Familienchronik

Familienbuch der Rabbinerfamilie Rosenberg, Düsseldorf

Kurztext: Das vorliegende Manuskript, mit der wahrscheinlich einzigen Kopie des religiösen Testaments des Düsseldorfer Oberrabbiners Halberstadt und den Einträgen der Familie Rosenberg, stellt eine profunde Quelle für jüdische Ritualgeschichte sowie jüdische Familienforschung der Region Düsseldorf dar. Innerjüdische Dokumente des 18. und 19. Jahrhunderts aus den Rabbinerfamilien des niederrheinischen Tieflandes sind sehr selten und wenn, dann vor allem in privaten Sammlungen vorhanden.
Das Manuskript nimmt auf zwei Düsseldorfer Rabbiner des 18.Jahrhunderts und auf zwei des 19. Jahrhunderts Bezug, die das Gemeindeleben nachhaltig geprägt haben.

Die Vorfahren der Familie Rosenberg kamen aus zwei wichtigen Rabbinerfamilien, deren Stammbaum auf Grund der Handschrift bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts zurückverfolgt werden kann.

Es handelt sich bei dieser Handschrift um ein über mehrere Generationen tradiertes Schriftstück, welches sich immer auf die vorherig verstorbene Generation bezieht. Die Einträge erstrecken sich über 32 handschriftliche Seiten der 41 Buchseiten.

Sieben Personen haben über den Zeitraum von 1825 - 1915 26 Einträge verfasst.
Der älteste Eintrag (ab S. 4) wurde 1825 in Düsseldorf von Gabriel (Izchak) Rosenberg geschrieben. Gabriel (Izchak) Rosenberg wurde 1755 in Prag geboren (gest. in Düsseldorf 1849) (s. S. 2) und war ein Urenkel des berühmten Düsseldorfer Rabbiners Mordechai Halberstadt (1686 - 1769). Rosenbergs Vater, Jakob Rosenberg wurde um ca. 1725 von einer bis jetzt der Forschung unbekannten Tochter des Mordechai Halberstadt in Prag geboren. In der Literatur ist nur eine Tochter der M. Halberstadt belegt, die Isak Coma aus Mainz heiratete und schon 1765 verstarb.

Der erste und älteste Eintrag von Gabriel (Izchak) Rosenberg ist die Abschrift des Testaments des Düsseldorfer Rabbiners M. Halberstadt von 1761 (S.4 -19). Das Testament, wie Gabriel (Izchak) Rosenberg schreibt, hat er von der ihm vorliegenden originalen Handschrift seines Urgroßvaters wörtlich abgeschrieben (s. S. 19). Rabbiner Halberstadt schreibt in der Einleitung des Testaments, dass er gerade (26. Iyar 1761) die Trauerwoche über seine Tochter abgeschlossen hat und nun seine Familie instruieren wollte, wie sie sich in einem Todesfall verhalten sollten. Auf den folgenden Seiten erläutert er lokale sowie familiäre Bräuche am Sterbebett, bei der Bestattung und dem ersten Jahr nach dem Tod. Der Verbleib des originalen Testaments ist bis heute nicht geklärt. Der Text der vorliegenden Abschrift ist bis heute wahrscheinlich die einzige Überlieferung der Düsseldorfer jüdischen Trauerriten des 18. Jahrhunderts. Auch in dem Responsenwerk des Mordechai Halberstadt "Maamar Mordechai", zuerst gedruckt in Brno (Brünn) 1790, wird darauf kein Bezug genommen. Am Ende des Testaments (S. 19) schreibt sein Urenkel Gabriel (Izchak) Rosenberg, dass er dieses Testament 1825 kopierte und sein Urgroßvater mütterlicherseits, M. Halberstadt, 1769 in Düsseldorf verstarb und dort beerdigt wurde.

Der nächste Eintrag (S. 20) beschäftigt sich mit verschiedenen Versen und zu welchen Gelegenheiten sie gesagt werden (Schreiber ist hier auch Gabriel <Izchak> Rosenberg).

Die folgenden zwei Seiten (S. 21-22) beleuchten die zweite Linie der Familie Rosenberg, die Familie Brandeis. Beginnend mit dem berühmten Mainzer Oberrabbiner Mosche Charif Brandeis (gest. 1767 in Mainz) und seinen fünf Söhnen Bezalel, Gabriel, Simon, Jacob und Avigdor. Zu jedem dieser sechs Persönlichkeiten werden detaillierte Angaben über Position, Wohnort und Todesdatum gemacht.
Der vierte Sohn des Mosche Charif Brandeis, Jacob Brandeis (s. erster Eintrag auf S. 22) war Landesrabbiner von Düsseldorf von 1769 bis zu seinem Tod 10. Sivan (20. Mai) 1774. Er war der unmittelbare Nachfolger von Mordechai Halberstadt.
Für die Familie Rosenberg ist der bei der Plünderung von Prag durch die Habsburger im November 1744 ermordete Gabriel (s. dritter Eintrag auf S. 21) von Wichtigkeit, da seine Tochter (geb. Brandeis) später den Jacob Rosenberg in Prag heiratete.

