Figur

Maria mit dem Kind

Die thronende Muttergottes sitzt auf einer schlichten Thronbank; der später unregelmäßig ergänzte Sockel könnte auch ursprünglich fünf Seiten eines Achtecks ausgebildet haben. Da dieser Bereich sehr stark zerstört ist, bleibt unklar, ob sich zu den Füßen Marias ein kleiner Drache befunden hat. Maria lehnt sich zurück und stützt den auf dem Rücken liegenden Christusknaben, den sie nicht direkt berührt, sondern einem voluminösen, überproportionierten Zipfel ihres Mantels birgt – eine traditionelle Ehrerbietungsgeste. Die rückseitig flache und dort kaum bearbeitete Figur stand wohl zunächst in einem kleinen Schrein vor einer Rückwand. Von der anhaltenden Beliebtheit derartiger überwiegend kleinformatiger Marienfiguren und ihrer sekundären Verehrung zeugen Überarbeitungen in späterer Zeit: Die Berliner Statuette erhielt eine Krone, wurde im Gewandbereich umgeschnitzt und vermutlich auch aus dem originalen Schrein entfernt, um in einem neuen Kontext präsentiert zu werden. Dabei erhielt sie auch mehrfach eine völlig andere Fassung, Inkarnate und Haare waren grün über Gold, möglicherweise um den Eindruck von Patina zu verstärken. Diese künstliche Alterung durch Dunkelfärbung älterer Figuren war besonders nach 1700 üblich, um den Alterswert eines verehrten Gnadenbildes hervorzuheben. Als ein solches könnte auch die Berliner Madonna gedient haben. Zu Recht hat man im überlieferten Erwerbungsort ein Hinweis auf die mittelrheinische Herkunft der Statuette gesehen, wie mehrere Vergleichsstücke bestätigen. Die Madonna aus der Sammlung Schwartz, 1961 vom Museum Schnütgen erworben und bis 1914 in der ehemaligen Prämonstratenserabtei Rommersdorf (Kreis Neuwied), zeigt denselben Madonnentyp. Hier finden sich auch die wichtigsten Motive wieder: das halb lagernde Kind, dessen rechte Hand ausgestreckt ist, die Rose, das Kopftuch und der hinter seinem Rücken von Marias Hand gehaltene Mantelzipfel. Allerdings ist das Kind der Rommersdorfer Madonna stärker aufgerichtet, das Lächeln weniger ausgeprägt und die ganze Statur eindeutig gelängter. Diese Gruppe, als deren Ausgangspunkt die nach 1244 datierte Madonna aus der Gegend von Koblenz im Trierer Diözesanmuseum (Inv. 533) angesehen wird und zu der noch weitere Figuren gehören, wurden als Werke eines einzigen, aufgrund der Verteilung wohl in Koblenz beheimateten Ateliers angesehen. Es ist eher wahrscheinlich, dass einige der genannten Marienfiguren von Künstlern geschnitzt wurden, die wie die Berliner Statuette den durch die Trierer Madonna qualitätvoll vertretenen Typ lediglich wiederholen. (Auszug aus: Tobias Kunz, Bildwerke nördlich der Alpen. 1050 bis 1380. Kritischer Bestandskatalog der Berliner Skulpturensammlung, Petersberg, Michael Imhof Verlag 2014)

Halbprofil, links | Fotograf*in: Antje Voigt / Rechtewahrnehmung: Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin

Attribution - ShareAlike 4.0 International

Location
Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin
Collection
Skulpturensammlung (SKS)
Inventory number
3186
Measurements
Tiefe: 14 cm
Breite: 16,5 cm
Höhe: 33 cm
Gewicht: 2 kg
Material/Technique
Weidenholz, Ergänzungen aus Lindenholz, ehemalige Fassung entfernt

Classification
Figur (Sachgruppe)

Event
Eigentumswechsel
(description)
Geschenk eines Ungenannten 1908, der laut Eintrag im Erwerbungsbuch die Figur aus dem Mainzer Kunsthandel erworben hatte.
Event
Herstellung
(where)
Mittelrhein
Koblenz?
(when)
um 1250/60

Rights
Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin
Last update
09.04.2025, 10:14 AM CEST

Data provider

This object is provided by:
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Object type

  • Figur

Time of origin

  • um 1250/60

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