis zu zeitgenössischen Stilrichtungen (Jugendstil, Heldenkult) lässt sich dennoch vorzugsweise hier gewinnen. Die zahlreichen Skizzen sind nicht durchweg Vorstudien, haben also keine rein ergänzende Funktion, sondern sind z. T. Beleg für Studienfortschritte und eine zeichnerische Begabung, aus der sich die Ausbildung auch zum Radierer ergab. (Radierungen sind im Künstlernachlass bisher nicht zum Vorschein gekommen, werden aber in Weimar verwahrt.) Da eine Werkmonographie bisher fehlt und an Publikationen über Richard Engelmann nicht allzuviel herangezogen werden konnte, ist bei der Ordnung des Bildnachlasses induktiv verfahren worden. Die Bildgruppen ergaben sich aus dem Motivvergleich, aus der Fertigungstechnik der Bildvorlagen (Groß- und Kleinplastik, Büsten, Reliefs) und der Zweckbestimmung der Skulpturen. Innerhalb dieser Gruppierungen wurde, soweit möglich, chronologisch gegliedert, bei den Porträtbüsten und Porträtfotos dagegen nach Namenalphabet. Soweit möglich, wurden die Nachträge aus Zugang 1996/93 in die so geschaffene Reihenfolge der Aufnamen integriert. Anderenfalls wurde sie dem Bestand angefügt, die Zuordnung zu den Bildgruppen erfolgte dannnur im Verzeichnis. Vernichtet wurden nur wenige schlecht erhaltene Dubletten. Das vorliegende Verzeichnis bietet bewusst eine Kurzübersicht, da es aktuellen Forschungsvorhaben bevorzugt dienlich sein will. Eine präzisere Verzeichnung ist nur bei Heranziehung der Akten im Bestand T 1 Richard Engelmann I möglich, bedarf also umfangreicherer Vorarbeiten. Ferner müssen die Fotografien einer Analyse notwendiger konservatorischer Maßnahmen unterzogen werden, deren Ergebnisse in die Verzeichnung eingehen sollen. Die vorläufige Bestandserschließung erlaubt jedoch bereits jetzt die Benutzung der Bildgruppen. Zur Benutzung bestellt und vorgelegt werden können sämtliche unter einer Bestellnummer erfassten Aufnahmen, Pläne oder Skizzen; Teilbestellungen aus einer solchen Bildgruppe sind noch nicht möglich. Literatur (Auswahl) H. Vollmer: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts, München 1992 (Reprint der Ausgabe von 1955). E. Bender: Der Bildhauer Richard Engelmann, in: Die Kunst für Alle, Jg. XXVII, 1912/13. H. Bender: Freiburg und der Bildhauer Richard Engelmann. in: Badische Heimat. Mein Heimatland, Jg. 64, 1984. N. v. Bode: Neuere plastische Arbeiten von Richard Engelmann, in: Die Kunst für Alle, Jg. XXXIV, 1919. R. Engelmann: Begegnungen - Erinnnerungen, in: Lehrern und Lernen. Zeitschrift der Landesstelle für Erziehung und Unterricht Stuttgart, H. 9. 1979 und H. 12, 1980. B. Graf: Richard Engelmann, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Jg. 50, 1914/15. K. Klein: Richard Engelmann, Freiburg i. Brei. 1968. Landesbildstelle Baden und Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.): Richard Engelmann. Ein deutscher jüdischer Bildhauer (1868-1966). Begleitheft zur Farblichtbildreihe. S. Opitz: Richard Engelmanns Skulpturen im öffentlichen Raum von Weimar. Magister-Hausarbeit im Fach Kunstgeschichte, Philipps-Universität Marburg, Marburg/L. 1995 (als Typoskript vervielfältigt). E. Pieske: Einführung in Leben und Werk Richard Engelmanns, in: Lehren und Lernen. Zeitschrift der Landesstelle für Erziehung und Unterricht Stuttgart, H. 9, 1979. Freiburg, im Juni 1997 Eva Gießler-Wirsig, Oberarchivrätin Im Rahmen des Arbeitsschwerpunkts der Konversion hand- und maschinenschriftlicher Findmittel wurde vorliegendes Repertorium im August 2009 durch die Archivangestellte Jennifer Rißmann in das Archivsystem SCOPE übertragen. Der Bestand umfasst 104 Nummern in 0,20 lfd.m. Freiburg, im September 2009 Kurt Hochstuhl
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, T 1 (Zugang 1995/0069)
- Umfang
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1-104
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (Archivtektonik) >> Nachlässe und Familienarchive >> Nachlässe und Vorlässe
- Indexbegriff Sache
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Fotografien; Engelmann, Richard (Nachlass)
- Indexbegriff Person
- Bestandslaufzeit
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1892-1954, (Fotos: 1985)
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
24.04.2024, 14:36 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1892-1954, (Fotos: 1985)