Am Ende der S. 22 findet sich ein Eintrag des Sohnes von Gabriel (Izchak) Rosenberg, in dem er den Tod seines Vaters am 4. Adar 1849 beschreibt. Der Sohn war der seit 1837 in Düsseldorf amtierende Oberrabbiner Dr. Jacob Rosenberg. Sein Vater Gabriel (Izchak) Rosenberg, Verfasser der ersten 22 Seiten der Familienbuches, ist schon 1804 von Prag nach Düsseldorf gekommen und wurde umgehend auf Grund seiner großen talmudischen Gelehrsamkeit durch den damaligen Oberrabbiner Karlburg mit der Entscheidung lokaler ritueller Fragen in Düsseldorf betraut.

Auf den nächsten zwei Seiten S. 23 - 24 hält der Bruder Jizchak Rosenberg den Tod seiner Mutter Mirijam (23. Siwan 1860) und seines Bruders, dem Düsseldorfer Oberrabbiner Dr. Jacob Rosenberg, (3. Siwan 1868) fest.

Die nächsten beiden Einträge stammen von dem zweitjüngsten Bruder des Oberrabbiners Dr. Jacob Rosenberg, Simon, der das Ableben von zwei seiner Brüder dokumentiert. Jizchak Rosenberg (s. S. 23-24) starb am 15. März 1874 und wurde in Berlin beerdigt. Benjamin Rosenberg (Wolf) starb am 11. August 1884 und wurde in Brüssel beerdigt.

Als Letzter der fünf Söhne des Gabriel Rosenberg beschreibt Max (Mordechai) Rosenberg den Tod seines Bruders Simon am 18. Elul 1887 (s. S. 23 -24), der 18 Jahre lang Vorbeter der orthodoxen Gemeinde Adass Jisroel in Berlin war.

Auf der folgenden Seite berichtet als Letzter der hebräischen Einträge der Neffe Gabriel Rosenberg vom Tod seines Onkels Max (Mordechai) Rosenberg (s. S. 27) am 30. März 1898 in Berlin.

Der letzte Eintrag (S. 29) zu Personen erfolgt dann durch Siegfried Rosenberg, zum Tode seines Vaters Gabriel Rosenberg (s. S. 28) am 2. Januar 1915.

Um die Familienverhältnisse besser veranschaulichen zu können, fertigte Gabriel Rosenberg einen Familienstammbaum um ca. 1900 an (s. S. 35 - 36). Er schreibt auf Seite 34: "Nachstehend der Stammbaum der Familie Rosenberg, soweit derselbe noch bekannt ist, mit besonderer Rücksichtnahme auf den jeweiligen Besitzer dieses denkwürdigen Familienbuches."

Um dem Leser den Einstieg in die Handschrift zu erleichtern, hat er dem Halberstädter Testament noch eine Vorrede gewidmet (s. S. 1-3).
(S. 1) "Gabriel war ein Urenkel des Oberrabiners Moses Brandeis, Mainz, genannt Charif (der Scharfe) und dieser ein Urenkel (5. Generation) des berühmten Maharal aus Prag Jehuda Sohn des Bezalel, genannt der Hohe Rabbi Loeb (1520 - 1609)

(S. 2) Dieses Buch wurde im Jahre 1825 (5585) von Gabriel (Izchak) Rosenberg in Düsseldorf angelegt. Derselbe wurde 1755 in Prag geboren, lernte auf der Jeschiwa (religöse Jungenschule) in Mainz, wo heute noch sein Jahrzeitstag gehalten wird, ließ sich 1804 in Düsseldorf nieder und starb daselbst, tief von der ganzen Gemeinde betrauert, 94 Jahr alt, am 4. Adar 5609 (1849).

(S. 3) Nachstehend ist eine letz[t]willige Verfügung niedergeschrieben, die von Rabbi Mordechai Halberstadt Rabbiner zu Düsseldorf ist, aus dem Jahre 5521 (1761).
Derselbe war ein Ohm der Familie Rosenberg, mütterlicherseits.
Über ihn vermerkt das Memor-Buch der Gemeinde Düsseldorf besonders, dass er einen großen Teil der Nächte Tora gelernt, und dass er stets ein Fünftel seines Einkommens an Bedürftige verteilt habe. Er starb 5529/1769.

Material/Technik
Tinte, Papier, Leder

Maße
(H x B): 16,5 x 10,5 cm (geschlossen)
Standort
Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf
Inventarnummer
SMD.U-DL 318

Bezug (wer)
Mordechai Halberstadt (1686-1769)
Mosche Charif Brandeis (gest. 1767 in Mainz)
Jacob Brandeis
Klassifikation
Handschrift (Sachgruppe)

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Autor*in: Gabriel Rosenberg (1755-1849)
Autor*in: Dr. Jacob Rosenberg
Autor*in: Jizchak Rosenberg
Autor*in: Simon Rosenberg
Autor*in: Max Rosenberg
Autor*in: Gabriel Rosenberg (gest. 2.1.1915)
Ereignis
Bearbeitung
(wer)
Transkription: Dr. Jürgen Wolfering
Ereignis
Herstellung
(wo)
Düsseldorf
(wann)
19.-20. Jahrhundert

Geliefert über
Letzte Aktualisierung
18.04.2024, 10:36 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Familienchronik

Beteiligte

  • Autor*in: Gabriel Rosenberg (1755-1849)
  • Autor*in: Dr. Jacob Rosenberg
  • Autor*in: Jizchak Rosenberg
  • Autor*in: Simon Rosenberg
  • Autor*in: Max Rosenberg
  • Autor*in: Gabriel Rosenberg (gest. 2.1.1915)
  • Transkription: Dr. Jürgen Wolfering

Entstanden

  • 19.-20. Jahrhundert

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